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Kapitel 4 Die Verpflichtung

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Sky-Base Arcturus, Sky-Navy High-Command, Büro von Hoch-Admiral Redfeather

John Redfeather hatte seinen Adjutanten angewiesen, für den hochrangigen Norsun-Admiral einen großen Bahnhof zu veranstalten. Lieutenant Faso nutzte seine Position und Vollmachten und befahl einigen Schiffen, den Liegeplatz zu wechseln. Als das riesige Hantelschiff an einem der Dockpylone festmachte, musste es zwischen zwei Trägerschlachtschiffen ankern. Mit einem Kugeldurchmesser von zwölfhundert Metern und einer Länge von dreitausendsechshundert Metern war die Nesta-Makawa sicher beeindruckend, doch ein Trägerschlachtschiff wies eine Breite von fünfzehnhundert Metern, eine Höhe von eintausend und eine Länge von fünftausend Metern auf. Für den gewieften Faso war dies eine gute Gelegenheit, den Norsun auf dezente Weise deutlich zu machen, dass die Sky-Navy ihnen in einigen Bereichen durchaus gleichwertig, wenn nicht sogar überlegen war.

Die Ankerklauen des Dockpylons passten nicht zu den Verankerungen der Norsun, doch die in die Klauen integrierten Saugvorrichtungen sorgten für einen sicheren Halt. Nach dem gleichen Prinzip wurden die luftdichten Verbindungen der flexiblen Schleusen hergestellt.

In dem hallenartigen Dockpylon waren alle Wartungs- und Ladearbeiten eingestellt worden. Ein Bataillon der Sky-Cavalry trat in Paradeuniform an und präsentierte die Waffen, als die Delegation der Besucher den Boden der Station erreichte.

Höchst-Wort Gordon-Gor, Befehlshaber der Flotte der großen Mutter, kam nicht alleine. In seiner Begleitung befand sich Höchst-Wort Surus-Galmon. Dieser hatte, vor fünfhundert Jahren, die vereinte Flotte mehrerer kleiner Mütter der Norsun im Rylon-System kommandiert und eine vernichtende Niederlage gegen die Negaruyen erlitten. Wie durch ein Wunder hatte er den langen Kälteschlaf überlebt, in dem er und einige andere auf Rettung gehofft und aus dem ihn schließlich die Menschen und der Wissende Sker-Lotar geweckt hatten.

Surus-Galmon war anfänglich den Menschen gegenüber sehr misstrauisch gewesen, doch die gemeinsamen Erlebnisse im Kell-System hatten ihn zu einem Befürworter des Bündnisses zwischen dem Direktorat und den Norsun gemacht. Er würde jedoch nur eine untergeordnete Rolle spielen, denn er war dem Höchst-Wort Gordon-Gor unterstellt.

Gordon-Gor war Flottenadmiral und kein Freund blumiger Diplomatie. Er kam ohne Umschweife zur Sache: „Grüßende Grüße der großen Mutter. In ihrem Namen spreche ich das Wort. Wir haben zu reden, Höchst-Wort Redfeather, und ich erwarte, dies in verschwiegener Verschwiegenheit zu tun. Führe mich zu einem geräumigen Raum mit geringer Anzahl von Augen und Höröffnungen.“

Redfeather gab Faso einen Wink. Während der Adjutant über sein Implant mit dem Vorzimmer des Hoch-Admirals sprach, ließ der Kommandeur des Bataillons seine Truppe abtreten. Die Arbeiten im Pylon wurden wieder aufgenommen, nun aber durch eine Kompanie Sky-Trooper ergänzt, die ihre Kampfanzüge trugen und den Eindruck vermittelten, zum normalen Wachkommando des Pylons zu gehören. Ihr Erscheinen war jedoch keineswegs normal, denn die Männer und Frauen sollten jene Norsun im Auge behalten, die ihr Schiff vielleicht verlassen wollten. Ferner ließ Faso den Zugang zum Pylon für Zivilisten sperren. Er wusste, dass die Ankunft eines Norsun-Schlachtschiffs erhebliche Aufmerksamkeit erregte. Seufzend bereitete sich der Adjutant darauf vor, diverse Anfragen von Stationsbewohnern und Medienvertretern zu beantworten.

John Redfeather führte währenddessen die Besucher auf dem kürzesten Weg zu seinen Diensträumen und benachrichtigte auf dem Weg den Wissenden Sker-Lotar, die wissenschaftliche Hoch-Koordinatorin Candice Bergner und seinen Freund Omar ibn Fahed, der als Hoch-General die Einheiten der Sky-Cavalry führte. Der Hoch-Admiral war sich bewusst, welche Neugierde der Anblick der Insektoiden hervorrufen würde und überlegte, wie er dem zu erwartenden Medienrummel begegnen konnte. Die beiden Höchst-Worte verhüllten ihre Körper nicht mit Kutten, wie dies Sker-Lotar tat, und vielen Menschen war der Anblick der Fremden nur von den Berichten über deren Invasion auf der Siedlungswelt Regan III. vertraut. Es würde wohl eine Menge Fragen geben, was die Norsun auf der Sky-Base beabsichtigten und die wenigsten dieser Fragen würden angenehm sein. Redfeather ahnte, dass er sich dabei wahrscheinlich auf sehr dünnem politischen Eis bewegen musste.

Noch vor Erreichen seines Büros aktivierte John sein Implant und ließ eine Verbindung zu seinem Adjutanten herstellen. „Faso, bevor Sie nachher zu uns stoßen, … informieren Sie den hohen Rat Sangales auf dem Mars über die Ankunft unserer Gäste.“

Als Redfeather, Gordon-Gor und Surus-Galmon das Büro des Hoch-Admirals betraten, waren die anderen bereits eingetroffen. Er stellte sie den beiden Norsun vor und registrierte dabei, dass sich der alte Admiral Surus-Galmon sehr bemühte, im Hintergrund zu bleiben. Dem Hoch-Admiral drängte sich das Gefühl auf, dass zwischen den beiden Norsun eine gewisse Anspannung herrschte. Dies schien selbst Sker-Lotar aufzufallen, dessen Begeisterung über den Anblick zweier Artgenossen plötzlich einer unerwarteten Reserviertheit wich. Schon die ersten Sätze von Gordon-Gor zeigten Redfeather, dass sein Eindruck ihn nicht getrogen hatte.

Höchst-Wort Gordon-Gor nahm das Glas mit Orangensaft entgegen, das Sker-Lotar ihm reichte, tauchte kurz seinen Nasenrüssel hinein und reichte das Getränk dann an den Wissenden zurück. Die begleitenden Worte wirkten kalt. „Der Wissende sollte sich nicht zu sehr an die eigenen Eigenheiten der Menschenwesen gewöhnen. Sie mögen Kreaturen von nützlicher Nützlichkeit sein, doch Sker-Lotar sollte nicht vergesslich vergessen, welchem Volk er angehört.“

Während John Redfeather noch überlegte, ob er daauf reagieren sollte, meldete sich sein Freund Omar ibn Fahed zu Wort. Der Mann mit dem dunklen Teint und der scharf geschnittenen Nase seiner arabischen Vorfahren war ebenfalls ein Freund direkter Worte. „Das Höchst-Wort kann sich sicher sein, dass der Wissende Sker-Lotar seine Herkunft niemals vergessen hat und stets ein würdiger Vertreter seines Volkes gewesen ist. Das Höchst-Wort sollte ferner wissen, dass wir Menschenwesen uns keineswegs sicher sind, inwieweit sich gewisse Norsun als nützlich erweisen werden. Ein Bund besteht stets zu gegenseitigem Vorteil.“

Gordon-Gor starrte den Kavalleriekommandeur mit seinen beiden Augen an und alle vier schlitzartigen Pupillen verengten sich für einen Moment zu kaum sichtbaren Spalten. „Es liegt wohl an den Menschenwesen, dem großartigen Großreich der großen Mutter ihren nützlichen Nutzen zu beweisen. Die große Mutter gewährt ihren schützenden Schutz nur jenen Wesen, die ihn auch verdienstvoll verdienen.“

Eine spürbare Anspannung wuchs und John Redfeather bemerkte durchaus, dass sich hier zwei Offiziere verschiedener Rassen gegenüberstanden, die nicht bereit waren, von ihrem Standpunkt abzuweichen. John stimmte seinem Freund innerlich zu, doch im Interesse des fragilen und sicherlich fragwürdigen Bündnisses mit den Norsun sah er sich zur Diplomatie verpflichtet. „Sicherlich sehen die kleine Mutter Gerrun und die kleine Mutter Narret, ebenso wie die große Mutter aller Norsun, die Gegenseitigkeit, mit der Vertrauen aufgebaut werden muss.“

Mit Absicht hatte der Hoch-Admiral jene beiden kleinen Mütter ins Spiel gebracht, die sich den Menschen verpflichtet sahen, da diese ihnen in großer Not beigestanden hatten. Die Unterstützung der Menschen durch zwei der kleinen Mütter war ein Umstand, den Gordon-Gor nicht ignorieren konnte. Dass die Erwähnung ihre Wirkung tat, bemerkte vor allem Sker-Lotar am leichten Zittern der Kopffühler des Höchst-Worts.

Tatsächlich schien der oberste Admiral der Norsun sich ein wenig zurückzunehmen, auch wenn seine Worte weiterhin eine gewisse Arroganz erkennen ließen. „Die große Mutter der Norsun gibt den Menschenwesen die erlaubende Erlaubnis, gemeinsam mit den Stacheln der großen Mutter in das kämpferische Stechen gegen die heimtückischen Flachschlitznasen zu ziehen und an der vernichtenden Zerstörung der bislang versteckt verborgenen Werftwelt Tensa teilzunehmen. Die große Mutter erwartet die begeisterte Bejahung dieser Gunst. Mit selbstverständlicher Verständlichkeit werde ich das entscheidende Wort über alle Stachel unserer Völker sprechen.“ Er warf einen raschen Blick auf einige Raumschiffmodelle, die hier, neben der Federhaube eines Sioux-Häuptlings, in einigen beleuchteten Vitrinen standen. „Mit ebensolcher selbstverständlicher Verständlichkeit erwarte ich eine sichtliche Besichtigung der Menschenschiffe, damit ich mir einen bedrückenden Eindruck von der fragwürdigen Tauglichkeit und dem sicherlich mangelnden Vermögen der Schiffe machen kann. Dies sollte willentlich in eiliger Hast geschehen. Ich bedenke, keine erforderliche Zeit zu verschwenden.“

John Redfeather atmete einige Male tief durch und warf einen kurzen Blick auf Sker-Lotar und Surus-Galmon, die beide eisern schwiegen. Inzwischen kannte John den Wissenden gut genug, um dessen Verlegenheit zu erkennen. Ebenso erkannte er, dass sein Freund Omar dicht vor einer Explosion stand und gab ihm mit einer verstohlenen Geste zu verstehen, sich zurückzuhalten.

„Sicherlich lässt sich eine Besichtigung eines unserer Schiffe arrangieren“, antwortete er freundlich. „Auch wenn sie nicht besonders ausführlich ausfallen kann, da Höchst-Wort Gordon-Gor ja auf die Eile hinwies, gemeinsam in den Einsatz zu gehen. Als überaus erfahrener Befehlshaber hat er uns unter seinen Oberbefehl gestellt. Eine sehr freundliche und entgegenkommende Geste, die wir natürlich ebenso freundlich und entgegenkommend abweisen müssen.“ John Redfeather lächelte einnehmend, obwohl der Norsun diese Mimik wahrscheinlich nicht zu deuten wusste. „Als erfahrenem Raumoffizier ist er sich selbstverständlich darüber bewusst, dass ein guter Kommandeur niemals Schiffe befehligt, deren Leistungsvermögen er nicht genauestens kennt. Daher werde selbstverständlich ich die Einheiten der Navy befehligen und dabei die Ratschläge des erfahrenen Höchst-Worts gerne berücksichtigen.“

Gordon-Gor schien verunsichert, was er von den freundlichen Worten halten sollte.

Sker-Lotar schaltete sich in diesem Moment ein: „Ein vorzüglich weiser Entschluss des menschlichen Höchst-Wortes, Höchst-Wort Gordon-Gor. Die Verantwortung für die große Flotte der Stachel der großen Mutter wiegt beschwerlich schwer. Es ist nur gerecht, wenn das menschliche Höchst-Wort seinen Teil der Last selber trägt.“

Nasenrüssel und Kopffühler von Gordon-Gor bewegten sich unruhig, doch dann knickten die Fühler in zustimmender Geste nach vorne. „Es ist angemessen und überlegt, dass die Menschenwesen ihren Teil der lastenden Last tragen. Das menschliche Höchst-Wort mag seine Stachel nach meinen befehlenden Worten führen.“

Redfeather nahm sich vor, den Norsun bei passender Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass ihr lockerer Bund nicht auf dem Prinzip von einseitigem Befehl und Gehorsam basieren würde. Im Augenblick ging es darum, dass die Norsun ihre Kenntnisse über Tensa mit den Menschen teilten und es zu einem gemeinsamen Vorgehen kam.

Lieutenant Faso trat ein und hielt sich dezent im Hintergrund. Ein kurzes Nicken informierte den Hoch-Admiral, dass der Adjutant alle seine Aufgaben erledigt hatte.

„Wie viele Schwärme an Großstacheln kann das menschliche Höchst-Wort in das gemeinsame Stechen führen?“, fragte Gordon-Gor.

Redfeather war einen Moment ratlos, bis sich erneut Sker-Lotar zu Wort meldete: „Ein Schwarm umfasst fünfhundert Stachel.“

Wenn John Redfeather alle Kreuzer und Trägerschlachtschiffe der Sky-Navy zusammenfasste, dann verfügte er über kaum zweihundertfünfzig Einheiten. Eine verschwindend geringe Zahl, denn man wusste, dass die Norsun über Tausende von Hantelschiffen verfügten. Diese enorme Stärke war auch der Hauptgrund dafür, dass sich das menschliche Direktorat keinen Konflikt mit den Insektoiden leisten wollte oder konnte. So stark die Gegensätze auch sein mochten, die Menschen waren auf Kooperation und Koexistenz angewiesen und John Redfeather fürchtete, wie mancher andere ebenfalls, eine mögliche Auseinandersetzung mit den Insektoiden, die eines Tagen kommen mochte. Eine hatte es bereits gegeben, als die Norsun die Siedlungswelt Regan III. angegriffen hatten, weil sie die Menschen für Verbündete der Negaruyen gehalten hatten. Die Sky-Navy und die Sky-Cavalry hatten die Invasoren vertrieben und ihnen deutliche Verluste beigebracht, aber die Schlacht um Regan III. hatte auch gezeigt, dass die Menschheit nicht in der Lage war, einen Krieg gegen die Norsun auf Dauer zu überstehen. Zumindest nicht unter den derzeitigen Umständen. Daran würden auch die erheblichen Anstrengungen zum Ausbau der Navy auf absehbare Zeit nichts ändern.

Redfeather hatte keineswegs die Absicht, die gesamte Flotte der Menschen zu riskieren oder dem Norsun die Schwäche der Sky-Navy zu offenbaren. Dabei musste er darauf hoffen, dass Sker-Lotar sie nicht nannte. Er hatte seit Längerem Zugang zu den Dateien der öffentlichen Bibliothek und im Direktorat war die Stärke der Streitkräfte kein Geheimnis.

„Unsere Flotte ist sehr weit verstreut und sehr viele Schiffe haben einen langsamen Antrieb, so dass sie erst in zwei oder drei Wochen eintreffen könnten.“ Das war nur die halbe Wahrheit, denn die Antriebe der Menschen waren keineswegs schlechter als die der Norsun oder Negaruyen.

Sker-Lotar übersetzte den genannten Zeitraum. Gordon-Gor gab einen Laut von sich, den der Wissende später als Ausdruck höchsten Vergnügens erklärte. „Langsame Langsamkeit. Nicht akzeptierbar. Stachel hier müssen sein in vergänglichem Zeitraum von zwei Tagen menschlicher Zeitverrechnung.“

„Aufgrund eines gewissen technischen Unvermögens unserer Schiffe kann ich in diesem Zeitrahmen nur fünfzig Kreuzer verfügbar machen“, log Redfeather ungerührt. „Allerdings kommen vier unserer großen Großstachel hinzu.“

Letztere Ankündigung schien das Höchst-Wort ein wenig zu versöhnen. „Große Großstachel der Menschenwesen sind möglicherweise akzeptabel.“

John Redfeather lächelte erneut. „Dann sei das Höchst-Wort Gordon-Gor mit seinem Begleiter bis zum Eintreffen unserer Schiffe unser Gast. Lieutenant Faso, seien Sie so freundlich und weisen Sie unseren Gästen passende Quartiere zu. Und eine Ehreneskorte“, fügte er missmutig hinzu, „denn unsere Verbündeten werden sicher die Basis besichtigen wollen und einiges Aufsehen erregen.“

Sky-Navy 16 - Vorstoß nach Tensa

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