Читать книгу Amaranth - eine Legende - A. B. Schuetze - Страница 3

Vorwort

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Laut schallten ihre Rufe durch die leeren Hallen. Sie blieb stehen und lauschte. Nichts. Absolute Stille. Nur das Klappern ihrer Schuhe auf den Marmorfliesen, das von den hohen Wänden gespenstisch widerhallte, war zu hören.

Beunruhigt eilte Amaranth weiter durch das Schloss. Es war wie ausgestorben. Wo waren denn alle? Was stimmte hier nicht? Was hatte sie denn nur geweckt? Warum war sie allein?

Noch niemals zuvor war sie aus ihrem Schlaf erwacht, ohne dass ER nicht zugegen gewesen wäre. Stets umgaben sie zudem junge Mädchen, die ihr zu Diensten standen. Nicht so dieses Mal.

Albträume hatten ihren Schlaf beherrscht, bis sie schließlich, von bösen Ahnungen befallen, aufgeschreckt war. Die vorherrschende Dunkelheit und die für sie ungewohnte Einsamkeit hatten ihr solche Angst eingeflößt, dass sie kaum in der Lage war zu atmen. Unter Mühen, ihre innere Unruhe und das Zittern ihres ganzen Körpers bezwingend, hatte sie sich auf ihre Umgebung konzentriert und sich im Zimmer umgeschaut. Hastig war sie aus dem Bett gesprungen, um sich anzukleiden und sich im Anschluss auf die Suche zu begeben. Auf die Suche nach … irgendjemanden.

Vor dem riesigen Porträt eines Mannes blieb sie schließlich verzweifelt stehen.

Der hochgewachsene, elegant gekleidete Mann starrte sie mit seinen tiefschwarzen Augen, in deren Zentrum das rote Feuer der Hölle loderte, eindringlich an. Eine steile Falte zwischen seinen zusammengezogenen Brauen verlieh seinen sonst so aristokratischen Gesichtszügen einen eher grimmigen und bösartigen Ausdruck. Das schwarze, bereits mit Grau durchzogene Haar war streng in einem Zopf geflochten, der ihm bis zur Hüfte reichte.

Amaranth schaute liebevoll zu ihm empor, neigte den Kopf leicht zur Seite und flüsterte: „Vater. Sagt mir … was ist passiert? Was soll ich tun?“ Sie schloss ihre nachtblauen Augen mit den silbernen Pünktchen und lauschte auf seine Worte im Geist.

Meine Tochter. Böse Mächte halten mich gefangen. Wisse aber, ich komme zurück. Gib dich inzwischen deinen Studien hin. Vervollkommne dein Wissen und Können. Trainiere deine Fähigkeiten und Fertigkeiten. Traue niemandem mein Kind. Fremde Männer werden versuchen, deiner ebenfalls habhaft zu werden. Gib Acht und verlasse nicht die sichere Zone.

Gefangen? Wer hatte ihren Vater gefangen und warum? Was konnten das für böse Mächte sein?

Schnell trat die junge Frau an ein Fenster, um sich zu überzeugen, dass die magische Schutzkuppel noch intakt war.

Alles war so, wie es sein sollte. Eingehüllt in den Schein eines blauen Lichtes stand das Schloss umgeben von Tausenden Steinsoldaten in einer Welt der Finsternis. Bis hin zum Horizont zog sich das Land unter dem ewig währenden dunklen Himmel, an dem Tausende und Abertausende Sterne funkelten. Wie ein samtener Kokon schien sich das leblose Schwarz schützend um den Lichtkegel zu legen.

Wehmütig lächelnd drehte sich Amaranth noch einmal zum Bildnis ihres Vaters um, verharrte einen Moment, als ob sie überlegte … begab sich dann aber doch in die Bibliothek. Sie würde, wie befohlen, ihre Studien fortsetzen.

Ein Blick über die hohen Bücherregale und ein kurzer Stoßseufzer entrang sich ihrer Brust. Wie oft hatte sie diese Bücher nun schon gewälzt? Zu oft … und doch entdeckte sie immer wieder Neues.

All dieses Wissen schien unendlich. Aber genügte es auch, der bevorstehenden Bedrohung durch dunkle Mächte Herr zu werden? Sollte sie nicht vielleicht in den Arbeitsräumen ihres Vaters nach vor ihr verborgenen Kenntnissen suchen? Sicherlich besaß er umfangreiche Aufzeichnungen, wie man dem Feind begegnen konnte. Bei seinen Erfahrungen, die er in fast viertausend Jahren gemacht haben musste, war dies doch anzunehmen.

Und genau diese Informationen wollte Amaranth nun finden. Galt es nicht, jede nur denkbare Möglichkeit zu nutzen, um eine eventuelle Gefahr bereits im Keim zu ersticken? Deshalb suchte sie den Trakt des Schlosses auf, in dem sich die Räumlichkeiten ihres Vaters befanden. Doch schon beim Näherkommen spürte sie ein unangenehmes Kribbeln auf der Haut. Ihr Herz schlug unruhig gegen ihre Rippen und ihr üppiger Busen hob und senkte sich unter ihrer stoßweisen Atmung. Lag es wohl daran, dass sie sich nicht allein und schon gar nicht ohne die Erlaubnis ihres Vaters in diesem Teil des Schlosses aufhalten durfte? Sie hatte das Gefühl, ihre Ängste wurden hier um ein Vielfaches verstärkt.

Sie würgte die aufkommende Panik hinunter. Sie würde sich nicht entmutigen lassen. Zu allem entschlossen steckte sie ihre schweren Locken, die ihr bis zum Po reichten, zu einem Knoten im Nacken zusammen. Sicher war sicher und so störten sie nicht. Sie straffte ihre Schultern und marschierte schnurstracks den Gang hinunter. Sie drückte, mit noch immer klopfendem Herzen, die Klinke der schweren Holztür nieder. Wie nicht anders zu erwarten, war sie verschlossen. Doch Amaranth wäre nicht die Schülerin des ältesten und größten Magiers aller Zeiten, wenn eine verschlossene Tür für sie ein Hindernis darstellte. Sie atmete tief durch und betrat nach nur wenigen Momenten das Heiligtum von …

Amaranth - eine Legende

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