Читать книгу Traumspuren - Nadja Solenka - Страница 6

4. Kapitel

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Manchmal schneit es Anfang April noch, und dann senken sich weiße Flocken auf die Felder und Wiesen, auf den Asphalt und überall hin, hüllen alles in eine gnädige, flauschige Hülle. Manchmal verwandelt sich danach wieder alles recht schnell in eine schmutzige Welt.

Ich saß nur so für mich in einem Cafe, in dem ich als Studentin oft meine freie Zeit verbracht hatte, und das war viel Freizeit gewesen. Hier versuchte ich nun mit mir ins Reine zu kommen, wollte mir einfach nicht mehr die Kontenance geben, mein Liebesaus mit Denis zu betrauern. Aber alles um mich herum lenkte mich ab.

Wie ich sie um ihre Freiheiten beneidete, die Studenten und Studentinnen, die am Nebentisch über Gott und die Klimakatastrophe debattierten.

Sie wussten gar nicht, wie gut sie es doch hatten. SIE konnten sich kochen, wann und was sie wollten. SIE konnten fast jederzeit einen Stadtbummel unternehmen, spontan ins Kino oder in Kneipen gehen, und sich unmögliche Klamotten anziehen, ohne dass irgendwelche Kindergartentanten die Nase rümpften. Sie konnten blass, dick, dünn sein, indifferent oder jähzornig und keiner würde sagen, was für eine schreckliche Mutter, oder ach, das arme Kind.

Das Leben ging weiter, sagte ich mir. Nebenan wurde nun über einen Streik heftig diskutiert, über die lächerlich geringen finanziellen Mittel für die "Studierenden", und die Überalterung des Lehrmaterials. Denen ging es doch nicht schlecht, dachte ich voller Selbstmitleid, und sie wissen gar nicht, wie gut es ihnen wirklich ging. Selbstgefällig und gnädigst grinste mir über seiner Kaffeetasse ein Student mir Brille und Zopf entgegen. Es wurde Zeit zu gehen, das war nicht mehr mein Alter, meine Welt, das merkte ich.

Wenn Gott einen Menschen sehr liebt, dann erfüllt er einem einen lang gehegten Traum und dann nimmt er nicht Rücksicht darauf, ob man gerade vorhat, allein gegen den Sturm, das Schicksal, und gegen das Leben im allgemeinen anzurennen.

Käthe hatte von ihrer 90Jährige Tante viel Geld geerbt und wollte sich einen Wunsch verwirklichen, eine Reise nach Mallorca. Und Karla und meine Wenigkeit sollten mitkommen!!!!

Die alte Dame saß an dem blank polierten, schlanken Kirschholztisch und schenkte mir, ihrer Ex-Schwiegertochter, Tee nach. Karla tobte draußen auf dem englischen Rasen herum und begann ihre Füße in den Zierteich zu stecken.

Käthe sagte: "Na, was sagst du dazu Luise ...?" Und: "Oh schau mal was Karla da macht, ich muss mal eben raus ... ."

So hatte ich also Zeit zu überlegen, während Käthe mit Karla draußen kämpfte. Was sollte ich schon dazu sagen, vielleicht den blöden Spruch, wer kann dazu schon nein sagen? Ich wollte, und wie ich wollte.

Die lila getönte, sorgfältig gelegte Frisur meiner Ex-Schwiegermutter war durch das Gerangel mit ihrer Enkelin völlig in Unordnung geraten. "Also was ist, kommt ihr nun mit?", fragte Käthe, als ich neben ihr im Garten stand.

Ich nahm ihr meine rot-verschwitzte, fürchterlich trotzige und wie am Spieß brüllende Tochter ab und sagte: "Wann können wir fliegen?"

Koffer ließen sich ganz schnell packen, vor allem, wenn man das Bedürfnis hatte, einfach nur herauszukommen, aus der Öde, der Leere und dem freien Fall. Chaotisch war ich zwar, dass musste ich zugeben, aber eines wusste ich aus unzähligen Reisen zuvor, für Ferien musste man in erster Linie drei Dinge unternehmen, die zwingend mit dazugehörten: Die Krankenkarte mitnehmen, an Creme gegen Mücken denken, und Sonnenöl kaufen.




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