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Polis Der griechische Begriff „Polis“ bezeichnet die Bürgergemeinde und nicht, wie oft in der älteren Literatur zu finden, den „Stadtstaat“: Nur die Bürger beteiligten sich am Gemeinwesen, während die überwiegende Zahl der Bewohner einer Polis, die ortsansässigen Fremden, Frauen und Sklaven, kaum politische Mitsprache besaßen. Die Zahl der Poleis schwankte über die Jahrhunderte durch Neugründungen und durch Zusammenlegung (Synoikismos) von Poleis, aber es werden stets ungefähr 1.000 gewesen sein. Im Schnitt hatte eine Polis zwischen 400 und 900 Bürger. Athen mit seinen rund 40.000 Bürgern und insgesamt mehreren Hunderttausend Einwohnern stellte eine Ausnahme dar.

Mary Beard, John North und Simon Price verwendeten in ihren „Religions of Rome“ (1998) für die römische Republik das Modell der Civitasreligion, für die Kaiserzeit das Konzept des Marktplatzes (market-place of religions): In den größeren Städten gab es ein großes Angebot an religiösen Optionen, von denen man sich die passenden Kulte heraussuchen konnte; der Grad der Konkurrenz zwischen den Kulten mochte variieren. Jörg Rüpke hat in den letzten Jahren in zahlreichen Beiträgen das Verhältnis von Religion und Kommunikation vorgeführt. Wenn im vorigen Kapitel Religion als „eingebettet“ beschrieben wurde, so ist dies ebenfalls nur ein Forschungsansatz, dem, wie sollte es anders sein, Widerspruch entgegenweht: Wer Religion als radikal „eingebettet“ versteht, läuft Gefahr, die Orientierung zu verlieren und nicht mehr genau zu wissen, was zur Religion gehört und was nicht. Damit droht die Auflösung der Religion in der Kultur.

Methodologie

Kaum ein Feld in den Altertumswissenschaften wurde in den letzten drei Jahrzehnten intensiver gepflügt als die Religion. Unter anderem wurde die Dynamik der religiösen Entwicklung betont, anthropologische, ethologische, kommunikationstheoretische, geschlechtergeschichtliche und netzwerktheoretische Ansätze gewannen an Bedeutung, diverse kulturwissenschaftliche turns kamen fruchtbringend zum Einsatz. Eine erste Orientierung kann die kommentierte Bibliographie am Ende dieses Buches bieten. Welcher der vielen hermeneutischen Schlüssel nun am besten passt, ist kaum zu entscheiden. Aufgrund der Komplexität von antiker Religion und antiker Gesellschaft mag es durchaus sein, dass wir stets einen schweren und klirrenden hermeneutischen Schlüsselbund mit uns schleppen müssen.

Griechen und Römer

Wer Griechenland und Rom vergleichend nebeneinander stellt, muss sich stets bewusst sein, dass diese beiden Kulturen viele Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufweisen. In der archaischen und klassischen Zeit war die griechische Welt von der Polis, der Bürgergemeinschaft, bestimmt. Diese Städte erfreuten sich politischer Souveränität; ihre Einwohner entschieden selbst darüber, welche Götter sie verehren wollten. Erst mit Alexander dem Großen etablierten sich Flächenstaaten, in denen die einzelnen Städte aber immer noch eine herausragende Rolle spielten, nicht zuletzt auch in der Religion. Das frühe Rom lässt sich als dynamisch wachsende Polis beschreiben; mit der Ausdehnung des römischen Machtbereiches über Süditalien um 300 v. Chr. wurden griechische Städte wie Poseidonia/Paestum oder Neapolis römisch; mit der Eroberung des griechischen Mutterlandes 146 v. Chr. geriet ganz Griechenland unter römische Herrschaft, seit 30 v. Chr. kontrollierten die Römer alle Gebiete am östlichen Mittelmeer, die durch die Eroberungen Alexanders des Großen hellenisiert worden waren.

Religion in der Antike

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