Читать книгу Bessere! Romane! Schreiben! - Stephan Waldscheidt - Страница 15

Die zwei Gefahren der Ich-Form

Оглавление

Viele Erstlingswerke werden aus der ersten Person Einzahl erzählt, der Ich-Perspektive. In vielen Fällen, insbesondere autobiografisch eingefärbten Romanen, scheint diese Perspektive die natürliche Wahl.

Wenn Sie einen Roman aus der Ich-Perspektive schreiben, birgt das zwei Gefahren. Die kleinere ist die, dass die Leser Sie mit Ihrem Ich-Erzähler verwechseln. Die weit größere: Wenn Sie selbst sich mit dem Ich-Erzähler verwechseln.

Problematisch wird das, wenn Sie nicht mit dem Ich-Erzähler identisch sind oder sein wollen, also ein Dritter den Roman erzählt und dabei »ich« benutzt.

Warum ist es problematisch? Vor allem deshalb, weil Sie zu leicht Ihre eigenen Ansichten und Gefühle, Ihre Sprech- und Denkweisen, Ihre Handlungsmuster auf die des Ich-Erzählers übertragen. Selbst wenn Sie am Anfang noch das Ego des nicht mit Ihnen identischen Ich-Erzählers im Griff zu haben glauben, schleicht sich Ihr eigenes Ich immer wieder in den Text ein. Je weniger kontrolliert, sprich: je stärker aus dem Bauch heraus Sie schreiben, desto eher geschieht das.

Schuld daran ist nur dieses eine Wort: ich. Wann immer Sie es schreiben, neigen Sie dazu, auch ich zu meinen: sich selbst.

Obwohl die Ich-Perspektive stärker als alle aus dem Bauch zu kommen scheint, bedarf sie doch der größten Kontrolle. Wie ein Hund, dem Sie nicht zu viel Leine lassen dürfen. Sonst ist er auf und davon.

Und statt über einen erfundenen Charakter, einen von Ihnen erschaffenen Menschen, haben Sie doch nur wieder über sich selbst geschrieben.

Stellen Sie sich vor, Gott spräche in der Bibel ausschließlich über sich selbst. Ob das Buch dann die Grundlage der erfolgreichsten Religion der Welt gebildet hätte?

Bessere! Romane! Schreiben!

Подняться наверх