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Die Verfolger

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Rü­di­ger war übel­lau­ni­ger als je zu­vor. Er hass­te den stin­ken­den über­füll­ten Zug. Er hass­te die übel rie­chen­den ver­schwitz­ten Men­schen, de­ren Blut nach Al­ko­hol schmeck­te und die ihn un­ge­niert an­rem­pel­ten und an­pö­bel­ten.

Er tö­te­te zwei der Rei­sen­den, die ihn be­son­ders ge­är­gert hat­ten, in­dem er ihr Blut bis zum letz­ten Herz­schlag aus ihren Adern saug­te. Da­nach warf er sie aus dem fah­ren­den Zug.

Mo­na bat ihn ein­dring­lich um mehr Ge­las­sen­heit, denn die Beam­ten, wel­che an je­dem Bahn­hof die Rei­sen­den kont­rol­lier­ten, stell­ten boh­ren­de Fra­gen.

Er konn­te sie nicht al­le tö­ten oder ihre Ge­dan­ken ma­ni­pu­lie­ren und so biss er wü­tend die Zäh­ne zu­sam­men und be­herrsch­te sich.

Bei je­dem Halt stieg Mo­na aus und er­kun­dig­te sich an der In­for­ma­tion, ob je­mand Cor­de­lia oder Eleo­no­ra ge­se­hen hat­te. Sie hielt Aus­schau, nach Leu­ten, die ihre Häl­se ver­hüllt tru­gen, doch sie ent­deck­te nichts der­glei­chen. Sie kehr­te stets mit dem glei­chen Er­geb­nis zu­rück: Die Bei­den wa­ren wie vom Erd­bo­den ver­schluckt.

Schließ­lich ka­men sie in Bu­ka­rest an. Der Lärm und die Men­schen­mas­sen, die in al­le Rich­tun­gen has­te­ten, ho­ben Rü­di­gers Lau­ne nicht im Ge­rings­ten. In einem klei­nen schmud­de­li­gen Ca­fe am Bahn­hof über­leg­ten sie, wie sie wei­ter vor­ge­hen woll­ten.

»Wie vie­le Klös­ter gibt es hier im Um­kreis? Wir klap­pern sie ein­fach al­le ab. Wenn wir kei­ne Spur von ih­nen fin­den, dann über­le­gen wir wei­ter.«

Mo­nas Plan war nicht schlecht, wür­de aber Zeit kos­ten.

Rü­di­ger war nicht für sei­ne Ge­duld be­kannt, doch ihm fiel auch nichts Bes­se­res ein. Er nick­te und Mo­na brei­te­te eine Land­kar­te auf dem Tisch aus. Sie nahm einen Stift und be­gann die Klös­ter ein­zu­krin­geln, die rund um die Stadt auf einem Berg la­gen. Es wa­ren drei.

»Be­sorg uns einen Wa­gen. Ich ha­be Mit­rei­sen­de satt«, wies Rü­di­ger sie mür­risch an.

Mo­na mach­te sich auf den Weg, und kam mit einem klapp­ri­gen La­da zu­rück. Rü­di­ger schüt­tel­te miss­bil­li­gend den Kopf und quetsch­te sei­nen lan­gen Kör­per in die Rost­lau­be. Mo­na fuhr und Rü­di­ger gab mit der Kar­te in der Hand die Rich­tung an.

Sie ver­lie­ßen die Stadt und fuh­ren auf schlech­ten Stra­ßen vol­ler rie­si­ger Schlag­lö­cher, durch klei­ne Dör­fer mit un­aus­sprech­li­chen Na­men. An einer Tank­stel­le im Nir­gend­wo, hiel­ten sie an, um ihren Blut­durst zu stil­len.

Mo­na saug­te sich halb voll an dem dür­ren Tank­wart, wäh­rend Rü­di­ger sich an­ge­wi­dert, den Mund ab­wisch­te, nach­dem er sich an einer di­cken Rein­ma­che­frau ge­labt hat­te.

Er lehn­te sich an ihren al­ten Wa­gen und zün­de­te sich eine Zi­ga­ret­te an, um den scha­len Ge­schmack, der Frau aus sei­nem Mund zu krie­gen. Er sah sich die Ge­gend an und emp­fand sie als karg und trost­los.

Mo­to­ren­ge­räu­sche kün­dig­ten die An­kunft eines Wa­gens an und Rü­di­ger warf einen Blick zu Mo­na, die noch mit dem Tank­wart be­schäf­tigt war. Sie und ihr Op­fer wa­ren von der Stra­ße aus nicht zu ent­de­cken.

Er blick­te zu dem he­ran­fah­ren­den Auto, dass sei­ne Ge­schwin­dig­keit nicht dros­sel­te und kei­ne An­stal­ten mach­te, an der Tank­stel­le zu hal­ten.

Als das Fahr­zeug vor­bei­braus­te, er­hasch­te er einen flüch­ti­gen Blick auf die In­sas­sen. Er er­kann­te in dem Fah­rer, Do­ri­an und in der Bei­fah­re­rin Cor­de­lia. Ver­blüfft blieb ihm der Mund of­fen ste­hen.

Nach einer Schreck­se­kun­de mach­te er die Zi­ga­ret­te schleu­nigst aus, warf sich auf den Fah­rer­sitz ihres Wa­gens, star­te­te und fuhr mit quiet­schen­den Rei­fen zu Mo­na he­ran, die er­schro­cken von ihrem Op­fer ab­ließ. »Steig ein! Wir ha­ben sie ge­fun­den.« Er brüll­te fast vor Auf­re­gung und Mo­na sprang ge­ra­de noch in das Auto, be­vor er los­fuhr.

»Ich hab ihn nicht ma­ni­pu­liert al­les zu ver­ges­sen«, schrie Mo­na alar­miert, als ihr klar wur­de, das sie den Tank­wart ein­fach so ste­hen ge­las­sen hat­te. Rü­di­ger zuck­te nur die Schul­tern. »Wir sind im Land der Vam­pi­re. Hier ist es üb­lich, an­ge­zapft zu wer­den.«

Mo­na ent­spann­te sich et­was und Rü­di­ger er­klär­te ihr mit ein paar Wor­ten, dass er Cor­de­lia und Do­ri­an ge­se­hen hat­te. Da­bei ver­such­te er mit Voll­gas auf der steil an­stei­gen­den Stra­ße al­les aus dem La­da raus­zu­ho­len, um das Auto der bei­den ein­zu­ho­len.

Es war zweck­los, er schaff­te es nicht. Der an­de­re Wa­gen war viel schnel­ler als ihr Ve­hi­kel.

Als sie an eine Stra­ßen­ga­be­lung ka­men, hielt Rü­di­ger an und sie durch­fors­te­ten die Kar­te. Mo­na zeig­te auf die Spit­ze eines Ber­ges. »Hier ist das Klos­ter Varg. Die Stra­ße rechts den Berg hi­nauf, führt dort­hin. Die lin­ke Stra­ße führt zu­rück ins Tal und dann wei­ter einen an­de­ren Berg hi­nauf zu einem Ma­rien­klos­ter.« Sie sah Rü­di­ger fra­gend an.

Er über­leg­te. »Ich tip­pe da­rauf, dass sie zum Klos­ter Varg ge­fah­ren sind. Es liegt auf di­rek­tem Weg und sieht ab­ge­le­gen aus.« Mo­na nick­te.

Sie wand­ten sich um, als sie hör­ten, dass ein Fahr­zeug sich nä­her­te. Zu Mo­nas Er­schre­cken war es die ört­li­che Poli­zei.

Rü­di­ger blieb ge­las­sen, als die Beam­ten neben ih­nen an­hiel­ten und sie mit einem Wort­schwall un­ver­ständ­li­chen Ge­brab­bels über­schwemm­ten. Mo­nas Blick wur­de ängst­lich, als sie aus­stie­gen und vom Rück­sitz der Tank­wart auf­tauch­te, ein Tuch an sei­ne blu­ten­de Hals­wun­de ge­drückt.

Rü­di­ger ball­te die Fäus­te und press­te die Zäh­ne zu­sam­men, als die Beam­ten auf sie zu­ka­men. Er wür­de mit ih­nen kur­zen Pro­zess ma­chen und sie aus­sau­gen. Als er die Lip­pen zu einer Gri­mas­se ver­zerr­te wur­den sei­ne spit­zen Eck­zäh­ne sicht­bar und der Tank­wart ver­zog sich ei­ligst zu­rück in den Wa­gen. Die Poli­zis­ten fa­ckel­ten nicht lan­ge. Blitz­schnell zo­gen sie ihre Pis­to­len, was Rü­di­ger ein ver­ächt­li­ches Lä­cheln ent­lock­te.

Er macht sich zum Sprung be­reit und die bei­den feu­er­ten, oh­ne Vor­war­nung los. Holz­ge­scho­ße! Die Er­kennt­nis durch­fuhr Rü­di­ger, als er zu Bo­den ging und die Mu­ni­tion schmerz­haft in sei­nen Kör­per ein­drang. Mo­na ver­such­te, in De­ckung zu ge­hen, doch auch sie tra­fen die Sal­ven der Poli­zis­ten.

Sich krüm­mend la­gen die bei­den Vam­pi­re am Bo­den und die Beam­ten hat­ten leich­tes Spiel sie mit Hand­schel­len zu fes­seln und in ihren Wa­gen zu ver­frach­ten. Dort la­gen sie wehr­los und stöh­nend. Der Tank­wart war aus­ge­stie­gen, er hat­te noch im­mer zu viel Angst, und woll­te nicht auf en­gem Raum mit den Vam­pi­ren sein.

Was für ein Scheiß-Land, dach­te Rü­di­ger noch, be­vor ihm die Sin­ne schwan­den. Mo­na war be­reits be­wusst­los ge­wor­den.


Als Rü­di­ger er­wach­te, wa­ren sie in einem fens­ter­lo­sen Raum ein­ge­sperrt. Zum Glück hat­te man ih­nen die Hand­schel­len nicht hin­ter dem Rü­cken an­ge­legt, so hat­te er et­was Be­we­gungs­frei­heit.

So­fort ging er da­ran, die Ku­geln mit den Fin­gern aus sei­nem Kör­per zu ho­len. Nach die­ser schmerz­haf­ten Pro­ze­dur wand­te er sich Mo­na zu, die noch im­mer be­wusst­los war und be­frei­te auch sie von ihren Ge­schos­sen.

So­bald die Ku­geln aus Mo­nas Kör­per ent­fernt wa­ren, wach­te sie auf. Rü­di­ger klopf­te ihr auf­mun­ternd auf die Schul­ter. Dann setz­te er sich auf die Prit­sche und ver­schränk­te die Ar­me hin­ter dem Kopf.

Mo­na fand sei­ne Ge­las­sen­heit auf­rei­zend. Sie woll­te hier raus. Rü­di­ger be­merk­te ihre Un­ru­he und seufz­te. »Du bist noch viel zu mensch­lich, Mo­na. Als Vam­pir hast du die gan­ze Ewig­keit vor dir. Es ist egal, wie viel Zeit du ver­geu­dest. Wir war­ten auf die pas­sen­de Ge­le­gen­heit, grei­fen sie an und ent­kom­men. Sie kön­nen uns nicht dauer­haft fest­hal­ten.«

»Ach, jetzt kannst du plötz­lich ge­dul­dig sein? Bis­her warst stets du es der uns zur Ei­le an­trieb«, braus­te sie auf. Rü­di­ger zuck­te die Ach­seln.

»Al­les zu sei­ner Zeit«. Dann schloss er die Au­gen und dös­te ein.

Götterfunken- sieben Höllen

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