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1.5.2 Wirksamkeit von Forschungsergebnissen und Theorie-Praxis-Transfer

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Die Wirksamkeit von Forschungsergebnissen ist bewiesen.

Die Frage nach der Wirksamkeit von EBN berührt zugleich die Frage, ob der Einbezug von Forschungsergebnissen in pflegerische Entscheidungen bessere Ergebnisse hinsichtlich der Versorgung von Pflegebedürftigen zeigt als eine Entscheidungsfindung ohne diesen Einbezug. Hier sind die Antworten mehrfach und hinreichend aus pflegewissenschaftlicher Perspektive gegeben (exempl. Schnittger et al. 2012).

Studien (exempl. von Heater und Kollegen 1988 in Schlömer 2000, S. 48) mit 84 Pflegenden und 4.146 Pflegebedürftigen belegen, dass Patient*innen, die nach wissenschaftlich fundierten Methoden gepflegt wurden, deutlich bessere Ergebnisse im Wissen über Gesundheitsverhalten aufwiesen als die Pflegebedürftigen in der Vergleichsgruppe. Somit ermöglicht eine wissenschaftlich fundierte Pflege im Vergleich zu einer Routine-Pflege bessere Effekte für die Pflegebedürftigen.

Der oben genannte Einbezug von aktuellen Forschungsergebnissen in pflegerische Entscheidungen und Handlungen setzt das Vorhandensein von Forschungsergebnissen voraus. So gibt es beispielsweise hinreichend gesichertes Wissen über die Wirksamkeit der Händehygiene, über die Druckentlastung zur Dekubitusprophylaxe, zur Sinnhaftigkeit von Frühmobilisierung und zur sterilen Wundversorgung (Meyer 2015). Ebenso gibt es wissenschaftliche Belege für einen fehlenden Nutzen von Interventionen oder auch zum deren Unterlassen. Beispielsweise ist nachgewiesen, dass das Unterbleiben von freiheitsentziehenden Maßnahmen nicht zu einer Erhöhung von Stürzen und Unfällen führt (Meyer et al. 2014).

Zugleich gibt es zahlreiche Themenfelder, zu denen es an qualitativ hochwertigen Studien fehlt, z. B. Sturzprävention (Meyer & Köpke 2012; Bartholomeyczik 2008). Hierzu liegen zwar zahlreiche Studien vor, jedoch ist deren wissenschaftliche Qualität nicht ausreichend, um klare Handlungsimplikationen abzuleiten (Meyer & Köpke 2012). In der Pflege mangelt es zu vielen Themen und Fragestellungen an hochwertigen Forschungsarbeiten – und damit an guter Evidence –, aus denen sich wirksame Handlungsempfehlungen ableiten lassen (ebd.). Nicht immer und nicht aus allen Designs und Arten von Forschungsarbeiten lassen sich klare Handlungsempfehlungen für die praktische Pflege generieren (ebd.). Und damit ist ein Transfer von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen in die pflegerische Praxis beträchtlich erschwert (ebd.).

Zur Wirkungsweise des EBN-Konzepts zählt zugleich die Frage nach dem Gelingen des Theorie-Praxis-Transfers von Wissen. Diese Frage kann international positiv beantwortet werden (exempl. Thiel et al. 2001; Heydari et al. 2014; Haslinger-Baumann 2015). So zeigen Studien, dass ein Zusammenhang zwischen Forschungsanwendung, persönlicher Einstellung und Bereitschaft der Pflegenden, der Verfügbarkeit von Forschungsergebnissen und sozialer sowie institutioneller Unterstützung besteht (Haslinger-Baumann 2015). Eine finnische Studie an allen Universitätskrankenhäusern in Finnland zeigt auf, dass die befragten Pflegenden (n = 943) noch nicht bereit für eine evidence-basierte Pflege sind. Die Pflegefachkräfte berichten über ein niedriges Niveau an evidence-basiertem Wissen. Obwohl die Pflegenden mit dem EBN-Konzept vertraut sind, fehlt es ihnen an Wissen und Selbstwirksamkeit, um die besten wissenschaftlichen Beweise in die klinische Versorgung zu integrieren (Saunders et al. 2016).

Internationale Studien fokussieren auch die Entwicklung und den Einsatz von validen Messinstrumenten, die geeignet sind, die Einstellung und das Wissen von Pflegenden zur Umsetzung von evidence-basierter Praxis zu erfassen (Meyer et al. 2012). Diese Instrumente sind in validierter Form vorhanden. Mehrere Studien belegen, dass aufseiten der Pflegenden die Einstellung zugunsten der Nutzung von Forschung in der Praxis als individueller Faktor in beträchtlichem Maße besteht. Weitere begünstigende individuelle Faktoren sind die Teilnahme an Tagungen und Fortbildungen, ein akademischer Berufsabschluss sowie das Ausmaß an Arbeitszufriedenheit. Die Übertragbarkeit der Ergebnisse ist aufgrund der erst kurzen Phase der Akademisierung der Pflege und der noch jungen Implementationsbemühungen von EBN in die Pflegepraxis fraglich (Meyer et al. 2012).

Im deutschsprachigen Raum liegen Studien zum Kenntnisstand von Pflegenden zu dem EBN-Konzept sowie zur Motivation und zum Interesse zur Integration wissenschaftlicher Ergebnisse in den beruflichen Alltag vor (Meyer et al. 2012). Die Studien belegen einen außerordentlich geringen Anteil von Pflegenden, die nach eigenen Angaben über ausreichendes Wissen verfügen, um forschungsbasiert arbeiten zu können (Meyer et al. 2012). Demzufolge war bei den Befragten auch die Einstellung zu evidence-basierter Pflege skeptisch (Meyer et al. 2012).

Zahlreiche Studien zu EBN fokussieren oftmals weniger die Verbesserung der Patient*innenergebnisse als vielmehr die Frage nach den Barrieren bei der Übertragung von Forschungsergebnissen in die klinische Entscheidungsfindung. Auf diese wird in Kapitel 9 ( Kap. 9.2) eingegangen.

Evidence-basiertes Pflegehandeln

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