Читать книгу Geheimnis des Feueropals - A. B. Schuetze - Страница 6
Ein geheimnisvoller Wagen
ОглавлениеCorri lehnte an der Wand und versuchte, ihre Nerven zu beruhigen.
Eine unheimliche Stille ging von ihrer Wohnung aus. Wie war die Rose in ihre Wohnung gekommen? Hatte jemand einen Schlüssel zu ihrem Apartment? Vielleicht ist er ja noch da?
Unfähig einer Regung, schoss es Corri durch den Kopf. Hannes. Ich muss Hannes anrufen. Er muss sofort herkommen. Oh mein Gott, was soll denn … Mit zitternden Händen nahm Corri ihr Handy zur Hand und drückte die eingespeicherte Nummer ihres Freundes. Nach einer Ewigkeit, so schien es ihr, ein Freizeichen.
Tuuut … Tuuut. „Hallo, Leute. Ihr erwischt mich gerade in einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt. Ich bin nicht in der Lage, mit euch zu sprechen. Aber wenn ihr mich unbedingt belabern müsst, dann säuselt eure Nachricht auf Band. Und zwar … jetzt!“ … Piiiep …
Corris Augen weiteten sich vor Panik. Mit kaum hörbarer Stimme hinterließ sie eine Nachricht. „Hannes! Hannes, wo steckst du? Ich brauche dich! Auch jetzt! Hier! Sofort! Hier bei mir! Bitte! Melde dich!“ Nein. Das kann nicht sein. Wo steckst du denn? „Bitte. Bitte. Bitte. Was soll ich denn jetzt nur machen? Ich brauche Hilfe“, murmelte sie unter Tränen vor sich hin. Hilfe. Hilfe. Aber …
Sie starrte auf ihr Handy. Die freie Hand leicht zur Faust geballt, tippte sie unentwegt gegen ihre Lippen. Dann scrollte sie durch die Adressliste. Handy. Handy. Wo … verdammt …? Deine Handynummer.
Wieder wartete Corri mit bis zum Zerreißen angespannten Nerven auf ein Freizeichen. Aber auch hier meldete sich nur die Mobilbox.
Da sie Hannes nicht erreichen konnte, erhöhte sich ihre Nervosität ins Unermessliche. Am liebsten hätte sie ihr Handy an die Wand geworfen. Wenn Hannes nicht erreichbar ist … vielleicht Judith. Oft hängen sie zusammen ab. Judith. … Erneut scrollte sie durch die Liste der gespeicherten Nummern nach der von Judith, ihrer besten Freundin.
Plötzlich ging ein Ruck durch den Fahrstuhl. Wer auch immer ihn gerufen hatte, war nun auf dem Weg nach oben.
Entsetzt sah sich Corri um.
Vor ihr die offene Wohnungstür, ihre Wohnung, diese Rose … und hinter ihr der nach oben kommende Fahrstuhl, aus dem jeden Moment jemand aussteigen würde.
Sie hielt die Luft an.
Der Fahrstuhl stoppte. Die Tür öffnete sich.
Einer Ohnmacht nah, fiel Corri … Julius direkt in die Arme.
Er war aus dem Fahrstuhl gesprungen und konnte sie gerade noch auffangen, bevor sie auf dem Boden aufschlug. Hinter ihm trat Judith in den kleinen Hausflur.
Sie war fassungslos, ihre Freundin so aufgelöst und am ganzen Körper zitternd vorzufinden. „Mann, Corri, was ist denn passiert? Du siehst ja furchtbar aus. Fast so, als hättest du ein Gespenst gesehen.“
Die Zwillinge nahmen ihre Freundin, die kaum in der Lage war, einen Schritt allein zu gehen, in die Mitte und brachten sie in ihr Wohnzimmer. Dort setzten sie sie in einen großen bequemen Ohrensessel, legten eine Decke auf ihren Schoß und versuchten, sie zu beruhigen.
„Wo … Wieso … Was macht ihr denn hier?“, brachte Corri stotternd hervor. „Ich … Ich wollte dich gerade anrufen, Judith.“
Julius und Judith sahen sich besorgt an.
„Wir sahen dich die Straße entlanglaufen, als wäre der Teufel hinter dir her. Wir haben dich gerufen, aber du hast nicht auf unsere Rufe reagiert. Stattdessen hast du dich immer nur nervös umgeschaut. Du wirktest irgendwie gehetzt. Na ja … und da dachten wir, wir sehen mal nach, ob mit dir alles in Ordnung ist. Und dann hast du hier mehr oder weniger an der Wand geklebt.“
Judith kniff ihren Bruder in die Seite und funkelte ihn böse an. „Mann, musst du so unsensibel sein? Wie ein Elefant im Porzellanladen.“ An Corri gewandt, die schon etwas ruhiger geworden war und bedeutend regelmäßiger atmete, fügte sie hinzu: „Ich mache dir erst einmal was Heißes zu trinken und dann erzählst du uns, was passiert ist. Okay?“ Damit ging sie hinaus in die Küche, während Julius Corri Gesellschaft leistete.
Schweigend nickte sie. Was soll ich ihnen erzählen? Dass ich mich vor einer schwarzen Rose auf meinem Spiegelschränkchen erschreckt habe? Einer Rose, die da gar nicht hätte sein dürfen? Von meinem Theaterbesuch, den ich einem mysteriösen Unbekannten zu verdanken hatte? Von der Karte … heute Abend? Oder der von heute Morgen? Meinem bizarren Traum? … Wer soll mir das denn glauben?
Judith schreckte sie aus ihren Überlegungen auf. Sie hielt ihr eine Tasse heiße Schokolade hin und schaute sie dabei neugierig an. „Und? Möchtest du uns erzählen, was da gerade passiert ist? Wo bist du überhaupt so spät hergekommen?“
Spät? Wieso spät? Das Musical war noch nicht einmal zu Ende? Sie schaute bei Judiths Worten auf ihre Armbanduhr. Okay, für unter die Woche und gleich zwei Mal hintereinander war es spät. Aber die beiden waren ja auch noch unterwegs.
Corri stieß die Luft aus und seufzte. „Also gut. Aber ich muss euch warnen. Ihr werdet es sowieso nicht glauben. Es ist einfach …“, noch ein Seufzer, „so irrational. … Eigentlich begann alles mit unserem Kinobesuch …“
Sie erzählte ihren beiden Freunden, was sich seit dem Abend im Kino alles zugetragen hatte: Von ihrem bizarren Traum, dem Briefumschlag am darauffolgenden Morgen; vom Auftrag betreffs Geisterhaus; vom Besuch im Musical; vom Heimweg und der schwarzen Rose in ihrem Flur; und nicht zuletzt, dass sie versucht hatte, Hannes zu erreichen, und wie die Zwillinge dann aus dem Fahrstuhl ausgestiegen waren. Nachdem sie sich alles von der Seele geredet hatte, fühlte sie sich schon bedeutend ruhiger und erleichtert.
Allerdings sah es jetzt so aus, als ob diese mysteriösen Vorfälle auch Judith belasteten. Mit einem Gesicht weiß wie die Wand und absolut ratlos saß sie neben Corri. „Oh. Mein. Gott!“, hauchte sie und sah Corri prüfend an. „Und was willst du jetzt unternehmen? … Hast du schon die Polizei angerufen?“ Mann, Corri, mehr fällt mir dazu nicht ein. Normal ist das alles nicht, was du erzählt hast. Klingt nach einem Stalker. Aber wer? Einer der Männer deines Auftraggebers?
Julian schaute sie von der Seite an, als zweifle er an deren Verstand. „Sag mal, spinnst du? Meinst du, die kann da irgendwas machen? Die denken doch, Corri ist nicht mehr ganz richtig im Kopf“, fuhr er gleich darauf seine Schwester an. „Oder kannst du das alles beweisen, Corri?“
Die sah von einem zum anderen und wusste, sie steckte in einer arg verzwickten Lage. Jetzt stritten sich womöglich noch die beiden wegen ihr. Wenn doch nur Hannes hier wäre. Der wüsste bestimmt Rat. „Ihr wisst nicht zufällig, wo Hannes ist? Ich dachte, ich könnte vielleicht bei ihm übernachten und morgen … Nun, der Tag wird zeigen, wie es weitergehen soll“, meinte sie, an die Geschwister gerichtet.
Wieder sahen sich Bruder und Schwester fragend an.
„Wir dachten, du wüsstest das. Wir haben dich nach dem Kino nach Hause gebracht. Und dann ist Hannes gegangen. Er hätte eine dringliche, unaufschiebbare Angelegenheit zu erledigen, hat sich verabschiedet und ist in so eine schwarze Proll-Karre eingestiegen und abgefahren. Keine Ahnung, was der vorhatte.“
Judith verdrehte genervt die Augen. „Mann, Julius, das Auto war schwarz-bordeaux und total feudal. Promi-Auto oder so. Sah auf jeden Fall sauteuer aus.“
Schwarz-bordeaux. Sauteuer. … Corri wurde hellhörig. „Habe ich das jetzt richtig verstanden? Hannes ist in eine schwarz-bordeauxrote Luxuslimousine eingestiegen und weggefahren?“ Konnte es dann vielleicht doch sein? War es Hannes’ Parfum gewesen? Die Gedanken der jungen Frau rasten auf Hochtouren.
„Jipp. Ganz genau“, bestätigte Julius.
„Und sagt mal … Die Musical-Karte … War die von euch? Wisst ihr was davon?“, fragte Corri nun wieder ganz im Hier und Jetzt.
Vehement schüttelte ihre Freundin den Kopf. „Nee, Corri. Von uns war das keiner. Aber eine Karte für die teuerste Loge und das ganze drumherum … Das sollte doch rauszubekommen sein. … Weißt du was? Packe ein paar Sachen und dann gehen wir zu uns. In der WG ist zurzeit ein Zimmer frei. Hannes ist ja ausgezogen. Das kannst du einstweilen haben. Den Rest klären wir morgen.“
Das ließ sich Corri nicht zweimal sagen. Ungern wäre sie im Augenblick allein in ihrer Wohnung geblieben.
***
Am nächsten Tag erwachte Corri erst am frühen Nachmittag. Im Zimmer der WG und mit der Gewissheit, dass die Zwillinge in der Nähe waren, war sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf gesunken.
Judith hatte bei Richter & Söhne angerufen und mitgeteilt, dass Corri unpässlich sei und frühestens am nächsten Tag ins Büro kommen könnte.
So saßen die beiden Frauen gemeinsam bei einem ausgiebigen Brunch und überlegten, wie es nun weitergehen sollte.
„Wir werden erst mal Falk und Maren über die Vorkommnisse informieren und hören, ob sie Näheres wissen. Dann sollten wir einen Schlachtplan entwickeln, wollen wir den Dingen auf den Grund gehen. Wenn wir schon nicht zur Polizei gehen können, müssen wir die Sache halt selber in die Hand nehmen. Aber zuallererst werden wir dir weitere Sachen aus deiner Wohnung holen.“ Während Judith vor Tatendrang übersprudelte und sprach und sprach und sprach, stopfte sie ein warmes Croissant mit Erdbeerkonfitüre nach dem anderen in sich hinein.
Corri saß mit einem traurigen Lächeln im Bett und staunte über den Appetit ihrer Freundin. Bei den letzten Worten jedoch zuckte sie merklich zusammen. Schon der Gedanke, in ihre Wohnung gehen zu müssen, verursachte ihr Unwohlsein. „Können wir warten, bis einer der Jungs mitgehen kann? Ich kann da nicht allein hin. Ach, und ein neues Schloss brauche ich auch unbedingt. Ich muss mit dem Hausverwalter sprechen.“
„Ja, auch das. Und natürlich wird Julius dich begleiten.“
***
Genau wie geplant, nahm Corri gemeinsam mit Judith und Julius alles in Angriff. Auch Maren und Falk halfen dabei.
Sie holten Corris Sachen und die Wohnungstür bekam ein neues Schloss. In den nächsten Tagen wollten sich alle zusammensetzen und beraten, wie sie Corri helfen konnten. Fürs Erste jedoch, so waren sie sich einig, sollte Corri in der WG wohnen und gemeinsam mit Maren zur Arbeit gehen. Im Falle irgendwelcher sonderbaren Dinge sollte sie mindestens einen der WG-Bewohner informieren.
Die Jungen fanden das alles sehr aufregend, den Mädchen machte es schon etwas Angst und auch durfte nichts überstürzt werden. Vielleicht hörte es ja von nun an auf oder sie fanden für alles eine Erklärung.
Während sich Falk und Julius informieren wollten, was es mit dem mysteriösen Auto auf sich hatte, in welches Hannes gestiegen war, machten sich Maren und Judith daran, mehr über das alte Patrizierhaus zu recherchieren.
Corri überlegte für sich hin und her, ob sie mit Richard von Briesing reden sollte, um eventuell mehr Informationen über ihren geheimnisvollen Auftraggeber zu bekommen. Warum hatte er gerade dieses Haus gekauft? Vielleicht könnte sie Richard auch fragen, ob er möglicherweise Hannes kannte.
Zwei Tage später fuhr der Maybach vor dem Architekturbüro Richter & Söhne vor. Corri hatte von Briesing angerufen und ein Treffen mit ihm vereinbart.
„Hallo, Conrad, Herr von Briesing …“
„Herr von Briesing erwartet Sie im Haus, Frau Langner. Er hat da noch eine andere Besprechung und bat mich deshalb, Sie abzuholen.“ Conrad hielt ihr wieder mit einem freundlichen Lächeln die Tür des Wagens auf.
Obwohl Corri Conrad bisher als freundlichen und zuvorkommenden Mann kennengelernt hatte, beschlich sie ein mulmiges Gefühl bei dem Gedanken, allein mit ihm in diesem Auto zu fahren. Sie wusste es sich nicht zu erklären. Aber so war es nun einmal. Um sich nichts anmerken zu lassen, stieg Corri ein, rutschte allerdings unruhig auf dem Rücksitz der Limousine hin und her.
„Gibt es Probleme, Fräulein Langner?“, fragte Conrad, dem Corris Verhalten nicht verborgen geblieben war, nach.
Ihre Blicke trafen sich im Rückspiegel.
War da ein Funkeln in Conrads Augen? Sie konnte es nicht sagen. Wieder fühlte sie sich beobachtet. „Nein, Conrad. Sicher nicht. Fahren Sie ruhig.“ Es ist ein Fehler, ins Haus hinauszufahren, ohne den anderen Bescheid gegeben zu haben. Aber nun ist es zu spät. Es wird schon nichts passieren. Im Büro wissen alle, dass ich … Oh Gott, nein. Nein, ich habe es niemandem erzählt.
Eigentlich wollte und sollte Corri nicht allein irgendwohin fahren und schon gar nicht ins Geisterhaus. Das ungute Gefühl, welches sie bereits beim Besteigen des Autos befallen hatte, steigerte sich in Anbetracht der Erkenntnis, mal wieder nicht ihren eigenen Vorschriften entsprochen zu haben, fast schon zur Panik.
Als Conrad die Zwischenscheiben im Fonds der Limousine schloss, musste Corri tief durchatmen, um nicht die Beherrschung zu verlieren. Sie hatte keine Platzangst. Das war es nicht. Aber hier so abgeschottet, nicht wissend, was beim Fahrer vorn vor sich ging, machte sie verrückt.
Aus der innovativen Belüftungsanlage im Innenraum des Maybach drang ein sanfter Luftstrom und fächelte Parfüm-Moleküle aus einem Flakon. Sofort verströmte eine rauchige Komposition von Agarholz, Sandelholz und Vetiver. Eine Corri bekannte Note. Da war er wieder … dieser Duft. Auch wenn sie nicht wusste, woher er ihr bekannt war und warum er ihr Angst einflößte, konnte sie nicht umhin, sich irgendwie geborgen zu fühlen. Es war wie … Magie.
Sie schloss die Augen und ließ das entspannte Zusammenspiel der Duftnoten auf alle Sinne, Geist und Körper wirken. Leise Musik rieselte aus den Lautsprechern, die Corri in absoluter Sicherheit wiegte. Sie hatte das Gefühl zu träumen, zu schweben und dass die Zeit stehen blieb. So wunderte sie sich, als plötzlich die Wagentür geöffnet wurde und Conrad ihr in seiner akkuraten Haltung zum Aussteigen den Arm darbot.
Corri blinzelte verlegen ins Sonnenlicht und schüttelte sich leicht. Beobachter hielten dies wahrscheinlich für eine normale Reaktion, wenn man aus einem wohltemperierten Raum … in dem Fall des Wagens … in die pralle Sonne trat. Corri hingegen wusste es besser. Und Conrad wohl ebenso. … Sie hatte die Fahrt in einem tranceähnlichen Zustand verbracht. Doch weder der eine noch der andere ließ den anderen sein Wissen spüren.
„Sie möchten bitte schon ins Haus gehen, Fräulein …“
„Sagen Sie doch bitte Corri zu mir, Conrad. Dieses Fräulein und Frau Langner … Corri ist okay.“ Corri zwinkerte dabei Conrad zu, der sich daraufhin räusperte.
„Nun gut, Corri. Sie möchten bitte schon ins Haus gehen. Herr von Briesing lässt sich entschuldigen. Er verspätet sich um ein paar Minuten.“
Corri schaute Conrad irritiert an und wollte gerade fragen, als er ins Auto einstieg und auch schon wieder davonfuhr. Verwundert schüttelte sie den Kopf über die Tatsache, dass Richard den Chauffeur informiert hatte anstatt sie, sah dem davonfahrenden Auto nach und wandte sich schließlich dem alten Gemäuer zu. Ist schon komisch. Zuerst will Richard mich hier treffen und jetzt kommt er zu spät. Seltsam. Pikiert betrat sie das Patrizierhaus.
Wie immer flößte ihr dieses Objekt Respekt ein. Ehrfürchtig betrachtete Corri zum wiederholten Mal die riesige Empfangshalle, deren Höhe sich über zwei Stockwerke erstreckte. Auf halber Höhe umgab eine Galerie mit Fenstern die Halle. Die Geländer des Laufganges waren kunstvoll geschnitzt und jedwede Bewunderung wert.
Corri hatte sich schon mit der Drechsler-Innung des Landkreises in Verbindung gesetzt, um die besten Meister zur Restaurierung dieser Kunstwerke zu verpflichten.
Nun stand sie mit nach oben gerichtetem Blick und drehte sich langsam im Kreis, um alles auf sich wirken zu lassen. Dieses Haus konnte jeden in seinen Bann ziehen, aber auch Angst einflößen. Sofort war es wieder da … dieses flaue, ja fast beklemmende Gefühl. Es war mucksmäuschenstill. Zu still. Kein Laut. Da erst wurde ihr klar … Sie befand sich allein im Haus. Und dennoch … Da war noch etwas anderes. Sie hörte auf ihr Herz, welches augenblicklich heftig zu pochen begann.
Diese absolute Stille machte Corri nervös. Eine Ahnung sagte ihr, dass hier irgendwas nicht stimmte. Wo blieb nur Richard? Wieso war keiner der Arbeiter mehr im Haus? Müsste denn nicht an den Außenfassaden gearbeitet werden?
Corri schaute auf die Uhr, dann hinüber zum Schreibtisch. Vielleicht hat Richard ja eine Nachricht hinterlassen. Aber auf dem Schreibtisch konnte sie nur die Pläne für die Umgestaltung der Galerie sehen.
Deckenhohe Bücherregale sollten da einmal ihren Platz finden, Nischen mit bequemen Sesseln und kleinen Tischchen zum Verweilen und Lesen. Bei dem Gedanken musste Corri lächeln. Ja, eine Bibliothek. Sie liebte Bücher über alles.
Das Knarren der doppelflügligen Glastür zum Garten durchbrach die Ruhe und ließ Corri kurz zusammenzucken. Gott. Ständig dieses Zusammenzucken. Wann bin ich nur so schreckhaft geworden?
Als sie sich nach dem Geräusch umschaute, machte ihr Herz einen Satz. Ihr stockte der Atem. Nur nicht bewegen, ging es ihr blitzschnell durch den Kopf.
In der Tür standen zwei … große schwarze Wölfe … Hunde von der Größe eines Ponys. Rote Augen … schwarze Augen funkelten sie an.
Corri musste sofort an ihren Traum denken. Und obwohl sie hätte beschwören können, gerade noch zwei riesige Wölfe mit glühenden roten Augen gesehen zu haben, spielte ihr doch ihre Fantasie nur einen Streich. Es waren definitiv Hunde mit schwarzen Augen. Sie standen in der Tür. Reglos. Wie zwei Statuen aus schwarzem Marmor.
Nur nicht bewegen. Nicht bewegen. Ganz ruhig sein. Corri ermahnte sich innerlich, die Ruhe zu bewahren und keine Angst oder gar Panik zu zeigen.
Ohne Vorwarnung oder ein Zeichen stürmten die Hunde plötzlich auf sie zu.
Wie von einer Tarantel gestochen, schnellte Corri herum und knallte an eine steinharte, breite Brust.
Er stand da, wie aus dem Nichts. Groß und gefährlich.
Lange schwarze Haare waren im Nacken mit einem Band zusammengehalten. Dunkelgrüne Augen funkelten in tausend Facetten eines Smaragdes. Um seinen schmalen, aber auch sinnlichen Mund hatte sich ein strenger Zug eingegraben. Kein Muskel bewegte sich an ihm. Er stand da wie ein Fels in der Brandung und starrte sie an, ohne dabei die beiden Tiere aus den Augen zu lassen. Obwohl er in seinem bordeauxroten Shirt, welches seinen muskulösen Oberkörper eng umspannte, und seinen schwarzen Jeans eher sportlich gekleidet war, wirkte er doch sehr elegant. Sehr maskulin. Herrisch. Nicht von dieser Welt.
Corri glotzte den Mann regelrecht an. Erschrocken. Bewundernd. Ungläubig. … Nicht unbedingt in dieser Reihenfolge. Nur ein kurzer Befehl an seine Tiere reichte aus, diesen Zustand zu beenden, denn seine rauchige, herrische Stimme ließ sie nach Luft schnappen und am ganzen Körper erzittern.
„ Azza! Azrail! Platz!“