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05. Unterscheidung zwischen dem Seienden und dem Werdenden. Die Welt als geworden und als nach einem Vorbild geschaffenes Abbild

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TIMAIOS: Tun das doch alle, wenn auch nur ein wenig Besonnenheit ihnen zuteil ward; sie riefen wohl stets beim Beginn eines jeden Unternehmens, ob groß oder klein, Gott an. Wir aber, die wir über das All zu sprechen im Begriff sind, wie es entstanden oder vielleicht auch nicht entstanden sei, müssen, sind wir nicht durchaus auf Irrwegen, notwendig, unter Anrufung der Götter und Göttinnen, zu ihnen flehen, dass wir am meisten nach ihrem Sinne, demzufolge aber auch nach unserem reden. Was nun die Götter angeht, so mögen sie so angerufen sein, uns selbst aber müssen wir zu solcher Rede aufrufen, wie ihr es am leichtesten fasst, ich aber am besten meine Gedanken über den vorliegenden Gegenstand euch darzulegen vermag.

Zuerst nun haben wir, meiner Meinung nach, dies zu unterscheiden: was ist das stets Seiende, das Entstehen nicht an sich hat, und was das stets Werdende, aber niemals Seiende; das eine, stets gemäß demselben Seiende ist durch Vernunft mit Denken zu erfassen, das andere dagegen durch Vorstellung vermittels vernunftloser Sinneswahrnehmung vorstellbar, als entstehend und vergehend, nie aber wirklich seiend. Alles Entstehende muss ferner notwendig aus einer Ursache entstehen; denn jedem ist es unmöglich, ohne Ursache das Entstehen zu erlangen. Wessen Erzeuger aber, mit stetem Hinblick auf das stets sich gleich Verhaltende, nach einem solchen Vorbilde dessen Gestalt und Kraft erschafft, das muss notwendig schön vollendet werden im Ganzen; wessen Erzeuger aber auf das Gewordene hinblickt und etwas Gewordenes zum Vorbild nimmt, das unschön. Der ganze Himmel aber - oder die Welt, oder welcher Name sonst jemandem dafür belieben mag, der sei uns genehm -, von ihm müssen wir zuerst erwägen, was es offenbar anfangs bei jedem zu erwägen gilt, ob er stets war und kein Anfang seines Entstehens stattfand, oder ob er, von einem Anfange ausgehend, entstand.

Er entstand; denn er ist sichtbar und betastbar und hat einen Körper. Alles Derartige aber ist wahrnehmbar, alles Wahrnehmbare aber, durch Vorstellung vermittels Sinneswahrnehmung zu erfassen, zeigte sich als ein Werdendes und Erzeugtes; von dem Gewordenen aber behaupten wir ferner, dass es notwendig aus einer Ursache hervorging.

Also den Urheber und Vater dieses Weltalls aufzufinden, ist schwer, nachdem man ihn aber auffand, ihn allen zu verkünden, unmöglich. Dies aber müssen wir ferner über es erwägen, nach welchem Vorbilde sein Werkmeister es auferbaute, ob nach dem stets ebenso und in gleicher Weise Beschaffenen oder nach dem Gewordenen. Ist aber diese Welt schön und ihr Werkmeister gut, dann war offenbar sein Blick auf das Unvergängliche gerichtet, bei der Voraussetzung dagegen, die auch nur auszusprechen frevelhaft wäre, auf das Gewordene. Jedem aber ist gewiss offenbar, auf das Unvergängliche, denn sie ist das Schönste alles Gewordenen, er der beste aller Urheber. So also entstanden, ist sie nach dem durch Nachdenken und Vernunft zu Erfassenden und stets sich Gleichbleibenden auferbaut; da sich aber dies so verhält, ist es durchaus notwendig, dass diese Welt von etwas ein Abbild sei. Das Wichtigste aber ist, bei allem von einem naturgemäßen Anfange auszugehen. So nun muss man sich in Hinsicht auf das Abbild und sein Vorbild erklären, dass jeweils die Reden, wessen Ausleger sie sind, eben dem auch verwandt sind. Die Aussagen von dem Beharrlichen, Gewissen, der Vernunft Offenbaren müssen beharrlich und unveränderlich sein - soweit möglich ist und es Reden zukommt, unwiderlegbar und unerschütterlich zu sein, daran dürfen sie nichts fehlen lassen; die aber von dem jenem Nachgebildeten, welches ein Abbild ist, die müssen wahrscheinlich sein und im Verhältnis zu jenen stehen; denn wie das Sein zum Werden, so verhält sich die Wahrheit zum Glauben. Wundere dich also nicht, o Sokrates, wenn wir in vielen Dingen über vieles, wie die Götter und die Entstehung des Weltalls, nicht imstande sind, durchaus und durchgängig mit sich selbst übereinstimmende und genau bestimmte Aussagen aufzustellen. Ihr müsst vielmehr zufrieden sein, wenn wir sie so wahrscheinlich wie irgendein anderer geben, wohl eingedenk, dass mir, dem Aussagenden, und euch, meinen Richtern, eine menschliche Natur zuteil ward, so dass es uns geziemt, indem wir die wahrscheinliche Rede über diese Gegenstände annehmen, bei unseren Untersuchungen diese Grenze nicht zu überschreiten.

SOKRATES: Sehr gut, Timaios, das müssen wir durchaus, wie du begehrst, annehmen. Dein Vorspiel hat also unbedingt unsern Beifall, fahre nun in deinem Gesange fort und führe ihn hinaus.

Timaios - Über die Natur

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