Читать книгу Die besten 12 Strand Krimis Juni 2021 - A. F. Morland, Pete Hackett - Страница 30

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Als Bount Reiniger sich am nächsten Abend wieder in Jack Lunas Lokal blicken ließ, war Maggie nicht da. Bount stellte das enttäuscht und unmutig fest. Er hatte gehofft, heute einen entscheidenden Schritt weiterzukommen. Natürlich hätte ihm Maggie auch einen ganz anderen Job vermitteln können, aber Bounts sechster Sinn sagte ihm, dass sie irgendwie mit den Truck-Hyänen zu tun hatte. Vielleicht war aber auch nur der Wunsch der Vater des Gedankens.

Nachdem Bount eine halbe Stunde herumgelungert hatte, traf Maggie ein. Ein betrunkener Rabauke packte sie und riss sie an sich. Er wollte sie lachend küssen, doch Maggie wusste sich zu wehren. Ein Schlag unter die Gürtellinie, eine Ohrfeige, die laut klatschte, und der Mann verlor schnell die Lust auf einen Kuss. Dafür wurde er von seinen Freunden lauthals ausgelacht.

Maggie setzte sich zu Bount.

„Du hast eine gute Handschrift“, sagte Bount Reiniger und wies mit den Augen nach dem Rabauken, der sich soeben verlegen setzte.

„Im Allgemeinen bin ich nicht so“, sagte das schwarzhaarige Mädchen. „Aber heute bin ich schlechter Laune.“

„Oho, dann muss ich mich wohl auch in Acht nehmen.“

„Kann nicht schaden“, gab Maggie zurück.

Bount beugte sich vor. „Würde dich ein Drink versöhnlicher stimmen?“

Sie schüttelte ihre schwarze Mähne. „Ich mag jetzt nichts.“

„Ist mir recht. Wie stehen meine Aktien? Kriege ich die Chance, an das große Geld ranzukommen?“

„Vielleicht.“

„Nur vielleicht? Wovon hängt’s ab?“

„Natürlich in erster Linie von dir. Es kommt darauf an, welchen Eindruck du machst.“

„Auf wen?“, fragte Bount.

„Draußen steht ein Wagen. Ein Mann sitzt darin. Sein Name ist Victor Tiggers. Ich bin mit ihm befreundet. Er würde sich gern mit dir unterhalten.“

„Was hast du ihm über mich erzählt?“, wollte Bount Reiniger wissen.

„Das, was ich von dir weiß. Der Rest ist jetzt deine Sache.“

Bount dankte dem Mädchen, dass es sich für ihn verwendet hatte, und verließ Jack Lunas Lokal. Er sah Tiggers sofort. Der Mann saß in einem dunkelblauen Oldsmobile.

Bount Reiniger ging auf das Fahrzeug zu. Das Fenster auf der Beifahrerseite stand offen. „Victor Tiggers?“, fragte Bount in den Wagen.

„Bruce Sheridan?“, fragte Tiggers zurück.

„Der bin ich.“

„Steig ein“, verlangte Victor Tiggers. Bount setzte sich neben den Gangster. „Maggie hat mir vorgeschwärmt, wie mutig du bist“, meinte Tiggers.

Bount grinste. „Bei aller Bescheidenheit - das Wort Angst kenne ich nicht.“

„Du weißt deine Fäuste gut zu gebrauchen. Wo hast du das gelernt?“

„Ich war schon als kleiner Junge ein gefürchteter Schläger. Mit zwölf lernte ich Judo, mit achtzehn Karate, dann wechselte ich in den Boxring über. So lernte ich von jedem etwas.“

„Truck zu fahren ödet dich an?“

„So möchte ich das nicht sagen. Der Job bietet mir nicht genügend Verdienstmöglichkeiten.“

„Du gibst gern viel Geld aus.“

„Erst mal haben“, erwiderte Bount grinsend.

„Wir könnten einen Mann wie dich gut gebrauchen.“

„Wir?“, fragte Bount.

„Meine Freunde und ich. Einen, der für Geld alles macht, der nicht viele Fragen stellt, der blitzschnell und eiskalt zu reagieren imstande ist ...“ Bount legte seine Hände lächelnd auf die Brust. „Dieser Mann sitzt neben dir, Vic. Wenn die Kasse stimmt, bin ich bereit, jeden Job zu übernehmen. Und ich bin zuverlässig. Du kannst mich testen.“

„Das werden wir. Du fährst für Errol Cabot?“

„Ja, seit ein paar Tagen. Wenn du willst, schmeiße ich den Kram da hin.“

Tiggers schüttelte den Kopf. „Du bleibst bis auf Weiteres bei Cabot.“

„Ist mir auch recht.“

Tiggers griff nach dem Zündschlüssel und startete den Motor. Der dunkelblaue Wagen setzte sich langsam in Bewegung.

„Wohin fahren wir?“, wollte Bount Reiniger wissen.

„Der Boss möchte dich sehen.“

„Ich dachte, du wärst das.“

Tiggers schüttelte den Kopf. „Ich bin bloß sein Stellvertreter.“

Sie fuhren zum Hafen. Nahe der Gowanus Bay steuerte Tiggers ein altes Lagerhaus an. Das Gebäude hatte eingeschlagene Fenster und teilweise vernagelte Türen. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Bount spürte ein unangenehmes Kribbeln im Nacken. Wenn er Glück hatte, stieß er jetzt bis zum Boss der Truck-Hyänen vor. Wenn ihm das Glück dann aber nicht treu blieb, konnte er in arge Schwierigkeiten geraten. Und ganz dick würde es kommen, wenn die Gangster sein falsches Spiel durchschauten.

Victor Tiggers stoppte sein Fahrzeug neben einem rostzerfressenen Eisentor. Er schaltete die Beleuchtung aus und verließ den Wagen. Bount folgte seinem Beispiel.

Von der Upper Bay wehte eine feuchte Brise herüber. Der Himmel war tintig. Kein Stern zeigte sich, denn über der Stadt hing seit dem frühen Nachmittag eine dicke Wolkendecke.

Tiggers trat an das Tor. Er klopfte: dreimal lang, zweimal kurz. Drinnen wurde ein Riegel zur Seite geschoben, und dann sah Bount Reiniger Charles Marcuse wieder.

Bount schluckte trocken. In dem Durchgang, in dem er an Marcuse geraten war, war es stockdunkel gewesen. Dort konnte der Gangster sein Gesicht nicht gesehen haben. Aber vielleicht war es ihm schon früher aufgefallen.

Marcuse streifte Bount mit einem kurzen Blick. „Was ist mit dem?“, fragte er seinen Komplizen. „Wie heißt der?“

„Bruce Sheridan“, antwortete Bount.

Marcuse musterte ihn finster. „Sag mal, haben wir uns schon mal irgendwo gesehen?“

„Nicht, dass ich wüsste“, erwiderte Bount Reiniger.

„Dein Gesicht kommt mir irgendwie bekannt vor.“

„Ich bin oft in Jack Lunas Lokal.“

„Dann werde ich dich da gesehen haben“, brummte Marcuse und trat zur Seite. Tiggers führte Bount in ein kleines Büro mit Glaswänden. In einem Schreibtischsessel, der bei jeder Bewegung quietschte und ächzte, saß ein Mann, dessen Namen Bount von Victor Tiggers erfuhr: Eliot Banninger.

Banninger erhob sich und bot Bount Platz an. Doch Bount Reiniger schüttelte den Kopf und sagte: „Vielen Dank, ich stehe lieber.“ Er war beweglicher, solange er stand. Und es war angeraten, im Kreise dieser Verbrecher auf der Hut zu sein.

Von der Decke hing ein schwarzer Draht, der in eine Fassung mündete, in die eine Glühbirne geschraubt war. Wegen des blechernen Lampenschirms konnte das Licht nur nach unten fallen.

Bount verschränkte die Arme vor der Brust. „Und nun?“, fragte er.

„Der Boss wird in wenigen Minuten eintreffen“, sagte Tiggers.

„Wie soll ich mich verhalten?“

„Ganz natürlich.“

„Mir liegt sehr viel daran, einen guten Job zu kriegen“, sagte Bount.

„Ich bin sicher, du wirst ihm gefallen“, meinte Tiggers.

„Und was dann?“

„Dann gehörst du zu uns. Du kriegst eine Maske, eine MPi und darfst dich an der Truck-Jagd beteiligen.“

Bount spielte den Verblüfften. „Ach, ihr seid das?“

„Überrascht?“

„Einigermaßen. Mann, ist ja toll, dass ich bei euch einsteigen kann.“ Bounts Miene wurde ernst. „Verdammt, was ist aber, wenn ich eurem Boss nicht zusage?“

„Wenn diese Möglichkeit bestanden hätte, hätte ich dich nicht hierhergebracht“, erwiderte Tiggers.

„Meine Güte, ich bin gespannt wie ein Regenschirm“, sagte Bount. Im selben Moment hörte er einen Wagen vorfahren. Der Boss der Truck-Hyänen war eingetroffen.

Eine Fahrzeugtür fiel ins Schloss. Gleich darauf hörten die Männer Schritte. Sie näherten sich dem Tor. Dann wurde geklopft: dreimal lang, zweimal kurz. Charles Marcuse sagte: „Ich gehe schon.“

Er verließ das Büro. Bount Reiniger versuchte, sich seine Erregung nicht anmerken zu lassen. Er setzte sich auf die Schreibtischkante, hörte, wie Marcuse das Tor öffnete und den Chef einließ.

Durch die Glaswand sah Bount Reiniger die beiden Gestalten näher kommen. Rechts ging Marcuse. Nach wenigen Augenblicken erfasste der flache Lichtkegel der Lampe auch das Gesicht des anderen.

Es war Tennessee Brooks, der Fuhrparkleiter von Errol Cabots Frachtunternehmen!

Die besten 12 Strand Krimis Juni 2021

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