Читать книгу Vergiss, was war, schöne Kollegin: Arztroman - A. F. Morland - Страница 10

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Am Mittwochabend kam Dr. Sören Härtling etwas später aus der Klinik nach Hause. Er hatte seine Sekretärin anrufen lassen, dass es heute länger dauern würde, und war dann in den Kreißsaal geeilt, um einer Patientin bei ihrer schwierigen Entbindung beizustehen.

Er begrüßte Jana und die Kinder mit einem Kuss. Es war gerade noch Zeit, sich die Hände zu waschen, dann servierte Ottilie das Abendessen.

Josee schwärmte von einer Aushilfslehrerin, die ganz, ganz lieb sei und bei der das Lernen riesigen Spaß mache.

Tom sah sie verständnislos an.

„Lernen ist Knochenarbeit”, brummte er. „Wie kann das auf einmal Spaß machen?”

„Bei Frau Steidel tut es das”, behauptete Josee.

„So eine Lehrerin hätte ich auch gern mal.”

„Lass dich in Josees Klasse zurückversetzen”, riet ihm Ben.

„In den Kindergarten? Nie!”

Josee warf Tom einen bösen Blick zu, sagte aber nichts.

Sören Härtling sah Dana an.

„Wie geht es Heike Meerwald?“

Dana ließ das Besteck sinken, ihre Stirn kräuselte sich, und sie schüttelte traurig den Kopf. „Nicht besonders. Sie tut mir sehr leid. Sie leidet sehr unter der Spannung, die bei ihr zu Hause herrscht. Sie würde am liebsten ausziehen, aber sie weiß nicht, wohin. Und ihre Mutter will sie eigentlich auch nicht allein lassen. Sie hat es zur Zeit wirklich nicht leicht.”

„Wirkt sich das nicht nachteilig auf ihre schulischen Leistungen aus?”, fragte Sören Härtling.

„Natürlich”, antwortete Dana. „Aber wir lassen sie nicht hängen. Die ganze Klasse versucht ihr zu helfen, wo immer es möglich ist. Einen so vorbildlichen Zusammenhalt hat es schon lange nicht mehr bei uns gegeben.”

„Dass manche Leute nicht abschalten können”, sagte Ben. „In der Paracelsus-Klinik scheint doch bestimmt auch nicht immer die Sonne, Vati, aber du hast deinen Ärger noch nie an uns ausgelassen.”

„Jeder Mensch ist eben anders”, gab Sören zurück.

Ben spießte mit seiner Gabel ein Fleischstück auf.

„Manche brauchen einen Blitzableiter, in den sie einschlagen und sich entladen können — und das ist bei Herrn Meerwald unfairerweise die Familie.”

„Was ist Herr Meerwald eigentlich von Beruf?”, erkundigte sich Jana Härtling.

„Stellvertretender Abteilungsleiterin einer Kunststofffabrik”, antwortete Dana. „Angeblich kam es unter seiner Verantwortung zu einer ziemlich großen Fehlproduktion, und nun befürchtet er, seinen Job zu verlieren. Die Entscheidung an oberster Stelle steht noch aus, und das Warten darauf zerrt ganz schrecklich an Herrn Meerwalds Nerven. Er ist völlig entmutigt und hält sich für einen totalen Versager.”

„Liebe Güte, jeder kann doch mal einen Fehler machen”, sagte Tom.

Ben hob den Zeigefinger.

„Schon in der Bibel steht: Wer frei von Fehl, der werfe den ersten Stein.“

„Auf jeden Fall ist die derzeitige nervliche Belastung zu viel für Herrn Meerwald”, sagte Dana.

„Trotzdem ist es nicht richtig, dass er seine Familie darunter leiden lässt”, meinte ihr Zwillingsbruder.

„Wenn Heike übers Wochenende zu uns kommen möchte, wir haben nichts dagegen”, sagte Jana.

„Danke, Mutti, ich werd’s ihr sagen”, gab Dana zurück.

Vergiss, was war, schöne Kollegin: Arztroman

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