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3. Beweis und Autorität

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Clemens spricht im Zusammenhang seiner Äußerungen über den Sohn von einem „Beweis“ (IV 156, 1). überhaupt ist ihm die Gnosis „ein wissenschaftlicher Beweis des gemäß der wahren Philosophie überlieferten“ (li 48, 1), „ein starker und sicherer Beweis des durch den Glauben überkommenen“ (VII 57, 3). Die Frage ist, worauf sich diese Behauptung stützt.

Sieht man genauer zu, so wird man auch hier wieder entdecken: Es handelt sich um alles andere als um einen philosophischen Beweis. Einen solchen lehnt Clemens auch ausdrücklich ab; „Gott ist unbeweisbar“ (IV 156, 1). Sein Dasein „wird nicht durch die beweisende Wissenschaf ergriffen; denn diese hat ihren Bestand von einem Früheren und Erkennbareren her, vor dem Ungewordenen aber existiert nichts“ (V 82, 3). Wenn Clemens also von einem „Beweis“ spricht, dann meint er dies in einem uneigentlichen, übertragenen Sinne. Ein solcher Beweis besteht in nichts anderem als in der Behauptung, die „Weisheit“, in der die Gnosis besteht, habe „der Herr uns durch seine Ankunft und durch die Propheten gelehrt“ (VI 54, 1). In unmittelbarem Anschluß an seine Abweisung eines philosophischen Gottesbeweises sagt Clemens daher: „Es bleibt nur, das Unerkennbare durch göttliche Gnade und allein durch das von ihm ausgehende Wort zu vernehmen“ (V 82, 4). Im gleichen Sinne betont er, daß „die wahre Philosophie durch den Sohn übergeben wird“ (I 90, 1). Das aber besagt: Der Glaube ist Voraussetzung auch für die ihn übersteigende Gnosis. Diese, und zwar gerade als „starker und sicherer Beweis des durch den Glauben überkommenen, wird durch die Lehre des Herrn auf dem Glauben aufgebaut (VII 57, 3). Es gibt keine „Gnosis ohne Glauben“. „Denn aus dem Glauben (gelangt man) in die Gnosis“ (V 1, 3f.).

Das bedeutet aber weiterhin: Auch die Gnosis erhält ihre Gewißheit letztlich aus der kirchlichen Tradition; sie wird „von der Überlieferung her weitergegeben“ (VII 55, 6); denn „allein in der wahren und alten Kirche findet sich die geraueste Erkenntnis“ (VII 92, 1). Daher ist „allein in der Tat heilig und gottesfürchtig der Gnostiker, der sich in Wahrheit an die kirchliche Richtschnur hält“ (VII 41 ‚ 3).

Diese Tradition nun ist von doppelter Art. Einmal liegt sie in den Heiligen Schriften vor; Clemens sagt ausdrücklich, jener „wissenschaftliche Beweis des gemäß der wahren Philosophie überlieferten“ sei „ der einzige wahre Beweis, da er aus den göttlichen Schriften geführt werde“ (II 48, 1 und 3), wobei er allerdings die Schrift nicht nach dem Buchstaben, sondern pneumatisch interpretiert. Neben diese schriftliche Überlieferung tritt die Geheimlehre, die „aufgrund einer Weitergabe an wenige von den Aposteln ungeschrieben überliefert worden ist“ (VI 61,3): „die gottgelehrte Weisheit gemäß den Aposteln“ (II 48, 3), die „gnostische Überlieferung“ (VI 61, 1), die als „das Verborgene dem verborgen Horchenden offenbar wird“ (I 13, 3): eben dem, der die Gnosis besitzt und der daher zu den „Auserwählten“ gehört (VII 56, 2).

Mag also auch die Gotteslehre des Clemens von der Sache her philosophisch-theologischen Charakter tragen: in der Art, wie sie sich selber im Hinblick auf ihre Wahrheit begründet, bindet sie sich an den Glauben an die von Christus herkommende Überlieferung. Und das besagt: wenn sie sich auch als die „wahre Philosophie“ bezeichnet, ist sie doch in ihrem Ursprung keine Philosophie, ja nicht einmal eine genuine Philosophische Theologie.

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