Читать книгу Das Labyrinth jagt dich - Rainer Wekwerth - Страница 13

Оглавление

Sie hockten sich gegenüber, jeder mit dem Rücken an eine Wand gelehnt. Mischa war übel zugerichtet. Sein ganzer Körper schmerzte, als hätte jemand ihn mit einem Hammer zertrümmert. So ähnlich war es ja auch gewesen. Seine Rippenprellung war wieder erwacht und machte ihm das Atmen schwer. Mischa öffnete die Augen und blickte zu León hinüber.

León hatte den Kopf in den Nacken gelegt. Blut floss ihm aus der Nase und schien nicht zu stoppen zu sein. Trotz der Tätowierungen in seinem Gesicht konnte Mischa erkennen, dass es León nicht besser als ihm selbst ging. Er sah aus, als wäre er von einem Bus überrollt worden.

Sie hatten ohne Rücksicht, ohne Skrupel und mit voller Kraft aufeinander eingeprügelt, bis sie zu schwach für die nächste Runde gewesen waren. Keiner hatte den Sieg über den anderen errungen, aber darum war es auch nicht gegangen.

Hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, León zu berühren, meinetwegen auch wehzutun, und angestachelt von dem Hass des anderen, hatte Mischa auf León eingedroschen. León mochte ihn hassen, doch Mischas Gefühle waren stärker. Denn er begehrte ihn. Leóns Reaktion hatte ihn nicht überrascht, er flüchtete sich in das, was er kannte – Gewalt. Und das hatte Mischa in Kauf genommen, denn wenigstens waren die Dinge zwischen ihnen – und mit ihm selbst – jetzt im Reinen. Ihr Kampf hatte alle Konflikte offen zutage gebracht, jetzt wusste er, woran er bei León war. Mischa veränderte seine Position und stöhnte auf, als der Schmerz wie grelle Blitze durch seinen Körper fuhr. Jeder Atemzug zerriss ihm fast den Brustkorb. Sofort senkte León den Kopf und starrte ihn an.

»Ich hoffe, du bist jetzt zufrieden, Arschloch«, knurrte León.

Mischa erwiderte seinen Blick. »Ich kann das erklären.«

»Da gibt’s nichts zu erklären.« León presste die Worte wie unter Schmerzen heraus.

»… ich kann doch nichts für meine Gef…«

»Mierda, halt verdammt noch mal die Fresse!« León fletschte die Zähne, blieb aber sitzen. »Wehe, du nimmst nur ein weiteres Wort in den Mund, um irgendwelche Scheißgefühle zu beschreiben. Das ist doch krank!«

»Nein, deine Liebe zur Gewalt, die ist krank. Als ob du es genießen würdest, dass man dich schlägt.«

León glotzte ihn an. Sein rechtes Auge begann zu zucken. »Pass auf, was du sagst, Mischa, sonst krieche ich zu dir rüber und hau dir so lange auf die Fresse, bis du dir alle deine Zähne anschauen kannst.«

»Du machst mir keine Angst mehr. Schau dich an, du kannst dich kaum noch rühren. Das hast du nicht erwartet, was? Dass dir jemand standhalten kann und nicht gleich nach dem ersten Schlag in die Knie geht. Ich erinnere mich, dass ich lange Zeit in einem Internat gelebt habe. Irgendwas an mir zog den Hass der anderen auf mich, da lernt man, sich zu wehren.«

»Ich kann mir gut vorstellen, warum die anderen dich gehasst haben.«

»Nein, kannst du nicht. Sie haben mich wegen meines Vaters gehasst. Das haben sie mich spüren lassen. Mehrfach wurde ich windelweich geprügelt, aber immer so, dass es bis auf ein paar blaue Flecken keine Hinweise darauf gab, was sie mit mir machten. So ging das die ersten Jahre lang. Aber ich wurde größer, trieb viel Sport und meldete mich im Boxklub an. Und dann kam der Tag, an dem ich zurückgeschlagen habe. Einen nach dem anderen. Alle habe ich sie besiegt.«

»Was für eine schöne Geschichte«, ätzte León, aber Mischa ließ sich davon nicht beeindrucken.

Mischa spuckte aus. Sein Speichel war voller Blut.

»Ich weiß, was du und die anderen in mir sehen. Schaut mal, der nette Mischa, immer gut drauf, ständig ein Lächeln für die anderen und stets hilfsbereit, so ein netter Junge.« Er zögerte kurz. »Ich kann auch anders. Also spar dir deine Drohungen, sie ziehen bei mir nicht.«

»Bist du jetzt fertig?«

Mischa schwieg. Er musste zusehen, dass er die Schmerzen in den Griff kriegte und schnell wieder zu Kräften kam. Die Jagd durch das Labyrinth ging weiter. Womöglich hatte sie gerade erst richtig begonnen und auf León konnte er sich nicht mehr verlassen. Ich werde mich notfalls alleine durchschlagen, dachte er entschlossen. Vor einem Endkampf bei den Toren hatte er keine Angst mehr, er hatte soeben alles verloren, was ihm in diesem Leben etwas bedeutete.

Der alte Mischa ist tot, ab jetzt denke ich nur noch an mich. Komme, was will, ich werde kämpfen, egal gegen wen.

Mischa starrte auf die Wände. Dort lief unbeeindruckt vom übrigen Geschehen der Countdown ab.

15:43

15:42

15:41

Die Zeit verging, aber er konnte sich immer noch nicht rühren. Als er den Kopf drehte, sah er, dass León die Knie angezogen und den Kopf daraufgelegt hatte. Er schien zu dösen.

Gut, dachte Mischa.

Denn ich bin noch nicht mit dir fertig.

Mary spürte nur noch kalte Wut in sich. Und Angst, doch ihre Wut war stärker. Sie warf sich herum und biss Kathy ins Handgelenk. Kathy schrie auf, zuckte zurück. Mary zögerte nicht lange, sondern stieß blindlings mit dem Messer zu. Jetzt, da sie endlich eine Waffe hatte, fühlte sie sich stark. Kathy hatte Glück, dass sie dem ersten Stich ausweichen konnte, der zweite aber saß. Tief bohrte sich die Klinge in Kathys Bauch.

»Was hast du getan?«, hauchte Kathy, ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt, ihre Nasenspitzen berührten sich beinahe. Kathy krümmte sich zusammen, ihre Hände legten sich auf Marys Faust, die noch immer um den Griff des Messers lag.

Mary verstand nur langsam, was geschehen war. Das Entsetzen über ihre Tat war so groß, dass sie nun bereitwillig das Messer losließ.

»Das wollte ich nicht«, flüsterte sie leise. Fast unhörbar.

Kathy sah ungläubig an sich hinab. Sie umfasste das Messer und verzog das Gesicht schmerzhaft, weil sich das Messer in ihr bewegte. Dann – mit einem Schrei – riss sie es heraus und warf es auf den Boden. Das Scheppern des Metalls gellte in Marys Ohren.

Was habe ich getan?

Mary sah das hellrote Blut aus der Wunde hervorsprudeln, beobachtete, wie Kathys Kleidung davon durchtränkt wurde.

»Das wollte ich nicht«, formte sie mit den Lippen, doch kein Ton drang aus ihr heraus.

Kathy presste beide Hände auf die blutende Stelle. Sie war ruhig, atmete nicht einmal schwer, sondern sah Mary nur still an. Ihre grünen Augen waren weit aufgerissen, sie sah fast überrascht aus und weniger erschrocken. Ein müdes Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.

Sie fühlt, dass sie sterben wird. Und ich sehe ihr dabei zu, ich Möderin. Wie konnte ich nur …?

»Kathy …« Die Worte kamen nicht über ihre Lippen und sie schaute zu ihren Händen hinab. Diese Hände hatten Kathy das Messer in den Bauch gerammt. Es würde ihr niemand mehr helfen können.

Als Jenna um die Ecke bog, fand sie Mary auf dem Boden kauernd. Ihr Blick war auf ihre Handflächen gerichtet, die nach oben zeigten, so als halte sie etwas, aber da war nichts.

»Mary?«, fragte Jenna vorsichtig.

Mary hob den Kopf und sah sie bittend an. »Ich wollte das nicht, wirklich nicht.«

»Was wolltest du nicht?«

»Kathy, ich wollte nicht … dass sie …«

Ein merkwürdiges Kribbeln machte sich in Jennas Magen breit. Wovon sprach Mary?

»Bist du ihr begegnet? Ist sie wirklich hier?«

Mary streckte Jenna eine Hand entgegen, mit der anderen deutete sie vor sich auf den Boden. »Siehst du nicht das Blut? Ich habe das getan, ich habe sie umgebracht!«

Jennas Kehle schnürte sich zu. Marys Hände waren makellos. »Mary, da ist nichts.«

»Rot, so rot wie Rosen … und dann hatte ich … das Messer, als sie vor mir stand … sie hat mich bedroht … und dann plötzlich das ganze Blut, rot wie Rosen …«

Mary blickte erneut auf ihre Hände. Plötzlich schien sie wie aus einem Traum zu erwachen. Sie sprang mit einem Satz auf die Füße und Jenna wich zurück. Marys Gesicht war bleich, sie zitterte am ganzen Körper. Entsetzt hielt sie sich die Hände vors Gesicht, drehte sie immer wieder um und stammelte: »Das kann nicht sein! Das kann nicht sein!«

Jenna fasste sie am Arm. »Was ist passiert? Du hast dir das alles nur eingebildet, Mary. Wieso glaubst du, dass du Kathy umgebracht hast?«

Marys Blicke huschten von Jenna zum Boden und wieder zurück. »Ich habe sie erstochen, wirklich! Da war dieses ganze Blut, alles war … rot und …« Mary schrie auf. »Die Leiche? Wo ist die Leiche? Und das Messer!«

»Was denn für ein Messer?«, hakte Jenna nach.

»Es gehörte Kathy. Sie muss es aus der letzten Welt mitgebracht haben und dann habe ich es gefunden.«

Jenna zuckte zusammen. Was, wenn es wirklich ein Messer gab? Wem gehörte es? Und vor allem: Wer hatte es jetzt?

Sie hatte die Kratzer in der Wand gesehen und Kathys Stirnband gefunden. Sie fasste in ihre Tasche, um es hervorzuholen, aber dann fiel ihr ein, dass sie das Stück Stoff angewidert zu Boden hatte fallen lassen. Es gab keinen handfesten Beweis, dass es Kathy tatsächlich bis zurück ins Labyrinth geschafft hatte. Und somit gab es keine plausible Erklärung für Marys sonderbares Verhalten.

Es war ein Traum, es muss ein Traum gewesen sein. Mary würde vielleicht auf Rache hoffen, aber wurde sie … könnte sie jemanden umbringen?

Sie war sich nicht sicher, ob sie Mary solch eine Tat zutraute. Aber wie dem auch sei, wenn Kathy wirklich zurück war, mussten sie auf der Hut sein. Jenna sah sich um. Da war kein Messer. Kein Blut, auch nicht an Marys Händen. Wenn sie Kathy tatsächlich erstochen hätte, wären hier doch Spuren!

Jenna packte Mary mit beiden Händen an den Oberarmen und schaute ihr direkt in die Augen. »Mary, wo war das? War das hier?«

»Ja … hier … ich … ich verstehe das alles nicht … meine Hände … da war überall Blut. Wo ist Kathy?« Marys Tonfall wurde immer kläglicher und Jenna konnte sie nur zu gut verstehen: Wenn das alles stimmte und Kathy überlebt haben sollte, schwebte Mary in Gefahr.

Jenna zwang sich und Mary zur Ruhe. Es gab keinen Grund, vor Gespenstern davonzulaufen, redete sich Jenna ein. »Da ist nichts und niemand. Bitte konzentriere dich und sag mir, was geschehen ist, seitdem du hier aufgetaucht bist.«

Mary blinzelte, dann wurde ihr Blick klar. »Ich war in einem Raum. Es war dunkel, nur durch einen Spalt fiel Licht herein. Dann hörte ich die Rufe meines Bruders und ich bin los, um ihn zu suchen. Da war aber nur ein leerer Gang, vielleicht habe ich mir alles nur eingebildet. Ich hätte David doch schon längst finden müssen. Und dann habe ich Kathys Messer entdeckt. Wie eine Warnung. Kathy war also wieder zurück und ich war mir sicher, sie würde versuchen, mich umzubringen.«

»Aber Kathy … sie ist doch in der Eiswelt zurückgeblieben, hat sich für dich geopfert.«

Mary schüttelte verständnislos den Kopf. »Aber wie ist sie dann hierhergekommen?« Marys Augen blitzten.

Jenna zuckte mit den Schultern.

»Also bin ich ihr gefolgt. Als ich um die Ecke bog, wartete sie schon auf mich. Es kam zum Kampf und … ich habe sie erstochen.«

»Mary, schau mich an«, befahl Jenna, als das schwarzhaarige Mädchen den Kopf wieder sinken ließ und zu weinen begann. »Das kann nicht sein. Da ist keine Leiche, kein Blut und kein Messer. Wenn es also nicht woanders …«

»Es war hier!«

»Dann hast du sie nicht umgebracht.«

Wie sagt man jemandem, dass er Wahnvorstellungen hat? Noch dazu, wenn man glaubt, selbst welche zu haben?

Auf keinen Fall würde sie Mary von der Schrift an der Wand und dem blutigen Halstuch erzählen. Wahrscheinlich würde es Mary den Rest geben und sie wäre nur noch ein Nervenbündel. Und ein Nervenbündel wäre keine gute Verbündete in einer fremden Welt.

Jenna bemühte sich, ihre Stimme fest und bestimmt klingen zu lassen. »Das alles war nicht real.« Jenna konnte die Befürchtung, dass jemand das alles hier kontrollierte und ein perfides Spiel mit ihnen spielte, jedoch nicht mehr aus dem Kopf verbannen. Vielleicht waren sie unter Drogen gesetzt worden? Aber wie? In diesem Labyrinth hatte sie weder gegessen noch getrunken …, wie …?

Ein Gedanke blitzte auf. Konnte es sein, dass die Luft vergiftet war? Rief sie Halluzinationen hervor? Das konnte sie nicht glauben. Ja, es gab hier Dinge, die nur schwer nachzuvollziehen waren, und doch fühlte sich Jenna absolut klar im Kopf. Bei Mary sah die Sache allerdings anders aus, da war sich Jenna sicher, so labil wie sie wirkte.

Wir müssen hier raus und wir müssen Jeb und León und Mischa finden. Zumindest habe ich Mary gefunden, das heißt also, dass auch Jeb, Mischa und León hier sein müssen.

Ihr Mund fühlte sich trocken an. Die Lippen waren rissig, ihre Zunge ein Stück ausgedörrtes Leder.

Mary schaute sie abwartend an.

Sie seufzte. »Mary, denkst du, du kannst weitergehen? Wir müssen die anderen suchen.«

Mary nickte.

Mischa wartete, bis er sich sicher war, dass León eingeschlafen war. Als er die gleichmäßigen Atemzüge des anderen hörte, erhob er sich vorsichtig. Sofort zuckte ein heftiges Stechen durch seine Seite.

Diesmal sind sie endgültig gebrochen. Ich habe wahrscheinlich Glück, dass keine der Rippen die Lunge durchstoßen hat.

Er biss sich auf die Lippen und humpelte, so leise er konnte, zur nächsten Wand, über die unentwegt Zahlen wanderten. Etwas tropfte auf seine Hand. Erstaunt blickte Mischa auf seinen Handrücken, über den langsam ein Blutstropfen lief. Seine gebrochene Nase hatte wieder begonnen zu bluten. Ärgerlich wischte er mit dem Ärmel seines Hemdes über sein Gesicht.

Dieses Arschloch hat mich ganz schön zugerichtet. Aber das wirst du mir büßen, León.

Als er vor der Wand stand, entwich ihm ein Stöhnen. Hastig drehte er sich zu León um, aber der hatte sich nicht gerührt, sondern schlief mit rasselndem Atem weiter. Zufrieden registrierte Mischa das Geräusch. León war mindestens ebenso schwer verletzt wie er.

Wenn du aufwachst, wird dir alles genauso wehtun wie mir, und genau das hast du verdient.

Mischa grinste, aber selbst das verursachte ihm Schmerzen. Die Hand in die Rippen gepresst, stand er gebeugt da und betrachtete das Zahlenrätsel. Es war schwerer als die vorherigen Rätsel und zunächst erkannte er nicht, was hier von ihm verlangt wurde. Dann plötzlich hob sich der Schleier und er hörte eine Stimme in seiner Erinnerung: »Wenn man den Zahlenwert einer beliebigen Primzahl auf die Stelle in der Fibonacci-Folge überträgt, dann ist diese Fibonacci-Zahl ebenfalls immer eine Primzahl.«

Okay, aber welches war die geforderte Primzahl und welches ihre Stelle in der Fibonacci-Folge?

Seine Hand schwebte suchend über den wandernden Zahlen, dann sah er sie. Mischa warf noch einen schnellen Blick auf León, dann tippte er die entsprechenden Zahlen an. Seine Berührungen hinterließen blutige Fingerabdrücke an der Wand und sofort glitt geräuschlos eine Tür auf. Erneut sah er zu León und erschrak.

León hatte die Augen aufgerissen und starrte ihn an. Wahrscheinlich hatte ihn der Luftzug geweckt. Mist!

Hastig machte Mischa einen großen Schritt durch die Türöffnung. Im gleichen Augenblick rappelte sich León auf die Füße und fluchte.

»Du Schwein, willst … ohne mich abhauen. Aber daraus wird nichts!« Mit geballten Fäusten stand León an die Wand hinter ihm gelehnt.

Mischa hatte inzwischen die unsichtbare Schwelle übertreten und stand wie gebannt auf der anderen Seite der Tür. Er betete, dass sich die Tür wieder schloss.

Gerade als León die Türöffnung erreichte, glitt die Wand zu und Mischa war in Sicherheit.

Er lauschte. Bestimmt brüllte León seine Wut heraus, aber es war nichts zu hören.

Schalldicht, dachte er.

Er schaute auf die weiße Wand, die ihn nun von dem Jungen trennte, der ein absolutes Gefühlschaos in ihm auslöste. Er war erleichtert und traurig gleichzeitig. Fühlte er Reue in sich, dafür dass er León zurückgelassen hatte?

Nein, León hat nichts anderes verdient. Wir hätten gemeinsam das Labyrinth besiegen können, aber er hat sich gegen mich entschieden.

Mischa seufzte laut. Er ließ sich auf die Knie sinken, fühlte die Erschöpfung in allen Gliedern, aber er musste weiter, Abstand zwischen sich und León bringen, für den Fall, dass die Wände erneut verschwanden. Er gönnte sich einen Moment, dann erhob er sich schwerfällig.

Sein Körper pochte und zitterte, er fühlte sich ausgelaugt, innerlich war er tot, abgestumpft. Er musste weitergehen. Immer weiter. Bis er die Tore zur nächsten Welt fand.

Mischa hatte sich durch acht weitere Räume geschleppt, als ihn die Erschöpfung doch zu Boden zwang. Wenigstens hatte seine Nase aufgehört zu bluten, aber dafür plagten ihn jetzt höllische Kopfschmerzen. Seine Nase war zugeschwollen und er bekam nur noch durch den Mund Luft. In den letzten beiden Räumen hatte er sich kaum auf die Rätsel konzentrieren können und mehr nach Intuition als nach Wissen gehandelt, aber es hatte funktioniert. Auf sein mathematisches Können war Verlass.

Nun saß er da und befühlte seine gebrochene Nase. Fremd und dick saß die Nase in seinem Gesicht. Schon bei der kleinsten Berührung jagte ein rasender Schmerz in die Stirn hinauf.

Er führte die Hand zur Nase und ließ sie wieder sinken, die Angst vor dem Schmerz war zu groß. Er versuchte, sich in den weißen Wänden zu spiegeln, aber nicht mal seinen eigen Schatten konnte er ausmachen. Es war, als verschluckten die Wände jedes Bild und jeden Ton.

Erneut nahm er die Hand hoch. Er zählte innerlich bis zehn, hielt die Luft an … In einer einzigen Bewegung packte er seine Nase mit Daumen und Zeigefinger und riss sie nach links. Ein greller, schmerzender Blitz durchzuckte ihn. Er hörte sich schreien.

Dann wurde alles schwarz.

Das Labyrinth jagt dich

Подняться наверх