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Benno Wolf holte aus. Seine schwammige Hand traf die Wange eines rothaarigen Mädchens. Sie hieß Rosi Winter und war eine Augenweide. Ihre Figur war sensationell, der üppige Busen mehr als sehenswert.

Sie trug ein Kleid, das aus unzähligen kleinen Aluminiumplättchen bestand, von denen eines mit dem anderen verbunden war.

Die Ohrfeige brachte das originelle Kleid zum Rasseln und Klimpern. Rosi Winter traten die Tränen in die Augen. Wütend und ärgerlich rieb sie sich die brennende Wange. Sie befürchtete, dass Wolf sie noch einmal schlagen würde.

Er war ein großer, brutaler Mann, übergewichtig, aber dennoch kraftstrotzend. Sein Maßanzug saß wie angegossen. Im Knopfloch trug er eine weiße Nelke.

Sie befanden sich im Büro von Benno Wolfs Nachtclub, in dem Rosi Winter als Stripgirl auftrat.

„Du weißt, warum ich dich geschlagen habe?“, knurrte der Wolf von Düsseldorf ganz hinten in der Kehle.

„Nein“, antwortete Rosi Winter kleinlaut.

„Franz Hansen hat dich dabei beobachtet, wie du gekokst hast.“

„Es war nur eine ganz kleine Prise, Herr Wolf. Ehrlich!“

„Wer für mich arbeitet, der lässt die Finger vom Rauschgift!“

„Okay, verstanden. Ich tu’s nicht wieder. Ganz bestimmt nicht.“

„Das wird gut sein, denn wenn mir so etwas noch einmal zu Ohren kommt, erlebst du dein blaues Wunder. Hinterher würdest du dich selbst nicht mehr im Spiegel wiedererkennen.“

„Ich bin nicht süchtig, Herr Wolf. Ich wollt’ s nur mal probieren.“

„Weißt du, wie viele es schon versucht haben und nicht mehr davon losgekommen sind?“

„Ich rühre das Zeug nicht mehr an.“

Benno Wolf nickte. „Verschwinde!“

Rosi Winter wandte sich um und eilte zur Tür. Sie war froh, dass Wolf sie entließ. Sie hasste den Mann wie die Pest. Aber sie hatte nicht den Mut, ihm das zu zeigen.

Er benahm sich wie ein Herrgott. Sein Wort war Gesetz, und wer sich nicht daranhielt, wurde hart bestraft. Mit dieser einen Ohrfeige war Rosi noch glimpflich davongekommen. Sie hatte schon erlebt, dass sich ein Arzt um die Mädchen kümmern musste, über die Wolf sich geärgert hatte. Und einem anderen Mädchen war vor einem Jahr sogar Säure ins Gesicht gespritzt worden, weil sie anderswo einen besseren Job annehmen wollte.

Benno Wolf hielt seine Leute mit eisernem Griff bei der Stange, und wenn das nichts nützte, dann hatten die Betreffenden entweder einen bedauerlichen Unfall, oder sie nahmen sich auf irgendeine mysteriöse Weise selbst das Leben ...

Rosi Winter verließ hastig Wolfs Büro. Draußen lehnte sie sich zornig an die Wand und wünschte dem Chef alles Schlechte an den Hals. Dabei massierte sie hasserfüllt ihre immer noch brennende Wange.

„Hallo, Rosi“, sprach sie plötzlich jemand an.

Das rothaarige Mädchen zuckte zusammen. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. Es passte ihr nicht, dass jemand sie so sah. Vor ihr stand ein schlanker blonder Mann, etwa fünfunddreißig Jahre alt, durchtrainiert und sonnengebräunt: Norbert Stebner.

Inspektor Norbert Stebner.

Er wies auf die Tür, die in Wolfs Büro führte.

„Hat er Sie geschlagen?“

Rosi Winter schüttelte ihre rote Mähne.

„Nein, Inspektor. Ich habe mich an der Tür gestoßen.“

„Die böse Tür. Wie oft musste die schon als Ausrede herhalten.“

Rosi erwiderte nichts darauf, sondern eilte an Stebner vorbei. Der blonde Inspektor klopfte an Wolfs Bürotür. Er wartete auf keine Antwort, sondern öffnete sie und trat ein.

„Ist es erlaubt?“, fragte er herausfordernd.

„Sie schon wieder“, brummte der Wolf verstimmt.

„Ich rate Ihnen, freundlich zu mir zu sein, sonst könnte ich auf die Idee kommen, Sie haben etwas zu verbergen.“ Stebner trat näher und schloss die Tür hinter sich.

„Was wollen Sie? Ich habe keine Zeit!“

„Sie kommen sich wohl sehr stark vor, wenn Sie ein Mädchen ohrfeigen, was?“, sagte Norbert Stebner verächtlich.

„Ich habe niemanden geschlagen.“

„Ist Rosi Winter niemand?“

„Hat sie etwa ...“

„Natürlich hat sie nicht. Sie würde sich hüten, sich bei mir über Sie zu beschweren.“

„Dann verstehe ich nicht, wie Sie auf den Gedanken kommen, ich hätte Rosi ...“

„Natürlich. Sie sind ein Engel, und ich verdächtige Sie zu Unrecht. Mir kommen wirklich gleich die Tränen, Wolf.“

Es zuckte kurz in Benno Wolfs Gesicht. Er liebte es nicht, wenn man in diesem Ton mit ihm sprach. Leute, die seiner Person keinen Respekt entgegenbrachten, waren ihm zuwider.

„Sagen Sie endlich, was Sie schon wieder von mir wollen. Sie waren erst gestern hier. Allmählich gehen Sie mir auf die Nerven, Inspektor.“

„Oh, das tut mir aber leid. Ich bin untröstlich. Aber da ist ein schlimmer Mord passiert, und es ist mein Job, diesen Fall aufzuklären. Ich kann mir denken, dass Ihnen das missfällt, aber daran lässt sich nun mal nichts ändern.“

„Was soll das heißen, es missfällt mir, wenn Sie einen Mord aufklären? Es passt mir nur nicht, dass Sie Ihre Zeit ständig hier bei mir vertrödeln, anstatt anderswo nach dem Mörder zu suchen.“

„Sie wissen so gut wie ich, dass ich ihn anderswo nicht finden kann, Wolf.“

„Heißt das, Sie vermuten ihn in meiner Umgebung? Ich verbitte mir diese Verdächtigungen, Inspektor. Ich werde mich über Sie bei Ihrem Vorgesetzten beschweren.“

„Tun Sie das! Aber bringen Sie Ihre Zahnbürste mit. Es könnte sein, dass der Chef Sie gleich dabehält.“

In Wolfs Innerem brodelte es.

„Sie sollten Ihre Zunge besser im Zaum halten, Inspektor.“

„Ich sage immer, was ich denke.“

„Es wäre besser für Sie, wenn Sie mich nicht zum Feind hätten.“

„Das war doch nicht etwa eine versteckte Drohung, Wolf? Vergessen Sie nicht, wen Sie vor sich haben! Ich bin nicht irgendjemand. Ich verkörpere die Polizei von Düsseldorf.“

„Sie sollten sich auch dementsprechend aufführen.“

„Ich behandle jeden so, wie er es verdient. Wissen Sie immer noch nicht, wer Karsten Langer umgebracht hat und auf wessen Veranlassung hin es geschehen ist?“

„Nein, Inspektor. Tut mir leid.“

„Sie hatten von gestern bis heute viel Zeit, darüber nachzudenken.“

„Ich kann Ihnen nicht helfen, Stebner.“

„Das finde ich ehrlich schade.“

„Ich auch. Aber was soll ich tun?“

Norbert Stebner grinste. „Ich bin gespannt, wie lange Sie mir das Unschuldslamm vorspielen können, Wolf. Irgendwann werde ich in der Lage sein, zu beweisen, dass Karsten Langer auf Ihren Befehl gekillt wurde. Überlegen Sie sich inzwischen, wie Sie dann Ihren Kopf aus der Schlinge ziehen!“

Der Wolf von Düsseldorf konnte sich kaum noch beherrschen. An seiner Schläfe zuckte ein Nerv. Heiser und ganz langsam sagte Wolf: „Dort ist die Tür, Inspektor. Sie sollten jetzt gehen. Und kommen Sie erst wieder, wenn Sie die dämlichen Beweise haben, von denen ich überzeugt bin, dass Sie sie niemals finden werden!“

Stebner lächelte.

„Da wäre ich an Ihrer Stelle mal nicht so sicher, Wolf.“

„Raus!“, knurrte der Gangsterchef.

Norbert Stebner tippte sich grüßend an die Stirn.

„Wir sehen uns wieder.“

„Hoffentlich nicht so bald.“

„Für einen Mann, der so viel Butter auf dem Kopf hat wie Sie, riskieren Sie eine verdammt große Lippe. Befürchten Sie nicht, dass Ihnen das noch mal leidtun könnte?“

Mit fast tonloser Stimme presste Benno Wolf hervor: „Scheren Sie sich endlich hinaus, Inspektor! Sonst ...“

„Was ist sonst?“

„Nichts. Machen Sie die Tür von draußen zu!“

Stebner lachte.

„Ich hätte es zu gern erlebt, dass Sie sich vergessen, Wolf. Denn damit hätten Sie mir Gelegenheit gegeben, Ihnen eins auf die Nase zu geben. Gewissermaßen als Revanche für die Ohrfeige, die Rosi Winter bekommen hat.“

Der Wolf sagte kein Wort mehr. Er wandte sich um und zeigte dem Inspektor demonstrativ den Rücken.

Norbert Stebner ging. Kaum war er draußen, da stürzte sich Wolf auf das Telefon, das auf seinem Schreibtisch stand. Er riss den Hörer von der Gabel und tippte eine zweistellige Nummer in den Apparat.

„Ist Gerd da?“, fragte er zornig.

„Ja, Chef.“

„Und Franz?“

„Im Augenblick nicht.“

„Dann soll Gerd allein kommen.“

„Okay, Chef.“

Benno Wolf warf den Hörer in die Gabel und zündete sich eine dicke Zigarre an. Anschließend begab er sich zur Bar und mixte sich einen kräftigen Highball. Nachdem er einen Schluck getrunken hatte, betrat Gerd Rahner den Raum. Ein bulliger Bursche, der mit seinen Fäusten hervorragend umzugehen wusste. Wolf konnte sich hundertprozentig auf ihn verlassen. Rahner bemerkte, dass sein Chef auf Hundert war.

„Stebner war hier!“, knirschte der Wolf.

„Ich weiß. Ich habe ihn gesehen.“

„Was sich der Mistkerl herausnimmt, ist entschieden zu viel.“

„Hat er dich geärgert, Chef?“

„Er nimmt sich eindeutig zu viel heraus, denkt, wenn er sich hinter seiner Polizeimarke versteckt, kann ihm nichts passieren.“

„Man sollte ihn eines Besseren belehren, Chef.“

„Genau das ist meine Absicht. Du und Franz Hansen werdet gegen diesen unverschämten Bullen etwas unternehmen.“

Gerd Rahner lächelte.

„Mit dem größten Vergnügen.“

Berliner Bär contra Düsseldorfer Wolf: Berlin 1968 Kriminalroman Band 37

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