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Die stetige Zunahme an Rechtsanwälten führt zu starken Verschiebungen im Markt für Rechtsanwaltsleistungen, weshalb der Mandantengewinnung deutlich mehr Bedeutung bekommt. Da Mund-zu-Mund-Propaganda alleine nicht mehr ausreicht, präsentieren sich viele Rechtsanwälte mit ihrer Kanzlei auch im Internet. Für eine moderne Kanzlei ist dies heute ein Muss.

Den Mandanten geht es fast immer darum, Risiken zu minimieren bzw. eingetretene Probleme zu lösen. Die Beratung kann nur in Interaktion mit dem Mandanten erfolgen. Daher ist die sog. „Integration des externen Faktors“ beim Dienstleistungsmarketing von enormer Bedeutung.

Ein weiteres Merkmal beim Absatz einer Dienstleistung ist die Informationsasymmetrie zwischen Nachfrager und Anbieter, die der Anwalt teilweise überwinden muss. Eine Kanzlei kann und muss mit Signaling-Aktivitäten, wie wiederholter Medienpräsenz, glaubwürdige Informationen über die Fähigkeiten der Kanzlei und ihrer Mitarbeiter verbreiten und so zum Vertrauensaufbau beitragen.

Entscheidungsfindung und Vertrauen

Da der Klient Mitproduzent des Dienstleistungsergebnisses ist, müssen psychologische Prozesse, die zu Entscheidungen führen, näher betrachtet werden. Zumal bei Rechtsdienstleistungen von Vertrauensgütern gesprochen wird und der Mandant schon für die Aufnahme der Geschäftsbeziehung ein Vertrauensverhältnis aufbauen muss.

Die Entscheidung für oder gegen einen Anwalt ist komplex, sie beruht auf vielerlei Merkmalen. Nach Art ihres kognitiven Aufwandes ist es eine „reflektierte Entscheidung“, bei der der potentielle Mandant erst einmal genau über seine Präferenzen für eine Option (Anwalt A oder Anwalt B) nachdenken muss. Dafür sucht er in seinem Umfeld oder seinem Gedächtnis nach Informationen, die ihm dabei helfen. Emotionale Faktoren spielen dabei eine herausragende Rolle.

Entscheidungen werden durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren gelenkt. Der Halo-Effekt ist ein wichtiger psychologischer Wahrnehmungsfehler. Er bewirkt, dass Personen Dinge oder Menschen durch die Wahrnehmung einer einzigen positiven oder negativen Eigenschaft insgesamt positiv oder negativ bewerten. So kann der erste Eindruck einer Webseite die Wahrnehmung aller anderen Faktoren beeinflussen bzw. überlagern.

Glaubwürdigkeit ist ein wichtiges Element für die Vertrauensbeziehung zwischen Mandant und Anwalt. Für anwaltliche Dienstleistungen spielt daher auch das Image des Rechtsanwalts bzw. das der Kanzlei eine große Rolle bei der „Kauf“entscheidung. Nach und während der Leistungserstellung wird die Beziehungsqualität zu einer Art „Beglaubigungsfaktor“. Dieser wird vom Mandanten für die Ergebnisevaluation herangezogen und wirkt sich direkt auf die Kundenzufriedenheit und -bindung aus. Außerdem wird Vertrauen im Internet oder auch Online-Vertrauen beeinflusst durch: Grafisches Design, strukturelles Design, Inhaltsdesign und das Design von sozialen Hinweisreizen.


Marketing für Anwälte

Marketing ist strategische Arbeit, die den Wert einer Kanzlei steigert und ihre Zukunft sichert. Integratives Dienstleistungsmarketing für Kanzleien hat die konsequente Orientierung an den Bedürfnissen des Mandanten zum Ziel. Einfach gesagt, sollen Marketingmaßnahmen bei (potentiellen) Kunden positive Gefühle auslösen.

Das Marketing betrifft alle Prozesse innerhalb der Kanzlei, die Auswirkungen auf den Mandanten haben. Durch Marketing-Maßnahmen sollen Mandanten gewonnen und ihre Bedürfnisse in den Prozess der Leistungserstellung eingebunden werden. Gelingt dies einer Kanzlei, kann ein Mandant langfristig an die Kanzlei gebunden werden.

Ohne eine genaue Festlegung der Unternehmens- und Kommunikationsziele verpuffen Marketingmaßnahmen jedoch ohne Wirkung, da sie weder an den Bedürfnissen der Kanzlei noch an denen der Mandanten orientiert sind. Nur 30% der Anwälte sehen sich als Unternehmer und Manager, die ihre Kanzlei nach marktwirtschaftlichen Regeln führen. Dazu gehört u. a. das Kanzleimanagement, entsprechend ausgebildetes Personal, eine gute Internetpräsenz sowie eine konsequente Kunden- bzw. Mandantenorientierung. All das wird aber nur bei gleich bleibender Leistungsqualität der gesamten Prozesse einer Kanzlei zum Erfolg führen.

Es ist von enormer Bedeutung, dass nicht nur diejenigen Prozesse gestaltet werden, die unmittelbar den Mandanten betreffen, sondern auch diejenigen, die sozusagen unsichtbar im Hintergrund ablaufen. Auch diese haben mittelbar durch das Kanzleipersonal Einfluss auf die Wahrnehmung des Mandanten und damit auf dessen Beurteilung der Dienstleistungsqualität. Ein gutes Dienstleistungsklima ist ausschlaggebende Voraussetzung für gute Dienstleistungsqualität.

Die Erwartungen des Mandanten an das Auftreten und den Service der Kanzlei, die z.B. durch Empfehlungen oder den Eindruck von der Webseite entstanden sind, müssen bei der späteren persönlichen Interaktion erfüllt werden. Das Ambiente einer Kanzlei spielt besonders in der Anfangsbeziehung zwischen Mandant und Anwalt eine nicht zu unterschätzende, wichtige Rolle. Denn bei der Nachfrage nach dem Vertrauensgut Rechtsdienstleitung greift der potentielle Mandant auch auf das Ambiente als Ersatzindikator für Glaubwürdigkeit und Kompetenz zurück.

Wege und Mittel zur Informations- und Anwaltssuche

Heute nutzen 49 Millionen Deutsche über 14 Jahre das Internet, am meisten mittels Suchmaschinen, wobei Google die primär genutzte Suchmaschine in Deutschland ist. Webnutzer verlassen sich bei ihrer Informationssuche zunehmend auf die individuellen, von Suchmaschinen gelisteten, Seiten. Daher ist es für die Webpräsenz einer Kanzlei wichtig, auf der Ergebnisliste eine möglichst gute Platzierung zu erhalten. Dafür müssen möglichst viele Links von außerhalb auf die betreffende Webseite verweisen.

Durch Online-Rechtsberatung wandert die klassische Beratertätigkeit des Rechtsanwalts nicht ins Internet ab. Rechtsforen im Internet können aber helfen, die Schwellenangst zur Kontaktaufnahme mit einem Anwalt zu reduzieren und die Einordnung des Rechtsfalles in ein Rechtsgebiet erleichtern. Rechtsberatungsforen sind insbesondere ein Marketinginstrument für Junganwälte. Diskussionen in Internetforen können Vertrauen bildend wirken, da die Beiträge i. d. R. nicht gelöscht werden sowie Beiträge z. T. bewertet werden können. Das führt zu mehr Transparenz für den zukünftigen Mandanten.

Die Webseite als Instrument zur Mandantengewinnung

Die Internet-Community ist für alle Unternehmen eine ernst zu nehmende Zielgruppe geworden, auf deren Bedürfnisse eingegangen werden muss. Internetnutzer erwarten heute von Unternehmen, dass sie im Internet präsent sind. Um kein Umsatzpotential zu verschenken, muss die Webseite bestimmten Standards entsprechen. Sie muss von Anfang an überzeugen, da ein Internetnutzer in der Regel innerhalb von zehn Sekunden entscheidet, eine Seite zu verlassen, wenn er diese für nicht zweckdienlich erachtet.

Je einfacher einer Person der Besuch einer Webseite gemacht wird, desto eher ist sie geneigt, sich mit dieser weiter zu beschäftigen. Ein Drittel der Internetnutzer verirren sich aber auf Webseiten. Gründe sind meistens eine unklare Benutzerführung sowie mangelnde Übersichtlichkeit der Webseiten.

Webseitengestaltung

Die Faktoren Usability, Joy of Use, Ästhetik und Design werden als „User Experience“ bezeichnet: das Erlebnis des Nutzers bei der Nutzung der Webseite.

Usability meint, dass der Webseitenbetreiber darauf achten soll, dass diese richtig funktioniert und dass eine Person mit mehr oder weniger durchschnittlichen Fähigkeiten und Erfahrungen diese in der beabsichtigten Weise nutzen kann, ohne dabei unzufrieden zu werden.

Webnutzer verbringen 69% ihrer Zeit mit dem Betrachten der linken Hälfte der Webseite. Daher ist ein Layout, bei dem die Navigation und der wichtigste Inhalt auf der linken Seite zu finden sind, eher geeignet, eine Seite erfolgreich zu machen als bei einer anderen, nicht erwartungskonformen Gestaltung.

„Joy of Use“ bezeichnet die Freude des Nutzers bei und an der Anwendung. Der Begriff kommt ursprünglich aus der Software-Ergonomie. Ein zentraler Bestandteil ist die ästhetische Anmutung von Webseiten. Daher sollte die Entwicklung und Optimierung von Webpräsenzen sich immer daran orientieren, wie Webseiten aus Sicht der Nutzer wahrgenommen werden und welche Aspekte dabei wichtig sind. Für eine vertrauenswürdige Webseite ist die Nutzerorientierung eminent wichtig.

Inhalte

Bei Anwälten setzt sich erst langsam die Erkenntnis durch, dass es problematisch ist, wenn sich die Spezialisierung nicht an typischen Lebenssituationen orientiert. Der Laie sieht primär sein Problem und nicht das Recht(sgebiet). Daher müssen Inhalte von Webseiten streng empfängerorientiert aufbereitet werden.

Die Erwartung an eine nutzergerechte Webseite ist in den letzten Jahren gestiegen. Für Texte im Internet sollte auch immer eine einfache Sprache verwendet, zentrale Gedanken wiederholt und sie kognitiv gegliedert werden (strukturierter, hierarchischer Aufbau).

Bewertung von Anwaltswebseiten

Xamit hat im Rahmen dieser Studie exemplarisch knapp fünfzig Webseiten von Rechtsanwälten und Kanzleien aus Deutschland bewertet, darunter vier Internetpräsenzen der aktuellen Top 10-Kanzleien nach Anwälten.

Deutlichen Nachholbedarf haben die Internetauftritte bei der Auffindbarkeit in Suchmaschinen und bei der Verlinkung. Die überwältigende Mehrheit der Webseiten hat nur zehn Links oder weniger, die auf sie zeigen.

Für die Erwartungskonformität und den Vertrauensaufbau wichtig ist u. a. die Durchgängigkeit des Designs, die jedoch nur bei 47% der Webseiten gefunden wurde. Die grundlegenden Strukturen, wie eine erwartungskonforme Anordnung der Navigation und die Anzahl der Hauptnavigationspunkte sind im Großen und Ganzen in Ordnung.

Anders sieht es bei den dargebotenen Inhalten aus. Zusätzliche interessante Inhalte (Referenzen, Formulare, Muster oder Checklisten) sowie Prozess vereinfachende Zusatzfunktionen oder Möglichkeiten zur direkten Interaktion mit den Interessenten (Newsletteranmeldung, Callback-Funktion) werden meist nur sehr spärlich bis gar nicht eingesetzt. 76% der Webseiten haben die vorgenannten Inhalte entweder gar nicht oder nur sehr rudimentär im Angebot.

Sehr gut verständlich sind nur 12% der bewerteten Webseiten, gut verständlich 27%. Weitere 37% schneiden noch befriedigend ab, während knapp ein Viertel die Webseitenbesucher vor mehr oder minder große Verständnisprobleme stellt. So verzichten bspw. 30% der Webpräsenzen darauf, den potentiellen Klienten zu erläutern, was sie von der Kanzlei erwarten können.

Der Verständlichkeitsindex offenbart, dass für die Konzeption der Inhalte kompetente Fachberatung vonnöten ist, die nicht nur die besonderen Bedürfnisse der Mandanten versteht, sondern auch um die Nutzungsgewohnheiten der Internetsurfer weiß. Kunden wollen problemorientiert angesprochen werden und kein leeres Marketinggerede lesen.

Für den – hoffentlich guten – ersten Eindruck einer Webseite bildeten wir einen Index, bei dem 47% der bewerteten Webseiten einen guten bis sehr guten Wert erreichte. Gerade einmal befriedigend waren 37%, weitere 16% waren schlechter als befriedigend. Hier besteht eindeutig Nachholbedarf. Dazu kommt, dass ein Drittel der Impressen auf den Webseiten nicht gesetzeskonform ist. Auch das trägt nicht zum Vertrauensaufbau bei.

Gesamteindruck von Anwaltswebseiten

Xamit beurteilte auch die grundsätzliche Wirkung der getesteten Kanzleiwebseiten. So haben wir nur bei 39% der Webpräsenzen eine Aussage zur Zielgruppe gefunden. Dies lässt auf Kanzleien schließen, die ein Geschäftsmodell mit einer definierten Zielgruppe haben. Die Angabe der Zielgruppe trägt daher zum professionellen Gesamtbild einer Kanzlei bei.

Insgesamt ist die kundenorientierte Aufbereitung der Inhalte das größte Manko der getesteten Webseiten. Hier bleiben fast zwei Drittel der Seiten hinter ihren Möglichkeiten zurück und versäumen so, dem potentiellen Mandanten wichtige Impulse zu geben, die Hürde des Erstkontakts zu nehmen und mit dem Anwalt Kontakt aufzunehmen.

Zusammenfassung

Zusammenfassend gilt, dass Webseiten für Rechtsanwälte eine immer größere Bedeutung erhalten haben und diese weiterhin zunehmen wird. Nur eine Webseite ins Netz zu stellen, reicht heutzutage jedoch nicht mehr, sondern sie muss sich an Standards und den Erwartungen der Mandanten orientieren.

Zum Erfolg kann eine Webpräsenz aber nur dann beitragen, wenn sie stringent in die Unternehmensstrategie des Rechtsanwaltes eingebunden ist. Das gilt auch und gerade für ein Engagement in den sozialen Medien, wie z.B. in sozialen Netzwerken. Bei der Einbindung von sog. „Social Plugins“ in die Kanzleiwebseite und bei der Erstellung einer eigenen Unternehmenspräsenz bspw. auf Facebook ist es unabdingbar, vorher eine Social Media-Strategie zu entwerfen, die nicht nur die Unternehmensphilosophie berücksichtigt, sondern auch alle damit verbundenen rechtlichen Aspekte.

All das zeigt, dass Anwälte sich mit diesen Fragen beschäftigen müssen, um langfristig stabile, wirtschaftlich erfolgreiche Mandantenbeziehungen zu bekommen und zu behalten.

Vom Konsumenten zum Mandanten

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