Читать книгу Sachenrecht I - Achim Bönninghaus - Страница 6
ОглавлениеTipps vom Lerncoach
Warum Lerntipps in einem Jura-Skript?
Es gibt in Deutschland ca. 1,6 Millionen Studierende, deren tägliche Beschäftigung das Lernen ist. Lernende, die stets ohne Anstrengung erfolgreich sind, die nie kleinere oder größere Lernprobleme hatten, sind eher selten. Besonders juristische Lerninhalte sind komplex und anspruchsvoll. Unsere Skripte sind deshalb fachlich und didaktisch sinnvoll aufgebaut, um das Lernen zu erleichtern.
Über fundierte Lerntipps wollen wir darüber hinaus all diejenigen ansprechen, die ihr Lern- und Arbeitsverhalten verbessern und unangenehme Lernphasen schneller überwinden wollen.
Diese Tipps stammen von Frank Wenderoth, der als Diplom-Psychologe seit vielen Jahren in der Personal- und Organisationsentwicklung als Berater und Personal Coach tätig ist und außerdem Jurastudierende in der Prüfungsvorbereitung und bei beruflichen Weichenstellungen berät.
Wie lernen Menschen?
Die Wunschvorstellung ist häufig, ohne Anstrengung oder ohne eigene Aktivität „à la Nürnberger Trichter“ lernen zu können. Die modernen Neurowissenschaften und auch die Psychologie zeigen jedoch, dass Lernen ein aktiver Aufnahme- und Verarbeitungsprozess ist, der auch nur durch aktive Methoden verbessert werden kann. Sie müssen sich also für sich selbst einsetzen, um Ihre Lernprozesse zu fördern. Sie verbuchen die Erfolge dann auch stets für sich.
Gibt es wichtigere und weniger wichtige Lerntipps?
Auch das bestimmen Sie selbst. Die Lerntipps sind als Anregungen zu verstehen, die Sie aktiv einsetzen, erproben und ganz individuell auf Ihre Lernsituation anpassen können. Die Tipps sind pro Rechtsgebiet thematisch aufeinander abgestimmt und ergänzen sich von Skript zu Skript, können aber auch unabhängig voneinander genutzt werden.
Verstehen Sie die Lerntipps „à la carte“! Sie wählen das aus, was Ihnen nützlich erscheint, um Ihre Lernprozesse noch effektiver und ökonomischer gestalten zu können!
Lernthema 9 Allgemeine Hinweise zur Prüfungsvorbereitung
Wenn noch Zeit bis zur Prüfung ist, haben Sie ausreichend Raum für eine Langzeitplanung. Termine für mündliche Prüfungen, Klausuren und Examensarbeiten sind stets langfristig bekannt. Da durch die Prüfung per se Stress erzeugt wird, sollten Vorbereitung und Zeitplanung optimal gestaltet sein. Sie schaffen sich damit Lernvoraussetzungen, die Ihnen ein Gefühl von Überblick und Beeinflussbarkeit vermitteln („Herr der Lage sein“). In einem solchen Lernklima können Sie in Ruhe, aber zügig und konzentriert arbeiten. Die folgenden Lerntipps geben Hinweise, was Sie bei Ihren Planungen für die Monate vor der Prüfung bis zum Tag X berücksichtigen können.
Lerntipps
Verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre Arbeitsmittel und Lernvoraussetzungen! Nachdem Sie sich vergewissert haben, ob Sie die erforderlichen formalen Prüfungsvoraussetzungen erfüllt haben (Praktika, Seminarscheine, Bewertungspunkte, Termine für Anmeldefristen), verschaffen Sie sich als Erstes einen Überblick darüber, welche Arbeitsmittel benötigt werden.
– | Welche Bücher, Artikel, Skripte müssen gelesen sein? Stellen Sie sich für jedes Fach eine Literaturliste auf. |
– | Beschaffen Sie sich die relevanten Arbeitsmittel so früh wie möglich. |
– | Tauschen Sie sich mit früheren Examensabsolventen aus. |
– | Bringen Sie in Erfahrung, welche Lern- und Arbeitszeiten (Tage, Wochen) für die einzelnen Fächer voraussichtlich benötigt werden. |
– | Organisieren Sie sich eine Arbeitsgruppe. |
– | Überlegen Sie gut, wo Ihr Arbeitsplatz sein soll, der eine Trennung zwischen Arbeit und Freizeit und dabei kurze Wege gut ermöglicht. |
– | Wählen Sie ein für Sie geeignetes Repetitorium aus. |
Machen Sie sich für jedes Fach eine langfristige Zeitplanung, gegebenenfalls zeitlich versetzt oder bei Bedarf überlappend.
Verteiltes Lernen mit Wiederholungen hat eine sehr hohe Lerneffektivität!
Die Effekte von verteiltem Lernen werden in Lernthema 4 (Lernen, Behalten, Erinnern) ausführlich beschrieben. Teilen Sie die zur Verfügung stehende Zeit pro Fach so ein, dass Sie den Stoff mindestens dreimal bearbeiten können. Sie sollten mehrere Vorbereitungsphasen einplanen.
1. Aneignungsphase | Lernen |
2. Vertiefungsphase | Wiederholen und Ergänzen |
3. Überprüfungsphase | Schlusswiederholung |
4. Evt. Sicherheitsüberprüfung | Sicherheitsabfrage zur Beruhigung |
5. Freier Tag vor der Prüfung | Entspannung |
Zwischen den Phasen brauchen Sie einen Zeitpuffer für Unvorhergesehenes (s.a. „Jokertage“) und freie Zeit. Generell verkürzen sich die aufeinanderfolgenden Phasen. Wieviel Zeit Sie konkret für welche Phase brauchen, hängt von Ihren bisherigen Kenntnissen, Ihren Ansprüchen, den Lernzielen und anderen Variablen ab. Sie benötigen von der Gesamt-Netto-Lernzeit circa: Aneignungsphase 40%, Vertiefung 25%, Überprüfung 10–15%, Sicherheit unter 5%, Zeitpuffer/“Jokertage“ 20%. Halten Sie sich in Ihrer Planung halbe und ganze Tage, z.B. am Wochenende frei. Planen Sie auch Urlaub mit ein. Vor der Prüfung sollte es noch einen freien Tag zur Erholung geben. Jede Woche und jeder Tag mündet in den einzelnen Phasen in einen Wochen- bzw. Tagesplan. Hier sind Pausen, Entspannungs- und „Belohnungszeiten“ ebenfalls eingeplant.
Für die Aneignungsphase brauchen Sie die meiste Zeit!
In einem Plan legen Sie für diese Phase fest, wie viele Tage und Wochen für die einzelnen Fächer erforderlich sein werden. Es werden alle Inhalte und Fächer einmal gründlich durchgearbeitet. Aktenordner werden gefüllt und Karteikarten angelegt. Halten Sie schriftlich fest, welche Themen, Inhalte oder Artikel Ihnen schwierig erscheinen. Holen Sie Zusatzinformationen zu den schwierigen Themen ein. Fragen Sie Mitlernende oder im Repetitorium. In der Aneignungsphase haben Sie den Großteil der Lerninhalte bearbeitet und weitgehend verstanden.
In der Vertiefungsphase wiederholen Sie!
Da Sie nun alle Inhalte durchgearbeitet haben, fällt es Ihnen leichter Zusammenhänge zu sehen, Querverbindungen herzustellen und kritische Stellungnahmen vorzunehmen. Diese Phase dient der Wiederholung und Vertiefung. Die erarbeiteten Lerninhalte werden zunehmend stabiler im Gedächtnis integriert.
Anfangs kann diese Phase auch eine Frustphase sein, es wird meist deutlich, welche Lücken noch bestehen. Das ist ganz normal, da das Wissen reaktiviert werden muss und nach jedem Lernen ein Vergessensprozess einsetzt. Bewahren Sie Ruhe, bleiben Sie am Ball und achten Sie nun besonders auf Ihre Vermeidungsstrategien. Arbeiten Sie Ihre früher angelegte Schwierigkeiten-Liste ab und erstellen Sie, falls erforderlich, eine neue komprimierte Frage-Liste für die nächste Phase.
In der Überprüfungsphase polieren Sie Ihr Wissen noch einmal auf!
Planen Sie auch für diesen Zeitraum (wenige Tage vor der Prüfung) die zeitliche Reihenfolge und Lerndauer in Ihre Wochen- und Tagesplanung inkl. Pausen und Entspannungszeiten ein. In diesem Arbeitsblock werden Tage vor der Prüfung die einzelnen Inhalte nochmals wiederholt und vertieft oder nur noch – zur Beruhigung – überprüft.
Planen Sie feste Jokertage ein!
Da Ihr gesamtes Lernsystem Ihnen möglichst viel Sicherheit – in der Unsicherheit – bieten soll, planen Sie Freiräume für Unvorhergesehenes ein. Diese nicht absehbaren Ereignisse können z.B sein: Erkrankung, verzögerte Buchlieferung, Veränderungen in der Arbeitsgruppe, Lernprobleme, Auto gibt den Geist auf.
Planen Sie deshalb feste Jokertage in den Terminkalender ein. Diese Tage sind für Sie frei verfügbar, aber fest terminiert. Falls es einmal zu Verzögerungen kommen sollte, dann können Sie auf diese Zeitreserve zurückgreifen, die Planung bleibt bestehen, es entsteht kein Stress. Jokertage geben Sicherheit und Zuversicht. Die nicht aufgebrauchten Jokertage können Sie mit gutem Gewissen als Belohnungsbonus für die Freizeit verwenden.
Wochen und Tage durchplanen!
Um mehrwöchige Lernphasen sinnvoll im Detail zu überwachen und zu steuern, sollten Sie aus dem Gesamtphasenplan jeweils für die anstehende Woche einen Wochenplan erstellen. Der Wochenplan besteht wie ein Stundenplan in der Schule aus Schulzeiten inkl. Wochenende.
Im Wochenplan sollten enthalten sein:
Arbeitseinheiten
– | vorgegebene feste Termine, Seminare, Vorlesungen, Repetitorium |
– | Verteilung der einzelnen Lernfächer |
– | Zeiten in der Lerngruppe |
Freizeitblöcke
– | feststehende Freizeittermine: Sport, Klavier, Tanzen. |
– | Sonstige Verpflichtungen und Vereinbarungen: Eltern, Freunde, Hausarbeit in der WG |
Wichtig: Haben Sie genügend freie Zeit geplant? Haben die Freizeitwünsche im Gegenteil ein Übergewicht, dass das Lernen beeinträchtigt? Sind Jokertage berücksichtigt?
Dieser Wochenplan gibt Ihnen Orientierung für mehrere Tage. Sie sollten jedoch auch jeden Tag zeitlich und inhaltlich in einem Tagesplan strukturieren:
– | Arbeitsbeginn festlegen |
– | Festtermine beachten |
– | sinnvolle Reihenfolge der Tätigkeiten festlegen |
– | (Kurz-)Pausen planen |
– | Freizeit einplanen |
Das mag sich ein wenig zwanghaft anhören, ist jedoch bei umfangreichem Lernpensum unerlässlich.
Nutzen Sie den freien Tag vor der Prüfung nur für Ihre Lust und Laune!
Viele Lernende machen den Fehler, bis zur letzten Minute zu lernen. Meist ist das ein angstbeflügeltes Vermeiden von Anspannung. Machen Sie sich deutlich, dass Sie prüfungsbezogen jetzt nichts mehr aktiv angehen können. Einen Lernzuwachs kann es nicht mehr geben, es kommt eher zu stressbedingten Lernblockaden. Das ist auch das Schwierigste an diesem Tag. Sie warten passiv auf ein wichtiges Ereignis und sind diesem quasi „ausgeliefert“. Da ist es normal, dass man sich auch von Panikattacken anderer Lernender beeindrucken lässt.
Aber Sie vergeuden Energie, die Sie besser in der Prüfung einsetzen können. Werden Sie in eine andere Richtung aktiv. Tun Sie etwas für Ihre Lust und Laune und lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit mit Ihren Aktivitäten weg von der Prüfung und Prüfungsinhalten: Kinobesuch, Sport, Sauna, Wandern – je nach Ihrem Wunsch.
Am Tag danach ist es häufig noch nicht ganz vorbei!
Sie haben sich jetzt sehr lange auf einen Punkt hin vorbereitet und sollten auch darüber informiert sein, was danach passieren kann, besonders nach Abschlussexamina. Wenn man sehr lange angespannt auf ein Ziel hinarbeitet kann es vorkommen, dass man danach nicht mehr so richtig froh ist. Das schockiert einen, da man ja alles glücklich überstanden hat. Das ist aber ganz normal. Das Verhalten ist als Entlastungsdepression bekannt. Kurze Zeit später ist alles wieder im Lot. Und dann genießen Sie die freie Zeit nach der Prüfung.