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2.2 Taufe als Anfang des Christseins und Ruf zum Christwerden

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Sakramentale Sichtbarmachung der metanoia

Nach Raphael Schulte ist die Taufe als „sakramentale Sichtbarmachung der metanoia“ zu verstehen (349: 142). Oder noch stärker formuliert: In der Taufe kommt nicht nur ans Licht, was sich bereits im Leben des Täuflings ereignet hat, sondern sie ist selber ein Schwellenereignis, das eine neue Wirklichkeit schafft. Nach der drastischen Metaphorik des Römerbriefs vollzieht sich in ihr ein Herrschaftswechsel: Wer auf Christus getauft wurde, gehört nicht mehr sich selbst (oder den Mächten, die sein Leben bisher bestimmten), sondern Christus (Röm 7,4; 14,7f.; 2 Kor 5,15). Indem Paulus im Kontext des pneumatischen Enthusiasmus der Korinther auf die Taufe verweist, macht er darauf aufmerksam, dass die Quelle der Erlösung nicht eingemeindet werden kann: „In der Taufe konstituiert sich die neue Wirklichkeit des εἶναι Eν Χριστῷ (,Sein in Christus‘), das sich die Korinther nicht aneigneten, sondern das ihnen źugeeignet wurde“ (Schnelle/460:210). Die Täuflinge empfangen, was sie sich nicht erwerben können: Sie werden im Zeichen des Taufbades von der Last vergangener Verstrickung befreit und hineingenommen in die Gemeinschaft Christi.

Antizipation eschatologischer Öffentlichkeit

Versteht man die Taufe als ein Ereignis, das für das ihr entspringende christliche Leben konstitutiven und nicht nur bestätigenden Charakter hat, so stellt sich die Frage, ob damit die oben eingeführte Rede von der Umkehr als Schwellenereignis nicht auf problematische Art und Weise verdoppelt wird. Es müsste gezeigt werden können, dass sich im Akt der Taufe das, was sich in der Umkehr ereignet, in einer ausgezeichneten Weise verdichtet. Nach Reinhard Meßner liegt das qualitative Mehr in der besonderen Öffentlichkeit der sakramentalen Feier, die als antizipative Teilhabe an der ,eschatologischen Öffentlichkeit‘ zu bestimmen ist. Bereits die Umkehrtaufe des Johannes am Jordan war nach Meßner gekennzeichnet durch eine eschatologisch qualifizierte Öffentlichkeit. Johannes verkündete und taufte bewusst nicht im Verborgenen, sondern öffentlich und mit einem prophetischen Anspruch, der ganz Israel vor eine letzte Entscheidung stellte: „Die Johannestaufe analogisiert (…) die Gegenwart mit der heilsgeschichtlichen Vergangenheit (dem ersten Exodus), aber dies auf eine neue Zukunft hin, an der man nur durch die Umkehr und die Taufe Anteil erhält“ (200:390). In ihrer Taufpraxis, die die johanneische Umkehrtaufe aufnimmt und transformiert, vergegenwärtigt die frühe Kirche ihre passive Genesis aus der unverhofften Gegenwart des Auferweckten und dem pfingstlichen Kommunikationswunder. Im Gegenüber von Taufspender und Taufempfänger ruft Gott durch Christus den Täufling beim Namen, reinigt ihn von seinen Sünden, salbt ihn mit seinem Geist und umkleidet ihn mit seiner Liebe wie mit einem Gewand.

Therapeutische Metaphorik

In der liturgischen Ausgestaltung des Taufvollzugs überwiegt die therapeutischen Symbolik: Der kopräsentisch handelnde Christus, der wie der von den Evangelien bezeugte Menschensohn dem Täufling als Heiler und Arzt gegenübersteht, zieht diesen, bei aller erforderlichen Radikalität von Absage und Untertauchen, auf sanfte und behutsame Weise ins neue Leben und führt ihn in die Gemeinschaft der von ihm Geheiligten. Aus der Sicht einer Hermeneutik des geistlichen Lebens ist bemerkenswert, wie die Taufliturgie – in der Vollgestalt der Erwachseneninitiation der Osternachtsfeier – die Gabe des Geistes als ,Uraffektion‘ der Kirche und des neuen Seins des Täuflings feiert. Im Leben der Einzelnen konkretisiert sich, was die Kirche insgesamt konstituiert: die anfangshafte Erneuerung der Welt durch die Kommunikation des Evangeliums in eschatologischer Öffentlichkeit. Die Taufliturgie verweist den Täufling in die Rolle des über alle Maße Beschenkten: Seine glückliche Passivität zeigt an, dass er die Herauslösung aus dem Bösen und das neue Sein in Christus und seiner Lebensgemeinschaft nicht selbst zu erwirken vermag. Die Taufe macht sichtbar, was allem responsorischen Mitwirken vorausliegt und es ermöglicht: Das pneumatische Handeln Christi an den zu Taufenden setzt ihr Tun und Bekennen, ihr neues Wahrnehmen und Annehmen erst frei. Deshalb gilt im Hinblick auf die Entstehung einer ,Mitgliedschaft‘ in der Kirche als Leib Christi: „Zur Kirche gehört man nicht durch eigenen Entschluss und den Willen zum Beitritt, der Mensch macht sich nicht zum Glied der Kirche, sondern er wird dazu gemacht, er tritt nicht ein, sondern wird hineingenommen (1 Kor 12,13), er wird durch die Taufe ,hinzugefügt‘ (Apg 2,41)“ (Neuner/448:20).

Taufspiritualität

In einer grundlegenden Korrektur überkommener Verkürzungen betonte das II. Vatikanische Konzil, dass geistliches Leben von der Taufe her zu verstehen sei, die alle Christen am Paschamysterium teilhaben lässt und zu ,Geistlichen‘, also zu geisterfüllten und charismatisch begabten Menschen macht (Lumen Gentium 10f.). Von ihrem Ursprung her ist christliche Spiritualität deshalb als „Taufspiritualität“ zu bezeichnen (Meyer/201:270). Im Ritengefüge der Taufe bildet sich vorweg ab, was sich im Laufe eines Lebens aus Glauben, Hoffnung und Liebe ereignet. Sie schenkt einen Anfang, an dem man sich orientieren, auf den man zeitlebens zurückkommen kann. Insofern ist die Taufe auch als „Dauersakrament“ zu verstehen: Sie ist „nicht nur Anfang des Christseins, sondern der beständige Ruf zum Christwerden“ (ÖAK/404:442).

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