Читать книгу Krimi Sammelband 12001: Riesen Mords-Paket November 2019 - 1000 kriminelle Seiten - A. F. Morland - Страница 21
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ОглавлениеVon dem Mord an Ben Shaw erfuhr Bount Reiniger nach seiner Heimkehr. Die Nachricht befand sich auf Band. Gleich zweimal. Einmal übermittelte sie ihm Maggie Taylor, das zweite Mal Toby Rogers.
Für Bount Reiniger ergab dieser Mord keinen Sinn. Wem war damit gedient? Gehörte das zur Einschüchterungstaktik der Schutzgeldgangster? Oder war der alte Barkeeper zufällig irgendeinem Süchtigen in die Hände gefallen, der dringend Geld für den nächsten Schuss brauchte und im Parkhaus auf ein Opfer gewartet hatte?
Obwohl es so gewesen sein konnte, hatte Bount etwas gegen solche Zufälle. Er konnte sich deshalb mit diesem Gedanken nicht anfreunden. Es passte ihm besser ins Bild, dass die Schutzgeldgangster hinter diesem sinnlos erscheinenden Mord standen.
Es würde sich schon noch herausstellen, was sie damit bezweckten. Diese Kerle taten keinen Schritt, den sie sich vorher nicht gründlich überlegten. Bount verließ sein Büroapartment wieder und begab sich zu Maggie und Jimmy Taylor.
Die Bar war so voll wie immer. Nur hinter dem Tresen vermisste Bount jemand: Ben Shaw, die gute, alte, treue Seele. Nie mehr würde Ben dort stehen, die Gäste bedienen und sich ihre Sorgen anhören.
Maggie Taylor nahm seinen Platz ein. Jimmy assistierte ihr. Beide arbeiteten mit ernsten Gesichtern und traurigem Blick. Bens Tod hatte sie so schwer getroffen, als hätten sie einen Angehörigen verloren.
Bount setzte sich auf einen Hocker. „Tut mir leid … das mit Ben.“
Maggie sah ihm verzweifelt in die Augen. „Er war ein herzensguter Mensch, von dem man alles haben konnte. Warum ihn, Mister Reiniger? Warum ihn?“
Bount hob die Schultern. „Ich weiß es noch nicht.“
„Captain Rogers glaubt, dass Ben das Opfer irgendeines Räubers wurde.“
„Haben Sie dem Captain von Ihren Schwierigkeiten erzählt?“
Maggie schüttelte den Kopf. „Ich hatte nicht den Mut. Vor diesem heimtückischen Mord war ich noch entschlossen, den Gangstern zu trotzen.“
„Und nun?“
Maggie seufzte schwer. „Ich glaube, nun bringe ich die Courage dazu nicht mehr auf.“
„Haben sich die Verbrecher mit Ihnen schon wieder in Verbindung gesetzt?“, fragte Bount.
„Nein.“
„Sie warten wohl erst ab, bis der Schock voll wirkt“, sagte Bount Reiniger. „Diese Kerle wissen, wie sie ihre Opfer mürbe machen müssen.“
Jimmy trat neben seine Mutter. „Haben Sie schon etwas wegen meines Vaters unternommen, Mister Reiniger?“
„Meine Assistentin war in dieser Angelegenheit heute den ganzen Tag unterwegs.“
„Ich auch“, sagte Jimmy Taylor. „Leider ohne Erfolg.“
„June March hatte auch kein Glück, aber sie wird weitersuchen.“
„Ma ist jetzt auch dafür, dass Dad zurückkommt“, sagte Jimmy.
„Ich glaube auch, dass Mark Taylor euch beiden den Halt geben könnte, den ihr jetzt braucht“, meinte Bount.
Jimmy Taylor wischte mit einem Tuch über den Tresen. Er stellte Bount einen Johnnie Walker hin, ohne zu fragen. Kummerfalten gruben sich in seine Stirn. Bount sah, wie der Junge nach Worten suchte.
Außer dem Tod des Barkeepers schien ihn noch etwas zu bedrücken. Bount blickte ihn abwartend an. „Mister Reiniger…“, begann Jimmy und knüllte das Tuch zusammen.
„Ja, Jimmy?“
„Da ist noch etwas, was Sie wissen müssen.“
„Heraus damit“, forderte Bount Reiniger den Jungen auf.
„Ich bin mit einem Mädchen befreundet. Hester Collins heißt sie … Diese Verbrecher haben sich auch an sie gewandt, um uns kleinzukriegen.“
„Was ist passiert?“, fragte Bount.
Jimmy Taylor erzählte es ihm mit abgehackten Worten. Zweifellos lag ihm sehr viel an Hester Collins, und das hatten die Verbrecher in Erfahrung gebracht. Nun übten sie über dieses Mädchen Druck auf Jimmy Taylor und dessen Mutter aus.
Denen war jedes Mittel recht. Bount hatte nichts anderes erwartet. Diese Kerle hatten ja nicht einmal davor zurückgeschreckt, Jay Pepper zu erschießen, weil er die Unverfrorenheit besaß, einen Privatdetektiv zu engagieren.
Und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ging auch der Mord an Ben Shaw auf ihr Konto, wenn im Augenblick auch noch nicht erkennbar war, was diese Leute damit bezweckten.
Bount bat um Hesters Adresse. Jimmy Taylor schluckte. „Ich möchte nicht, dass Hester da hineingezogen wird, Mister Reiniger.“
„Sie ist bereits drinnen.“
„Was wollen Sie von ihr?“
„Mit ihr reden.“
„Sie kann Ihnen nicht mehr sagen, als ich Ihnen gesagt habe.“
„Vielleicht ist ihr an dem Kerl, der sie bedrohte, irgend etwas aufgefallen.“
„Das hätte sie mir erzählt.“
„Sie kann es in der ersten Aufregung vergessen haben.“
„Gib Mister Reiniger Hesters Adresse, Jimmy“, sagte Maggie Taylor.
„Nein“, sagte der Junge aufgeregt. „Ich will nicht, dass ihr etwas zustößt.“
Da Jimmy nicht zu bewegen war, Hester Collins’ Adresse preiszugeben, nannte Maggie Taylor sie. Jimmy starrte seine Mutter entgeistert an. „Ma! Bist du dir darüber im Klaren, was du getan hast? Du bringst Hester damit möglicherweise in Lebensgefahr!“
„Ich werde mit ihr so Kontakt aufnehmen, dass keiner es merkt“, versprach Bount Reiniger.
„Und wenn die Gangster doch dahinterkommen? Dann ist Hester Collins tot!“, stieß Jimmy aufgeregt hervor. „Ma, wie konntest du nur …“ Er wandte sich um und entfernte sich.
Bount nickte. „Ich kann verstehen, wie ihm zumute ist.“
„Was soll ich tun, wenn sich die Gangster wieder bei mir melden, Mister Reiniger?“, fragte Maggie Taylor.
„Gehen Sie auf alle Forderungen ein – und informieren Sie mich umgehend“, antwortete Bount Reiniger. Er kippte den Drink und fasste in die Hosentasche, doch Maggie schüttelte den Kopf und meinte, der Whisky ginge auf ihre Rechnung.
Bount verließ die Bar. Mit Hester wollte er morgen früh reden, wenn sie zur Arbeit fuhr. Jimmy konnte sich bestimmt nicht mehr daran erinnern, dass er mit Bount schon einmal über seine Freundin gesprochen hatte. Bei der Gelegenheit hatte er auch erwähnt, wo sie arbeitete und dass sie immer mit der U-Bahn fuhr.
In diesem Rushhour-Gedränge würde es nicht auffallen, wenn Bount Reiniger zufällig neben dem Mädchen stand. Bount hoffte, dass Hester ihm einen wertvollen Hinweis auf den Täter geben konnte.
Sie hatte ihn zwar nicht gesehen, aber sie musste trotzdem wissen, ob der Mann groß, klein, schlank oder korpulent gewesen war. Außerdem hatte er mit ihr geredet. Vielleicht gab seine Stimme irgendwelche Aufschlüsse.
Bounts Mercedes parkte um die Ecke. Er hatte viel Mühe gehabt, sich in die kleine Parklücke zu zwängen, und es würde noch mal so viel Mühe kosten, da wieder herauszukommen.
Ein Wagen löste sich vom Fahrbahnrand. Bount sah ihn nicht. Er bog in die Querstraße ein, und das Fahrzeug folgte ihm ohne Beleuchtung.
Vielleicht besaß Bount Reiniger so etwas wie einen sechsten Sinn.
Vielleicht war es aber auch reiner Zufall, dass er sich gerade in diesem Moment umsah. Jedenfalls rettete ihm das das Leben. Das Seitenfenster war langsam heruntergekurbelt und eine Faust war zum Vorschein gekommen, die den Kolben einer Pistole umschloss.
Bount erblickte den klobigen Schalldämpfer vor der Waffe und reagierte ohne Schrecksekunde. Wie vom Blitz getroffen fiel er auf den Gehsteig. „Plop! Plop! Plop! Plop!“, ging es.
Rote Feuerzungen leckten aus der Mündung. Die Kugeln sirrten über Bount Reiniger hinweg und klatschten gegen die Hausmauer. Bounts Hand stieß ins Jackett. Er riss die Automatic aus dem Schulterholster.
Auf der Fahrbahn heulte der Motor auf, und das Auto raste mit zunehmender Geschwindigkeit davon, ohne dass Bount Gelegenheit gehabt hätte, einen Schuss abzugeben.
Er sprang auf, steckte die Pistole weg und rannte zu seinem Wagen. Sekunden später saß er im Mercedes und startete die Maschine. Und dann quälte er sich damit ab, aus der engen Parklücke zu kommen, ohne den vorderen und den hinteren Wagen zu beschädigen.
Als ihm das endlich gelungen war, konnte er die Gangster vergessen, denn jetzt waren sie nicht mehr einzuholen. Er brannte sich grimmig eine Pall Mall an und sah, wie seine Hand leicht zitterte.
Er war eben nicht abgebrüht genug, dass es ihm nichts ausmachte, wenn jemand versuchte, ihn umzulegen. Eigentlich war dieses Ereignis ja bereits überfällig gewesen.
Warum sollten die Gangster ausgerechnet ihn verschonen?