Читать книгу Evangelische Kirche - Schiff ohne Kompass? - Werner Thiede - Страница 8

„Es gibt in den Kirchen der westlichen Gesellschaften die Tendenz, kritische Aussagen zu unterlassen und nur das, was mit dem Mainstream verträglich ist, nach außen zu tragen.“1

Carsten Rentzing

Muss man sich um die evangelische Kirche in Deutschland Sorgen machen? Der derzeitige EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm erklärte 2016 mit Blick auf die Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Bayern als deren Landesbischof, das kirchliche Leben erweise sich als weitgehend stabil. Nach dieser Landeskirche ist flächenmäßig die zweitgrößte die Nordkirche: Auch dort gab es 2016 beruhigende Nachrichten. Die Austritte seien weniger, die Wiedereintritte mehr geworden; hinsichtlich der Konfirmandenzahlen liege man prozentual mit an der Spitze in Deutschland, und die Zahl der Ehrenamtlichen nehme seit Jahren zu2. So klingen Pressemitteilungen evangelischer Kirchen hinsichtlich der Statistik immer wieder recht erfreulich.

Bei genauerem Hinsehen ergibt sich allerdings ein etwas anderes Bild. Die Mitgliederzahl der beiden exemplarisch genannten Landeskirchen nimmt kontinuierlich ab – ungeachtet der Wiedereintritte und Neuzugänge. Und das gilt auch für die EKD3 insgesamt. Die Statistiken lassen sich nicht beschönigen. Keineswegs kann der anhaltende Negativtrend rein demographisch erklärt werden. Er hat gewiss etwas mit der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung zu tun, aber durchaus auch mit dem Innenleben evangelischer Kirchen im Abendland. Hält der Protestantismus nach einem halben Jahrtausend noch seinen Kurs?