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Kapitel 6 Der hohe Rat

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Sky-Base Arcturus, Sky-Navy High-Command, Dock-Pylon 7

Lieutenant Faso hatte das unerwartete Erscheinen der Höchst-Worte an den hohen Rat auf dem Mars gemeldet. In diesem Senat waren alle besiedelten Welten des menschlichen Direktorats vertreten, mit Ausnahme jener, die sich der Menschheit aus politischen, religiösen oder ethnischen Gründen nicht mehr verbunden fühlten. Die Streitkräfte unterstanden dem hohen Rat, dessen Beschlüsse mehrheitlich getroffen wurden. Die Meldung über die Ankunft der Norsun hatte dort erhebliches Aufsehen erregt. In einer holografischen Konferenz war der Beschluss gefasst worden, drei der hohen Räte mit den erforderlichen Vollmachen zu versehen und sie zur Sky-Base Arcturus zu entsenden.

Die drei Ratsmitglieder benutzten ein Long-Range-FLV. Das Fast Landing Vehicle gehörte zu jenen Landungsbooten, denen man ein verlängertes Mittelteil und einen Hiromata-Nullzeitantrieb eingebaut hatte. Solche Langstrecken-Raumfahrzeuge wurden militärisch, privat und kommerziell genutzt, da sie auf kostengünstige Weise schnelle interstellare Reisen ermöglichten. Dank des Hiromata-Antriebs und der Nutzung der Nullzeit dauerte ein interstellarer Flug, unabhängig von der zurückzulegenden Entfernung, im Durchschnitt nur sechzehn Stunden. Acht Stunden, um das Schiff bis zur einfachen Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, den Hiromata zu aktivieren und anschließend weitere acht Stunden, um das Schiff wieder abzubremsen, wobei die Zeit nicht eingerechnet war, die es benötigte, um sich der Position und relativen Geschwindigkeit des Ziels anzugleichen. Die acht Stunden galten für leistungsstarke Triebwerke. Viele zivile und kommerzielle Schiffe verwendeten allerdings solche, die deutlich mehr Zeit benötigten, die erforderliche Geschwindigkeit zu erreichen. Das von den hohen Räten genutzte Raumfahrzeug gehörte zu den schnellsten Zubringern der Sky-Navy. Das LR-FLV legte an Dock-Pylon Sieben an, wo die drei Ratsmitglieder von Lieutenant Faso in Empfang genommen wurden.

Man wollte keine große Aufmerksamkeit erregen und so geleitete der Adjutant die wichtigen Besucher rasch zum Dienstraum des Hoch-Admirals. Der hatte bereits jene Personen bei sich versammelt, auf deren Meinung er sich gerne stützte, wenn es galt, wichtige Entscheidungen zu treffen. Aufgrund der aktuellen Lage beschränkte sich dieser Kreis allerdings auf Hoch-General Omar ibn Fahed und Hoch-Koordinatorin Candice Bergner.

John Redfeather und die anderen erhoben sich respektvoll, als jene drei Personen eintraten, deren Entscheidung wesentlich für das weitere Vorgehen der Streitkräfte sein würde. „Hochherr Mbuto Sangales, hoher Rat Kenduke, hoher Rat Lambert, ich heiße Sie auf der Sky-Base Arcturus willkommen.“

Mbuto Sangales gehörte zu den entschiedenen Unterstützern der Streitkräfte und hatte dem Hoch-Admiral insgeheim einige Vollmachten für Geheimprojekte erteilt, von denen selbst seine Kollegen im hohen Rat nichts ahnten. Sangales nahm die Verantwortung dafür auf sich, denn er hatte an Einsätzen der Sky-Navy teilgenommen und kannte deren Situation aus erster Hand. Als ausführende Hand des Rats war der Afrikaner zudem Angehöriger jener kleinen Gruppe aus fünf hohen Räten, die über besondere Vollmachten verfügten. Sein besonderer Rang wurde durch den Titel des „Hochherrn“ und die rote Schärpe deutlich, die er von der linken Schulter zur rechten Hüfte trug.

Der hohe Rat Kenduke gehörte zu jenen Angehörigen des Senats, die sich nur selten eine eigene Meinung bildeten und sich gerne der Mehrheit anschlossen. Redfeather wusste daher, dass für den Mehrheitsbeschluss dieses Triumvirats die Stimme des hohen Rats Lambert entscheidend sein würde. Er rechnete allerdings mit der Unterstützung des Politikers. Lamberts Bruder war Besitzer von Lambert Incorporated, einem bedeutsamen Zulieferer von Rüstungsgütern und der Schiffsbauindustrie. Zudem stellte Lambert viele Güter für den Handel mit den Siedlungswelten her. Obwohl Ratsmitglied Lambert stets beteuerte, seine Verwandtschaft beeinflusse seine Beschlüsse nicht, lag für Redfeather die Vermutung nahe, dass der Mann allem zustimmen würde, bei dem für Lambert Incorporated Gewinn heraussprang. Zwar hasste der Hoch-Admiral Korruption und Lobbyismus, aber er musste akzeptieren, dass beides seit Bestehen der Menschheit existierte. In diesem Fall würde es hoffentlich zum Vorteil der Navy und damit der Menschheit sein.

„Wir sind nach Erhalt Ihrer Nachricht schnellstmöglich aufgebrochen, John“, berichtete Hochherr Sangales und ließ sich von Faso einen stark gesüßten Kaffee reichen. „Der Besuch dieser Norsun ist fraglos brisant.“

„Leider ist die Sache noch komplizierter geworden“, gestand Redfeather ein. „Einer unserer Gäste, das Höchst-Wort Gordon-Gor, hat Galactic News unglücklicherweise ein Interview gegeben.“

„Ausgerechnet Galactic News?“, seufzte der Hochherr. „Verdammt, die sind für ihre Sensationsgier und spekulativen Verschwörungstheorien bekannt. Ich hoffe, Gordon-Gor sagte nichts … Unpassendes.“

John Redfeather spielte eine Aufnahme der kurzen Begegnung zwischen dem Höchst-Wort und Zoineman ab. Die drei Ratsmitglieder sahen sich betroffen an.

„Das ist eine unschöne Sache, John“, fasste Sangales deren Meinung schließlich zusammen. „Diese Bemerkung wird jedem Zuschauer deutlich machen, wie fragwürdig ein Bündnis mit den Norsun ist. Die Leute haben den Angriff auf Regan III. noch gut in Erinnerung und nicht wenige fürchten die Militärmacht dieses Norsun-Reichs. Unser gemeinsamer Kampf gegen die Negaruyen hat diese Furcht sicher gedämpft, da alles nach einer friedlichen Koexistenz und einem Bündnis aussieht. Die Bemerkungen dieses Gordon-Gor könnten die Stimmung wieder bedenklich ins Kippen bringen.“

Ratsherr Lambert nickte. „Was dieser Bursche zum Ausdruck brachte, lässt durchblicken, dass diese Insekten nichts von friedlicher Koexistenz halten. Entweder man unterwirft sich ihnen oder man wird ausgelöscht.“

„Was bedeutet, dass wir für unsere sogenannten Bündnispartner erpressbar sind“, stieß Kenduke erregt hervor. „Entweder machen wir das, was sie verlangen, oder wir müssen mit ernsthaften Konsequenzen rechnen. Verdammt, Admiral, das ist eine prekäre Lage.“

„Dessen ist sich John absolut bewusst“, sprang Sangales dem Hoch-Admiral bei. „Die Situation ist nicht seine Schuld. Glücklicherweise hat unsere hochverehrte Hoch-Koordinatorin Bergner geistesgegenwärtig reagiert. Ich hoffe nur, die Leute schlucken ihre Behauptungen.“

Die Hoch-Koordinatorin lächelte und dankte dem Hochherrn mit einem Nicken für das Lob.

„Immerhin genießt die Hoch-Koordinatorin überall höchstes Ansehen“, meinte Lambert. „Dennoch müssen wir damit rechnen, dass dieser Zoineman und Galactic News die Sache ordentlich ausschlachten. Ihre Quoten werden nach oben schnellen, wenn sie das Bild einer erneuten Gefahr durch die Norsun projizieren.“

„Es war jedenfalls ein geschickter Schachzug, unser technisches Vermögen ein wenig zu verschleiern.“ Sangales nippte an seinem Kaffee, verzog das Gesicht und ließ ihn von Faso nachsüßen. „Falls es erneut zu einem Konflikt mit den Norsun kommt, ist es gut, wenn sie nicht genau wissen, was wir können.“

„Auf lange Sicht wird sich ein Konflikt kaum vermeiden lassen“, meldete sich Candice Bergner zu Wort. „Aufgrund ihrer enormen Vermehrungsrate haben sich die Norsun zu einer aggressiven, imperialistischen Eroberungsgesellschaft entwickelt und unglücklicherweise sind unsere Ansprüche an Lebensbedingungen identisch, was ohnehin Konfliktpotenzial in sich birgt. Wie schon gesagt, ich halte eine künftige Auseinandersetzung für unausweichlich und wir müssen sie, so lange wie irgend möglich, hinauszögern, damit wir uns darauf vorbereiten können. Es sei denn, natürlich, die Menschheit will sich den Insektoiden bereitwillig unterwerfen.“

„Es gibt sicherlich Leute, die das aus nackter Furcht tun würden, und andere, für die eine Unterwerfung niemals akzeptabel wäre.“ Lambert stieß ein missbilligendes Schnauben aus. „Und dann gibt es ein paar besiedelte Welten, denen es in ihrer Engstirnigkeit sogar recht wäre, wenn das Direktorat vernichtet würde. Unabhängigkeits-Spinner, die außer Acht lassen, dass sie die Nächsten auf der Liste der Norsun wären.“

„Lady, Gentlemen, uns muss jetzt die Frage beschäftigen, in wie weit wir Gordon-Gors Forderungen nachgeben“, erinnerte Mbuto Sangales. „Sie haben ihm unsere Unterstützung sicherlich zugesagt, John?“

Redfeather berichtete von seinen Zusagen und seinen Argumenten für eine eigenständige Befehlsstruktur der Menschen. Zwischen den drei Ratsmitgliedern entspann sich eine erregte Diskussion, der die anderen aufmerksam lauschten. Faso bediente sich selbst und ließ sich neben Bergner nieder.

„Fünfzig Kreuzer und vier Trägerschlachtschiffe“, zog Sangales das Resümee. „Ein beträchtlicher Teil der aktiven Flotte.“

„Mitsamt der Einschränkung, dass unsere Schiffe in diesem Gefecht nicht ihr gesamtes Potenzial zeigen dürfen“, erinnerte Candice Bergner. „Die Norsun werden uns sicherlich sehr genau beobachten, um unsere aktuelle Kampfkraft einschätzen zu können.“

„Eine unerfreuliche Situation“, seufzte Kenduke.

„In der Tat“, stimmte John Redfeather zu. „Doch uns bleibt keine Wahl.“

Hoch-General Omar ibn Fahed schaltete sich ein: „Auch wenn wir eine Art Verbündeter der Norsun sind, so müssen wir akzeptieren, dass wir uns im Grunde zwischen zwei Mühlsteinen befinden. In einer klassischen Zwickmühle zwischen den Norsun und den Negaruyen.“

„In Anbetracht der Tatsache, dass die Negaruyen einst von den Norsun überfallen wurden und sich nur ihrer Haut wehren, sollten wir uns vielleicht besser mit ihnen verbünden“, schlug Kenduke unsicher vor.

Ibn Fahed schüttelte entschieden den Kopf. „Ihre bisherigen Aktionen haben gezeigt, dass sie uns absolut feindselig gegenüberstehen. Nach ihrem heimtückischen Überfall auf Sky-Base Rigel haben wir zwei ihrer Infiltratoren gefasst. Sie wurden genetisch so manipuliert, dass sie von Menschen kaum zu unterscheiden sind. Sie haben uns ausspioniert und kennen unsere Geschichte sehr genau. Sie wissen, dass wir eigentlich keine Freunde der Norsun sind, dennoch zeigen sie keinerlei Anzeichen von Bereitschaft zu einem Waffenstillstand mit uns.“

„Dennoch sollten wir versuchen, mit Verantwortlichen der Negaruyen in Verbindung zu treten“, beharrte Kenduke auf seinem Standpunkt.

„Gentlemen.“ Bergner klatschte leise in die Hände. „Konzentrieren wir uns auf das Kernproblem … Die Forderungen der Norsun bezüglich eines Kampfeinsatzes gegen die Werftwelt Tensa. Hoher Rat Kenduke, bei allem Verständnis für Ihren Standpunkt … Die Norsun würden es uns keinesfalls danken, wenn sie das Gefühl bekämen, wir würden uns bei diesem Einsatz zurückhalten.“

„Das trifft es wohl auf den Punkt“, räumte Mbuto Sangales ein. „John, wir sind gezwungen, mit den Norsun zu kooperieren. Sie werden also gegen dieses Tensa in den Einsatz gehen. Wir alle können uns sicherlich vorstellen, wie schwierig es dabei sein wird, unsere Navy zum Erfolg zu führen und zugleich, den Norsun gegenüber, ihre wahren Fähigkeiten zu verschleiern. Was im Einzelnen zu tun ist, können wir nicht entscheiden. Nicht von hier aus. Diese Entscheidungen müssen vom befehlshabenden Offizier vor Ort getroffen werden. Ich bin daher dafür, werte Ratskollegen, dass wir Hoch-Admiral John Redfeather alle Vollmachten erteilen, in unserem Sinne zu handeln.“

Der diesbezügliche Beschluss der drei Ratsmitglieder war einstimmig.

John Redfeather hatte damit die „carte blanche“, die weiße Karte und damit alle Vollmachten. Was nichts anderes bedeutete, als dass er alleine für den Erfolg oder Misserfolg des Einsatzes verantwortlich war.

Sky-Navy 16 - Vorstoß nach Tensa

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