Читать книгу Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket - A. F. Morland - Страница 14
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ОглавлениеEs war später Nachmittag, als wir nach New York City zurückkehrten und Mendozas Wohnung in East Harlem aufsuchten. Sie lag im dritten Stock eines Brownstone-Hauses.
Es war ein Haus der mittleren bis unteren Kategorie. Zwar gab es einen funktionierenden Fahrstuhl, aber dafür so gut wie keine Sicherheitsvorkehrungen. Nur im Eingangsbereich befand sich eine Überwachungskamera, wobei ich mich fragte, wer sich deren Bilder überhaupt ansah. Von einem privaten Sicherheitsdienst war nämlichch weit und breit nichts zu sehen.
Wir klingelten an der Wohnungstür und eine junge Frau mit seidigem, bis über die Schultern fallendem, schwarzem Haar und dunklem Teint öffnetet uns.
„Jesse Trevellian, FBI“, stellte ich mich vor und zeigte ihr meinen Dienstausweis. Anschließend deutete ich auf Milo. „Dies ist mein Kollege Agent Tucker. Ich nehme an, Sie sind Rita Clemente?“
„Ja“, nickte etwas irritiert. „Woher kennen Sie meinen Namen und was wollen Sie hier?“
„Es geht um Mister Brad Mendoza.“
„Brad ist nicht hier! Was wollen Sie denn von ihm?“
Es gibt Dinge in unserem Beruf, die niemals zur Routine werden. Dazu gehört es auch, die Nachricht vom Tod eines nahen Angehörigen oder Freundes zu überbringen.
„Er ist heute mit seinem Motorrad verunglückt“, eröffnete ich. „Leider konnte man nichts mehr für ihn tun.“
„Nein!“, flüsterte die junge Frau. Sie schüttelte den Kopf. „Das ist nicht wahr!“
„Leider doch, Miss Clemente“, erwiderte ich.
Tränen glitzerten in ihren Augen. Sie barg das Gesicht in ihren Händen und unterdrückte ein Schluchzen.
„Ich weiß, dass es schwer für Sie sein muss, mit dieser Nachricht konfrontiert zu werden“, begann ich vorsichtig nach einer kurzen Pause das Gespräch wieder aufzunehmen. „Dennoch muss ich Ihnen ein paar Fragen stellen.“
Sie schluckte und antwortete zunächst nicht. Ihr Blick wirkte glasig.
„Vielleicht können wir dazu zu Ihnen herein kommen“, schlug Milo vor.
Sie nickte geistesabwesend. „Kommen Sie!“, murmelte sie tonlos und führte uns in das Wohnzimmer. Sie ließ sich in einen der Sessel fallen.
Dann blickte Rita Clemente auf. „Wieso interessiert sich das FBI für einen Verkehrsunfall?“, fragte sie. „Da stimmt dich etwas nicht!“
„Sie haben Recht“, bestätigte ich. „Es besteht der Verdacht, dass ein Fahrzeug Mister Mendoza mit seiner Maschine von der Straße abgedrängt hat, sodass er frontal gegen einen Baum raste.“
„Ein Fahrerflüchtiger? So ein Schwein!“
„Wir haben Anhaltspunkte dafür, dass Mister Mendoza von der Fahrbahn gedrängt wurde.“
„Was?“ Sie sah mich fassungslos an. Dann schüttelte sie stumm den Kopf. „Wer tut denn so etwas?“, murmelte sie leise vor sich hin.
„Ich will Sie nicht beunruhigen, aber wir ziehen auch die Möglichkeit in Erwägung, dass dieser Unfall vorsätzlich verursacht wurde.“
„Mord?“, flüsterte sie.
„Mister Mendoza starb, kurz nachdem er sich mit uns getroffen hatte“, eröffnete ich. „Wusste Sie, dass er als Informant für uns tätig war?“
Sie sah mich völlig entgeistert an und schüttelte den Kopf. „Nein, ich hatte keine Ahnung.“
„Das ist auch der Grund dafür, dass wir in dieser Sache ermitteln. Es kann natürlich Zufall sein, dass ein FBI-Informant kurz nach einem Treffen mit uns ermordet wurde. Aber genauso gut besteht die Möglichkeit, dass man mit ihm abgerechnet hat.“
Milo mischte sich jetzt in das Gespräch ein. „Sie wohnten doch hier zusammen, nicht wahr?“
„Ja“, nickte sie.
„Haben Sie etwas dagegen, wenn wir uns etwas umsehen? Wir würden auch einen Durchsuchungsbefehl bekommen, da bin ich mir sicher. Nur würde das unsere Ermittlungen unnötig aufhalten – und ich denke, Sie sind auch daran interessiert, dass der Mörder Ihres Freundes gefasst wird!“
Noch befand sich dieser Fall in einer Grauzone. In einem Mordfall war die Durchsuchung der Wohnung des Opfers Routine, aber noch dies offiziell keine Morduntersuchung.
Sie erhob sich wieder und verschränkte die Arme vor der Brust.
Anschließend wanderte ihr Blick zwischen ihr und Milo zweimal hin und her. Sie nicke schließlich. „Tun Sie Ihre Pflicht“, sagte sie an Milo gerichtet. „Aber bringen Sie nicht zuviel durcheinander.“ Rita Clemente drehte ihr Gesicht in meine Richtung und musterte mich prüfend. „Ich möchte wissen, was los ist! Jede Einzelheit! Ich habe das Gefühl, dass Sie mir das meiste verschweigen – aus welchem Grund auch immer!“
„Ist Ihnen in letzter Zeit irgend etwas Ungewöhnliches an Brad Mendoza aufgefallen?“, fragte ich.
„Nein. Über seine Informantentätigkeit hat nie mit mir darüber gesprochen. Allerdings…“
„Was?“, hakte ich nach.
„Im Nachhinein wird mir jetzt einiges klarer.“
„Was denn zum Beispiel?“
„Zum Beispiel, wie er sich mit dem Geld, das er als Barkeeper verdiente, plötzlich eine Harley leisten konnte…“ Sie schluchzte. „Er bekam Geld von Ihnen, damit er die Gäste des Latin Pop aushorcht oder wie darf ich das verstehen?“
„So viel bekommen Informanten nicht für ihre Dienste!“, widersprach ich. „Die Harley ist ganz sicher ausschließlich den Geschäften zu verdanken, die Brad Mendoza so nebenher laufen hatte. Wissen Sie etwas Genaueres darüber?“
Sie hob das Kinn und schien abzuwägen, ob sie mit mir darüber sprechen sollte.
Milo ging unterdessen ins Schlafzimmer und anschließend in einen weiteren Raum in der Wohnung.
„Miss Clemente, was wissen Sie über die Personen, mit denen Brad Mendoza Geschäfte machte?“, fragte ich inzwischen.
„Gar nichts.“
Ich befragte sie eingehend nach den Lebensumständen, die die beiden geteilt hatten. Rita Clemente gab an, in einem Coffee Shop in der Nähe zu jobben und hin und wieder im Latin Pop als Gogo-Tänzerin auszuhelfen. „Dort habe ich Brad auch kennen gelernt.“
„Wissen Sie etwas über die Geschäfte, die er neben seiner Tätigkeit als Barkeeper so laufen hatte?“, fragte ich.
Sie schüttelte den Kopf. „Er hat mich nie einbezogen.“
„Aber Sie werden doch Ihre Vermutungen gehabt haben! Nun kommen Sie schon! Brad können Sie damit nicht mehr schaden – aber falls er ermordet wurde, könnten wir vielleicht durch einen Hinweis von Ihnen sein Mörder fangen.“
Sie biss sich auf die Unterlippe, war erneut einem Schluchzen sehr nahe und nickte stumm. Ich begann mich zu fragen, wie viel Sinn diese Vernehmung noch hatte.
Rita Clemente konnte den Tod Ihres Freundes offenbar nicht verwinden. „Er sagte mir, dass seine Geschäfte sehr gut gingen“, berichtete sie mit tonloser Stimme. „Wir wollten uns eine bessere Wohnung suchen und die Zukunftsaussichten sahen blendend aus. Jedenfalls habe ich das gedacht…“
„Hat er gedealt?“, fragte ich.
„Nein! Wie können Sie so etwas behaupten?“
„Weil es nahe liegt. In welcher Branche käme man ansonsten so schnell zu Geld?“
„Wer sagt denn, dass Brad schnell zu Geld gekommen ist? Er hat eisern gespart! Eine Harley zu besitzen war der Traum seines Lebens, seit er ein Junge war! Und jetzt hatte er das Geld eben zusammen, was ist dabei?“
„Haben Sie schon mal den Begriff Road Killer gehört?“
Ein Ruck ging durch ihren Körper. Energisch schüttelte sie den Kopf. „Keine Ahnung, was das sein soll!“, behauptete sie. „Ein Computerspiel vielleicht?“
Milo kam inzwischen aus dem Nachbarraum zurück. „Ich habe hier ein Telefonregister, das ich beschlagnahmen werde“, kündigte er an.
Ich beugte mich vor. „Road Killer ist die Bezeichnung für einen professionellen Lohnkiller, von dem Brad Mendoza zu wissen glaubte, dass er in New York sei und einen Auftrag angenommen habe.“
Sire schüttelte energisch den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Wie kommen Sie darauf, dass ich von diesen Dingen etwas wüsste? Ich habe Ihnen doch schon gesagt, dass Brad mich nie in seine Geschäfte einbezogen hat! Warum glauben Sie mir nicht? Fragen Sie besser seine Kumpels, mit denen er herumhing. Ich kann Ihnen gerne Namen und Adressen geben!“
„Aber gerne!“
„Allerdings finde ich es unmöglich, dass Sie ihn mit irgendwelchen Geschichten von Lohnkillern in Verbindung bringen. Brad hat immer nur seine Arbeit gemacht. Und zwar gut!“
„Das ist durchaus möglich, Miss Clemente. Aber wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.“
Ich war überzeugt, dass sie mehr wusste.
Sie wich meinem Blick aus.
Ich reichte ihr meine Karte. „Wenn Sie es sich doch noch anders überlegen oder Ihnen etwas einfällt, das wichtig sein könnte, dann rufen Sie mich bitte an.“
Sie antwortete darauf nicht, steckte meine Karte zwar weg, würdigte sie aber keines Blickes.
„Danke“, sagte sie tonlos.
„Die Leute, mit denen Ihr Freund zu tun hatte, verstehen keinen Spaß“, versuchte ich ihr klar zu machen. „Sie könnten auch in Gefahr sein, bedenken Sie das!“
„Ich bin in der South Bronx aufgewachsen. Da lernt man auf sich selbst aufzupassen!“
Ich wollte noch etwas erwidern, aber Milo schüttelte den Kopf, so als wollte er mir signalisieren, dass es keinen Sinn hatte, Rita Clemente zu überzeugen. Noch nicht.