Читать книгу Frauenwaffen von A bis Z - Michaela Röder - Страница 8

Ich-Bereich

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Beziehungen funktionieren in Räumen. In meinen Beratungen arbeite ich oft mit dem Bild von den Eheringen. Zwei Ringe, die an einer kleinen Stelle übereinander gelegt sind. Dieser kleine gemeinsame Raum, die Schnittmenge, die sich meist aus der Hälfte oder etwas weniger von jedem Ring bildet, ist eure Beziehung, euer Beziehungsbereich. Ihr seid diese zwei einzelnen wunderschönen Ringe. Wenn man sich findet und verbindet, schiebt man sich Stück für Stück übereinander. Instinktiv haben sowohl du als auch dein Partner unterbewusst ein gutes Gespür dafür, wie groß dieser Raum sein sollte.

Der Rest des Raumes im Ring, der frei bleibt, ist dein Ich-Bereich. Der Bereich, der dich weiter faszinierend macht, wenn dein Partner schon ein Stück vom Raum hat. Er wird natürlich immer mal wieder versuchen, mehr Raum einzunehmen, weil er mehr wissen möchte. Mehr entdecken. Das ist das Abenteuer, der Reiz. Doch hast du ihm deinen kompletten Raum – also Ring, offengelegt, wird er trotzdem nur dieses gemeinsame Stück benötigen und sich auf den kleinen Teil der überschneidenden Ringe zurückziehen. Der Reiz, mehr vom anderen Bereich zu entdecken ist weg. Er wird bequem. Er macht es sich gemütlich.

Noch schlimmer ist es nur, wenn du deinen Ring ungefragt komplett über die Grenzen eures gemeinsamen Raumes hinaus, in seinen Bereich schiebst oder es zumindest ständig versuchst. Dass du es versuchen möchtest, ist normal. Das ist der Urtrieb. Leider haben wir Frauen die unschöne Angewohnheit, uns dann nämlich sehr wohl manipulativer Spielchen zu bedienen, nämlich: Emotionale Erpressung. Schlechtes Gewissen erzeugen. Meckern, bis er völlig entnervt das tut, was wir wollen, um seine Ruhe zu haben.

Am Ende vom Lied wird er sich komplett zurückziehen, keine Lust mehr haben und das Allerschlimmste ist, du wirst auch keine Lust mehr haben. Denn was man erobert hat, ist irgendwann langweilig.

Es ist also nicht mal ein Männer-Frauen-Klischee. Es ist einfach das Spiel mit den Räumen.

Natürlich brauchen wir diese Beziehungskomfortzone irgendwann, wenn wir zum Beispiel Kinder bekommen wollen. Ein Haus bauen wollen. Dort ist es bequem. Schön sicher, geborgen und warm. Das soll es auch sein, aber achte darauf, deinen Ich-Bereich beizubehalten. Denn allzu gern und allzu schnell lassen wir die Räume übereinander schleifen und werden uninteressant.

Das Gute ist, dass es reparabel ist. Heißt: Wenn wir bemerken, dass sich unsere Räume verschoben haben – und ich muss sagen: Männer sind eigentlich super darin, uns dies anzuzeigen, denn auf einmal rufen sie nicht mehr an oder nicht zurück, nehmen sich Respektlosigkeiten heraus, werden nachlässig – dann ist es Zeit zu handeln.

Wir haben unser Ich-Programm vernachlässigt, und das gilt es zu reaktivieren und den Ich-Bereich wieder zu vergrößern. Das ist keine Manipulation, meine Damen, das ist Beziehungsarbeit vom Allerfeinsten.

Doch irgendwie haben wir Frauen da in den letzten Jahren etwas vermischt. Seitdem teilen sich die Frauenlager in zwei Typen:

Der viktorianische Typus

Sie erwartet und sehnt sich nach nichts anderem als dem perfekten Mann. Sie hat eine genaue Vorstellung, wie dieser Mann und die Beziehung mit ihm zu sein hat. Sie weiß meist bereits in jungen Jahren, wie ihre Hochzeit ablaufen soll. Natürlich kann sie sich selbst versorgen, wie die meisten Frauen unserer Zeit, aber viel schöner wäre es, wenn der Mann dies übernimmt. Daran ist auch rein gar nichts verkehrt, solange nicht Folgendes passiert:

Sie nimmt ihre ganzen großen Erwartungen und Mädchenträume und stülpt sie dem nächsten Mann, den sie kennenlernt, wie einen Barbie-Traumhaus-Helm über den Kopf, bis er selbst nicht mehr zu erkennen ist und dann wundert sie sich, warum er denn nur so schnell das Weite gesucht hat bzw. gar nicht mehr der Mann ist, den sie einst kennenlernte.

Der entmannende Typus

Sie ist total emanzipiert. Burschikos und willensstark, weiß sie ganz genau, wo es langgeht und zeigt es deutlich. Sie lässt keinen Zweifel daran, dass sie keinen Kerl braucht, um zu überleben und weil das so ist, muss er sich schon nach ihrem Willen richten, um bei ihr bestehen zu können. Die kleinste Abweichung von ihrer Vorstellung wird mit Untergrabung seiner Männlichkeit gestraft, bis ihre Maßnahmen endlich Früchte tragen und er zum modernen, soften Frauenversteher mutiert ist. Dann verlässt sie ihn irgendwann, weil er ein Weichei ist und sie schließlich jemanden sucht, bei dem sie sich auch mal anlehnen kann. Die Suche geht von vorne los.

Die Spirituelle:

Sie glaubt an das Schicksal. Jeder Mensch, der in ihr Leben tritt, hat einen Sinn. Sie glaubt daran, das Öffnung in allen Bereichen, das Wahrhaftigsein, der einzige Schlüssel für das Gelingen einer Beziehung sein kann. Konflikte können nur entstehen, weil die Beziehungspartner noch zu sehr im Ego (Ich-Bereich) verhaftet sind. Man muss sich von seinem Ego lösen, das Herz öffnen und dem Partner alles mitteilen, was einen bewegt, um mit der Energie der Liebe in den siebten Himmel schweben zu können.

Jeder Mann, der da nicht mitmacht, war eben nicht der Auserwählte und noch zu sehr im Ego verhaftet. Jeder Mann, der sich nicht gleichermaßen für den Schwall ihrer Herzensenergie öffnen kann, wird aussortiert. Wenn seine dringend benötigte Freizeit für das Erspähen und schmerzhafte Analysieren seiner verborgenen Störmuster aus anderen Leben draufgeht und er deshalb genervt reagiert, wird er als negatives Energiefeld aus ihrem Leben gebannt.

Das Ziel der spirituellen Superwoman ist die vollständige Verschmelzung seines und ihres Ich-Bereiches. Nur das ist die wahre Symbiose, die Selbstaufgabe und Verschmelzung. Das mag funktionieren, wenn man zum Beispiel auf einem anderen Stern lebt oder im Wald, wo man sich durch Beerenpflücken selbst versorgt und zur Unterdrückung des Egos psychodelische Pflanzen konsumiert.

Der normalsterbliche, sehr unerwachte Mann wird wohl eher die Flucht ergreifen. Denn diese Art, an eine Beziehung heranzugehen, ist nicht Öffnung und Herzensfülle, sondern Psychoterror. Nicht umsonst sind die meisten spirituellen Superwomen Langzeitsingles. Es gibt eben zu viele unerwachte Traumprinzen.

Komisch finde ich auch, dass ich die meisten richtig wütenden und bösen Zuschriften von diesem Typus bekomme. Da fallen auch schon mal ziemlich derbe, unengelhafte und weltliche Worte.

Versteht mich nicht falsch. Ich bin durchaus spirituell angehaucht. Ich lege Tarotkarten, glaube an Schicksal und dass jeder Mensch, dem wir begegnen, einen Sinn hat. Er ist entweder Geschenk, Lehrmeister oder Strafe. Ich glaube an ein Leben nach dem Tod und dass es ‚da oben‘ etwas Größeres gibt. Etwas zwischen Himmel und Erde.

Ich glaube aber auch, dass es einen Sinn hat, dass wir, um dieses Leben meistern zu können, aus gutem Grund das Ich-Gefühl mit auf die Welt bekommen haben. Als Erdenmensch sollen wir wahrscheinlich mit beiden Beinen auf der Erde stehen und unsere „Aufgaben“ hier meistern. Ich glaube zum Beispiel, dass es meine Aufgabe ist, den Menschen den Glauben an sich selbst zurückzugeben und den Menschen Werkzeuge an die Hand zu geben, um sich das Leben in vielen Bereichen leichter zu machen.

Wie so oft wäre hier der Mittelweg der richtige.

Ich nenne es den:

Neoemanzipierten Typus

Emanzipierte Frauen von heute sind nicht mehr zu vergleichen mit den Latzhosen tragenden Vorreiterinnen der Frauenbewegung.

Die neoemanzipierte Frau ist nun doch wieder mehr Frau. Sie liebt ihre Weiblichkeit und lebt diese auch in ihren Beziehungen. Es ist nicht mehr nötig, den Mann zu entmannen. Er kann neben uns bestehen, gleichberechtigt, so wie Emanzipation einst gemeint war. Wir können neben ihm als Frau bestehen. Wir müssen nicht zwingend die Leisten selbst an die Wand kloppen, auch wenn wir es könnten, nur weil wir jetzt ein Wahlrecht haben. Wir können Frau sein. Wir können sogar ihn die Rechnung bezahlen lassen, damit er sich als Gentleman fühlen kann. Wir dürfen uns ruhigen Gewissens die Tür vom Auto aufhalten und den Mantel anreichen lassen. Weil wir Frauen sind. Das ist nicht unmodern. Im Gegenteil – diese Männer sind die modernen Helden. Ich finde einen Mann sehr unmännlich, der diese Dinge einfach unterlässt. Wohingegen ich Männer, die Windeln wechseln und Freude an ihrer Vaterrolle haben, sehr männlich finde.

Ich finde, dass lange Zeit versucht wurde, uns aus der Emanzipation einen Strick zu drehen:

„Oho, ihr wollt das Wahlrecht und dass wir die Windeln wechseln? Dann zahlt gefälligst auch eure Rechnungen selbst.“

Natürlich können wir unsere Rechnungen selbst bezahlen und ich würde niemals zu einem Date gehen, ohne selbst Geld in der Tasche zu haben. Allein deshalb, damit ich verschwinden kann, wenn er unterirdisch ist.

Trotzdem sollten wir zumindest eine Weile abwarten, ob er bezahlen möchte. Denn echte Männer machen das heute noch gern.

Neoemanzipiert nenne ich die Frauen, die sich der ganzen Bandbreite der Möglichkeiten bedienen. Frau sein und frei (unabhängig) sein.

Nicht mehr und nicht weniger.

Frauenwaffen von A bis Z

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