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Am nächsten Morgen fuhr Bount Reiniger mit der U-Bahn. Eingezwängt zwischen zumeist übelgelaunte, unausgeschlafene Menschen. Er war von ernsten bis griesgrämigen Gesichtern umgeben. Den einzigen Lichtblick stellte Hester Collins dar.

Er hatte vor ihrem Haus auf sie gewartet und war ihr unbemerkt gefolgt, wobei er sich vergewisserte, dass sich außer ihm niemand sonst für das Mädchen interessierte.

Im Waggon drängte er sich an sie heran. Es ging nicht, ohne die Ellbogen zu Hilfe zu nehmen. Als sie die Station Lexington Avenue erreichten, zeigte Bount dem Mädchen seine Detektivlizenz.

Hester las seinen Namen und erinnerte sich daran, dass Jimmy ihn gestern erwähnt hatte. Angst schimmerte immer noch in ihren Augen, aber sie beantwortete Bount alle Fragen.

Natürlich hatte sie versucht, sich ein Bild von dem Mann zu machen, der sie bedroht hatte, und diese Vorstellung gab sie an Bount Reiniger weiter.

„Können Sie damit etwas anfangen?“, fragte sie.

„Im Moment nicht“, gab Bount zu. „Aber wenn ich diesem Mann gegenüberstehe, werde ich möglicherweise wissen, wen ich vor mir habe.“

„Wie geht es Jimmy und seiner Mutter?“

„Sie waren schon mal glücklicher.“

„Glauben Sie, dass Sie ihnen helfen können?“

„Ich arbeite daran“, sagte Bount. Er fuhr bis zum Union Square mit. Dort stieg er aus und legte den Rest des Weges nach Hause zu Fuß zurück.

June traf nach ihm im Büro ein. Sie musterte ihn verwundert. „Kamst du vor wenigen Minuten erst nach Hause?“

„Erraten.“

„Du warst doch nicht etwa die ganze Nacht unterwegs? Dafür machst du einen zu ausgeschlafenen Eindruck.“

„Du hast eine hervorragende Beobachtungsgabe.“ Bount sagte ihr, wo er gewesen war, und wie sich der Fall inzwischen weiterentwickelt hatte. Als sie hörte, dass man auf ihn geschossen hatte, schluckte sie und atmete erleichtert auf, als Bount ihr sagte, dass alle vier Kugeln ihn verfehlt hatten.

Die blonde Detektivin verließ eine halbe Stunde später die Detektei, um ihre Suche nach Mark Taylor fortzusetzen. Kurz nach ihr stieg Bount Reiniger in seinen Mercedes und fuhr los, um Arthur Douglas zum dritten Mal auf die Nerven zu gehen.

Der magere Mann mit den wulstigen Lippen erschrak, als er die Haustür öffnete und Bount erblickte. „Sie schon wieder“, stöhnte er.

Bount lächelte. „Haben Sie jemand anders erwartet, Mister Douglas?“ Das Toupet, das der Barbesitzer trug, war zwar gut und teuer, man erkannte aber trotzdem, dass die sprießende Haarpracht nicht echt war. „Waren Sie darauf eingerichtet, Besuch der Gangster zu erhalten, an die Sie so brav Ihr Geld abliefern?“

Douglas blickte nervös an Bount vorbei. „Hören Sie, warum lassen Sie mich nicht endlich in Ruhe, Mister Reiniger? Wie oft soll ich Ihnen noch sagen, dass ich nicht erpresst werde!“

„Eine Lüge wird nicht dadurch zur Wahrheit, indem man sie so oft wie möglich wiederholt“, sagte Bount. „Darf ich reinkommen?“

„Nein.“

„Ist es Ihnen lieber, wenn jedermann mich hier draußen stehen sieht?“

„Ich möchte, dass Sie sich in Ihren Wagen setzen und verschwinden. Warum begreifen Sie nicht, dass ich mit Ihnen nichts zu tun. haben will?“

„Ich könnte Ihr Freund und Helfer sein.“

„Ich brauche keine Hilfe, und meine Freunde suche ich mir selbst aus!“

„Haben Sie heute schon einen Blick in den Spiegel geworfen, Mister Douglas? Sie sehen erbärmlich aus. Sie sind ein nervliches Wrack.“

„Daran tragen Sie ein gerüttelt Maß an Schuld!“

„Wollen Sie Ihr Schweigen nicht endlich brechen, Douglas?“

„Denken Sie, ich bin lebensmüde?“

„Aber wieso denn, wenn Sie doch gar nicht unter Druck gesetzt werden.“

Arthur Douglas senkte den Blick. „Ich bitte Sie inständig, gehen Sie, Reiniger.“

Bount merkte, dass er den Mann schon fast soweit hatte, deshalb sagte er: „Ich gehe erst, wenn wir uns ausführlich unterhalten haben.“ Er legte die Hand auf die Tür, drückte sie zur Seite, trat ein und schloss sie.

Douglas blickte ihm immer noch nicht in die Augen, als er sagte: „Das hätten Sie nicht tun dürfen, Mister Reiniger. Sie wissen nicht, in welche Gefahr Sie mich damit bringen.“

„Möchten Sie nicht, dass diese quälende Angst bald aufhört? Ich wette, Sie schlafen kaum noch. Helfen Sie mir, diesen Verbrechern das Handwerk zu legen. Sagen Sie mir alles, was Sie von diesen Leuten wissen. Wie lange werden Sie schon erpresst?“

„Einen Monat“, gestand Arthur Douglas mit kaum hörbarer Stimme. Bount atmete auf. Der Bann war gebrochen. Douglas begab sich mit ihm in den Livingroom. Sie setzten sich.

„Fünf Prozent vom Umsatz?“, fragte Bount.

„Ja.“

„Wie traten die Gangster mit Ihnen in Verbindung?“

„Zuerst riefen sie mich an. Ich hielt das Ganze für einen dummen Scherz, musste aber sehr bald erkennen, dass ich mich irrte. Ich wurde überfallen und zusammengeschlagen. Im Keller dieses Hauses brach ein Brand aus, den ich glücklicherweise rechtzeitig bemerkte und löschte. Sie setzten

mir mit Drohanrufen zu, und als man mir ankündigte, die Schläger würden wiederkommen, erklärte ich mich bereit, den Schutz dieser Gangster anzunehmen.“

„Wann bezahlen Sie?“ fragte Bount Reiniger.

„Einmal in der Woche.“

„Kontrolliert jemand Ihren Umsatz? Sie könnten theoretisch fünf Prozent von einer geringeren Summe abführen.“

„Das würde ich niemals wagen, und das wissen diese Bastarde verdammt genau.“

„Wie kriegen die Gangster das Geld?“

„Es kommt jemand in meine Bar.“

„Immer derselbe?“, fragte Bount.

„Nein, bisher war es jedes mal ein anderer.“

„Wie wissen Sie, dass Sie das Geld dem richtigen Mann aushändigen?“

„Man ruft mich kurz vorher an und nennt mir ein Losungswort. Der Mann, der das Losungswort in der Bar sagt, kriegt dann das Geld.“

„Haben Sie schon versucht, einem dieser Boten zu folgen?“

Arthur Douglas schüttelte den Kopf. „Um Himmels willen, nein. Die würden mich umlegen, wenn ich das täte.“

„Ich werde es für Sie tun“, sagte Bount. Douglas war darüber nicht sehr glücklich. Er gehörte zu denen, die lieber fünf Prozent weniger in der Tasche hatten, als ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Bount fragte ihn, wann die nächste Zahlung fällig sei.

„Heute Abend“, sagte Douglas.

„Großartig. Dann bin ich heute Abend Gast in Ihrer Bar – mit Ihrer geschätzten Erlaubnis.“

Douglas erhob sich. Er holte sich einen Drink und fragte Bount, ob er auch einen haben wolle. Bount Reiniger lehnte ab.

Nachdem er sich mit viel Whisky Mut gemacht hatte, sagte Arthur Douglas: „Ich glaube, jetzt will ich, dass damit endlich Schluss ist, Mister Reiniger. Ich sehe ein, dass es falsch war, zu schweigen. Wenn niemand die Courage aufbringt, sich gegen die Verbrecher zu stellen, geht das ewig so weiter.“

„Und sie würden mit der Zeit unverschämtere Forderungen stellen“, sagte Bount.

„Vielleicht schaffen Sie’s, diese Hundesöhne hochgehen zu lassen.“

„Ich werde mir die größte Mühe geben, das kann ich Ihnen versprechen, Mister Douglas. Wann soll ich in Ihrer Bar sein?“

„Um zwanzig Uhr.“

„Ich werde schon um neunzehn Uhr dreißig erscheinen, wenn’s recht ist.“

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