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Bount Reiniger versuchte sich in die Lage der Schutzgeldgangster zu versetzen. Arthur Douglas’ Geld lag für sie nach wie vor bereit. Würden sie darauf verzichten und den Barbesitzer auf eine ähnliche Weise bestrafen wie Jay Pepper?

So oder so würden die Verbrecher bei Douglas aufkreuzen. Entweder, um doch noch zu kassieren, oder mit der ihnen eigenen Härte zuzuschlagen. Da Bount Reiniger dabei sein wollte, wenn das eine oder das andere passierte, bezog er in der Nähe von Douglas’ Bar erneut Posten.

Er saß im Mercedes und rauchte eine Pall Mall, während er sich die Leute genau ansah, die Douglas’ Bar betraten oder verließen. Er hoffte, irgendwann ein bekanntes einschlägiges Gesicht zu entdecken, doch diese Hoffnung erfüllte sich nicht.

Sein Blick wanderte gelangweilt die Straße hinauf, und plötzlich ging ein Stromstoß durch seinen Körper. Er hatte sich ohne besondere Absicht die Autos angesehen, die am Fahrbahnrand abgestellt waren, und dabei war ihm ein Wagen aufgefallen, den er gut kannte.

June Marchs VW-Käfer!

Bount traute seinen Augen nicht. Er glaubte zuerst an einen Irrtum, aber dann identifizierte er an Hand der Extras das Fahrzeug zweifelsfrei als Junes Auto.

Das Mädchen musste sich in Douglas’ Bar befinden. Herrgott noch mal, dazu hatte sie keinen Auftrag. Bount schätzte so viel Selbständigkeit nicht, denn June konnte sich damit sehr leicht in Schwierigkeiten bringen.

Es ärgerte ihn, dass sie ihm davon nichts gesagt hatte. Diese Eigenmächtigkeiten konnten ihr noch einmal zum Verhängnis werden. Bount nahm sich vor, seiner tatendurstigen Mitarbeiterin gehörig die Leviten zu lesen.

Es ging nicht an, dass sie etwas unternahm, wovon er keine Ahnung hatte, und es missfiel ihm ganz besonders, wenn sie sich zu weit an die vorderste Front vorwagte. Schließlich wollte er sie noch recht lange behalten.

Bount drückte die Zigarette in den Aschenbecher und brummte: „Na, du kannst dir was anhören, Mädchen!“ Er wollte aussteigen und Douglas’ Bar aufsuchen. Da schnarrte das Autotelefon. Er zog seine Hand vom Türöffner zurück und griff nach dem Hörer.

„Reiniger.“

Am anderen Ende war Maggie Taylor. Sie sagte, sie habe ohne Erfolg versucht, ihn in seinem Büro zu erreichen. Ihre Stimme klang fremd. Maggie war völlig konfus, und Bount erfuhr auch den Grund.

„Jimmy hat Mark wiedergefunden, Mister Reiniger.“

„Das ist ja wunderbar.“

„Der Junge brachte seinen Vater wieder heim.“

„Dann ist die Familie endlich wieder vereint.“

„Leider nicht, Mister Reiniger.“ Die Frau schluchzte.

„Was ist geschehen, Mistress Taylor?“, fragte Bount Reiniger beunruhigt.

„Sie … sie haben Jimmy entführt.“

Bount rieselte es eiskalt über den Rücken. „Wann?“, fragte er wie aus der Pistole geschossen.

„Vor fünfzehn Minuten etwa. Mark und ich bekamen es nicht mit. Jimmy war mit Mister Greene, unserem neuen Keeper, im Lager. Dort wurden die beiden überfallen. Die Gangster haben Greene niedergeschlagen und Jimmy mitgenommen.“

Bount biss sich auf die Lippe. Diese verfluchten Gangster zogen alle Register, um Maggie Taylor so fest wie möglich in den Griff zu bekommen. Bount nahm an, dass dies die Reaktion der Verbrecher auf Mark Taylors Heimkehr war, aber er irrte sich.

Jimmy Taylor war nicht gekidnappt worden, damit Maggie und Mark Taylor gefügig waren, denn Maggie hatte sich ohnedies schon mit den Bedingungen der Schutzgeldgangster einverstanden erklärt.

Der Verbrecherbrut ging es um etwas anderes bei diesem gemeinen Schachzug. „Sie haben uns angerufen“, berichtete Maggie Taylor heiser.

„Was verlangen sie für Jimmys Freilassung?“, wollte Bount Reiniger wissen.

Maggies Antwort brachte sein Blut zum Kochen. „Sie!“, sagte die Frau.

„Mich?“

„Ja, Mister Reiniger. Die Gangster wollen Sie. Diese Leute haben gedroht, Jimmy umzubringen, wenn Sie ihre Bedingungen nicht akzeptieren. Mister Reiniger, ich bin so furchtbar unglücklich. Als Mark zur Tür hereinkam, dachte ich, nun würde es mit uns endlich wieder aufwärts gehen, und nun trifft mich dieser harte Schlag. Was soll nur geschehen?“

„Versuchen Sie sich zu beruhigen, Maggie“, sagte Bount eindringlich.

„Man hat mir meinen Jungen weggenommen!“ Die Frau schluchzte. „Nichts Schlimmeres kann einer Mutter passieren.“

„Was verlangen die Gangster?“, fragte Bount.

„Sie sollen allein und unbewaffnet zu den New York City Railroad Piers kommen.“

„Wann?“

„Um zweiundzwanzig Uhr.“

„Wird Jimmy da sein?“

„Das weiß ich nicht. Man sagte mir nur, dass Jimmy seine Freiheit wiederbekommt, sobald man Sie hat.“

Allein und unbewaffnet, dachte Bount Reiniger. Das kommt einem Himmelfahrtskommando gleich. Die Gangster hatten schon einmal versucht, ihn aus dem Weg zu räumen, weil er für sie ein unbequemer Zeitgenosse war.

Wie aber sollte er das verhindern? Er hätte die Möglichkeit gehabt, nicht hinzugehen.

Aber dann würde Jimmy Taylor das büßen müssen. Die Kerle blufften nicht. Die brachten den Jungen wirklich um, wenn ihre Forderung nicht erfüllt wurde. Man müsste sie austricksen, dachte Bount Reiniger. Ihnen ihren Trumpf wegnehmen.

Aber wie? Bount konnte davon ausgehen, dass sich Jimmy Taylor nicht bei den Piers befand, und es war fraglich, ob sie den Jungen laufenlassen würden, sobald sie Bount hatten. Vielleicht behielten sie Jimmy in ihrer Gewalt. Niemand konnte sie zwingen, ihn freizulassen.

Der Junge tat Bount leid. Was auf Jimmy in letzter Zeit alles einstürmte, war nicht leicht zu verkraften. Würde Jimmy diesen Höllentanz ohne Schaden überstehen?

All das ging Bount Reiniger in Gedankenschnelle durch den Kopf. Es entstand nur eine ganz kurze Pause. Bount hörte Maggie zaghaft fragen: „Werden Sie die Piers aufsuchen, Mister Reiniger?“

„Es wird mir nichts anderes übrigbleiben.“

„Was werden diese Leute mit Ihnen tun, Mister Reiniger?“

„Belasten Sie sich nicht damit. Denken Sie lieber an Ihren Jungen, und beten Sie für ihn“, sagte Bount und schob den Hörer in die Halterung. Eine ohnmächtige Wut erfüllte ihn.

Nach wie vor diktierten diese Verbrecher das Geschehen. Es wurde Zeit, dass sich das änderte. Bount blickte auf die Uhr. 20 Uhr. Dir bleiben noch zwei Stunden bis zur Ewigkeit, sagte er sich. Nütze sie.

Als erstes wollte er June March aus Arthur Douglas’ Bar holen und nach Hause schicken. Anschließend würde er sich zu den Piers begeben, um vorzeitig da zu sein und Vorkehrungen treffen zu können, die ihm das Weiterleben sicherten.

Aber es sollte anders kommen. Ganz anders.

Ein Wagen fuhr an Douglas’ Bar vorbei. Glas klirrte, und dann explodierte im Lokal eine Bombe. Bounts Kopfhaut zog sich schmerzhaft zusammen, denn in der Bar befand sich June March!

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