Читать книгу Krimi Sammelband 12001: Riesen Mords-Paket November 2019 - 1000 kriminelle Seiten - A. F. Morland - Страница 18

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Ben Shaw wohnte in einer kleinen Mansardenwohnung im Norden von Manhattan. Im Sommer war es hier oben zum Ersticken heiß, im Winter zum Erfrieren kalt. Seit fünfzehn Jahren wohnte Shaw nun schon hier, und mindestens zweimal im Jahr schwor er sich, dass es das letzte Jahr war, das er hier verbrachte.

Er stand gegen zehn Uhr auf und war seine eigene Putzfrau. So, wie er saubermachte, konnten es neun von zehn Hausfrauen nicht. Gründlich und gewissenhaft wischte er Staub, als hätte sich allerhöchster Staatsbesuch angesagt.

Danach schrieb er seine Einkaufsliste und verließ die Wohnung. Sein alter Kleinwagen stand direkt vor dem Haus. Er setzte sich in das Fahrzeug und startete den Motor.

Bevor er losfuhr, warf er einen Blick in den Außenspiegel, dann gab er bedächtig Gas und schaltete hoch. Schon an der nächsten Ecke glaubte er, ihm würde ein Wagen folgen.

Natürlich konnte er sich irren, deshalb war er auch noch nicht unruhig. Er fuhr zur Hillside Avenue weiter und warf wieder einen prüfenden Blick in den Spiegel.

Der schwarze Wagen rollte noch hinter ihm her. Shaw hielt an einem Kiosk und kaufte Zigaretten. Der schwarze Wagen blieb in einer Entfernung von ungefähr hundert Metern stehen.

Das gefiel Shaw nicht. Was wollten die Kerle von ihm? Trotz der spiegelnden Scheibe erkannte er, dass das Fahrzeug mit zwei Männern besetzt war. Handelte es sich um Gangster?

Ihn konnten sie nicht zur Kasse bitten. Ihm gehörte die Bar nicht, in der er arbeitete. Nervös stieg Ben Shaw wieder in seinen Kleinwagen und fuhr weiter.

Auch das schwarze Fahrzeug rollte wieder an. Ben Shaw wurde unruhig. Er war kein besonders routinierter Autofahrer, deshalb brauchte er gar nicht den Versuch zu unternehmen, die Verfolger abzuhängen. Das würde ihm kaum gelingen.

Was aber sollte er tun? Es wäre ein schwerer Fehler gewesen, die beiden Kerle einfach nicht mehr zu beachten. Sie führten etwas im Schilde, und Ben Shaw zerbrach sich den Kopf, wie er sich vor diesen Männern schützen konnte.

Zunächst ließ er sich im Verkehrsstrom treiben. Er fuhr an dem Supermarkt, den er eigentlich aufsuchen wollte, vorbei und hielt nach einem Cop Ausschau.

Auch ein Streifenwagen wäre ihm recht gewesen. „Aber wie stets, wenn man die Polizei braucht, ist sie nicht vorhanden“, brummte der Barkeeper verdrossen.

Ein grüner Ford Mustang fuhr hinter ihm. Aber schon dahinter fuhr jener schwarze Gangsterwagen. Beunruhigt nagte Ben Shaw an der Unterlippe. Er dachte an Bount Reiniger, der ihm bestimmt helfen würde.

Sofort beschloss Shaw, den Privatdetektiv anzurufen. Bount Reiniger würde ihm zunächst einen Rat geben und sich dann beeilen, um ihm aus der Klemme zu helfen.

Fragte sich nur noch, von wo aus er Bount Reiniger anrufen sollte. Rechts ragte die Marmorfassade eines Großkaufhauses auf. Shaw schaltete sofort. Das Kaufhaus besaß ein Parkhaus, das unmittelbar daran grenzte.

Shaw wusste, was er tun musste. Ohne Zeichen zu geben, bog er blitzartig rechts ab. Sein Kleinwagen flitzte auf den Schlagbaum zu. Shaw riss die Parkkarte aus dem Automaten und raste los, sobald sich die Sperre gehoben hatte.

Er erreichte die Auffahrtsspirale, als der Gangsterwagen sich aus dem Verkehrsstrom schälte. Ben Shaw drückte, ganz gegen seine Gewohnheit, fest aufs Gaspedal.

Sein Wagen schraubte sich die Spirale hoch. Erste Etage, zweite Etage, dritte Etage … Hier entdeckte Shaw eine Möglichkeit, sich zu verstecken. Er steuerte seinen kleinen Wagen zwischen zwei dicke Betonsäulen.

Lieferwagen verdeckten ihn. Shaw stieg hastig aus dem Auto. Seine Hände waren feucht. Er wischte sie am Jackett trocken, während er hörte, wie die Pneus des schwarzen Wagens in den engen Kurven jaulten.

Shaw entfernte sich von seinem Fahrzeug. Er sprang hinter einen schweren Kombi, und sein altes Herz hämmerte wild gegen die Rippen. Vorsichtig peilte er die Lage.

Der Verbrecherwagen tauchte auf. Der Fahrer stoppte. Der Beifahrer sprang heraus und blickte sich suchend um. Als er weder Shaw noch dessen Auto entdeckte, stieg er wieder ein, und sie fuhren zur nächsten Etage hinauf.

Shaw stieß die Luft geräuschvoll aus und trocknete seine mit Schweißperlen bedeckte Stirn mit dem Jackettärmel. Verdammt und zugenäht, sie jagten ihn wie einen Hasen, ohne dass er wusste, weshalb.

Er kehrte nicht zu seinem Auto zurück, sondern folgte einem gelben Pfeil, der ihm den Weg ins Kaufhaus zeigte. Dort gab es Telefone, und von einem dieser Apparate aus würde er sich mit Bount Reiniger in Verbindung setzen.

Hoffentlich ist er in seinem Büro und nicht auf Achse, dachte Ben Shaw. Der automatische Anrufbeantworter hätte ihm keinen brauchbaren Tipp gegeben. Und bis Bount Reiniger das Band abhörte, konnte weiß Gott was passiert sein.

Shaw vernahm das Schrillen der Pneus. Die Gangster kamen zurück. Größte Eile war geboten. Der alte Keeper fing an zu laufen. Auf dem Beton glänzte ein schwarzer Ölfleck, auf dem Shaw beinahe ausgerutscht wäre.

Er fuchtelte mit den Armen in der Luft herum, erlangte das Gleichgewicht wieder und lief geduckt an mehreren Fahrzeugen vorbei.

Der gelbe Pfeil wies auf eine offene Metalltür. Dahinter befand sich ein erhelltes Treppenhaus. Shaw scheute sich, vom düsteren Parkhaus in das helle Licht zu treten.

Der schwarze Wagen zwang ihn aber dazu. Ohne viel zu überlegen, lief er einige Stufen hinauf. Ein Materialaufzug. Eine Kettenabsperrung … Hier ging es nicht mehr weiter.

Shaw wurde bleich. Er schluckte trocken und drehte sich bebend um. Der schwarze Wagen blieb stehen. Wussten die Gangster, wo sie ihn finden würden? Oder stoppte das Fahrzeug nur zufällig fast direkt vor der Tür?

Ben Shaw büßte in diesen Minuten alle Sünden ab, die er je in seinem Leben begangen hatte. Er atmete heftig und hielt sich am Handlauf fest, während die Stimmen der Verbrecher an sein Ohr drangen.

Er hätte viel darum gegeben, wenn er die Möglichkeit gehabt hätte, sich in Sicherheit zu bringen. Zitternd setzte er seinen Fuß auf die oberste Stufe der Treppe. Es nützte alles nichts, er musste zurück. Hier ging es nicht weiter.

Der Materialaufzug war außer Betrieb. Es gab keine Tür, durch die er in das Kaufhaus hätte gelangen können. Man hätte besser daran getan, die Absperrung bereits weiter unten anzubringen, nicht erst hier.

Manche Menschen arbeiten völlig ohne Hirn, dachte Shaw wütend. Ihm konnte diese Gedankenlosigkeit jetzt unter Umständen zum Verhängnis werden. Zaghaft machte er den nächsten Schritt, immer darauf bedacht, kein Geräusch zu verursachen.

Er hörte das Klappen einer Autotür, und dann fuhr der Wagen weiter. Ben Shaw konnte es kaum glauben. War für ihn wirklich ein Wunder geschehen? Er wusste zwar nicht, was diese Verbrecher ihm antun wollten, aber dass sie nicht die Absicht gehabt hatten, mit ihm über den Verfall des Rohölpreises oder das Wetter zu reden, lag für ihn auf der Hand.

Als der Wagen losfuhr, fasste er neuen Mut. Die Verbrecher hatten die Suche aufgegeben. Er konnte zu seinem Auto zurückkehren.

Zehn Minuten, eine Viertelstunde würde er verstreichen lassen, um einigermaßen sicher sein zu können, dass die Verbrecher das Feld geräumt hatten. Den Anruf bei Bount Reiniger schenkte er sich.

Er hatte noch eine bessere Idee. Er würde Bount Reiniger in dessen Büro aufsuchen und ihn persönlich um Hilfe bitten. Erst dann würde ihm mit großem Gepolter der schwere Stein vom Herzen fallen, der ihn im Augenblick zu erdrücken drohte.

Misstrauisch näherte sich Ben Shaw der Tür, die ins Parkhaus führte. Er getraute sich nicht, zu glauben, dass die Gefahr vorüber war. Vor ihm lag eine dämmerige Etage, in der es nach Öl, Benzin und Abgasen roch.

Voller Argwohn trat der Barkeeper durch die Tür. Hass keimte in ihm. Hass auf Menschen, die sich nicht um die Gesetze kümmerten, die machten, was ihnen passte, die Leute terrorisierten, einschüchterten, verfolgten, wie Parasiten von ihrem Geld lebten, zu faul waren, um mit ehrlicher Arbeit ihr Geld zu verdienen.

Wieso nahmen sie sich das Recht, so zu leben? Warum waren die Behörden so machtlos gegen sie? Was war falsch an diesem Gesellschaftssystem, das zuließ, dass sich solche verbrecherischen Elemente dermaßen frei entfalten konnten?

Shaw schlich an der Wand entlang. Im Parkhaus herrschte vorübergehend Stille. Beinahe unheimlich war das. Als endlich wieder irgendwo ein Anlasser mahlte, war das für Shaw beinahe ein angenehmes Geräusch, das ihm das Gefühl des Verlorenseins nahm.

Innerlich völlig durcheinander erreichte er seinen Kleinwagen. Als er die Tür öffnen wollte, vernahm er hinter sich ein leises Geräusch. Er zuckte entsetzt herum, und nun erkannte er, dass er dem Frieden mit Recht nicht getraut hatte.

Er erinnerte sich, dass er nur eine Wagentür zuklappen gehört hatte, bevor der schwarze Wagen weiterfuhr. Beide Gangster waren ausgestiegen, nur einer hatte sich aber wieder in das Fahrzeug gesetzt.

Der andere war zurückgeblieben und hatte sich in dieser Etage auf die Lauer gelegt. Shaw starrte den Mann entgeistert an. Der Gangster hielt ein schlankes Stilett in der Hand.

„Warum?“, fragte Ben Shaw verdattert.

Der Killer sagte kein Wort. Er stach einfach zu.

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