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Rumänien, Kloster Varg

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Der Mond schien nicht in die­ser Nacht und das wuch­ti­ge Klos­ter war nur sche­men­haft zu er­ken­nen. Düs­ter und be­droh­lich rag­te es aus dem kah­len Fels em­por. Nir­gends war ein Licht­schein zu se­hen. Zu die­ser spä­ten Stun­de schlie­fen die Brü­der in ihren Bet­ten im Re­fek­to­rium.

Das Klos­ter und sei­ne Mön­che wa­ren of­fi­ziell ru­mä­nisch-or­tho­do­xen Glau­bens. In Wahr­heit ge­hör­ten sie längst einer an­de­ren Glau­bens­ge­mein­schaft an, die ab­so­lut nichts mehr mit dem Chris­ten­tum ge­mein­sam hat­te.

Einst wa­ren sie wirk­lich or­tho­do­xe Mön­che ge­we­sen. Bis zu je­ner frag­wür­di­gen Nacht vor lan­ger Zeit.

Vor über 150 Jah­ren war ihr Abt Vlad Za­pos in einer klei­nen Kam­mer auf eine mit Holz ver­klei­de­te Wand ge­sto­ßen. Als er sie ab­klopf­te, klang es hohl da­hin­ter. Neu­gie­rig ge­wor­den, schlich er eines Nachts wie­der in die Kam­mer und be­gann die Wand­ver­klei­dung zu lö­sen.

Da­hin­ter lag ein Raum, der di­rekt aus dem stei­ni­gen Fels ge­hau­en schien. In des­sen Mit­te stand ein Al­tar aus Stein, an dem eiser­ne Rin­ge an­ge­bracht wa­ren. Of­fen­bar, da­für vor­ge­se­hen ein Op­fer dort fest­zu­bin­den. Abt Vlad mein­te, bräun­li­che Spu­ren an dem Stein ge­se­hen zu ha­ben. Er hat­te ein mul­mi­ges Ge­fühl, doch sei­ne Neu­gier­de sieg­te.

Auf dem Al­tar lag, von einer di­cken Staub­schicht be­deckt, ein al­tes Buch. Es ent­hielt selt­sa­me For­meln in einer ihm un­be­kann­ten Spra­che.

Er nahm das Buch an sich und ver­schloss den Raum wie­der mit der Holz­ver­klei­dung. Vlad be­schloss, sei­nen Brü­dern vor­erst nichts zu er­zäh­len, von dem, was er ge­fun­den hat­te. Er woll­te zu­erst die Be­deu­tung sei­ner Ent­de­ckung er­grün­den.

In al­ler Ver­schwie­gen­heit be­fass­te er sich mit dem In­halt des Bu­ches, das ihn im­mer mehr fas­zi­nier­te. Fast schien es, als wür­de es von ihm Be­sitz er­grei­fen und längst wa­ren ihm sei­ne Ge­be­te und die täg­li­chen Pflich­ten läs­tig ge­wor­den. Sei­ne Brü­der sorg­ten sich um ihn, denn im­mer öf­ter ge­schah es, dass er sich auch am Ta­ge zu­rück­zog, um das Buch zu stu­die­ren.

Vlad küm­mer­te sich nicht da­rum. Eines Nachts hat­te er sich mit dem Buch in den ver­bor­ge­nen Al­tar­raum zu­rück­ge­zo­gen. Mur­melnd las er die un­be­kann­ten Wor­te, als plötz­lich die Luft zu flir­ren be­gann und eine Ge­stalt er­schien. Es war ein Mann mit blon­den Lo­cken und blau­en Au­gen. Vlad hielt Ihn für den Erz­engel Mi­chael. Der Mann sprach sanft und ein­dring­lich zu Vlad und er­zähl­te ihm, das Zim­mer mit dem Al­tar wä­re eine Pfor­te zum Him­mel.

Vlad war über­wäl­tigt von der Er­schei­nung und frag­te so­gleich, wie er Gott am bes­ten hul­di­gen konn­te.

Er sah das nach­sich­ti­ge Lä­cheln im Ge­sicht des ver­meint­li­chen En­gels und hör­te ge­nau auf des­sen Wor­te, mit denen er dem Abt auf­trug einen Raum des Klos­ters für Ri­tu­a­le vor­zu­be­rei­ten.

Vlad mach­te sich so­fort ans Werk. Er rich­te­te in den Kel­ler­ge­wöl­ben einen Raum ein, der ihm ab­ge­le­gen und groß ge­nug er­schien, um da­rin Ri­tu­a­le durch­zu­füh­ren.

Die Er­schei­nung war zu­frie­den mit ihm und ver­sprach ihm ewi­ges See­len­heil. Im­mer wenn Vlad ein Ri­tual mach­te, er­schien der blon­de Mann und er­zähl­te ihm von Kräu­tern und ihren Wir­kun­gen. Vlad schrieb al­les pe­ni­bel auf.

Der Mann gab ihm An­wei­sun­gen, wie er sein Le­ben und das sei­ner Brü­der ge­stal­ten soll­te. Ehe sich Vlad ver­sah, war er ab­so­lut ab­hän­gig von der Er­schei­nung und tat nur noch, was der blon­de Mann for­der­te.

Schließ­lich zwang er auch sei­nen Brü­dern den Wil­len des Blon­den auf und ver­stieß die­je­ni­gen, die nicht mit­ma­chen woll­ten, bei sei­nem neu­en Kult. Die meis­ten der Mön­che blie­ben je­doch und folg­ten Vlads An­wei­sun­gen.

Sie ge­rie­ten im­mer mehr in den Bann, des blon­den Man­nes und es ent­wi­ckel­te sich eine neue Glau­bens­ge­mein­schaft, die sie tun­lichst vor der Öf­fent­lich­keit zu ver­ber­gen wuss­ten.

Der neue Kult hielt sich über all die Jah­re. Bis in die heu­ti­ge Zeit wur­den die Ri­ten und Ge­bräu­che ste­tig er­gänzt und ver­voll­komm­net.

Das Klos­ter war mitt­ler­wei­le ein Ort, der einen Zu­gang in eine ab­so­lut dunk­le Welt barg. Es be­her­berg­te eine Pfor­te in die Vor­welt, die Höl­le. Die­ses Tor wur­de ge­hü­tet von der dunk­len Bru­der­schaft, der die Mön­che nun in Wahr­heit an­ge­hör­ten.


Der jet­zi­ge Abt Vi­ral, saß im spär­li­chen Schein einer Ker­ze in sei­ner klei­nen feucht-kal­ten Kam­mer, die das küm­mer­lich pras­seln­de Feu­er im Ka­min nicht wirk­lich zu er­wär­men ver­moch­te.

Er fühl­te die Käl­te nicht. In sei­nem In­ne­ren hat­te sich das war­me Ge­fühl von Triumph und Vor­freu­de breit­ge­macht.

End­lich war es ihm ge­lun­gen, nicht nur einen Vam­pir he­ran­zu­lo­cken, son­dern so­gar zwei von Ih­nen.

Er hat­te ihr An­lie­gen, das Wel­ten­tor zu öff­nen, an­ge­hört und be­reit­wil­lig ihr Geld ge­nom­men. Dann hat­te er sich Be­denk­zeit er­be­ten, sie fort­ge­schickt und sie an­ge­wie­sen, am nächs­ten Tag wie­der zu kom­men.

Da­nach war er die un­zäh­li­gen feuch­ten Stu­fen bis in die tiefs­ten Ge­wöl­be unter dem Klos­ter he­rab ge­stie­gen, hat­te den Kreis ge­zo­gen, die Ker­zen ent­zün­det und sei­nen Meis­ter be­schwo­ren.

Wie im­mer er­schien die­ser mit Rauch und Feu­er. De­mü­tig hat­te sich Vi­ral zu Bo­den ge­wor­fen und nicht ge­wagt ihn an­zu­bli­cken bis der Herr das Wort an ihn rich­te­te: »Sprich! Was ist der Grund dei­nes Ru­fens?«

Vi­ral hat­te sich in eine kni­en­de Posi­tion be­ge­ben, hielt sei­nen Kopf ge­senkt und blick­te unter­wür­fig zu Bo­den wäh­rend er von den bei­den Vam­pir-Frau­en er­zähl­te, die den Weg zu ihm ge­fun­den hat­ten.

Als er sei­nen Be­richt be­en­det hat­te, herrsch­te Stil­le. Nur das lei­se Zi­schen der Flam­men war zu ver­neh­men. Er war­te­te vol­ler Un­ge­duld, doch er wag­te nicht sei­nen Blick zu er­he­ben.

Schließ­lich ver­nahm er die Stim­me des Meis­ters: »Sie wa­ren al­lei­ne? Es war kein Mann bei ih­nen?«

Vi­ral nick­te. »Die Frau­en wa­ren al­lei­ne, es war nie­mand bei ih­nen.«

»Wie sind ihre Na­men?«

»Cor­de­lia und Eleo­no­ra.«

Wie­der blieb es merk­wür­dig still.

»Hör mir nun gut zu«, ver­nahm er aus den Flam­men, »die eine von ih­nen, Cor­de­lia, hat einen Bru­der, Do­ri­an. Sie soll ihn hier­her brin­gen, dann er­klä­re dich da­mit ein­ver­stan­den, dass du das Tor zur Vor­welt öff­nen wirst. Sind sie al­le hier im Klos­ter, dann bringst du sie je­doch in die­sen Kel­ler­raum.«

Die Flam­men zisch­ten noch ein­mal auf, von ir­gend­wo­her er­klang ein Brau­sen, dann war das Feu­er er­lo­schen und der Meis­ter ver­schwun­den.

Vi­ral hob zag­haft den Kopf, doch um ihn he­rum starr­te nur kal­te Fins­ter­nis.

Er ver­ließ, das Ge­wöl­be und be­gab sich zu­rück in die obe­ren Räu­me des Klos­ters. Er hat­te den Be­fehl deut­lich ver­stan­den und wür­de ge­nau so ver­fah­ren, wie der Herr ihm be­foh­len hat­te.

Als am nächs­ten Tag die bei­den Frau­en wie­der bei ihm er­schie­nen wa­ren, be­grüß­te er sie freund­lich. Er koch­te ih­nen Tee aus wohl­schme­cken­den Kräu­tern und ge­noss ihre ge­spann­te Er­war­tung, zu er­fah­ren, ob er ihrer Bit­te nach­kom­men wür­de.

Er muss­te sich ein bos­haf­tes La­chen ver­knei­fen, als er ihre freu­di­ge Re­ak­tion sah, mit der sie sei­ne Ent­schei­dung das Tor zu öff­nen, be­grüß­ten.

Als er sei­ne Be­din­gung nann­te, dass der Bru­der der blon­den Vam­pi­rin, Do­ri­an, hier­her kom­men soll­te, re­agier­te Cor­de­lia ge­las­sen. Sie ver­zich­te­te da­rauf, wei­te­re Fra­gen zu stel­len.

Ihre Be­glei­te­rin Eleo­no­ra, sah ihn je­doch prü­fend an. Sie schien miss­trau­isch zu sein. Vi­ral lä­chel­te un­schul­dig und ent­schul­dig­te sich da­mit, dass es Zeit zum Ge­bet war.

Er be­glei­te­te die Bei­den hi­naus. Vi­ral klopf­te sich im Geis­te selbst auf die Schul­ter und gab sich dem er­bau­li­chen Ge­fühl hin, sei­nem Herrn gut ge­dient zu ha­ben. Das war sei­ne Art von Ge­bet.


Sieg­bert war mit Vi­ral sehr zu­frie­den.

Der ein­fäl­ti­ge Mönch dach­te, er wür­de einen dunk­len mäch­ti­gen Dä­mon an­be­ten, der ihm zu Reich­tum und Ein­fluss ver­half.

Er hat­te kei­ne Ah­nung, dass Sieg­bert nur ein sehr be­gab­ter Hexer-Dä­mon mit eige­nen In­te­res­sen war. Sieg­bert ließ ihn in sei­nem Aber­glau­ben.

Do­ri­an konn­te zu einem ge­fähr­li­chen Geg­ner für ihn wer­den.

Es war für sei­ne Zwe­cke bes­ser, wenn der Vam­pir nicht in der Welt der Men­schen blieb. Er woll­te ihn lie­ber in der Vor­welt ha­ben, wohl­wis­send, dass er von dort nicht mehr weg­konn­te.

Aus gu­tem Grund hat­te er einst vor vie­len Jah­ren Abt Vlad Za­pos an­ge­wie­sen einen Ri­tual­raum im Klos­ter zu schaf­fen. Die­ser Raum war durch zahl­rei­che dunk­le Ze­re­mo­nien da­für prä­pa­riert wor­den, ein Höl­len­loch zu wer­den.

Im Gegen­satz zu einem Wel­ten­tor, das von bei­den Sei­ten unter ge­wis­sen Vo­raus­set­zun­gen pas­sier­bar war, war ein Höl­len­loch nur da­zu be­stimmt, je­man­den in die Vor­welt zu ho­len.

Er wür­de Do­ri­an durch die­ses Loch, in die Höl­le be­för­dern.

Of­fen­bar hat­te Do­ri­an, Cor­de­lia in einen Vam­pir ver­wan­delt. Sonst wür­de sie wohl kaum noch le­ben, nach all den Jah­ren.

Die an­de­re, Eleo­no­ra, war Sieg­bert un­be­kannt. Wahr­schein­lich eine Freun­din von Cor­de­lia. Sie war un­wich­tig für ihn.

Cor­de­lia soll­te eben­falls aus dem Weg ge­schafft wer­den.

Sieg­bert woll­te die Welt be­herr­schen.

Das letz­te das er brau­chen konn­te, war ein ver­wöhn­tes Weib­chen, das schmach­tend an ihm hing. Er hat­te nicht so viel Wis­sen ge­sam­melt, so viel ge­lernt, so viel Macht er­wor­ben, nur um in ge­fühls­du­se­li­ger Zwei­sam­keit mit einer Frau zu le­ben, die ihm rein gar nichts be­deu­te­te.

Ihr Tod wür­de ihm grö­ße­ren Nut­zen brin­gen, denn ihr Blut er­mög­lich­te ihm, die Vor­welt zu ver­las­sen.

Dass er je­den ein­zel­nen Trop­fen da­von brauch­te und sie da­mit end­gül­tig ihrer Exis­tenz be­rau­ben wür­de, stör­te ihn nicht im Ge­rings­ten.

Götterfunken- sieben Höllen

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