Читать книгу Berliner Bär contra Düsseldorfer Wolf: Berlin 1968 Kriminalroman Band 37 - A. F. Morland - Страница 7
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Bernd sah zwei Maskierte. Die Kerle hatten sich Nylonstrümpfe über die Köpfe gezogen. Dadurch wurden ihre Gesichter bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Bernd Schuster riss die Fäuste hoch.
Die Gegner waren mit Totschlägern bewaffnet. Sie schlugen augenblicklich damit zu. Bernd steppte zur Seite. Er feuerte eine Gerade ab und traf einen Gangster. Der Bursche stieß die Luft geräuschvoll aus. Sein Hieb ging daneben.
Doch der zweite Totschläger traf Bernds Schulter. Ein glühender Schmerz lähmte sofort Bernd Schusters Arm. Er biss die Zähne zusammen. Ungestüm griff er die gefährlichen Gegner an, doch sie waren kampferprobte Typen, und sie waren zu zweit.
Das konnte für Bernd Schuster einfach nicht gutgehen. Bernd kämpfte zwar mit dem Herz eines Löwen, aber die Verbrecher schafften ihn doch. Ein schwerer Treffer raubte ihm die Besinnung. Wie ein gefällter Baum fiel er um. Die Gangster steckten ihre Totschläger weg.
Sie drehten Bernd auf den Rücken und durchsuchten seine Taschen.
„Das ist ein harter Brocken“, sagte der eine.
„Ein Profi“, sagte der andere.
Sie fanden Bernd Schusters Brieftasche mit seinen Visitenkarten.
„Ein Schnüffler aus Berlin!“, stellte der Größere der beiden fest.
Jetzt wussten sie, wer der Fremde war, der an Karsten Langers Beerdigung teilgenommen hatte.
„Karin Langer leistet sich einen Spürhund aus Berlin“, knurrte der kleinere Gangster.
„Damit wir nicht wissen, mit wem wir es zu tun haben.“
„Er kommt zu sich. Scheint verdammt hart im Nehmen zu sein, das Schwein. Hält sich wohl für den Berliner Bären persönlich.“
Bernd bewegte sich ächzend. Der größere Gangster ging neben ihm in die Hocke. Bernd war stark benommen. Er nahm den Maskierten nur verschwommen wahr. Er hatte den Eindruck, der Mann würde hinter dem Nylonstrumpf verächtlich grinsen.
„Hör zu, Penner, du bist in Düsseldorf unerwünscht. Also setz dich in den nächsten Zug und schwirr in Richtung Berlin ab! Es wäre verdammt dämlich von dir, zu bleiben, denn dann würden wir uns noch einmal um dich kümmern. Dann aber so, dass du dir hinterher die Radieschen von unten ansiehst, wie Karsten Langer.“
Der Mann, dessen Stimme Bernd wie durch dicke Daunenkissen wahrgenommen hatte, richtete sich auf.
„Komm, wir gehen“, sagte er zu seinem Komplizen.
Sie kümmerten sich nicht weiter um Bernd Schuster, ließen ihn neben dem BMW liegen und verließen die Tiefgarage. Gleich darauf hörte Bernd das Brummen eines Motors. Die Verbrecher setzten sich ab, ohne dass Bernd sie daran hindern konnte.
Er versuchte aufzustehen. Er hatte die Absicht, den Kerlen zu folgen, doch der Schlag auf seinen Kopf war nicht so leicht zu verdauen. Sobald Bernd Schuster sich aufsetzte, drehte sich alles um ihn herum, und Übelkeit würgte ihn in der Kehle.
Er brauchte einige Minuten, um sich zu erholen. Als er sich dann erhob, war an eine Verfolgung der Gangster nicht mehr zu denken.
Benno Wolfs Männer waren aufmerksam. Sie hatten an Karsten Langers Beerdigung aus der Ferne teilgenommen und ein unbekanntes Gesicht gesehen. Sofort wollten sie wissen, wer der Mann an Karin Langers Seite war. Nun wussten sie es, und sie hatten Bernd mit einer massiven Drohung nach Hause geschickt - aber da kannten sie Bernd Schuster schlecht.
Bernd hatte die Absicht, erst dann nach Berlin zurückzukehren, wenn er Karsten Langers Mörder gefunden und Wolf das Handwerk gelegt hatte.
Noch immer benommen lehnte Bernd an Karin Langers Wagen.
Grimmig setzte er sich in das Fahrzeug, Er gönnte sich einige weitere Minuten, um wieder fit zu werden. Im Handschuhfach entdeckte er einen dieser patentierten Stadtpläne, deren Karten man so knicken konnte, dass nicht immer der große Plan auseinandergefaltet werden musste. Er fand die gesuchte Straße, prägte sich die Route ein.
Erst dann startete er die Maschine. Langers bester Freund, Karl Bukowsky, wohnte in der Gotenstraße, kaum zehn Minuten mit dem Wagen entfernt. Ihn suchte er jetzt auf. Die Verbrecher hätten ihm schon den Schädel einschlagen müssen, um ihn daran zu hindern.
Bukowskys Wohnung befand sich im Hinterhof im Erdgeschoss. Frisch gewaschene Wäsche hing im Hof an einer Leine. Davor, dahinter und dazwischen spielten lärmende Kinder. Eine Schule befand sich ebenfalls in der Straße.
Bernd betrat das Gebäude aus der Vorkriegszeit von Düsseldorf. Die Steinfliesen klapperten unter seinen Schritten. Bernd Schuster klopfte an Bukowskys Tür. In der Wohnung grunzte jemand. Aber es kam niemand, um zu öffnen.
Bernd klopfte erneut.
„Schert euch zum Teufel!“, schrie drinnen ein Mann. „Schert euch alle zum Teufel!“
Bernd Schuster griff nach dem von Schweiß zerfressenen Metallknauf. Es war nicht abgeschlossen. Die Tür ließ sich öffnen. Bernd trat ein. In der Wohnküche herrschte ein heilloses Durcheinander. Und im Wohnzimmer lag ein Mann auf der Couch. Seine Kleidung war in Unordnung, sein Gesicht gerötet. Die Augen wirkten glasig. Neben der Couch stand eine Schnapsflasche. Sie war fast leer.
„Bukowsky?“, fragte Bernd.
Karl Bukowsky bekam einen Wutanfall. Umständlich setzte er sich auf. Er spuckte beim Reden, als er sagte: „Verdammt noch mal, was fällt Ihnen ein, hier hereinzuplatzen? Dies ist meine Wohnung! Hier drinnen haben Sie nichts zu suchen!“
„Ich denke doch, dass ich etwas zu suchen habe.“
„Was denn?“
„Sie, Bukowsky.“
„Zum Teufel, wer sind Sie überhaupt?“
„Mein Name ist Schuster. Bernd Schuster.“
„Ich kenne Sie nicht.“
„Sie werden mich gleich kennenlernen, wenn Sie nicht sofort einen anderen Ton anschlagen!“
„Warum sollte ich? Sie haben meine Wohnung ohne Erlaubnis betreten!“
Bernd grinste. „Riefen Sie nicht herein?“
„Ich rief, Sie sollen sich zum Teufel scheren!“
„Muss wohl an Ihrer undeutlichen Aussprache liegen, dass ich Sie falsch verstanden habe.“
„Ich werde Ihnen ...“, brauste Karl Bukowsky auf und wollte die Couch verlassen, doch Bernd stieß ihn mit der flachen Hand zurück.
„Sitzenbleiben!“
Bukowsky wusste nicht, wie er mit Bernd dran war. Er kniff die glasigen Augen zusammen und musterte den Detektiv misstrauisch. Seine Zungenspitze huschte nervös über die glänzenden Lippen. Er unternahm nicht den Versuch, sich noch einmal zu erheben.
„Was wollen Sie von mir, Schuster?“
Bernd wies auf die Kornflasche.
„Wie ich sehe, trauern Sie auf Ihre Weise um Ihren besten Freund.“
Karl Bukowsky zuckte zusammen.
„Was soll diese zynische Bemerkung?“
„Warum waren Sie nicht auf dem Friedhof?“
„Das geht Sie nichts an.“
„Sie haben Angst, nicht wahr? Und diese Angst versuchen Sie im Alkohol zu ertränken. Aber das klappt nicht. Denn die Angst wird immer obenauf schwimmen.“ Bernd fischte sich einen Stuhl und setzte sich rittlings darauf. Bukowsky griff zur Flasche. Er wollte einen Schluck machen, doch Bernd nahm ihm den Korn weg.
„Verd...“
„Sie haben bereits genug getankt“, sagte Bernd frostig.
„Selbst wenn ich mich totsaufe, geht Sie das einen Dreck an! Geben Sie mir die Flasche wieder!“
„Nein. Sie kriegen vorläufig keinen Tropfen mehr. Finden Sie sich damit ab!“
„Es macht Ihnen wohl Spaß, sich als mein Vormund aufzuspielen, wie?“
„Ich möchte nur verhindern, dass der Alkohol Ihnen die Besinnung raubt.“
„Wäre das denn so schlimm?“
„Ich bin nicht gekommen, um über Ihren Schlaf zu wachen, Bukowsky. Ich möchte mit Ihnen über Karsten Langer reden.“
„Ich habe nichts zu sagen.“
„Karsten ist tot ...“
„Das ist mir nicht neu.“
„Finden Sie nicht, dass Sie es Ihrem Freund schuldig sind, mir zu helfen, seinen Mörder zu finden? Ich bin Privatdetektiv. Außerdem bin ich ein guter Bekannter von Karin. Sie hat mich gebeten, den Mord an ihrem Mann aufzuklären. Da sie mir kaum etwas sagen konnte, was mir weiterhilft, dachte ich, ich versuch’s mal bei Ihnen.“
Karl Bukowskys Haltung veränderte sich. Er war nicht mehr so abweisend zu Bernd wie noch vor wenigen Augenblicken. Seine Hand zitterte, als er sich mit einer fahrigen Bewegung über die Augen strich.
„Haben Sie eine Zigarette für mich?“
Bernd hielt dem Mann die Roth-Händle-Packung hin. Bukowsky nahm sich eine Zigarette. Bernd gab ihm Feuer. Karl Bukowsky inhallierte tief. Er pumpte den blauen Dunst bis in die Lungenspitzen hinunter, wobei er die Augen schloss.
„Wer mit dem Teufel isst, braucht einen langen Löffel, heißt es“, murmelte Bukowsky. „Karstens Löffel war nicht lang genug. Ich wusste von Anfang an, dass das nicht gutgehen konnte. Karsten war für Wolf eine Stütze. Der Wolf schätzte Karstens Zuverlässigkeit. Wolf sah es als eine persönliche Beleidigung an, dass Karsten auf einmal nichts mehr von ihm wissen wollte.“
„Wer hat Karsten Langer umgebracht?“
„Das weiß ich nicht“, sagte Karl Bukowsky.
„Arbeiten Sie auch für den Wolf?“
„Ja. Aber ich bin nur ein kleines Licht. Er lässt mich nur selten etwas verdienen. Hat aus irgendeinem Grund kein Vertrauen zu mir. Wenn ich den Mut aufbrächte, würde ich’s dem Bastard geben. Ich würde Karstens Tod rächen. Aber zwischen dem, was man will, und dem, was man kann, befindet sich manchmal eine unüberwindbare Kluft.“
„Ich halte Sie für fähig, es dem Wolf heimzuzahlen.“
„Wie denn?“
„Indem Sie mir helfen“, sagte Bernd.
„Sie scheinen nicht zu wissen, worauf Sie sich einlassen, Schuster. Wolf ist ein Satan. Wenn der merkt, dass Sie ihm was ans Zeug flicken wollen, lässt er Sie eiskalt abservieren.“
„Ich kenne mein Berufsrisiko. Wie muss man es anstellen, wenn man den Wolf von Düsseldorf aus der Reserve locken will?“
„Warum schießen Sie sich nicht eine Kugel durch den Schädel? Das wäre die angenehmere Art, Selbstmord zu begehen.“
Bernds Augen verengten sich.
„Ich will Wolf. Und ich will Karsten Langers Mörder seiner gerechten Strafe zuführen. Wo kann ich einhaken, Bukowsky?“
„Zurzeit macht Wolf eine Menge Geld mit geklauten Pelzen.“
„Wer fungiert als Hehler?“
„Bis vor zwei Wochen war es ein gewisser Nordammer, Justus Nordammer.“
„Wo wohnt der?“
„Auf dem Friedhof. Er hat den Wolf übers Ohr gehauen. Wolf kam ihm drauf. Bereits am nächsten Tag fischte man Nordammer aus dem Rhein. So schnell geht das bei Benno Wolf.“
„Ich nehme an, der Wolf hat schon einen neuen Hehler.“
Karl Bukowsky nickte.
„Der Mann wollte zunächst nichts von Wolf wissen, aber der Wolf fand einen Weg, um ihn sich gefügig zu machen.“
„Wie ist sein Name?“, erkundigte sich Bernd Schuster.
„Viktor Baumhauer.“
„Den sehe ich mir an.“