Читать книгу Auswahlband 11 Top-Krimis Herbst 2018 - Thriller Spannung auf 1378 Seiten - A. F. Morland - Страница 39
31
ОглавлениеRoberto hockte auf den Fersen und starrte in den engen Niedergang hinunter. In der Faust lag die schussbereite Luger. Er hörte, Wie Freed eine Tür nach der anderen öffnete. Immer lauter knallten sie gegen die Wände.
Dann schrie der G-man: „Hier unten ist niemand!“
Robertos Haare richteten sich auf, und in seinem Magen ballte sich ein Klumpen zusammen.
Er hatte den Hageren genau gesehen, wie er von diesem Boot kam und wie er auf dieses Boot zurücksprang.
„Kommen Sie rauf!“, schrie er. „Los, kommen Sie!“
Die Bordwand der benachbarten Yacht lag ein paar Fuß tiefer. Roberto richtete sich auf und wirbelte herum.
Da sah er sie.
Sie waren zu viert. Die beiden Angler, die aus den Rutenfutteralen Maschinenpistolen gezogen hatten, rannten über den Steg.
Von dem Schiff nebenan sprang ein gedrungener Kerl mit Bürstenhaarschnitt und kleinen Schweinsaugen. In der Armbeuge lag eine Schrotflinte mit abgesägtem Lauf. Der vierte Mann war bereits an Bord. Er sah aus wie einer von diesen großmäuligen Affen, die immerzu jemandem imponieren mussten.
Roberto sah die schwere Automatik in der Hand dieses Mannes, und er jagte ihm eine Kugel entgegen, ehe er sich auf den Boden warf, wobei er Freed mit sich riss, der in diesem Moment aus dem Niedergang tauchte.
Keine Sekunde zu früh. Eine fürchterliche Detonation ließ den Aufbau der Yacht erzittern, ehe das gehackte Blei der Schrotflinte die Scheiben zermahlte und die dünnen Kunststoffwände zersägte. Roberto spürte einen brennenden Schmerz am Hals.
Freed zuckte, er wollte sich aufrichten, aber Roberto presste ihn erbarmungslos nieder.
Atemlos wartete er. Der Kerl mit der Schrotflinte hatte noch einen geladenen Lauf. Mit der Ladung brauchte er nicht groß zu zielen. Wenn er die Kanone nur grob in die Richtung hielt, konnte er seine Opfer damit in zwei Teile schießen.
Roberto spürte an der Bewegung der Yacht, dass jemand an Bord kam. Die beiden angeblichen Angler konnten es noch nicht sein. Roberto verdrehte den Kopf. Er sah einen Schatten über das Deck fallen, als er durch die offene Tür blickte. Der Kerl hatte sich geduckt. Roberto konnte sogar den Schattenriss des Gewehrlaufs erkennen.
Er bewegte sich, hob die Hand mit der Luger. Er zielte auf die Stelle neben der Tür, etwas höher als eineinhalb Fuß.
Dann drückte er ab. Zweimal.
Der Schatten bewegte sich, und durch die Löcher in der Cockpitwand fielen Sonnenstrahlen. Roberto sprang auf die Füße, Glasscherben knirschten unter seinen Sohlen.
Der Gedrungene mit den Schweinsaugen wälzte sich an Deck. Aus seiner Brust sickerte Blut. Verzweifelt versuchte er, die Schrotflinte noch einmal in Anschlag zu bringen.
Roberto schoss.
Er sprang durch die Tür an Deck. Freed folgte ihm. Die beiden. „Angler“ hatten sich geteilt. Einer turnte jetzt von Boot zu Boot, wobei er die Aufbauten als Deckung benutzte.
Der andere war schon verdammt nah heran. Er feuerte im Laufen. Die Garbe lag zu tief.
Roberto warf sich auf das Deck. Er riss die Schrotflinte an sich, zerrte sie herum. Der MPi Schütze schnellte durch die Luft, auf Roberto zu.
Roberto wälzte sich auf den Rücken, der Lauf der Flinte machte die Bewegung mit. Wie von selbst glitt sein Finger an den Abzug, krümmte sich.
Der Rückstoß brach ihm fast den Finger, der Explosionsknall betäubte sein Gehör. Aber das alles war nichts gegen das Entsetzliche, das sich vor seinen Augen abspielte.
Er hatte den durch die Luft springenden Mann getroffen.
Roberto ließ die Flinte los. Er sprang auf die Beine und stolperte gegen die Cockpitwand, klammerte sich dort fest. Gedämpft hörte er das Peitschen der zweiten MPi und den Hagelschlag der Kugeln, doch ein einzelner dumpfer Pistolenschuss ließ das Hämmern der Tommygun jäh verstummen.
Roberto sah zu dem flacheren Boot hinab. Der zweite „Angler“ hatte seine Waffe losgelassen und klammerte sich an der Reling fest. Seine Augen trübten sich bereits, aus dem weit aufgerissenen Mund floss Blut.
Roberto nahm die Luger an sich, die ihm aus der Hand gefallen war. Freed stand neben Roberto.
„Mein Gott!“, stöhnte der FBI-Agent.
„Das war die Killer-Elite der Mafia“, sagte Roberto hohl. Er vermisste nur einen. Angelo Agostini, den Todesengel.
Roberto zuckte zusammen, als er hinter dem sterbenden Killer eine Bewegung gewahrte, und er hob die Hand mit der Waffe. Blondes Haar erschien in einer Luke, dann ein Kopf. Schließlich stemmte sich Brenda Paine in die Höhe und hockte dann auf dem Vorschiff. In der Rechten hielt sie eine große Pistole. Aus dunkel umschatteten Augen sah sie Roberto an. Sie hatte den zweiten MPi Schützen erschossen, Roberto wusste es ganz genau. Freed war noch im Cockpit gewesen, als der Schuss fiel.
Brenda hatte sich doch für ihn und gegen die Mafia entschieden. Sie hatte ihm die Überläuferin vorspielen müssen. Roberto sollte die beiden Telefonnummern in Brendas Notizbuch finden. Die Killer hatten dann hier gewartet. Auf ihn und Freed. Wäre die Polizei erschienen, hätte sie niemanden auf der Yacht angetroffen.
Aber der Hagere ... wo war er abgeblieben?
„Ich musste es tun, Roberto!“, rief Brenda. „Bitte, kannst du mir verzeihen?“ Sie warf die Pistole weg.
Etwas zu früh.
Ein Mann erschien im Cockpit. Roberto erstarrte. Er presste einen kleinen blonden Jungen an sich. Langsam schob er sich aus dem Cockpit.
Brenda stand auf. Geduckt blieb sie stehen.
Freed stöhnte. „Ronny!“ Der Junge sah herüber. Seine Augen waren geschwollen und trübe. Wahrscheinlich hatte man ihm Drogen gegeben, damit er sich ruhig verhielt.
„Werfen Sie die Waffe weg!“, verlangte der Hagere. Er presste die Mündung eines Revolvers gegen Ronnys Ohr.
Da sprang Brenda ihn an. Ihre Schulter prallte gegen seine Beine. Der hagere Mann stolperte und breitete die Arme aus, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Dabei ließ er Ronny los. Der Junge sackte kraftlos zusammen.
Roberto Tardelli und Arthur Freed feuerten gleichzeitig.
Die Wucht der Treffer schleuderte den Hageren über Bord.
Brenda Paine sank schluchzend in sich zusammen.
Freed sprang auf die andere Yacht. Er riss Ronny an sich.
„Laufen Sie zum Wagen!“, rief Roberto. „Los, machen Sie schon!“
Freed gehorchte. Roberto sprang neben Brenda. Tränen rollten über ihre Wangen. Er drückte ihre Schulter.
„Warten Sie hier auf die Polizei. Lassen Sie sich festnehmen. Freed wird sich um Sie kümmern.“
Roberto rannte hinter Freed her. In der Ferne heulten Sirenen. Er sprang in den anrollenden Nova und schlug die Tür hinter sich zu.