Читать книгу Die besten 12 Strand Krimis Juni 2021 - A. F. Morland, Pete Hackett - Страница 16

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Beim Verlassen des Krankenhauses fiel Bount Reiniger ein Mann auf, den man selbst bei Nachsicht aller Taxen nicht als schön bezeichnen konnte. Es war Charles Marcuse, aber das wusste Bount zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Marcuse war gekommen, um Paul Carson für immer zum Schweigen zu bringen. Er hätte sich den Weg sparen können, denn Carson war bereits tot. Gestorben an seinen Kugeln. Ohne es zu ahnen, ging Bount Reiniger an Paul Carsons Mörder vorbei. Aber es würde nicht das letzte Mal sein, dass das Schicksal sie zusammenführte ...

Mit einem Taxi fuhr Bount Reiniger zu Errol Cabots Frachtunternehmen. Die Sekretärin, ein freundliches Mädchen, das ein cremefarbenes Kleid mit Spaghettiträgern trug, führte ihn - also Bruce Sheridan - zu Mister Cabot, der die Fahrer persönlich einstellte.

Cabot saß an seinem Schreibtisch. Hinter ihm prangte ein riesiges Foto an der Wand, das seine Truck-Flotte zeigte. Er war nicht allein. Ein hübsches blondes Mädchen war bei ihm. Ihr Haar war kurz geschnitten. Dadurch kam ihr schlanker Hals gut zur Geltung. Ihre Augen waren groß, kindlich und rehbraun. Der Busen war nicht sonderlich groß, aber er wirkte fest, auch ohne BH.

„Mister Sheridan möchte sich um den Job eines Fahrers bewerben“, erklärte die Sekretärin.

Cabot nickte. Die Sekretärin zog sich zurück. Cabot bot Bount Platz an. Die Blondine, die am Fenster stand, blickte nach draußen. Bount setzte sich.

„Sie wollen also für mich fahren, Mister Sheridan“, sagte Errol Cabot.

„Oh ja, Sir, das würde ich sehr gern.“

„Haben Sie die nötige Erfahrung?“

„Ich war vier Jahre für BINGO TRANS unterwegs.“

„Und warum sind Sie’s nun nicht mehr?“

„Weil ich ständig Ärger mit dem Juniorchef hatte. Das war auf die Dauer nicht mehr tragbar, deshalb nahm ich beizeiten meinen Hut. Ich hätte dem verzogenen Jungen sonst noch einen Schneidezahn lockern müssen.“

„Ich könnte einen Fahrer gebrauchen. Aber wir gehen harten Zeiten entgegen, Mister Sheridan.“

„Sie meinen die Überfälle, nicht wahr?“

„Ja, die meine ich.“

Bount grinste. „Ich fürchte mich nicht.“

Cabot sprach von Tariflöhnen und Firmenzulagen. Bount hörte nur mit einem Ohr hin. Er wusste dass Cabot das alles nur wegen der Blonden abspulte. Die Sache musste echt wirken.

„Wenn Sie mit den Bedingungen einverstanden sind“, sagte Cabot abschließend, „bin ich bereit, es mit Ihnen zu versuchen, Mister Sheridan.“

„Keine Einwände, Sir“, sagte Bount lächelnd.

„Dann auf gute Zusammenarbeit“, meinte Cabot und streckte Bount Reiniger die Hand entgegen.

„Auf gute Zusammenarbeit“, erwiderte Bount und ergriff die Hand.

„Wann können Sie anfangen?“

„Morgen.“

„Celestine“, sagte Cabot, und Bount wusste nun Bescheid. Dieser reizende Käfer war also Errol Cabots Tochter. Es war überflüssig, dass der Frachtunternehmer sie ihm vorstellte, aber es gehörte zum Spiel, und Bount spielte mit. „Celestine wird Sie zu Mister Tennessee Brooks, unserem Fuhrparkleiter, bringen“, sagte Cabot.

Bount verließ mit der Blonden das großzügige Büro. „Netter Mann, Ihr alter Herr“, sagte Bount Reiniger.

Celestine lächelte. „Ich kann ihn auch gut leiden.“

„Er hat eine gewinnende Art. Man muss ihn einfach mögen.“

„Zurzeit hat er Sorgen.“

„Die gehen vorbei.“

„Ich wollte, ich könnte ihm helfen“, sagte Celestine.

„Mal sehen, vielleicht kann ich etwas für ihn tun“, sagte Bount. „Sie hängen sehr an ihm, nicht wahr?“

„Ich wüsste nicht, wie ich ohne ihn leben sollte.“

„Würden Sie das Frachtunternehmen erben?“

„Ja. Aber ich könnte es nicht leiten, dazu wäre ich zu schwach.“

„Gar so schwach sehen Sie auch wieder nicht aus“; sagte Bount.

„Um so ein Unternehmen zu führen, muss man schon eine robustere Natur haben, als ich sie besitze“, sagte Celestine. Sie trat mit Bount aus dem Bürogebäude und ging mit ihm zu den Truck-Hallen hinüber. Sie geriet mit dem Stöckel ihres Schuhs in eine Ritze im Beton und kippte um. Bount fing sie auf. Seine beiden Arme lagen einen Augenblick um sie. Ihr Gesicht war seinem ganz nahe. Er trat verlegen einen Schritt zurück und sagte: „Entschuldigen Sie, Miss. Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten.“

Sie lächelte nur, sagte nichts. Es gefiel ihr anscheinend, den Männern schöne Augen zu machen und ihnen den Kopf zu verdrehen. Sie setzten ihren Weg fort. Tennessee Brooks trat soeben aus der Truck-Halle.

Als er Celestine und Bount erblickte, musterte er Bount Reiniger wie einen persönlichen Feind. Celestine machte die Männer miteinander bekannt. „Dies ist Mister Tennessee Brooks, unser Fuhrparkleiter. Und das ist Mister Sheridan.“

„Bruce Sheridan“, ergänzte Bount. „Mein Vater hat Mister Sheridan als Truck-Driver eingestellt“, erklärte das Mädchen.

„So“, brummte Brooks. „Hat er das?“ Er betrachtete Bount gründlich. „Und Sie können mit so ’nem Riesenbaby umgehen, Sheridan?“

„Möchten Sie, dass ich für Sie eine Runde drehe?“, fragte Bount.

„Wir sind hier nicht im Zirkus. Wo haben Sie gearbeitet, bevor Sie hierherkamen?“

„Bei BINGO TRANS.“

„Hat man Sie da hinausgeschmissen?“

„Nein. Aber nur deshalb nicht, weil ich denen zuvorgekommen bin.“

„Warum das?“

„Ich vertrug mich mit dem Juniorchef nicht.“

„Na, hoffentlich vertragen Sie sich mit mir.“

„Ich denke, mit Ihnen werde ich klarkommen, Mister Brooks“, sagte Bount.

„Bei uns wird hart gearbeitet.“

„Davor fürchte ich mich nicht.“

„Und Angsthasen sind bei uns fehl am Platze!“

Bount lächelte. „Keine Sorge, Mister Brooks, ich bin kein Feigling.“

Tennessee Brooks nickte. „Warten Sie hier einen Augenblick. Ich muss einen Truck abfertigen. Bin gleich wieder bei Ihnen.“

Brooks ging, und Celestine lächelte Bount an. „Lassen Sie sich von seiner bärbeißigen Art nicht abschrecken, Bruce. Er hat eine furchtbar harte Schale, aber einen weichen Kern. Er spielt bloß den wilden Mann, um sich bei den Männern besser durchsetzen zu können.“

„Das werde ich mir merken“, sagte Bount.

„Ich muss zurück zu meinem Vater“, sagte Celestine. „Wenn Sie irgendwie nicht klarkommen, können Sie sich jederzeit an Dad oder mich wenden. Wir versuchen eine große Familie zu sein, in der jeder für jeden da ist.“

„Auch daran werde ich denken“, sagte Bount.

Celestine verließ ihn. Ihr Gang war ein Erlebnis. Sie wiegte sich leicht in den Hüften, und es wirkte kein bisschen übertrieben. Geschmeidig wie eine Katze. Eine Augenweide.

Als sie im Bürogebäude verschwand, legte sich eine schwere Hand auf Bount Reinigers Schulter. „He, du!“

Bount Reiniger drehte sich langsam um. Er stand einem gutaussehenden Burschen gegenüber. Schwarzhaarig, glutäugig, sonnengebräunt und muskulös. Ein Schönling in Jeans und Jackett.

„Meinst du mich?“

„Ist außer uns noch jemand da?“

„Ich sehe niemand.“

„Na also. Wie heißt du?“

„Bruce Sheridan. Und du?“

„Brick Curtis. Ein Name, den du dir merken solltest.“

„Aha. Und weswegen?“

Darauf ging Curtis nicht ein. Stattdessen sagte er: „Ich habe etwas gegen Kerle, die sich gleich am ersten Tag an die Tochter des Chefs heranschmeißen.“

„Habe ich das getan?“

„Und wie! Denkst du, ich bin blind? Ich habe genau gesehen, wie du sie in den Arm genommen hast.“

Bount lächelte. „Eifersüchtig?“

Brick Curtis’ Augen wurden schmal. „Hör mal, du lässt die Finger von der Kleinen. Auf die habe ich ältere Rechte.“

„Ach so ist das. Du würdest dich gern ins gemachte Nest setzen.“ Curtis schlug ansatzlos zu. Bount reagierte trotzdem schnell genug. Er nahm den Kopf zurück, Curtis’ Faust wischte an seiner Kinnspitze vorbei, und er konterte hart.

Brick Curtis japste nach Luft. Eine sinnlose Wut übermannte ihn. Er stürzte sich auf Bount und hieb mit seinen Fäusten auf ihn ein. Mehrmals traf er ganz gut. Die meisten Schläge aber blieben in Bount Reinigers Deckung hängen.

Da Curtis nicht von selbst aufhörte, musste Bount Reiniger ihn bremsen. Er brachte den Mann mit einem gekonnten Judowurf zu Fall.

Curtis knallte auf den Beton. Bount hätte den Burschen jetzt spielend mit einem Karatetritt ausschalten können, aber darauf verzichtete er. Er wollte nicht zu weit gehen.

Curtis hatte seine Lektion erhalten. Das reichte vorläufig.

Tennessee Brooks kehrte zurück. Von Weitem hatte er den Kampf verfolgt. Er erreichte die beiden, als Brick Curtis sich ächzend erhob. „Sie haben sich nicht schlecht verteidigt, Sheridan“, sagte der Fuhrparkleiter anerkennend. „Ich bin zwar an und für sich gegen Reibereien in der Crew, aber diese war wohl doch nötig, damit Ihr Kollege weiß, wie er mit Ihnen dran ist.“

„Ich denke“, erwiderte Bount mit finsterer Miene, „dass ich damit zweierlei bewiesen habe: dass ich kein Angsthase bin und dass man mich mit Vorsicht genießen muss.“

„Sie werden sich wunderbar in unsere Mannschaft einfügen, davon bin ich überzeugt“, sagte Brooks.

Curtis stand grimmig neben ihnen. Blut rann aus seiner Nase. Brooks reichte ihm sein Taschentuch. „Hier, wisch das Blut ab und gib Sheridan die Hand. Du kannst von Glück sagen, dass er dir die Zähne nicht eingeschlagen hat. Verdient hättest du’s nämlich.“

Curtis ließ sich mit dem Abwischen Zeit.

„Wird’s bald? Gib ihm die Hand!“, herrschte Brooks ihn an. „Ich mag in der Mannschaft keine Zwistigkeiten.“

Curtis reichte Bount Reiniger widerwillig die Hand und trollte sich dann. Bount wusste, dass dieser Bursche nicht so bald zu seinen Freunden zählen würde.

Die besten 12 Strand Krimis Juni 2021

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