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Die Reise

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Die Vam­pi­re ver­lie­ßen, den klei­nen Ort am Harz­horn oh­ne Be­dau­ern. Cor­de­lia hat­te be­fürch­tet, Rü­di­ger wie­der zu be­geg­nen, doch sie er­fuhr, dass er und Mo­na eben­falls ab­ge­reist wa­ren.

Sie war er­leich­tert, ihren Bru­der Do­ri­an noch an­zu­tref­fen, da sie un­be­dingt sei­ne Unter­stüt­zung brauch­te, um dem Ziel ihrer Sehn­süch­te na­he zu kom­men. Die Mön­che in dem ru­mä­ni­schen Klos­ter, wa­ren sehr be­stimmt ge­we­sen, was sei­ne An­we­sen­heit be­traf.

Sie fuh­ren mit dem Zug nach Frank­furt und be­stie­gen dort das Flug­zeug nach Bu­ka­rest. Von Bu­ka­rest aus wür­den sie einen Wa­gen neh­men und zu dem klei­nen Dorf unter­halb des Klos­ters fah­ren, wo Eleo­no­ra sie er­war­te­te. Zu dritt woll­ten sie dann die Mön­che auf­su­chen.

Cor­de­lia be­gann Do­ri­an zu er­zäh­len, was sie in Ru­mä­nien he­raus­ge­fun­den hat­te.

»Das Klos­ter liegt sehr ab­ge­schie­den auf einem Berg und die Mön­che dort sind seit Ge­ne­ra­tio­nen da­mit be­schäf­tigt, ein Wel­ten­tor zu hü­ten. Es kos­te­te eine Men­ge gu­ter Wor­te und Geld­spen­den, um über­haupt an­satz­wei­se aus ih­nen he­raus zu be­kom­men, was sie wuss­ten.« Cor­de­lia ver­zog ihr Ge­sicht zu einer säuer­li­chen Mie­ne.

»Gegen Ge­dan­ken­ma­ni­pu­la­tion sind sie er­staun­li­cher­wei­se im­mun, gegen die Macht der ba­ren Mün­ze zum Glück nicht«, füg­te sie grin­send hin­zu. »Jeden­falls ha­ben sie uns schließ­lich an­ver­traut, dass es eine Mög­lich­keit gibt, das Wel­ten­tor zu öff­nen. Hier kommst je­doch du, mein Bru­der, ins Spiel. Ihre Be­din­gung war, dich zu ih­nen zu brin­gen, sonst wol­len sie uns nicht da­bei be­hilf­lich sein, den Weg in die Vor­welt zu öff­nen.«

Do­ri­an hör­te ihr nach­denk­lich zu und sah sie bei ihren letz­ten Wor­ten miss­trau­isch an. »Wa­rum be­stehen sie da­rauf, dass ich zu ih­nen kom­me? Wo­her wis­sen sie über­haupt von mei­ner Exis­tenz?«

Cor­de­lia zuck­te die Schul­tern. »Kei­ne Ah­nung, doch es schien ih­nen außer­or­dent­lich wich­tig zu sein.«

Do­ri­an dach­te nach. Was konn­ten Mön­che in einem ab­ge­le­ge­nen Klos­ter von ihm wol­len? Ihm fiel kei­ne schlüs­si­ge Er­klä­rung da­rauf ein. Doch was hat­te er schon groß­artig zu ver­lie­ren? Er war un­sterb­lich, er war stär­ker als je­der Mensch und sie hat­ten einen Ein­gang zur Vor­welt, die an­geb­lich in die Göt­ter­welt führ­te. Sie woll­ten, dass er kam und er woll­te zu ih­nen, um in die Göt­ter­welt zu ge­lan­gen.

Denn in der Göt­ter­welt war sie. Inoa. Das Ein­zi­ge wo­nach er sich schmerz­lich sehn­te, war ihre Nä­he. Je­der Schlag sei­nes Her­zens schien ihren Na­men zu ru­fen. Ihm war je­des Mit­tel recht, den Weg zu ihr zu fin­den.

Sei­ne Ge­dan­ken schweif­ten zu­rück zu je­nem Au­gen­blick, in dem er sie wie­der­erkannt hat­te, be­vor er sie nach einem bit­ter­sü­ßen Kuss wie­der ver­lor. Der Schmerz er­zeug­te einen un­glaub­li­chen Druck auf sei­ner Brust, so­dass er mehr­mals tief durch­at­me­te, in der Hoff­nung ihn so ab­schüt­teln zu kön­nen.

Cor­de­lia warf ihm einen Blick zu und er­kann­te, was in ihm vor­ging. »Du wirst sie wie­der­se­hen«, flüs­ter­te sie tröst­lich und drück­te sei­ne Hand. Lei­se füg­te sie hin­zu: »Und ich wer­de Sieg­bert wie­der­se­hen.«

Sie ver­stand ihn so gut, weil auch sie ihre gro­ße Lie­be, Sieg­bert, ver­lo­ren hat­te. Sie wa­ren bei­de durch ein ähn­li­ches Schick­sal ver­eint, wo­bei Do­ri­an sich ein­ge­ste­hen muss­te, dass er an ihrem Schick­sal gro­ße Mit­schuld trug.

Do­ri­an war froh sei­ne Schwes­ter bei sich zu ha­ben, denn nie­mand ver­stand sei­ne See­len­qua­len so gut wie sie. Nur sie hat­te ihn ge­kannt, als er noch ein Mensch war, nicht ein über­mäch­ti­ges un­sterb­li­ches We­sen, son­dern ein­fach ihr ge­lieb­ter gro­ßer Bru­der, der sie ver­wöhn­te und mit dem sie stets in­nig ver­bun­den war.

Do­ri­an lä­chel­te ihr zu. »Wer hat dir er­zählt, dass der Weg durch die Vor­welt in die Göt­ter­welt führt?«

»Der Abt die­ses Klos­ters, in das wir nun fah­ren.«

Ihre An­span­nung war für Do­ri­an fühl­bar und er wuss­te, dass sie da­rauf brann­te, end­lich zu er­rei­chen, was sie so un­ermüd­lich ver­such­te.

Cor­de­lias Au­gen wa­ren voll Zu­ver­sicht. Sie war dies­mal si­cher den Weg, in die Vor­welt zu fin­den, um wie­der mit Sieg­bert ver­eint zu sein, der dort so lan­ge schon ge­fan­gen war.

Do­ri­an fürch­te­te je­doch ins­ge­heim, dass sie ihr Ziel nicht er­rei­chen wür­de. Sieg­bert be­fass­te sich zwar mit Hexe­rei, doch er war kein un­sterb­li­ches We­sen, son­dern ein Mensch, als er vor über 200 Jah­ren in der Vor­welt ver­schwand. Rein phy­sio­lo­gisch muss­te er längst tot sein.

Der Zug rat­ter­te da­hin und sie dös­ten ein we­nig ein, in dem ein­lul­len­den Ge­rüt­tel. Die Zeit ver­ging schnell und ehe sie sich ver­sa­hen, wa­ren sie in Frank­furt an­ge­kom­men. Dort nah­men sie ein Ta­xi zum Flug­ha­fen.

Sie check­ten ein und wäh­rend sie auf das Boar­ding war­te­ten, still­ten sie ihren Blut­durst an ei­ni­gen ah­nungs­lo­sen Rei­sen­den. Sie ver­hiel­ten sich da­bei un­auf­fäl­lig, brach­ten kei­nes ihrer Op­fer um, son­dern tran­ken in Ma­ßen von ih­nen. Da­nach ma­ni­pu­lier­ten sie ihre Er­in­ne­rung, so­dass sie nichts mehr da­von wuss­ten.

Frisch ge­stärkt sas­sen die Ge­schwis­ter schließ­lich an­ge­schnallt auf ihrem Flug nach Bu­ka­rest und als das Flug­zeug ab­hob, ver­spür­te Do­ri­an neu­gie­ri­ge Vor­freu­de auf die­ses ab­ge­schie­de­ne Klos­ter mit sei­nen un­ge­wöhn­li­chen Mön­chen.

In Bu­ka­rest nah­men sie sich einen Wa­gen und Cor­de­lia dräng­te da­rauf, dass sie trotz der vor­ge­rück­ten Stun­de los­fuh­ren. Es wa­ren 2,5 Stun­den bis zu dem Klos­ter und sie woll­te es noch schaf­fen, am sel­ben Tag dort an­zu­kom­men.

Sie konn­te es nun kaum er­war­ten, end­lich ihr Ziel zu er­rei­chen. So vie­le Jah­re hat­te sie da­rauf ge­war­tet, einen Weg zu ihrem ge­lieb­ten Ehe­mann, Sieg­bert zu fin­den. Jetzt war die Er­fül­lung ihrer Sehn­süch­te zum Grei­fen na­he.

Auf der kur­vi­gen Stra­ße muss­te Do­ri­an et­was Tem­po zu­rück­neh­men und sie er­blick­ten, eine klei­ne Rast­stät­te mit einer Tank­stel­le.

Do­ri­an warf ihr einen fra­gen­den Sei­ten­blick zu, ob er an­hal­ten soll­te, doch sie schüt­tel­te ener­gisch den Kopf.

Cor­de­lia sah flüch­tig zu der Tank­stel­le und ihr Herz­schlag setz­te für einen Mo­ment aus, als sie mein­te den Mann zu er­ken­nen, der dort läs­sig an sein Auto ge­lehnt, eine Zi­ga­ret­te rauch­te.

Rü­di­ger! Es muss­te Rü­di­ger ge­we­sen sein, oder ihre über­reiz­ten Ner­ven spiel­ten ihr einen Streich und sie sah ihn schon in wild­frem­den Men­schen. Bei­de Mög­lich­kei­ten be­un­ru­hig­ten sie.

Wenn sie in Frem­den Rü­di­ger zu se­hen glaub­te, so hieß es, dass er ihre Ge­dan­ken weit mehr be­schäf­tig­te, als ihr lieb war. Wenn er es wirk­lich ge­we­sen war, um­so schlim­mer. Dann wür­de er kei­ne Ru­he ge­ben, bis er sie ein­ge­holt und von ihrem Vor­ha­ben ab­ge­bracht hat­te.

Un­ru­hig rutsch­te sie auf ihrem Sitz he­rum.

»Bist du so ner­vös, we­gen Sieg­bert oder we­gen Rü­di­ger?« Do­ri­ans Stim­me klang sar­kas­tisch.

Cor­de­lia schluck­te und warf ihm einen ängst­li­chen Blick zu. »Hast du ihn ge­se­hen? War er das eben an der Tank­stel­le?«

Do­ri­an zuck­te läs­sig die Schul­tern. »Schon mög­lich. Ich ha­be nicht so sehr da­rauf ge­ach­tet und mir ist es auch gleich­gül­tig, ob er es war.«

Cor­de­lia at­me­te tief ein und wie­der aus. Sie hat­te sei­nen ta­deln­den Unter­ton be­merkt, woll­te je­doch nicht nä­her da­rauf ein­ge­hen. Sie wuss­te, dass Do­ri­an ihr die Pas­sion für Rü­di­ger, den er ver­ab­scheu­te, übel nahm.

Zu­dem hat­te sie sich ge­schwo­ren Rü­di­ger zu ver­ges­sen. Ihr Stolz ver­bot ihr je­doch, das ihrem Bru­der mit­zu­tei­len. Sie sah kei­nen Grund, sich zu recht­fer­ti­gen.

So fuh­ren sie schwei­gend wei­ter und als die Däm­me­rung he­rein­brach, er­reich­ten sie das klei­ne Dorf über dem mäch­tig, dun­kel und be­droh­lich, das al­te bau­fäl­li­ge Klos­ter thron­te.

Götterfunken- sieben Höllen

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