Читать книгу Montenegro Reiseführer Michael Müller Verlag - Achim Wigand - Страница 11

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Die äußere Bucht

Tivat und Herceg Novi sind die beiden bestimmenden Städte des vor­de­ren Teils der Boka Kotorska, in und um diese beiden Städte kon­zen­triert sich auch­ die touristische Aktivität mit den meisten Übernach­tungs­möglich­kei­ten.

Sanfter Tourismus ist sicher nicht die Leitmaxime dieses Bereichs: In den Spit­zen­wo­chen von Mitte Juli bis Mitte Au­gust muss die Rendite für das ganze Jahr er­wirt­schaf­tet werden, und da ist man in der Wahl der Waffen nicht zim­per­lich - im Zwei­fel schlägt hohe Ka­pa­zität jedes ästhetische Argument. Ti­vat und Herceg Novi sind­ vor allem bei Jugendlichen und jungen Familien be­liebt, die Gas­tro­no­mie hat sich­ auf die­se Klientel mit Musikbars und eher einfachen Restaurants ein­gestellt. Ba­den ist hier hinsichtlich der Wasser­qua­li­tät völlig bedenkenlos mög­lich, frei­lich ist­ der Wasseraustausch ge­rin­ger als an den Stränden hin zur of­fenen See im weite­ren­ Küstenverlauf. Die Strän­de sind aufgemauerte Platt­formen oder ziemlich schma­le Kiesstreifen, und der knappe Platz am Wasser ist in der Hochsaison stets in­tensivst nach­ge­fragt (etwas ruhi­ger geht es generell in den Abschnitten am Nord­ufer­ zu). Die beiden großen Becken bieten Was­ser­sport­lern einigermaßen bestän­di­ge und kalkulierbare thermische Winde, Stark­wind­bedingungen sind aber in der ge­schützten Lage naturgemäß eher sel­ten anzutreffen.



Die Altstadt von Herceg Novi

Mit dem Auto kommt man von Norden im Re­gelfall über den Grenzübergang Debeli Bri­jeg (24 Std. besetzt) aus Kroatien ins Land, die Bucht liegt dann nur noch 4 km voraus. Land­schaft­lich sehr viel eindrucks­vol­ler, aber auch viel länger ist der Weg au­ßen­ um die Halb­insel Prevlaka (seit Kurzem kroa­tischer National­park) herum und dann über­ den klei­nen lokalen Grenzposten bei Nji­vice (nicht rund um die Uhr geöffnet, schon gar nicht außer­halb der Sai­son). Von Sü­den er­reicht man die Boka über die ma­gis­trala, die lange ex­-jugo­slawische Küs­ten­stra­ße von Ulcinj bis Rijeka. Möglich ist eben­falls der Weg von Mostar über Tre­bin­je­ durch die bosn­i­schen Berge, we­gen der schlech­ten und wink­ligen Straßen dauert das­ al­ler­dings sehr lange.

Überland- und Regional­busse ver­binden täg­lich die Orte in der Bucht mit dem­ Rest des Lan­des, und auch Dubrovnik wird­ angefahren (tägl. 9.30 und 15.30 Uhr, zu­rück spätestens 20.30 Uhr). Bus­bahnhöfe ha­ben Herceg Novi und Ko­tor, von hier in der­ Hochsaison bis zu sie­ben Direktverbin­dun­gen nach Belgrad - lei­der keine einzige zum Fughafen Dubrovnik-Čilipi.

Für Kreuzfahrer und Jachtbesitzer ist der Abstecher in die Bucht von Kotor ein unbe­dingtes Muss. Eine reguläre Fähran­bin­dung besteht derzeit nicht.

Herceg Novi

Die hübsche Altstadt Herceg Novis in­ner­halb der alten Befestigungsmauern ist klein, sodass der erste Eindruck be­stimmt ist von den wenig stimmungs­vol­len Hotel- und Wohnungsblocks, die sich im spätsozialistischen Stil die Hän­ge hinaufziehen. So verkaufen sich Herceg Novi und die mit ihm zu­sam­men­gewachsenen Orts­teile et­was unter Wert, der Beliebtheit bei einheimischen Tou­risten tut das jedoch kei­nen­ Ab­bruch: Mehr Badegäste als an den Platt­formen rund um diesen vordersten Teil­ der Bucht drängen sich nur noch in Bud­va.

Herceg Novi ist die Keimzelle des Tou­rismus in Montenegro, wie so häufig waren es­ die mobilen Briten, die um die vorletzte Jahrhundertwende im Som­mer in die Stadt­ kamen. Der sport­li­chere Teil von ihnen richtete den Blick auch schnell nach oben­ und be­gann mit der Erkundung des Orjen-Ge­bir­ges über der Stadt; damit war der­ Grund­stein für die heute vorbildliche Erschlie­ßung dieser Berglandschaft für Wan­derer und Bergsteiger gelegt. Die At­trakti­vität der Stadt wurde zum ei­nen maß­geblich bestimmt von den kli­ma­tischen Bedingungen: Hier ist es noch einmal spür­bar milder als an der oh­nehin sonni­gen östlichen Adria, und auch im Winter ist ein T-Shirt oft ge­nug Kälteschutz, während wenige Ki­lo­meter weiter schon der Reif von den Autos gekratzt werden muss. Zum an­de­ren ist Herceg Novi - hat man die Bau­sünden hinter sich im Rücken - ein aus­gesprochen gelungenes Ensemble aus alter Befesti­gungs­anlage und Som­mer­frischler-Villen. Das finden auch Staats­leu­te und Künstler: Tito hatte hier einen seiner formidablen Som­mer­sit­ze, und der ak­tuelle Präsi­dent lädt eben­falls zu repräsentativen Anlässen gerne in die großen Ho­tels nach Herceg Novi. Der immer noch hochverehrte Ivo Andrić, jugoslawischer Li­te­ra­tur­no­bel­preis­träger von 1961, verbrachte die letz­ten Jahres seines Lebens am Ein­gang der Boka, und 2005 machte der Re­gisseur Emir Kusturica mit Immo­bi­lien­erwerb an der Strandpromenade von sich reden.


Endstation Herceg Novi: Bahnhof der stillgelegten Küstenbahn

Mittlerweile sind mehrere kleine Or­te mit dem Kern um die Altstadt zu­sam­menge­wach­sen. Am nord­west­li­chen Ende der Urbanisation liegt der Kur­ort Igalo, quadra­tisch­ zugeklotzt durch einen riesigen Hotelkasten, das an­geglie­derte Gesundheits­in­s­ti­tut und meh­rere Rehakliniken. Grund für die Kon­zen­tra­tion medizinischer Ein­rich­tun­gen sind die Thermalquellen, die im Ufer­bereich Igalos dem Meer zufließen. Die­ses Wasser und der davon durch­tränkte Heilschlamm werden für ba­de­the­rapeuti­sche­ Anwendungen ein­ge­setzt. Auf einem blickdicht zu­ge­wach­se­nen Hügel neben den­ Hoch­haus­bau­ten befindet sich die riesige Villa Galeb (137 Zimmer!), von Tito zum­ Angeben vor internationalen Gästen oder zur ei­ge­nen Erholung genutzt.

Ein paar Schritte die Uferpromenade weiter beginnt Topla, der Strand­rum­mel (in Iga­lo noch kurortlich gebremst) setzt hier mit voller Kraft ein. Am Ufer reihen sich Ca­fé an Pizzeria und Piz­ze­ria an Eisdiele, den Hügel hinauf zie­hen sich Villen und vi­ken­dicas (Ahnen Sie noch das englische weekend in die­sem Wort?) vor allem wohl­habender ser­bischer Bürger. Die Vegetation indes gibt einen Aufschluss auf die Orts­be­zeich­nung: topla heißt nämlich „warm“, und so gedeihen hier Dattel­palmen, Ki­wi­ran­ken, Granat­apfel­bäu­me und Aga­ven in den zahl­reichen Vor­gärten. Zu To­pla­ ge­hört außerdem das Gebäude der ehe­ma­ligen Kloster­schule, deren Schul­bän­ke der­einst vom Dich­ter­fürs­ten Petar Petrović Njegoš gedrückt wurden. Heute be­fin­det sich hier das Hei­mat­mu­seum Herceg Novis. Eben­falls zu be­sich­ti­gen ist das - un­auf­re­gen­de - Wohn­haus von Ivo Andrić.

Hinter dem kurzen Fußgängertunnel am Meer entlang beginnt dann das ei­gent­li­che­ Herceg Novi, die touris­ti­sche In­frastruktur gleicht der Top­las. Hin­ter Forte Ma­re, der unte­ren Be­fes­ti­gungs­an­lage, reihen sich noch einige gro­ße Ho­tels am Was­ser, dann wird es deut­lich ru­hi­ger. Meljine schließ­lich be­her­bergte frü­her ein Fe­rien­heim für Ma­ri­ne­an­ge­hö­ri­ge und ihre Familien, jetzt prunkt auch hier ein Luxushotel mit Jachthafen.


Herceg Novis leicht morbider Charme

Als Ausgangspunkt für Exkursionen in das ganze Land ist Herceg Novi si­cher­lich ei­ne unglückliche Wahl, die Rand­la­ge an der Nordgrenze sorgt für er­hebli­che Fahr­zei­ten zu eigentlich je­dem Ziel außerhalb der Bucht von Ko­tor. Für Strand­ferien mit­ ge­le­gent­lichen Ex­kur­sio­nen bie­tet die Stadt aber durch­aus aus­reichendes Po­ten­tial auch für einen län­geren Urlaub. Außerdem sind es nur wenige Kilometer in das über der Stadt thro­nende Orjen-Gebirge mit seinen tol­len Wander­mög­lich­kei­ten. Wer nur eini­ger­maßen zeitig auf­steht, schafft es spielend morgens auf den Ra­doš­tak (1455 m) und kann den gan­zen Nachmittag am Strand in der Son­ne liegen.

Geschichte

Herceg Novi ist eine der jüngeren An­siedlungen in der Bucht von Ko­tor. Die Gründung datiert auf das Jahr 1382, als der bosnische König Tvrtko I. den Ein­gang zur Bucht mit einer Festung sichern ließ; der in ihrem Schutz ent­ste­hen­den­ Ansiedlung gab er den Na­men des Heiligen Stefan. Ungefähr 80 Jahre später ver­stärkte Stjepan Vuksić, der nach dem Untergang des bos­ni­schen Königreichs als Her­zog von Hum zum stärksten Regionalfürs­ten avan­ciert war, die Befestigung des Stütz­punkts erheblich und sorgte damit für den heutigen Namen: Herceg Novi - „die Neugründung des Herzogs“. 1482 besetzten die Türken die Stadt und damit auch­ den Zugang zur Boka. Mit Ausnahme eines kurzen spanischen In­ter­mezzos 1538/39 behielte sie für gut 200 Jahre die Kontrolle über Stadt und Bucht. In dieser Zeit­ entstand das Ge­sicht der heutigen Altstadt mit den gro­ßen meer- und berg­sei­ti­gen Befesti­gungs­anlagen. 1687 bis 1797 durften dann die Venezianer die Stadt ih­rem­ Herr­schaftsgebiet einverleiben, es folg­ten Franzosen (bis 1813), 1813/14 ei­ni­ge Mo­nate der Eigenständigkeit und schließ­lich die österreichischen Habs­bur­ger, die bis 1918 blieben. Seitdem ge­hört Herceg Novi zu Montenegro.

Sehenswertes

Forte Mare: Nach recht plausiblen ar­chä­ologischen Vermutungen liegt hier die Keim­zelle der 1382 als Sveti Stefan ge­gründeten Stadt, die sich im Schutz der Ufer­be­festigung zur heutigen Alt­stadt entwickelte. Nach der Eroberung bau­ten die Tür­ken die Anlage massiv aus und gaben ihr die grundlegende Struk­tur. Mit den Ar­bei­ten am Abba-Pasha-Turm, so der türkische Name des Bau­werks, wurde 1542 be­gon­nen, sein heu­tiges Gesicht bekam das mächtige Wehr aber erst 1883, als die ös­ter­rei­chi­schen Herrscher der Bucht es mit Zin­nen und Kanonen­ram­pen ver­sa­hen. Der­ Name Forte Mare stammt aus ve­ne­zia­ni­scher Zeit. Auf der obersten Platt­form steht­ eine große Ki­no­lein­wand, die u. a. zum Kino­fes­ti­val be­spielt wird.


Die Mauern von Herceg Novi

Kanli-Kula: Die „blutige Festung“ (türk. kan = Blut) - woher der schaurig mar­tia­li­sche Name kommt, ist heute nicht mehr klar, vermutlich wurden im In­nen­hof des Fes­tungsbaus Hin­rich­tun­gen durch­geführt. An diesem taktisch be­deut­samen Punkt­ mit dem 85 m ho­hen Aus­blick auf den Bucht­eingang be­fand sich das mili­tä­ri­sche Kom­man­do der Stadt. Der genaue Ent­stehungs­zeit­raum ist nicht be­kannt, aber der tür­ki­sche Rei­se­schriftsteller Evliya Che­lebi er­wähnt das fertige Bau­werk erst­mals um 1650. An den aufge­mau­er­ten Kalk­stein­wän­den kann man gut die ver­schie­denen Bau­ab­schnitte ab­le­sen, die Bau­zeit scheint sich recht lan­ge hin­ge­zo­gen zu haben. Im In­ne­ren des ca. 60 x 70 m großen Baus be­fin­det sich heute eine große Frei­luft­büh­ne für Theater- und andere Kul­tur­ver­an­stal­tun­gen.

Španjola: Die Spanier hielten die Stadt nur für ein Jahr (1538/39), schafften es aber, sich mit dem Aus­bau eines klei­nen türkischen Forts kultur­his­to­risch zu verewigen. Nach der Wieder­er­obe­rung rissen die Tür­ken 1548 das Bau­werk nieder, um eine deut­lich grö­ßere Anlage an gleicher Stelle zu er­rich­ten. Bis zu Beginn des 20. Jh. wur­de der mit mehreren Mauern gesicherte Kom­plex mi­litä­risch genutzt, im Zwei­ten­ Welt­krieg unterhielten die italie­ni­schen und deutschen Faschisten hier zeit­wei­lig­ ein Gefängnis.

♦ Zu Fuß erreicht man die Festung, wenn man beim Busbahnhof die Magistrale überquert und­ dann den Treppensteig 13. Jula bergauf geht. Der Eingang in das Innere der Festungs­an­lage ist ziemlich ver­steckt im Nordturm.

Manastir Savina: Der Klosterkomplex bei Meljine ist das wichtigste orthodoxe Bau­denkmal in der ansonsten ja katho­lisch geprägten Bucht. Er besteht aus zwei Kir­chen auf dem Hauptplateau, beide der Mutter Gottes gewidmet, dem Wohn- und­ Versorgungsbau der Mön­che und einer dritten, bergseitig et­was ab­ge­setz­ten Kir­che zu Ehren des ser­bi­schen Gründungsheiligen Sava. An der Stelle der klei­ne­ren­ Marien­kirche stand be­reits seit 1030 ein Gebetshaus, der heu­ti­ge Bau stammt aus der Mitte des 15. Jh., zu dieser Zeit beginnt hier auch das mo­nas­tische Leben. Die un­terste Schicht der Fresken im Kirchen­in­nern stammt von der Hand des jun­gen Lovro Dobričević, der später mit den Fres­ken der Kathedralen von Kotor und Du­brov­nik sowie mit der Gestal­tung der Kir­chen auf der Klosterinsel Gospa od Škrplja (→ Perast) sein Meister­werk ab­lie­ferte; in seinem Frühwerk über­kreu­zen sich byzantini­scher und go­tischer Stil auf interessante Art. Die grö­ßere Kir­che wur­de 1777-1799 nach ei­n­em Entwurf von Nikola Fo­retić aus der re­nom­mier­ten Schu­le von Korčula ge­baut, hier fusionieren by­zan­ti­ni­scher und barocker Stil.­ Im Kloster Sa­vi­na ver­brachte Dichter­fürst Petar II. Pe­tro­vić Njegoš einen Teil sei­ner Schul­zeit.

Komnenović-Villa (Regionalmuseum): In dem herrschaftlichen spätbarocken An­we­sen des großserbischen Patrioten Mirko Komnenović befindet sich heute das Re­gional­museum der Stadt Herceg Novi. Der berühmte Sohn der Stadt über­ließ tes­ta­men­tarisch sein Haus der Ge­meinde, die 1949 eine kleine Samm­lung zu den The­men­ge­bieten Ge­schich­te, Ethno­grafie und Archäolo­gie darin un­terbrachte. Wie­ immer in Monte­ne­gro sollte man keine museums­di­dak­ti­schen Wunderdinge er­warten, aber al­lein der große botani­sche Garten auf dem Grundstück ist be­stimmt sehens­wert.

♦ Savićajni muzej Herceg Novi, Ulica Mirka Komnenovica 9 (hinter dem Andrić-Haus zu Fuß rechts ca. 100 m ins Villenvier­tel). Mo-Sa 9-18 Uhr. Eintritt 3 €.

Kirchen in der Altstadt: Innerhalb der Mauern der Altstadt eifern eine or­tho­doxe und eine römisch-katho­li­sche Kir­che mit ihren prunkvollen Innen­aus­stat­tungen um­ die Wette. Betritt man den histo­ri­schen Kern durch den Tor­bo­gen des sat kula (der Uhr­turm, auch tora genannt und das in­offi­zielle Wahr­zei­chen der Stadt), stößt man­ zunächst auf Sv. Arhangela Mi­haila, die Kirche des Erz­engels Michael aus dem­ sehr spä­ten 19. Jh. Die Archi­tektur folgt dem fröhlich eklek­ti­zie­ren­den or­tho­do­xen Stil und zeigt romani­sche, go­tische, by­zan­ti­nische und sogar einige ara­bi­sie­ren­de (die kleinen Türm­chen auf den Pfeil­ern der Schiffe zitie­ren Mi­na­ret­te) Ge­stal­tungs­elemente. Im Innenraum do­mi­niert die Ikonostase aus weißem Mar­mor, ein dafür äußerst selten ge­wähl­ter Werkstoff.

Die Gassen hinab zum Forte Mare (s. o.) steht auf dem ehemals von einer Mo­schee ein­genommenen Platz die Sv.-Jero­nima-Kirche (ca. 1850). Kultur­his­to­risch ist das ein­schiffige Gotteshaus mit ab­ge­setz­tem Glock­en­turm nicht wei­ter auf­re­gend, im In­neren ist der höl­zerne Haupt­altar von 1678 be­mer­kens­wert: Es han­delt sich um ei­ne Schen­kung des obers­ten veneziani­schen Feldherren an­läss­lich der Be­frei­ung von den Türken und zeigt eine Ma­rien­dar­stellung. Einen wei­teren Blick ver­die­nen die Ge­mäl­de (ita­lienische Schu­len) und die auf­wen­di­gen Gold­schmie­dearbeiten (ein­he­i­mi­sche Meis­ter).

Villa Galeb: Das repräsentativ auf einer kleinen Anhöhe gelegene Refugium des Staats­gründers Tito beherbergte bis 2004 die Luxuszimmer des Hotels Iga­lo, dann zog sinistres Großkapital ein und sperrte den Urlauberpöbel aus. Dem Neu­reichtum waren die 5600 m² Wohn­fläche aber wohl zu poplig, und deshalb können jetzt auch Besucher der nie­de­ren Steuerklassen dem Genius Loci des jugoslawischen Urvaters nachspüren - auch wenn der „Große Blockfreie“ nach der Fertigstellung des Anwesens wohl bloß viermal in dem riesigen blauen Bett geschlafen hat. Die 3 € Eintritt ist der flirrende Trip durch die Ästhetik des sozialistischen Staatsluxus der spä­ten 1970er-Jahre aber allemal wert.

♦ Die Villa Galeb auf dem Hügel neben der Reha-Klinik Simo Milošević ist kaum zu ver­fehlen und wird von dieser verwaltet. Be­sich­tigungen Mo, Mi, Fr, So 18 und 19.15 Uhr. Ein­tritt 3 €.


Übernachten

1 Hotel Igalo 2 Camp Zelenika 3 Hunguest Sun Resort 4 Kuça Spinnaker 8 Hotel Perla 9 Hotel RR 11 Vila Aleksandar 12 Hotel Aurora 13 Lazure

Essen & Trinken

5 Gradska Kafana 7 Café Belavista 10 Konoba Skver 12 Bife Žalo 14 Konoba Feral 15 Rest. Aquarius 16 Leut

Nachtleben

6 Portofino

Basis-Infos

Information Die turistička organisacija be­findet sich in Jova Dabovića 12 in der Nä­he des Busbahnhofs (am Weg hinab zur Alt­stadt) und bietet allgemeine Auskünfte. In prak­ti­schen Fragen besser bedient wird man in den Reisebüros auf ungefähr hal­ber Hö­he der Nje­goševa: Gorbis (br. 64), Rivi­je­ra (br. 68), Blue Travel (br. 50) und noch ein paar mehr lie­gen hier fast Tür an Tür. Ho­tel- und Pri­vat­zimmerver­mittlung so­wie das üb­li­che Ex­kur­sions­pro­gramm (Dubrov­nik, Ta­ra-Rafting, Boots­fahr­ten etc.) bieten sie alle.

Sehr vollständig und mir recht guter Benut­zer­füh­rung ist der Web-Auftritt des Touris­mus­bü­ros unter www.hercegnovi.travel, der auch in engli­scher Sprache informiert.

Verbindungen Der Busbahnhof (Tel. 31-321225) liegt direkt am jadranski put, der Küs­ten­hauptstraße, von hier mehr­mals täg­lich­ Re­gional- und Fernver­kehrsbusse zu al­len ­Zielen in Montenegro und den größ­ten Städ­ten in Ser­bien. Minibusse fah­ren von hier­ um die Bucht von Kotor.

Liegeplätze für Segel- und Motorboote bis zu­ mittlerer Größe gibt es im Jacht­ha­fen vor der unteren Festungsmauer (Tel. 31-323015).

Apotheke Medikamente bekommt man bei Farmabella in der Altstadt am Trg Her­ceg Stjepana, dem oberen Hauptplatz um die Kirche Sv. Arhanđela Mihaila, oder bei Veselin, Njegoševa 92.

Ärzte Im Ortsteil Igalo hat man sich dem Ge­sundheitstourismus verschrieben, und des­halb finden sich hier zahlreiche Kran­ken­häuser, Pri­vat­kliniken und nieder­ge­las­se­ne Ärzte. Me­di­zi­nische Grundver­sorgung of­feriert der dom zdravlja (Ärzte­haus) berg­sei­tig an der Küs­ten­haupt­straße, dem jadrans­ki put (kurz nach dem Abzweig hin­un­ter nach Topla).

Ausflüge An der Uferpromenade nicht zu über­sehen sind die zahlreichen kleinen Aus­flugs­barkassen, die Fahrten nach Žan­jice/Mirišta, zur Plava Špilja (Blaue Grotte), der­ Fes­tungsinsel Mamula, der alten Zoll­sta­tion Ro­se sowie Rundtouren durch die Bucht von Ko­tor anbieten. Für eine Ta­ges­tour­ sind ca. 15 € zu ver­anschla­gen, wer­den Ge­trän­ke und Snacks inklusive an­ge­boten, un­ge­fähr das Doppelte.

Tagestouren mit dem Bus nach Dubrov­nik, Ko­tor, Sv. Stefan, Stari Bar, Ce­tinje/Njeguši etc. bucht man in den Reise­büros oder über die großen Hotels.

Autovermietungen Die zahlreichen tu­ristički agencije in der Njegoševa vermit­teln na­türlich auch Leihwagen.

Einkaufen Ein gut sortierter Supermarkt ist der C-market in der Njegoševa 46/2.

Geld Gleich drei Banken mit EC-Automat (CKB), befinden sich rund um den Trg Ni­ko­le Đur­ko­vi­ca vor dem Eingang zur Alt­stadt (am Uhrturm).

Parken In unmittelbarer Altstadtnähe nur sehr wenig Parkplätze, und zum Strand hin­un­ter wird es nicht besser. Im unteren Be­reich der Njegoševa finden sich aber fast im­mer noch ein paar Ab­stell­mög­lich­keiten. Ach­tung: die Abfahrt zum Jacht­hafen (un­mit­telbar vor der unteren Tor­durchfahrt) ist ei­ne Sackgasse oh­ne richtige Wende­mög­lich­keit. Der Park­schein wird mit einer SMS be­zahlt (→ „Reisen vor Ort / Par­ken“).

Polizei Die Hauptwache liegt an der Durch­gangsstraße gegenüber vom dom zdravlija (Ärztehaus).

Post Die große Hauptpost befindet sich am Trg Obala Tita (an der Njegoševa) im Ortsteil Topla.

Tanken Den letzten montenegrinischen Bi­l­lig­sprit vor der Grenze nach Kroatien zapft man bei Jugopetrol in Igalo.

Tauchen Exkursionen mit eigenem Boot und Lehrgänge veranstaltet der Diving Club Adria­tic Blue in Topla. Plaza Mi­la­si­no­vic,­ Tel. 069-833043, www.divingmontenegro.com. Die Tauchschule betreibt auch einen Ableger in Žanjice.

Veranstaltungen Der Eventkalender Her­ceg Novis ist recht reichhaltig bestückt: Mit den ersten Frühlingssonnenstrahlen im Fe­b­ruar zelebriert das auch als „Blu­men­stadt“ ti­tu­lierte Herceg Novi das Mimosen­fest, im April gibt es ein Thea­ter­fes­tival. Die Tra­di­tion der Musik­ta­ge (Som­mer und Win­ter) wur­de wie­der auf­ge­nom­men, des Wei­te­ren trifft man sich zur Buch­messe, einem Film­fes­ti­val, dem Schwimm­ma­ra­thon (of­fe­ne Teil­nah­me - wer sich die 8 km zu­traut, kann mit­schwim­men) und rie­si­gen Open-Air-Kon­zer­ten ein­hei­mischer Pop- und Folk-Heroen auf schwim­menden Ponton-Büh­nen vor der Strandpromenade. Weitere In­for­mationen zu Film-, Musik- und Litera­tur­ver­an­stal­tun­gen unter www.hercegfest.me.

Übernachten Karte

Die relativ lange touristische Tradition und die massive Bautätigkeit in der Boom­pha­se der 70er- und 80er-Jahre haben Herceg Novi ein für Montenegro untypisches Über­angebot an Ho­telbetten beschert. Den großen Anlagen sieht man ihr Entste­hungs­jahr allerdings nicht nur von außen an, auch der generelle Er­hal­tungs­zu­stand­ weist auf ein gewisses Reno­vie­rungs­bedürfnis hin. Dafür wohnt man relativ preis­günstig. Die neueren und teureren Häuser be­dienen den Standard der oberen Mit­tel­klas­se, richtige Spitzenhotels gibt es hier aber so wenig wie im gesamten Land.­ Das Angebot an Privatzimmern - achten Sie auf sobe/apart­mani-Schilder - wird­ mit der Entfernung von der Altstadt dichter.

Hotels **** Hotel Perla 8, neues Hotel zwi­schen Meljine und Herceg Novi, obe­res Seg­ment in Sachen Preis und Leis­tung. Zim­mer in zwei Kategorien, drei ex­terne Ap­parte­ment­häuser. DZ 150 €, Lu­xus (mit ei­genem Jacuzzi, Terrasse etc.) 280 €, App. (bis 4 Pers.) ab 210 €. Šetalište 5 Danica 98, Tel. 031-345700, www.perla.me.

**** Hunguest Sun Resort 3, tolle Lage di­rekt an der Uferpromenade, fetziger Pool, um­fang­rei­ches Wellness- und Beauty-Pro­gramm. An­sonsten einigermaßen charme­frei­e Ho­tel­kettenatmosphäre, Zielgruppe des­ un­ga­ri­schen Betreibers sind zwei­fels­frei Pau­schal­urlauber. Das merkt man auch an der Preis­ge­staltung. Bei Spon­tan­bu­chun­gen­ werden Fan­ta­siepreise verlangt, mit einer Vorab­re­ser­vie­rung über die Web­site sind es nur selten über 500 €/Woche pro Per­son. Sveta Bubala bb, Tel. 031-321422, www.hunguesthotels.hu/de/hotel/herceg_novi.

**** Vila Aleksandar 11, allerfeinster Bucht­blick von den Terrassen der seeseitigen Zim­mer. Da macht es fast nichts, dass man auch mal wieder teilrenovieren könnte. DZ 100-150 € (HS nur HP). Sa­ve Kovačevića 64, Tel. 069-691147.

*** Hotel Igalo 1, riesiges 500-Betten-Haus mit angeschlossenem Gesundheitszentrum am En­de der Uferpromenade in Igalo. Zahl­reiche Well­ness- und therapeutische Ange­bo­te mit ärzt­licher Betreuung (im Paket ab 24 €/Tag), die Sauna ist für 5 €/Std. auch für Nicht-Ho­tel­gäste zugänglich. Große Konfe­renz- und Ver­an­stal­tungsräume. DZ 82-114 €. Tel. 031-658555, www.igalospa.com.

*** Hotel Aurora 12, liebevolles Kleinhotel in al­ten Bahnhof direkt am Jachthafen (s. u. Bi­fe Žalo), das auch noch zu wirklich kom­pe­titiven Preisen. Wo ist der Haken? Es sind nur 10 Zimmer, davon 4 Suiten. Lauf­kund­schaft hat in der Hochsaison wohl kei­ne Chance. DZ ab 130 €, Suite ab 210 €. Še­ta­lište 5 Danica 42, Tel. 067-552139, www.aurorahotel.me.

***** Lazure 13, die alte Quarantänestation abseits des großen Trubels in Meljine ist jetzt ein Top-Hotel mit eigenem Jachthafen. Zwar kann man die Gentrifizierung der Bucht von Kotor auch kritisch sehen, aber wenn schon Luxus, dann so: Was für eine geschmackvolle Um­nutzung eines historischen Komplexes! 24 klassisch-moderne Zimmer auf höchstem Kom­fort­niveau. Das kostet natürlich: DZ ab 280 €. Braće Pedišića bb, Tel. 031-781770, www.lazurehotel.com.

** Hotel RR 9, kleines Privathotel am ru­hi­gen­ östlichen Ende Herceg Novis, schlich­te, aber große Zimmer (2-er, 3-er und 4-er) mit Meer­blick. Geöffnet Anfang Juni bis Mit­te Sept. DZ 70 €. Meljine, Tel. 031-384123, www.rr-hotel.com.

Mein Tipp Kuća Spinnaker 4, Famili­en­pen­sion in Topla mit 3 Appartements (sehr groß!) und 8 Zimmern. Hübsch sind sie alle, nicht zu­letzt wegen des Wand­schmucks, Bilder und Grafiken einheimi­scher und internatio­na­ler Künst­ler machen das­ Haus zu einer Wech­sel­aus­stellung. Haus­herr Dragan war er­folgrei­cher Re­gat­ten­segler, heute macht er das beste Früh­stück an der ganzen Küs­te (Patronin Buba ist Deutsche). DZ ab 60 €, App. ab 90 €. Ul. Sv. Bu­bala 2, Tel. 031-323981, www.spinnaker.co.me.

Camping Camp Zelenika 2, direkt an der Küs­tenstraße gelegen, aber leicht zu über­se­hen: buchteinwärts gleich nach dem Tun­nel links hoch. Viel Grün, viel Schatten und­ bei Weitem nicht so laut wie zu vermu­ten.­ Ältester Campingplatz Montenegros (seit 1966), vom ADAC empfohlen, 80 Stell­plät­ze. Tel. 031-678631.

Essen & Trinken/NachtlebenKarte

Oberhalb der Badeplattformen entlang der 7 km langen Promenade besteht fast lü­ckenlos gastronomisches Programm. Natürlich kann man hier direkt am Wasser gut Fisch essen, aber die Mehrzahl der Betriebe gehört zur Pizza/Fast-Food-Frak­tion oder sind einfache Cafés oder Bars. Ganz ähnlich ist es am Trg Herceg Stje­pa­na in der Altstadt und am Trg Nikole Đurkovica unmittelbar davor, beson­ders abends sitzt man hier aber sehr schön in his­to­rischer Kulisse.

Restaurants Die Konoba Feral 14 am Jacht­hafen ist mein persönlicher Favorit im Gas­troreigen von Herceg Novi. Fisch und Mee­res­früchte ohne alberne Garnituren und Mätz­chen, gegart auf den Punkt. Lei­der teuer, unter 30 €/Pers. erfordert schon Zurückhaltung bei den Getränken.

Restoran Aquarius 15, im unteren Ge­bäu­deteil der Vila Aleksandar (gleicher Betrei­ber, aber kein Hotelrestau­rant). Sehr sach­kun­dig zu­bereitete und ungeheuer einla­dend an­ge­richtete Fisch­platten bringt ein tendenziell etwas lust­loser Service auf die große Terrasse. Nicht billig, Hauptge­richte um 15 €.

Konoba Skver 10, ein paar goldene Ster­ne auf den blauen Blazer gebügelt und schon fühlt sich auch der Gummibooteig­ner in dem Res­tau­rant über dem beschei­de­nen Hafen wie der Ka­pitän eines Luxus­cruisers - der Laden gehört nämlich zum Jacht-Club. Ortsübliches Angebot an Fisch und Seafood, aber sorgfältiger zu­be­rei­tet als bei den meisten Nachbarn.

Leut 16, richtig gute, authentische Fischküche zu bodenständigen Preisen in Meljine - den Blick auf den neuen Reichtum im be­nach­bar­ten Lazure-Komplex gibt’s umsonst dazu. An­geb­lich war der alte Küchenmeister früher ein berühmter Fernsehkoch, und in ei­ner ge­rec­h­ten kulinarischen Welt sollte er das immer noch sein.

Cafés Bife Žalo 12, unmittelbar am Jacht­ha­fen. Den alten Endbahnhof der Schma­l­spur­bahn ließ Emir Kusturica 2005 aufwen­dig­ und ge­schmackvoll restau­rie­ren. Im In­nen­raum hängen Bilder von Schülern sei­ner Kunst­aka­de­mie in einem ser­bi­schen Retro-Retortendorf. An­geblich hat der et­was schrille Meister - u. a. Kon­ver­sion vom Islam zur serbischen Or­tho­do­xie - den La­den wieder verkauft, gas­tro­no­misch aber ohne Konsequenzen.


Megajachtfreie Zone: der Sportboothafen von Herceg Novi

Mein Tipp Gradska Kafana 5, Nje­go­še­va 31. Der ganze Kaffeehaus-Charme des mor­biden öster­reichisch-un­ga­rischen Fin de­ Siècle, dazu noch ein tol­ler Blick hoch über­ dem Wasser­spie­gel. Gu­te Obst­ku­chen­ und ver­führerische klei­ne Creme­tor­ten-Ge­birge!

Belavista 7, Trg Herceg Stjepana. Sehr hübsches und authentisches Jugendstil-Am­bien­te im Innenraum, draußen sitzt man auf dem gelungen proportionierten Haupt­platz der Altstadt.

Nachtleben Epizentrum des Nachtlebens ist erstaunli­cher­weise der Uferabschnitt Igalos, das doch eigentlich mit seinem Kurortimage re­nom­miert. Aber vielleicht tanzt es sich nach der ab­gespritzten Fangopackung ja noch ent­hemmter. Elektro, Turbofolk und Wet-T-Shirt-Con­tests an jährlich umbenannten In-Adres­sen, Ende August gehen die Verstär­ker aber alle aus. In der Alt­stadt geht es in einigen hüb­schen Musik­kneipen, z. B. dem Porto­fino 6 hinter der orthodoxen Kir­che, deutlich ge­mä­ßig­ter zu.

Das Orjen-Gebirge

Die weißen und zum Teil bizarr ge­form­ten Karstformationen des 400 km2 gro­ßen Küstengebirges ragen bis zu 1894 m über die nahe ge­le­gene Was­ser­ober­fläche hinaus. Von den Ur­lau­ber­ström­en am Fuß der Berge völlig un­be­merkt, kommen hier alpines Erlebnis und mediterrane Ent­spannung ganz dicht zusammen.

Im Winter könnte man auf dem Orjen sogar Ski fahren, die besonderen Wit­te­rung­s­bedingungen sorgen ve­r­läss­lich für eine geschlos­sene Schnee­de­cke,­ während unten am Meer schon die Mimosen blühen. Ansonsten fällt der Niederschlag als Regen, und das in gewaltigen Mengen: Mit 5600 mm/Jahr hält Crkvice an der Grenze zu Bosnien den europäischen Regenrekord. Das vie­le Wasser von oben bleibt aber nur ganz kurze Zeit auf den Hängen des Orjen, im porösen Kal­zium­kar­bo­nat­ge­stein des dinarischen Rückens ver­sickert auch der letzte Tropfen um­ge­hend wieder im Fels. Deshalb sollten Wan­derer neben der obligatorischen Re­genjacke auch mindestens zwei große Was­serflaschen dabeihaben.

Gründlich bewässert, prunken die Ber­ge über der Boka denn auch mit tie­fen grünen Wäldern, ganzen Feldern wil­der Berg­blumen und im Herbst mit ei­ner enormen Viel­falt an Wild­pilzen. Ein dichtes und sorgfältig gepflegtes Netz von Wander­we­gen und Klet­ter­stei­gen eröffnet dieses Bergerlebnis auch Orts­unkun­di­gen und Un­ge­üb­ten. Aber auch die Extrem- und Spe­zia­lis­ten­fraktion findet ihre Betä­ti­gungs­fel­der - die geologische Disposition hat den Orjen über die Jahrtausende mit ei­nem riesigen Netz von Karsthöhlen durch­zogen. Speleologen (das sind Höh­lenforscher - war mir auch neu) kön­nen hier wochenlang durch dunkle Löcher krabbeln.

Die hervorragende Erschließung des Orjen geht vor allem auf die Pio­nier­leis­tung der Bergsportfreunde „Subra“ aus Herceg Novi zurück, die den Küs­ten­gebirgszug seit 1932 fast in Eigen­leis­tung erschlossen haben. Erst 2019 wur­de der Orjen in das Gesamtkonzept des Tourismus in Herceg Novi einge­bun­den und am Fuß des Massivs in Vrba­nje ein ständiges Basislager mit gas­tro­no­mi­scher Grundversorgung, Klet­ter­seil­gar­ten und wohl auch ei­ni­gen Über­nach­tungs­möglichkeiten ein­ge­richtet.

♦ Zum Recherchezeitpunkt lag leider noch Schnee (s. o.), und so konnten die neuen Ein­rich­tungen noch nicht in Augenschein ge­nom­men werden. Bevor man sich auf den Weg zur bos­nischen Grenze macht, empfehle ich einen Besuch im Informationsbüro in Herzeg Novi, Njegoševa 46 (gegenüber dem Kaffeehaus Gradska Kafana) und einen Blick auf die Website orjen.me.

Wanderung 1: Rundweg im südlichen Orjen

Angenehme Tour ohne Gipfel, für äl­tere Kinder problemlos mach­bar

Variante zur Wanderung 1: Auf die Subra

Herausfordernder Gipfelsturm, für Kinder nicht empfehlenswert

Die kleinen Küstenorte

Die steilen Hänge über der kringeligen Ufer­straße um die Bucht herum sind noch nicht völlig zugebaut, richtig viel fehlt allerdings auch nicht mehr. His­to­ri­scher Ballast drückt die wenigsten der klei­nen Orte, nett am Wasser sitzen kann man aber schon.

Njivice

Die kleine Feriensiedlung lag bis vor kur­zem am toten Ende Montenegros: Das Her­ceg Novi gegenüberliegende Ufer gehört bereits zur Halbinsel Prev­la­ka, und die war bis 2003 ein heftig um­strit­tener Zankapfel zwischen Kroatien und Mon­te­ne­gro. Die Fronten sind nun ge­klärt, die Randlage ist ge­blie­ben, und so ist Njivice heu­te ein Tipp für alle, die zwar das warme Bin­nen­klima, aber nicht den Rummel an der in Sichtweite lie­genden Strand­pro­me­nade schätzen (au­ßer­dem gibt es einen tol­len Blick auf den über Herceg No­vi gelegenen Ge­birgs­zug). Um das rich­tig genie­ßen­ zu kön­nen, sollte man al­lerdings in Njivice woh­nen: Der Zu­gang zum Wasser ist­ von den Grunds­tü­cken der Ferien­häuser blo­ckiert und Par­ken auf der sehr schma­len Straße durch den Ort nicht mög­lich. Alternativ kann man den Ba­de­be­reich­ auch mit einem mehrmals täglich zwi­schen dem Hotel Plaža und Njivice pen­deln­den Boot erreichen - vor allem für FKK-Adepten at­traktiv, da die Strände auf der­ Seite Herceg Novis entsprechende Areale nicht ausweisen, hier aber ein großer Teil­ für sie ab­ge­trennt ist. Für die Ganz­kör­per­bräu­nung steht aber weniger Tages­zeit­ zur Verfügung, denn die Sonnenscheindauer ist hier unten am Nordhang na­tür­lich kürzer, aber in den heißen Sommermonaten kann das sehr erholsam sein.

Übernachten **** Iberostar Herceg Novi, die gro­ßen­ Betonriegel wurden nach der Pleite des ehemaligen Hotels Riviera von der Iberostar-Gruppe übernommen und dem spanischen Bettenburg-Imperium einverleibt. Für Strandaale mit Ruhebedürfnis wahr­schein­lich ganz brauchbar - die Randlage hält den Trubel sehr effektiv ab. Der Blick auf Herceg Novi ist super (fast alle Zimmer meerseitig), die Liegeflächen sind gepflegt. Aber besser über einen Pauschalanbieter buchen, bei indi­vi­du­el­ler Buchung schon arg teuer: In der Hoch­saison DZ ab 250 €. Tel. 031-340782, www.iberostar.com/de/hotels/herceg-novi/iberostar-herceg-novi/.

An der (entsetzlich engen) Zufahrt zum Ri­vie­ra gibt es auch noch die Pension Palma, die­ nicht nur in älteren Reiseführern sehr ge­lobt, sondern auch von Lesern be­geistert emp­fohlen wird. Ruhig, hervorra­gende Kü­che, Dame des Hauses Deutsche usw. Wird­ schon alles stim­men, aber wa­rum knallt­ man mir dort immer die Tür vor der Na­se zu? Deshalb keine Kon­takt­anga­ben.

Zelenika

Der kleine Hafenort mag früher durch seine besonders üppige und dichte Flo­ra bestochen haben (zelen = grün), heute ist die vorherrschende Farbe das Grau der Hafenanlagen - Zelenika ist eine Durchgangsstation. Die Bade­strän­de, natür­lich betonierte Liegeflächen und so gut wie an jedem ande­ren Ort der äußeren Bucht - sind zur Hoch­saison dennoch knackvoll. Einige Knei­pen und Cafés säumen die Straße, ohne kulinarische Highlights zu bieten. Wer mehr Action will, kommt über die Ufer­straße schnell zu Fuß nach Herceg No­vi (ca. 3 km).

Der kleine Weiler Kuti einige Hun­dert Meter oberhalb von Zelenika war übri­gens Schauplatz der Entschei­dungs­schlacht gegen die türkische Be­satzung im Jahr 1687. Durch die Be­schreibung der Schlacht im Versepos Der Bergkranz des Dichterfürs­ten Petar II. Petrović Njegoš hat sich der Ort tief im kollektiven Gedächtnis der Mon­te­ne­griner festgesetzt. Als echter Li­te­ra­tur­freak kann man zur Einfühlung in die Landeskultur hinaufwandern und dabei die schöns­ten Verse rezitieren - zu se­hen gibt es freilich gar nichts.

Kumbor

Man sollte die Eigner von Megajachten ja für eine verschwindend kleine Grup­pe halten, aber die wird in Montenegro auf jeden Fall gut umsorgt - nach dem Su­perhafen in Tivat wird hier gerade mit aserbeidschanischem Kapital die nächste Riesenmarina ins Buchtufer pla­niert. Liegeplätze für Protzkähne bis 120 m Außenlänge, dazu Luxushotels, Luxusappartements, Luxusrestaurants. Dem Milliardär ist nichts zu schwär.

♦ 2020 waren die ersten Hotelzimmer be­zugs­fertig, die Preise für ein DZ in der Hochsaison lagen bei 400 € aufwärts. Kaufen kann man auch, hier fängt der Spaß bei einer halben Mil­lion an und hört bei 10 Millionen noch nicht auf. Tel. 031-355375, www.portonovi.com.

Đenovići und Baošići

Die zwei am Ufer mittlerweile nahtlos ineinan­der übergehenden Dörfer im wei­teren Verlauf der Küstenlinie der Bucht sind nur in den Sommermonaten be­wohnt, dafür dann richtig: Die schma­le Ufer­pro­menade mit den vor­ge­lagerten Badeplattformen ist dann leb­haft und wuselig bevölkert. Hier trifft man fast ausschließlich Urlauber aus Serbien und Bosnien, es geht laut und herzlich zu, ohne serbische Sprach­kenntnisse dürfte man sich aber etwas ver­lo­ren fühlen. Gewohnt wird für wenig Geld in Privat­zimmern oder klei­nen Fa­mi­lien­pensionen (bei 10 € be­ginnt schon die gehobene Klasse), die altserbische Ide­al­glei­chung „Ent­fer­nung Bett - Strand = 30 m“ kann hier meistens leicht erfüllt wer­den. Bis zum nächsten Restaurant ist es auch nicht viel weiter, und Selbstversor­ger fin­den in Sichtweite zahlreiche Mini-Märkte.


Der schnelle Weg nach Süden: die Fähre Kamenari-Lepetani

Bijela

Die großen Reparaturdocks der Werft do­minieren den kleinen Ort völlig. Hier wer­den die Traditionen des Schiffbaus und der Seefahrt, einst weltberühmte Do­mä­nen der Boka Kotorska, noch am Leben gehalten. Und das sogar recht pro­fi­ta­bel, denn we­gen des niedrigen Lohn­niveaus im Lande und der gut aus­gebilde­ten Fach­kräfte kann die Werft durchaus im harten inter­natio­nalen Wett­bewerb be­ste­hen. Aus dem Kreis der pittoresken Ur­laubs­orte ist Bijela damit natür­lich aus­ge­schie­den, aber der re­ge Verkehr der großen Schif­fe trägt zum Flair der Bucht durch­aus bei. Um die Was­ser­qualität braucht man sich angesichts des Werft­be­triebs­ übri­gens keine Sor­gen zu ma­chen: Das U­n­ter­nehmen ist nach strengen ISO-Nor­men zertifiziert.

Autokamp Zloković, am Ortsausgang Rich­tung Kamenari liegt der netteste Cam­ping­platz der Bucht von Kotor. Uroš und seine Frau betreiben den Platz in der zweiten Gene­ra­tion, sprechen Englisch und halten ihr Gelände gut in Schuss. Jetzt ist auch noch das prima Strandrestaurant Bura mit dabei. 3 Cam­per­ und ein Wohn­wa­gen kosten in der HS 27 €. Tel. 067-645023.

Kamenari

Der Ortsname ist von ser­bisch kamen ab­geleitet, was so viel heißt wie „Stein“, „Fels“ oder „Marmor“. Er ver­weist auf die Steinbrüche in der Um­ge­bung, de­ren rötlicher Stein an pro­mi­nen­ten Orten verwendet wurde: Große Teile der Stra­ßenpflasterung Venedigs stam­men aus den Brüchen von Ka­me­na­ri, und auch das­ Reiterstandbild vor dem Gebäude der UN in New York, ein Werk des kroa­ti­schen Mo­nu­men­tal­plas­ti­kers Antun Au­gus­tinčić, steht auf ei­nem So­ckel aus dem hie­sigen Ge­stein. Die meisten Rei­sen­den wis­sen das nicht, ihnen ist der Ort an der schma­len Taille der Boka nur als An­le­ge­punkt der Auto­fähre geläufig: Von hier ist es nur ein Kat­zensprung bis zum Ostuferhafen Le­pe­tani (s. u.). Die ge­ringe Distanz zwi­schen den beiden Ufern - an der engs­ten Stelle gerade ein­mal 200 m - wur­de üb­ri­gens bis in die Mo­derne auch für eine einfache, aber effek­tive De­fen­siv­maß­nah­me zur Ver­tei­di­gung des hin­te­ren Bucht­ab­schnitts ge­nutzt: Eine schwe­re Eisen­ket­te,­ die zwi­schen den Vor­sprüngen, auf denen heute die Leucht­feuer ste­hen, ge­spannt wurde, ver­wehrte po­ten­ziell feindlichen Schif­fen die Ein­fahrt nach Perast und­ Kotor.

Die schönste Aussicht auf die Meer­enge zwischen Kamenari und Lepetani und ei­nen­ geradezu dramatischen Blick auf Perast mit seinen beiden vor­ge­la­ger­ten In­seln hat­ man von der Kirche Sv. Nedjelje (1867) auf der be­waldeten An­höhe über dem Ort. Das schöne Pa­no­ra­ma wird sich freilich erle­digt ha­ben, wenn das ambitio­nier­te Vorhaben einer Brückenverbindung an­stelle der Fäh­re verwirklicht werden soll­te. Das Pro­jekt ist jedoch so bizarr teuer und ökologisch dermaßen bedenklich, dass seine Rea­lisierung noch in den Ster­nen­ steht.


Traditioneller Haustyp: die Konoba

Lepetani

Am gegenüberliegenden Ufer von Kamenari liegt das kleine Lepe­tani ver­träumt am Wasser - wenn nicht gerade wieder eine Fähre ihre Auto­fracht auf die­ schmale Uferstraße gespuckt hat. Viele kleine An­le­ge­buchten für die typischen Fi­sch­er­bötchen und die hübschen Natur­stein­häuser auf dem schma­len Streifen an der Meerenge geben dem Ort das ty­pi­sche Gesicht eines authentischen Fi­scher­orts der Boka. Man kann hier auch seine Ferien ver­brin­gen - bei ein­hei­mischen Ur­lau­bern­ ist der Ort durchaus beliebt -, aber der Verkehr besonders in der Tivat zu­ge­wand­ten Hälfte ist schon erheb­lich: Die kleinen Ro-Ros trans­por­tie­ren im­mer­hin über­ eine halbe Million Fahr­zeuge im Jahr über die Eng­stelle. Die müssen dann not­ge­drun­gen wei­ter­fahren. Soll­ten Sie zwi­schen zwei alten, stinkenden Last­wa­gen hier­ an Land kommen, war­ten sie eine Es­pres­so­länge in dem klei­nen Café an der An­legestelle auf ruhi­gere Stra­ßen.

♦ Wer nicht die landschaftlich und kulturell wirk­lich sehenswerte Route im Gegen­uhr­zei­ger­sinn rund um die in­ne­re Bucht nehmen will, son­dern einfach nur möglichst schnell nach Tivat oder wei­ter die Küste hinunter möchte, der spart mit der Auto­fähre min­des­tens 45 Min. Fahr­zeit (nach Kotor ist es allerdings auf der en­gen Straße über Sto­liv/Prčanj nicht sig­ni­fi­kant kürzer). Der Car­rier verkehrt ganz­jährig mit­ bis zu vier Schif­fen rund um die Uhr. Fuß­gänger und Rad­fahrer zahlen nichts, Autos kos­ten 4,50 €, mit Ca­ra­van 8 €, Motorräder 2 € und Wohn­mo­bile 9 €. Das Ti­cket kauft man­ in den klei­nen Holzhäu­schen am Pier, ei­nen der bei­den blass­blauen Zettel be­kommt der Ein­weiser bei der Auffahrt auf die­ Fähre.

Donja Lastva und Gornja Lastva

Ein schmaler Streifen kleiner Fischer­häu­ser aus dem­ 18. Jh., die hinter klei­nen Boots­anlegestellen auf die Tivatski zaliv bli­cken, for­men den net­ten, aber un­auf­fäl­ligen Vorort Donja (die Un­te­re) Las­tva. Oberhalb, in ca. 300 m Höhe über dem Meeres­spiegel, liegt das letzte noch be­wohnte Dorf ohne u­n­mit­tel­ba­ren Zu­gang zum Meer in der gan­zen Bucht: Gorn­ja (die Obere) Lastva ist­ ein in­tak­tes und authen­tisches Bei­spiel für ein ty­pisches Berg­dorf im monte­ne­gri­ni­schen Küs­ten­gebirge. Hier, auf halber Hö­he des Vrmac, der äußere und in­nere Bucht von­einan­der trennt, leben in den 53 Häu­sern (nach dem Zensus von 1565) aus­ dem 14. Jh. noch einige we­nige Menschen von Eigen­bedarfs­land­wirt­schaft. Die Grund­risse der Gebäude sind Mus­ter­beispiele für ur­sprün­gliche ko­nobe, gleich­zeitig als Lager- und Wohn­stätte genutzte bäuerliche An­wesen, aus denen sich spä­ter die ty­pi­schen Gast­häuser ent­wickelten.

Im 19. Jh. begann dann auch in Gor­nja Las­tva der Exodus, die ver­steckte Lage oben am­ Hang wurde zum ent­schei­den­den Nachteil und die Be­woh­ner migrier­ten in die pros­pe­rie­ren­den Gemeinden am Wasser. Anders als z. B. in Gorni Stoliv starb­ das Dorf aber nicht völ­lig, einige we­nige blieben - bis heute. Um die Erhaltung Gornja Lastvas kümmert sich schon seit langer Zeit ein Hei­mat­ver­ein, der die alte Ölmühle restauriert und auch intensiv an der Subs­tanz der alten Häu­ser­ gearbeitet hat.


Terrasse über Tivat: die Gostiona in Gornja Lastva

In den letzten Jahren ist die Bau­tätigkeit allerdings vermehrt bis aus­schließ­lich in Privatinitiative über­ge­gan­gen: Ganz offensichtlich wohl­ha­ben­de Bauherren haben den idyllischen Stand­ort für sich entdeckt und richten sich im lyrischen Ruinenidyll for­mi­dab­le Ferienhäuser ein. Ein gastro­no­mi­sches oder sonst wie touristisch ge­ar­tetes Angebot gibt es leider nicht, trotz­dem lohnt der Weg über die (ent­setz­lich enge!) steile Straße hier hin­auf.

Wenigstens eine Party gibt es: Am 1. Samstag im August steigt um den Dresch­boden - traditioneller Mittel­punkt des Dorflebens - vor der Kir­che Sv Marija die lastovska fešta, ein Som­merfest mit Wein, Folklore und Ge­sang. Und dann gibt es da noch die rührende Geschichte von der 80-jährigen Dorf­be­woh­ne­rin, die, obschon ein Leben lang das Mittelmeer vor Augen, noch nie im Meer­ ge­schwom­men ist. Wenn mein Serbisch einmal besser werden sollte und ich sie ver­stan­den habe, erzähle ich sie auch weiter.

Veranstaltungen Am ersten Samstag im A­u­gust wird mit klapa-Musik, Folklore­tän­zen und viel, viel rakija die Lastovska Fešta gefeiert.

Wanderung 2: Über den Vrmac

Leichte Tour über die Hügelkette zwischen äußerer und innerer Bucht

Tivat

Jahrzehntelang war die Stadt am Süd­ufer der äußeren Bucht so etwas wie die arme Stiefschwester des prunk­vol­len Kotor und des mon­dänen Herceg Novi. Tempi passati - das Geld ist da! Ein illuster-sinistres Investorentrio hat den verlotterten Militärhafen zu einem Luxusresort um­gebaut. Daneben wirkt die kleine Stadt nur noch wie ein Relikt vergangener Tage.

Aber immer noch scheint die Sonne über Tivat - mehr als über jeder an­de­ren Stadt der­ Boka Kotorska. Wenn der Him­mel über dem Lovćen schon Blitze und Sturzre­gen­ auf die Palazzi Kotors schleudert, ist es in Tivat im­mer noch son­nig und warm, und­ so blü­hen und wachsen um das - selbst­re­dend nie­ten­na­gelneue - Rathaus mit der­ Rauch­glas­fassade Mimosen, Pal­m­en und Zi­tro­nenbäume. Der Eh­ren­name „Blu­menstadt“ wird ja nicht um­sonst ver­lie­hen.

Trotzdem ist Tivat den meisten Mon­te­negro-Reisenden wohl eher aus in­fra­struk­tu­rellen Gründen bekannt: Der klei­ne Flughafen am östlichen Ende der Stadt schlägt den Haupt­stadt­airport nach wie vor mit seinen Pas­sa­gier­zah­len; hier landen im­ Hoch­sommer die Chartermaschinen - nicht nur aus Russ­land - in gera­dezu frank­furt­schen Takt­abständen.

Tivat hat den Urlaubsort in den Ge­nen, seine Substanz geht zurück auf die Bau­tä­tig­keit reicher Familien aus Ko­tor, die hier im 16. und 17. Jh. den im See­han­del er­wor­benen Reichtum für Som­mer­häus­chen verjuxten und einige hüb­sche Re­nais­san­ce­bauten hinter­lie­ßen. Die Ge­schich­te Tivats reicht kaum wei­ter zu­rück, und so gilt­ die Stadt un­ter His­to­ri­kern als die jüngste Ansied­lung der Boka, erst seit dem spä­ten Mit­tel­alter wird Tivat als zusam­men­hän­gen­der Ort in den Annalen geführt. Jen­seits der Som­merfrische sind enge Ban­de zwi­schen Tivat und Kotor ein Phä­no­men­ recht jungen Da­tums, der Weg über Lepetani und Prčanj am Ufer ent­lang war r­e­lativ weit und über den Berg doch sehr mühsam, erst der Ver­bin­dungstun­nel durch den Vrmac (1992) hat die nur ca. 5 km Luftlinie ent­fern­ten Orte enger zu­sam­men­ge­führt.

In der angrenzenden Grbalj-Ebene haben sich ei­nige mit­tel­stän­di­sche­ Ge­werbe­betriebe angesiedelt, die - neben der Werft in Bjela - die meisten Ar­beits­plätze in der Region anbieten. Man lebt also nicht vom Touris­mus allein. Wie lange sich aber durchschnittliche Erwerbsbürger - Bewohner wie Besu­cher - Tivat noch leisten können, ist frag­lich. Das schicke Retortendorf um den Prunkhafen entwickelt enorme Strahl­kraft, und mittlerweile sind auch die letzten Hotelkästen aus sozia­lis­ti­scher Vorzeit entweder eingeebnet oder luxussaniert worden. Tivat wird teuer.

Sehenswertes in Tivat und auf den Inseln in der Tivatski Zaliv

Ljetnjikovac Buća-Luković: Die Som­mer­residenz der Familie Buća aus Kotor ist das ein­zige erhaltene Renais­sance­bau­werk in Tivat. Die Inschrift am do­mi­nie­renden Haupt­turm datiert das äußerst stattliche Ferienhäuschen auf das Jahr 1548 und meint­ damit wahr­scheinlich den Baubeginn, da die zuerst fertig­gestellten funk­tio­na­len Elemente des Anwesens - Turm, Gesindehäuser, Ver­sorgungsbauten - noch ei­nige spät­go­tische Elemente zeigen. Die Fami­lien­kapelle hingegen, zeitlich der Ab­schluss des Ensembles, ist klar der nach­fol­gen­den Epoche zuzuordnen. Der hohe Stand der Handwerkskunst in der Bucht von Kotor lässt sich unter an­de­rem daran ab­lesen, dass mit Meister Vin­cencije aus Lastva ein Architekt aus der Gegend die Bau­arbeiten leitete. Die große Gartenanlage mit 130 Re­lief­säu­len musste im spä­ten 19. Jh. im We­sent­lichen einem Trockendock wei­chen, der verbliebene Teil dient heu­te als Bühne im Kultursommer von Tivat. Das Familienhaus, ursprünglich zwei­ge­schossig und später um eine Etage er­weitert, beherbergt heute eine Ga­lerie. Der Erbauerfamilie Buća gelang der Sprung vom ständisch geprägten Patri­zier­ge­schlecht zur Kauf­manns­fa­milie nicht, verlor deshalb im späten 17. Jh. massiv an Ein­fluss und Geld und musste ihre Sommerfrische an die auf­stre­ben­den Luković ver­kaufen. Ein Hauch von Buddenbrooks an der Adria.

Zbirka pomorsko nasleđa: Der Mi­li­tär­hafen ist zwar jetzt weg, aber im Porto- Mon­tenegro-Budget gab es wohl auch einen Kulturposten, und so erinnern in einer sehr aufgeräumten Halle ge­gen­über des spacigen Purobeach Clubs ei­ni­ge Exponate an die langen, ruhm­rei­chen maritimen Traditionen der Boka Kotorska. Prunkstück ist natürlich ein richtiges und vollständiges U-Boot, die P821 aus der Heroj-Klasse - der eins­tige Stolz der jugoslawischen Kriegs­ma­rine. Nach dem Untergang des Tito-Staa­tes lag die kleine Unterwasserflotte (drei Schiffe) recht nutzlos in den ei­gens für sie in die Luštica gefrästen Lö­chern fest (von der Magistrale in Höhe Baosiči noch gut zu erkennen), dann ver­zichtete der Nachfolgestaat in eh­ren­haftem Pa­zifismus auf den Unter­halt von Angriffswaffen; das Zähne­klap­pern der Nach­barn­ vor der ge­wal­ti­gen Streitmacht unter dem Mee­res­spiegel hatte ein Ende.

♦ In der Hauptsaison täglich geöffnet, Eintritt 2 €, erm. 1 €.

Manastir Sv. Arhangela Mihajla: Die er­hal­ten gebliebenen Fundamente des ortho­do­xen Erzengel-Michael-Klosters, das über einer benediktinischen Gründ­ung von ca. 900 erbaut wurde, verwei­sen auf einen sehr frühen Ab­schnitt der Geschichte Mon­te­negros: 1346 wurde der Sitz des Metropoliten der Zeta (mon­tenegrinischer Vor­läuferstaat, → Geschichte) auf die Prevlaka, die erste der drei Inseln vor Tivat, verlegt. In der turbulenten Zeit nach dem Tod des Kaisers Dušan wurde es dem Kir­chenoberhaupt bald zu ex­po­niert, und so zog er mit seinen Mön­chen in die weit entfernte Krajna (Kroatien), bereits 1461 war das Kloster völlig verlassen. Dem gut erkennbaren Grundriss der Hauptkirche sieht man den typischen Duklija-Stil der Abtei noch deutlich an; ein großes Mit­tel­schiff, das von zwei innen konkav und außen rechtwinklig geformten Seiten­häu­sern flankiert wird. Um die Ruinen auf der auch als ostrvo cvijeća (Blu­men­insel) bezeichneten Halbinsel grup­pie­ren sich heu­te zahl­reiche Fe­rien­häuser, die zum großen Teil noch von Flüchtlin­gen be­wohnt wer­den.

Sveti Marko: Die zweite und größte der Inseln in der Tivatski zaliv war bis zum Be­ginn des Embargos 1992 eine der großen Hoffnungen auf eine goldene touris­tische Zu­kunft. Hier unterhielt der Club Med eine große Ferienanlage, die ein­zige in Mon­tenegro. Mit dem Be­ginn des Bürgerkriegs blieben die Gäste von heute auf mor­gen fern, und der In­vestor gab das Projekt auf und ist bis heute nicht zurück­ge­kehrt.­ Die ma­lerisch vor sich hin gammelnden Stroh­hütten sind nur für Schwim­mer­ zu er­reichen: ungefähr 130 m liegen zwi­schen Prevlaka und Sveti Marko.

Crkva Gospe od Milosrca: Mehr als die Hälfte der kleinsten Insel Otok, insge­samt kaum­ länger als 200 m, wird von einer Klosteranlage eingenommen. Nach­weislich pfleg­ten hier zuerst Be­ne­dik­ti­ner das monastische Leben (um 1400), kurz darauf über­nahmen die Fran­zis­kaner das Kloster (bis ca. 1900), auf die, nach vielfachen Zer­störungen im Lauf der Jahrhunderte, auch die heuti­ge Gestalt der Anlage zu­rück­geht. An­schlie­ßend fiel die Sakralinsel an das bischöf­li­che Ordinariat Kotor, heu­te ge­hört es den Jesuiten. Be­su­cher­ver­kehr wird geduldet, aber nicht be­geistert be­grüßt - gelegentlich steuert ein Aus­flugs­boot die Insel an. Wer aber Ein­kehr und As­kese sucht, kann sich mit den Mönchen auf die Überlassung ei­ner der kleinen ko­nak (Be­su­cher­hüt­ten) auf dem Gelände einigen. Prunk­stück der kleinen Kirche ist­ der mittel­al­terli­che Altar.

Solila: Ein System von Kanälen und Drai­nagen in der östlich an Tivat gren­z­en­den Ebe­ne diente wahrscheinlich schon in griechischer und römischer Zeit der Salzge­win­nung. Heute ist das sump­fige Marschland ein bedeutender Le­bens­raum für vie­le­ Vogelarten (u. a. Fla­mingos) und seltene Pflanzen. Bei der ehe­ma­ligen Salzge­win­nungs­anlage fällt ein beliebter Sandstrand flach in die Bucht.

Porto Montenegro: Ein Parkplatz für Oleg, Roman und die ande­ren

Schreckschock! Kein Platz für die Superjacht - so konnte das nicht bleiben. Peter Munk,­ ein kanadischer Goldmogul, die Rothschilds und der französi­sche Super­rei­che­ Bernard Arnault haben den Hut herumgehen lassen, und die Kopfbedeckung muss ziemlich groß gewesen sein, denn die neue Luxus­ma­rina gehört wie von rei­cher Hand geplant in die Champions League der An­kerplätze am Mittelmeer. An der Jetty A haben Kähne bis 250 m Außen­län­ge Platz und auch die anderen Molen wer­den nur vereinzelt aus der Holz­klas­se des Urlaubs­boots­baus angesteuert. Für den­ wasserscheuen Geldadel hat man mehrere Apparte­ment­anlagen errichtet, die ei­nen Hauch von Hei­mat­gefühl vermitteln: Genau so sieht’s in Oberföhring auch aus! Die da­zu­ge­hö­rige Einkaufslandschaft erinnert den westeuropäischen Schnäpp­chen­jäger an die Retortenshoppingdörfer an un­seren Autobahnen, und eine Sushi­bar gibt es auch.

Der Sprit ist steuerfrei, aber trotzdem ist für die Kommune etwas hängen ge­blie­ben: Die Feuerwehr hat sieben glänzende neue Löschfahrzeuge bekom­men und der ehe­mals trubelige und billige Grüne Markt ist in eine stim­mungs­volle Tiefgarage um­gezogen, wo man nun kümmerliche Hum­mer­in­fan­ten für viktua­lien­mark­tige 50 €/kg verkauft. Darüber wölbt sich der neue Orts­kern in der Äst­he­tik der Fuß­gän­gerzone Mannheims. Das Geld ist da!

Ein detaillierter Überblick über die Ein­rich­tun­gen des schnieken neuen Re­sorts sprengt die Möglichkeiten dieses Bu­ches. Durch­flanieren kostet aber er­staun­li­cher­wei­se nichts und die Web­site www.portomontenegro.com lotst ei­nen natür­lich zu­ver­lässig von Prada über Rolex zum Bio­su­per­markt. Wenn es noch nicht zur feschen Ei­gen­tums­woh­nung im Edel­ghetto oder zur ei­ge­nen Jacht gereicht hat, kann man sich im­ Regent Hotel ein biss­chen wie Graf Koks­ fühlen - das geht schon ab 225 € pro Nacht.


Ein Superjacht-Haiku: Mein Reichtum ist schön, Mädchenschöße duften, gib immer mehr aus

Ausflug in die Grbalj-Ebene

Hinter dem Flughafen streckt sich zwi­schen Luštica und Lovćen die frucht­ba­re, aber für den Reisenden ziemlich er­eig­nislose Grbalj-Ebene. Autofahrer fin­den hier ei­ne der wenigen Geraden des Landes über 500 m Länge, sollten den dadurch aus­ge­lösten Schnell­fahr­re­flex aber unterdrücken - viele unter­be­schäftigte Polizis­ten mit­ handlichen Radargeräten lauern am Wegesrand!

Oberhalb des Dorfes Lastva liegen unter den Ruinen des Klosters Pod­lastva die Über­reste einer der ältesten christlichen Kultstätten der östlichen Adria. Von der frü­hen Basilika (am ge­nauen Alter rätseln die Archäologen noch) ist nur noch ein Teil des Boden­mo­saiks erhalten. Der später errichtete Klos­terbau stammt in seinen Grund­zü­gen aus dem 14. Jh., wurde aber häufig ge­plündert und zerstört, sodass der Kom­plex mehrfach komplett neu er­rich­tet wurde. 1427 fand auf dem Klos­ter­ge­lände die konstituierende Ver­samm­lung des grbaljski zakonik statt - die Stämme der­ Umgebung ga­ben sich damit ein geschriebenes Statut.

Praktische Infos

Information Seit jeher gut organisiert zeigt­ sich die TO in der Palih boraca 8 (ca. 100 m oberhalb des Piers). Reichliches und er­giebiges Informationsangebot, kenntnis­reic­he und freund­liche Mitarbeiter.

Verbindungen Der Flughafen Tivat (Kür­zel TIV, www.montenegroairports.com, Tel. 032-670960) wird vor allem von Charterflie­gern­ fre­quen­tiert, Linienflüge bieten vor al­lem ost- und süd­osteuropäische Ge­sell­schaften an, seit 2017 gibt es auch ei­ne Verbindung nach Düs­sel­dorf (Euro­wings).

Der Busbahnhof befindet sich auf halber Strecke zwischen Ortskern und Flughafen. Tägl. von 7 bis 21 Uhr 8 Linienbusse nach Podgorica sowie lokale Verbindun­gen.

Apotheke Ul. 21.Novembra neben dem Re­staurant Montenegrino.

Ärzte Der dom zdravlja befindet sich im Stadtpark am jadranski put, Tel. 032-671144.

Ausflüge Vom Hafen starten in den Som­mermonaten jeden Morgen um 10 Uhr Aus­flugsboote nach Žanjice, Mamula und zu Zielen in der Boka, 15-30 €/Pers.

Einkaufen Tivat lebt immer noch mit und vom Meer, das merkt man an den Fachge­schäf­ten für Tauch- und Bootsausrüstun­gen in der Moše Pijade (gegenüber Hotel Mi­moza).

Fahrradverleih Völlig einzigartig im Fahr­radentwicklungsland Montenegro ist bike­ti­vat, ein Bikesharing-Angebot (ab 5 €/Tag). Tel. 032-671323, www.tivat.travel.

Geld Mehrere Banken (auch mit EC-Auto­mat) in der Palih Boraca gleich beim TIC.

Post Die Hauptpost befindet sich in der ul. 2. Dalmatinske Brigade am Markt.

Sport Im Stadtpark hinter Porto Monte­negro liegen öffentlich zugängliche Fußball, Bas­ketball und Tennisfelder. Der JK Tribe­lan offeriert Segel- und Surfunterricht und ver­leiht entsprechendes Material (Tel. 068-373200). Eine Tauchbasis unterhält der Ronilaćki Klub (RK) Neptun-Mimoza, Tel. 069-044225.

Veranstaltungen Während des Kultur­som­mers von Tivat zeigt die Freilicht­bühne des ljetnja pozornica (Sommerthea­ter) in der Buća-Luković-Villa Theater- und Bal­lettauf­füh­rungen international renom­mier­ter Grup­pen, auch Open-Air-Kino gibt es re­gel­mäßig. An­fang August findet in den Stra­ßen Tivats eine große kulinarische Party mit Fisch, Wein und Meeresfrüchten statt.


Übernachten

1 Hostel Anton 6 Hotel La Roche 7 Hotel Aurora 8 Hotel Splendido 9 Hotel Villa Royal

Essen & Trinken

3 Al Posto Giusto 4 Rest. Montenegrino

Nachtleben

2 Purobeach 5 Prova

Übernachten Tivats Hotelangebot ist wie die ganze Stadt massiv auf dem Weg ins oberste Seg­ment. Die alten Betonschachteln sind jetzt weg, nur noch um den­ alten (!) Bootshafen gibt es einige nette Privathotels. Für Pri­vat­zim­mer gilt: In zweiter Reihe oder gar etwas den Berg hin­auf sind sie keineswegs schlech­ter, nur deut­lich billiger - der serbische Strand­-Aal läuft nicht gern zum Sonnenbad.

**** Hotel Villa Royal 9, gepfleg­tes klei­nes Hotel hinter dem Hafen, große Ap­par­tements mit Balkon, AC und Sat-TV. Ho­tel­strand. DZ 110 €, App. (3 Pers.) 160 €. Ka­li­manj bb., Tel. 032-675310, www.rotortivat.com.

**** Hotel Splendido 8, gehört zur Villa Royal und in etwa die gleiche Leistungs­klas­se. Die etwas schwächere Lage näher zur Straße begründet den Preisvorteil. DZ 80 €. Tel. 032-671077, www.rotortivat.com.

*** Hotel Aurora 7, 72 Zimmer in relativ neu­em Privathotel, etwas von der Uferlinie zu­rück­gezogen und unmittelbar am Boots­ha­fen, Restau­rant mit großer Ter­rasse, Ex­kur­sio­nen, Autovermietung, Re­ser­vierun­gen über eigenes Rei­sebüro. Zimmer mit AC und Sat-TV. DZ ab 80 € (Halb­pension, kein Ü/F). Kali­manj bb, Tel. 069-350799.

Ivans Opa hieß Anton und deshalb hat er seine Her­berge Hostel Anton 1 ge­nannt. Dort steigt in den Kernmonaten eine in­ternationale Dauerparty (10 % Ermäßi­gung­ für Musiker). Wenn’s auf Ruhe nicht an­kommt, also schnell ein paar Gitarren­grif­fe lernen. Oben am Hang, etwas schwer zu fin­den, vielleicht besser ein Taxi nehmen. Bett 11 €, Zimmer 27 €. Tel. 069-261182, www.hostelanton.com.

Camping Schlechte Karten: Der nächste Stellplatz findet sich in Bijela (s. dort).


Grandezza aus der Retorte: das Hotel Regent im Porto Montenegro

Essen & Trinken Mit den höheren Weihen des Luxus gesegnet, hat sich natürlich auch die kulinarische Landschaft Tivats recht drastisch geändert. Für den großen Hunger zum kleinen Preis empfiehlt sich eher ein burek aus einer Bäckerei im Stadtkern. Ge­ho­bene Gas­tro­an­sprüche befriedigen natürlich die Restaurants des Porto Montenegro, al­ler­dings mit dem Lo­kal­kolorit einer Starbucks-Filiale.

Auch das ehrwürdige Hotel Palma, über Jahr­zehn­te in den Katalogen der deutschen Pau­schal­anbieter, firmiert nach Verkauf und Kern­sanierung jetzt als Hotel Roche 6 und ope­riert auf sehr hohem Niveau. Die Speisekarte be­setzt alle Positionen der Topgastronomie von Wagyu bis Stopfleber, die Weinauswahl ist ein­d­rucksvoll. Die Preise sind es auch, mein Tipp für Mietlinge in preiswerten Ferien­woh­nun­gen ist das richtig tolle Frühstück - das kriegen auch externe Gäste für nicht eben feile 14 €.

Wenn’s mal wieder schmecken soll wie beim Szene-Italiener zu Hause, dann ins Al Posto Giusto 3 an der Prunkpier des Porto Mon­te­negro. Ist auch genauso teuer, aber der Blick auf die blitzenden Nobelpötte ist min­destens eine Wucht, die Pizza eben­falls.

Das Restaurant Montenegrino 4, ul. 21. No­vembra, offeriert einen Querschnitt der ver­schiedenen Küchenstile Montenegros auf gu­tem Niveau, allerdings ist der Gast­raum nicht schön, und eine Terrasse gibt es auch nicht. Hauptgerichte 8-12 €.

Nachtleben Am nordwestlichen Ende des Stadt­strands nimmt man seinen Sun­downer jetzt im Prova 5, einer Lounge in Schiffs­rumpfform, was zu knabbern gibt es auch. Reiche-Leute-Gucken - aber nicht in den No­bel­pool hupfen, der ist nur für Mit­glie­der - geht am besten im Purobeach 2 auf dem Ge­lände des Porto Monte­negro. Die De­pen­dance des wahlweise legen­dä­ren oder be­rüchtigten Schicki-Clubs in Mal­lor­ca verspricht Events mit, klar, inter­na­tio­nal­ renommierten Top-DJs. Schon irgend­wie dekadent, aber op­tisch echt der Knal­ler!

Die Halbinsel Luštica

Schwer zu sagen, wo Montenegro am schöns­ten ist, aber die lange Hügelkette von der­ Grbalj-Ebene bis nach Rose ist ganz sicher ein heißer Tipp. Sand- und Fels­strand, tief eingeschnittene Buch­ten zwischen steilen Bergflanken, klei­ne Weiler und Einsiedlerhöfe, skurrile Rui­nen österreichisch-ungarischer Ver­tei­di­gungs­anla­gen­ und ganz viel grüne und krabbelnde Natur machen die Land­zunge zu einem Aus­flugsziel der ers­ten Kategorie.


Die finstere Insel: Hochseeknast Mamula

Allerdings sind die Reize der Luštica auch den Großinvestoren nicht ver­bor­gen geblieben, und so ist ein Rie­sen­pro­jekt - das Retortendorf Luštica Bay - schon recht weit fortgeschritten und ein anderes - die Umgestaltung der Festungsinsel Mamula zum Hy­per­lu­xus­resort - schwer in Arbeit. Auch um die ungeheuer malerische Bucht von Žanjice hat sich in den letzten Jahren viel getan, der Status „Geheimtipp“ ist nicht mehr wirklich angemessen.

Einsam ist es nur noch in den klei­nen Weilern hoch oben am seeseitigen Berg­rücken; an den Stränden und in den Buchten der Halbinsel herrscht in der Hochsaison lebhafter Betrieb, dafür sorgen die vielen Ausflugsdampfer und Tauchexkursionen, die die malerische Küs­tenlinie ansteuern. Einsame Ba­de­buc­hten findet man, wenn überhaupt, nur noch mit dem eigenen Boot. Immer noch ist es bemerkenswert schön auf der Luštica, aber wie lange die Halb­in­sel den ungehemmten Bauboom noch un­beschadet übersteht, ist eine der kri­ti­scheren Fragen in der Touris­mus­ent­wicklung des Urlaubslands Monte­ne­gro.

Orientierung Mit der Erschließung der Luš­ti­ca durch die finanzstarken Player ist der Weg auf die Halbinsel deutlich einfacher geworden, zumindest bis zur Kunstsiedlung Luštica Bay ist er gut ausgeschildert und weitgehend neu as­phal­tiert. Erst dahinter, auf der Fahrt zur See­seite, sind es noch die engen und winkligen Sträßchen aus der Frühzeit des altjugos­la­wi­schen Straßennetzes, über die man sich durch die dichte Vegetation bis zur offenen See krin­geln muss. Das hört sich abenteuerlicher an, als es ist - richtig verfahren kann man sich auf der nur spärlich besiedelten Halbinsel eher nicht. Gehobene Aufmerksamkeit ist trotzdem an­gezeigt, steht doch immer wieder über­raschend Nutzvieh träge wiederkäuend auf dem Fahrweg.

Nordseite (Buchtufer)

Tivat gegenüber liegt eine mittlerweile zu­sammen­gewach­se­ne Siedlungskette von Fischer- und Ferienhäusern. Ihren Char­me entfaltet die Luš­tica hier al­ler­dings noch nicht. Für wirklich ganz schlan­kes Geld kann man hier aber­ di­rekt beim Erzeuger Muscheln kaufen - ach­ten Sie auf skolkje- oder mušlje-Schil­der an den Hauseinfahrten, für 4-6 €/kg gibt es hier unschlagbar frische Ware di­rekt von den vorgelagerten Mu­schelbänken. Die meisten Bade­platt­for­men in die­sem Bereich gehören zu den da­rüber liegenden Wochenend- und Fe­rien­häusern (ei­nige vermieten auch Zim­mer und Appartements) und sind des­halb nicht öffent­lich­ zugänglich.

Übernachten Hotel Anderba, sehr hübsch di­rekt am Wasser der Bucht ge­le­ge­nes Klei­n­ho­tel. Die Zimmer könnten grö­ßer und lu­xu­ri­ö­ser sein, aber wer interes­siert sich für den Grund­riss, wenn sich mor­gens die Gipfel des Or­jen im Was­ser der­ Bucht spiegeln? DZ 85-100 €. Krašići bb. (di­rekt an der Uferstraße), Tel. 067-553363.

Mein Tipp Essen & Trinken Ko­no­ba Mae­s­tral, das Res­taurant in Krašići (an der Straße nach Ro­se) mit großer Ter­ras­se am Wasser offe­riert die gängigen Pro­dukte der Bucht von Tivat und auch die nicht so gän­gi­gen: Zube­reitet wer­den auch za­branjeni skolkje, also „ver­bo­te­ne“ Mu­scheln und damit sol­che, deren Fang aus land­schafts­schütze­ri­schen Grün­den (sie müs­sen vom Uferfels gemei­ßelt wer­den, ver­mutlich En­ten­mu­scheln) un­ter­sagt ist. Sie­ sind zwar mit ca. 15 €/Portion (ste­hen aus nach­voll­zieh­baren Grün­den nicht auf der Karte, nachfragen!) ungefähr doppelt so teuer wie Mies­mu­scheln, lohnen aber das­ schlech­te Öko-Ge­wissen. Tel. 032-677814.

Zwischen Krašići und Rose

Am Ortsende von Krašici geht es bis auf 400 m bergauf bis­ an die Spitze der Halb­insel. Hier oben hat man einen fantasti­schen Run­d­um­blick­ auf die Adria, die Becken von Tivat und Her­ceg Novi und die dicht bewach­se­nen­ Hän­ge der Luštica, aus denen ab und zu ein Kirchlein ragt. Mehr Mit­telmeer wä­re eine Fälschung.

Rose

Nur wenige Häuser um den winzigen Hafen bilden den Kern des kleinen Orts, der im 18. und 19. Jh. als Zoll- und Qua­rantänestation für die ganze Bucht von erheblicher administrativer Be­deu­tung war. Die wunderbaren Kapitäns­häuser vor allem im hinteren Teil der kurzen Uferpromenade zeigen, dass bei der Wahr­neh­mung die­ser hoheitlichen Auf­gaben durchaus etwas für die Be­woh­ner ab­ge­fal­len­ sein muss. Hin und wie­der füllt ein Ausflugsboot die bei­den konobe an der Mo­le, wenn sie wie­der abgelegt haben, herrscht hier an der Spitze der Halbinsel ex­klu­si­ve Ruhe. Das schätzen wohlhabende Belgrader Kreative und andere Stützen der Ge­sellschaft, die den Quadratmeterpreis in Rose auf ein montenegrinisches Hoch ge­trie­ben haben.

Der lebhafte Schiffsverkehr über Jahr­hunderte hat Rose außerdem zu ei­ner belieb­ten Tauchdestination ge­macht: neben den großen Koral­len­fel­dern lockt besonders das in 32 m Tiefe lie­gende Wrack der die Galja die Press­luft­frak­tion auf den Mee­res­grund in der breiten Buchteinfahrt. Welch enorme strategi­sche Bedeutung die Ein­fahrt in die Bucht einst hatte, lässt das große Ge­schützfort der Österreicher et­was außerhalb an der Zufahrtsstraße erken­nen. Von hier konnte der gesamte Küs­ten­bereich effektiv kontrolliert werden, zur Durchsetzung des Machtanspruchs la­gen Kanonen mit dem gewaltigen Kaliber 520 auf den Lafetten.

Privat­zim­mer gibt es in Rose nur sehr we­ni­ge, die alt­eingesesse­nen Gäste sind ger­ne unter sich. Mit ein bisschen Spürsinn finden sich auf den einschlägigen Websites (airbnb, Tripadvisor) aber einige echte Pretiosen - das schnucklige Kapitänshaus ganz links an der Mole ist zu haben. Billig ist das aber eher nicht, 3000 € pro Woche muss man schon rechnen.

Forte Rose, die kleine Befestigungsan­lage am­ Nordende des Hafens war bis vor Kur­zem noch ein überdurchschnittlich kom­for­ta­bles Surf­camp, aber die Gäste in Neo­pren sind jetzt von einer eher behäbigen Klientel verdrängt wor­den. Nach eigenen An­gaben freut man sich jetzt vor allem auf reiche Russen. Deshalb ist die Anlage auch zum Resort aufgewertet wor­den und man hat kräftig an- und umgebaut. Die kleinen Stroh­hütten sind durch Natur­stein­bau­ten er­setzt worden (ab 90 €) und für den ge­ho­be­nen Schlafkomfort gibt es die neue In­fi­nity Fortress (ab 230 €). Optisch ist alles schon noch sehr schnuckelig geblieben, aber in frü­he­ren Jahren habe ich mich deut­lich mehr will­kom­men gefühlt. Tel. 067-377311, www.forterose.me.

Im Fort kann man natürlich auch schnieke essen, aber externe Gäste sind im Konzept nur­ so mittelmäßig vorgesehen. Deutlich billiger und auch recht gut sind die Konoba Ara­gos­ta und die Konoba Adriatic wenige Me­ter hinter der Anlegestelle.

Žanjice/Mirište

Hat man erst einmal hergefunden, weiß man beim Blick auf das ko­balt­blaue Wasser in dem flachen Meeres­ein­schnitt, warum man sich die Tour über die kleinen Sträß­chen samt Nutz­tier­slalom um Kühe, Schafe und Ziegen an­ge­tan hat. Vor einem wilden Oli­ven­hain streckt sich ein strahlend weißer Kie­sel­strand, und zwei vorgela­gerte klei­ne Inseln bewachen den Zu­gang zur Bucht. Viele hal­ten Žanjice für den schönsten aller Strände Monte­negros, und ent­spre­chend ist auch der Betrieb - aller idyllischen Ab­ge­legenheit zum Trotz. Am flacheren öst­li­chen Ufer hat sich eine beträchtliche Menge von Strand­cafés und Bars angesiedelt, ein großer Teil der Liegeflächen ist mit - ge­bührenpflichtigen - Strandliegen und Süß­wasserduschen bestückt. Wei­ter vor­ne zum offenen Meer wird das Ufer fel­siger und­ die Belegungsdichte gerin­ger.


Die blaue Bucht von Žanjice

In Mirište, einer Landzunge am Bucht­eingang, steht die monumentale Ruine eines ös­ter­reichischen Ver­teid­i­gungs- und Beobachtungspostens. Ein Teil des unteren Trep­pengangs fehlt, aber mit ein bisschen Klettergeschick kann man bis auf das Dach­ des Trutz­baus steigen. Das Gemäuer ist aber schon reichlich bröselig und die Trag­fä­hig­keit der Stockwerke eher spekulativ, d. h. völlig gefahr­los ist die Kletterei nicht. Trotz­dem: die Aussicht ist toll.

Manchmal (meist ist das Sperrgitter am Zugang verschlossen) dümpeln vor dem Strand­ Segeljachten, Offshore-Racer und Jet-Skis - Haupt­sache ge­rin­ger Tief­gang: Auf dem Grund der Bucht ist von unachtsamen Kapitänen schon so eini­ges­ an Tonnage versenkt wor­den, unter anderem zwei Patrouil­len­boo­te sind wun­der­bare Ziele für Tau­cher, das nötige Equipment ver­leiht der Tauch­club vor Ort.

Žanjice ist ein Pflichtstopp auf der Route aller Tagesausflugsboote aus Budva und der Bucht von Kotor, eine weitere spektakuläre Haltestelle ist die ca. eine Seemeile wei­t­er östlich lie­gen­de Plava Špilja (Blaue Grotte). Durch den unter­ir­dischen Licht­einfall leuch­tet das Wasser hier noch einmal blauer als in der ohnehin schon schwer­ post­kar­tenverdächtigen Bucht. Die ge­räu­mi­ge Aus­spülung im Fels soll frü­her Küs­tenpiraten nicht nur romantische Illumina­tion, sondern vor allem De­ckung geboten haben.

Ein Trip zu den Tintenfischen

Montenegro sieht auch unter Wasser klasse aus, ganz besonders gilt das für die Tauchspots rund um die Einfahrt in die Bucht von Ko­tor. Žanjice hat sich als guter Standort etabliert, der An­fahrts­weg zu den Wracks und Höhlen ist einfach schön kurz, allerdings ist das Tauchcenter dort nur in den Monaten der Hauptsaison geöffnet. Betrieben wird es von Adriatic Blue mit Hauptstandort im Hafen Herceg Novis. Der Zustand der Leihausrüstungen be­wegt sich irgendwo zwischen neu und leicht gebraucht, und na­tür­lich kann man auch seine eigenen Flaschen auf der zer­ti­fi­zier­ten Anlage aufpumpen lassen. Für den hohen professionellen Stan­dard sorgt Danijel, der als Militär-, Forschungs- und Ret­tungs­taucher schon so ziemlich alles unter der Wasserlinie ge­se­hen und gemacht hat und auch mit einem dicken Reisebuchautor bei dessen Tauchdebüt sehr geduldig war. Erfahrene Scuba-Jünger fan­den sich ebenfalls gut betreut, und auch die Preise bewegen sich auf absolut konkurrenzfähigem Niveau: 80 € für die Ta­ges­ex­kur­sion mit zwei Tauchgängen, Anfänger ohne die allfälligen Zer­ti­fikate (PADMI, CMAS etc.) können sich für 60 € die Tintenfische im natürlichen Habitat zeigen lassen. Anfängerkurse liegen bei ca. 300 €, erweiterte Touren gibt’s auf Anfrage. Die Sicht unter Was­ser ist meistens hervorragend, aber in stürmischen Frühsommern und nach dem Einsetzen der Bura im Herbst können Sedimente und Mikroorganismen das Adriawasser auch kräftig eintrüben - besser vorher nachfragen.

♦ Setalište Pet Danica (unter dem Wasserballstadion), Tel. 069-833043 (Danijel spricht wacker Englisch), www.divingmontenegro.com.

Baden Auf den verpachteten Strand­ab­schnit­ten ste­hen Strandliegen und Son­nen­schir­me (3 bzw. 1,50 €/Tag), eigenes Strand­mo­bi­liar darf hier nicht benutzt werden. Die Süß­was­serduschen arbeiten mit einem Münz­zähler (0,50 €). Am hinteren Ende und im Be­reich Mirište darf gebührenfrei gebadet werden. Am schönsten ist es auf den bizar­ren Ter­ras­sen­fels­en zum offenen Meer un­ter dem Turmfort. Das Wasser ist gleich sehr tief - Angeber kön­nen also auch von den Klippen springen (soll­ten sich diese aber vorher aus der Was­ser­per­spek­tive an­se­hen, die Steine sind scharf!). Dis­tanz­schwim­mer mögen Mamula ins Auge fas­sen, aber das ist sehr weit und die Strö­mung und der Bootsverkehr sind auch nicht ohne.

Übernachten Der kleine Campingplatz unter den Olivenbäumen hin­ter den Strand­ca­fés ist vor allem von Tau­chern bevölkert. Die Aus­stattung ist sehr elementar, der Zelt­platz mit 5 € pro Nacht da­für sehr güns­tig. Ob ein großes Wohnmo­bil durch die en­ge Zufahrt passt, ist allerdings zweifel­haft. Ein kleiner Mi­ni­markt auf dem Park­platz (Gebühr für Ta­ges­gäste 2 €) er­spart wei­te Besor­gungsfahrten, führt aber wirk­lich­ nur das Allernötigste.

Lange hat es gedauert, aber nach über ei­nem Jahrzehnt als abgelegener Geheimtipp gibt­ es in Žanjice jetzt auch ein Hotel. Das Art Media offeriert 14 Studios und Ap­par­te­ments mit Blick auf die blaue Bucht. Die Nacht im Idyll kos­tet ab 148 €, aber die 158 € für ein Zimmer mit Balkon sind ein sinn­volles Upgrade. Tel. 069-344980, www.hotelartmedia.com.

Plavi Horizont

Hinter Radovići (von Tivat kommend) liegt der einzige Feinsand­strand­ zum offenen Meer der nördlichen Küs­ten­re­gion. Inwieweit der gerade bei Familien mit Kindern beliebte Strand (sehr gro­ßer Flachwasserbereich!) auch in Zu­kunft öffentlich zugänglich sein wird, ist allerdings derzeit bestenfalls un­ge­wiss. Der große Hotelkasten hinter dem Strand ist abgerissen worden (an­ge­sichts seiner Hässlichkeit muss man sa­gen: endlich), doch hinter blick­dich­ten Bauzäunen, auf denen in ge­schwun­genen Arabesken das Wort „Qatar“ zu lesen war, wurde hier im Som­mer 2019 schon an einem neuen gebuddelt. Das alles stimmt nur mäßig op­timistisch, aber als Badeoption blei­ben immer noch die glatt geschliffenen Felsplatten etwas weiter westlich zwischen der Bucht und dem nahe gelegenen Radoviči.

Luštica Bay

Nachdem seit Jahren die Gerüchte über ein massives fi­nan­ziel­les Engagement einer russischen Investorengruppe die Run­de machten (immer wie­der fiel der Name Juryi Lushkov, Bürgermeister von Moskau 1992-2010) und auch des Öf­teren überaus robuste Bodyguards den Zugang zu Teilen der Insel ver­sperr­ten, zeigt sich jetzt, dass an dem ganzen Gemunkel wohl etwas dran ge­wesen sein­ muss. In der bis vor Kurzem völlig unbesiedelten Bucht von Trašte hat der Projektentwickler Orascom (auch verantwortlich für die Marina in Tivat und das Projekt Mamula) in beeindruckend kurzer Zeit ein fun­kel­nagelneues Küstendorf, Ge­schmacks­muster „idyllischer Fi­scher­ort“, in den Hang gerammt. Das klingt jetzt furcht­ba­rer, als es tat­säch­lich aussieht - mö­gen muss man diese Idee der ar­ti­fi­ziel­len Tradition aber auch nicht. Natürlich ist alles ganz edel, und wer sich an der Im­mo­bi­lien­sause beteiligen möchte, ist der­zeit noch mit fünfstelligen Summen da­bei. Dazu gibt’s dann auch noch ei­nen Golfplatz, angesichts der furz­tro­cke­nen Bodenverhältnisse und der zah­lenstarken Schlangenpopulation der Luštica vielleicht nur so ein halbguter Einfall, aber für eine Driving Range hat es schon mal gereicht.

♦ Natürlich gehört zu dem Komplex auch ein Lu­xus­hotel, im Chedi schläft man in der Hauptsaison ab erheblichen 350 € pro Nacht. Alles Weitere zur natursteinverkleideten Plas­ti­k­romantik in der Bucht von Trašte unter www.lusticabay.com.

Radovići

Der etwas deprimierende Ort liegt auf dem Hügelkamm unterhalb einer gro­ßen Kaserne. Auf dem Weg zum Strand kann man sich hier aber noch mit Kek­sen, Obst und Getränken im Minimarkt ver­sorgen. Auf den Hügeln um Ra­do­vi­ći wa­chen zwei Kirchen über die Grbalj-Ebene: Auf der flacheren Er­he­bung west­lich steht seit 1594 Sv. Go­s­pode (die heu­tige Gestalt hat das ortho­doxe Got­tes­haus aber erst seit 1843), um­ge­ben von einem mit auffällig ho­hen Mauern ein­gefassten Fried­hof. Sv. Luke, ziem­lich genau ober­halb von Pla­vi Ho­ri­zont, be­setzt den stra­tegisch wich­tigs­ten Punkt der Luštica mit frei­em Blick nach allen Seiten. Die Illyrer nut­z­ten die­se Po­sition vor 2000 Jahren noch mil­i­t­ä­risch mit einer befestigten Ver­tei­di­gungs­stellung, auf deren Fun­da­men­ten Mit­te des 14. Jh. (genaue Bau­zeit un­be­kannt) ein Be­ne­diktiner­klos­ter er­baut wur­de; heute ist Sv. Luke ort­ho­dox. Wert­volls­ter Ge­gen­stand des Kir­chen­schat­zes ist ein prächtiges Phe­lo­ni­on (Ge­bets­hemd) des Fürstbi­schofs Petar I. Petrović.


Sonnenuntergang in Bigovo

Bigovo

Man erreicht den kleinen Fischerort, wenn man Richtung Bud­va kurz vor der zweiten Tankstelle von Tivat dem Abzweig nach Bigovo folgt (un­auf­fälliges Schild). Dann geht’s ziem­lich lang bergauf und bergab durch un­be­wohn­tes Ge­län­de. Auf der kringeligen Asphalt­stra­ße kann man sich eigent­lich nicht ver­fah­ren, alle an­deren Wege nach Bigovo sind nicht asphaltiert. Die ei­ni­ge­rmaßen umständli­che Fahrt lohnt aber, vor al­lem wegen der Kom­bi­na­tion aus kuli­na­rischem Genuss und dra­mati­schem Sonnen­untergang, die einen in Bigovo er­war­tet. Der lang ge­streckte Ein­schnitt ist genau westlich aus­ge­rich­tet, so­dass auch noch die letzten Son­nen­strah­len die satten und zufriedenen Ge­sichter auf der Terrasse des gemütli­chen Fisch­re­stau­rants gol­den strahlen lassen. Der Fang des Tages ist meistens noch kurz vor­her aus den klei­nen Fischerbooten auf den Pier ge­wuchtet worden und er­füllt auch wirk­lich avan­cierte Frischekriterien.

Sicher kann man in Bigovo auch ins Wasser steigen, aber für einen ganzen Strand­tag­ ist der Ort nicht erste Wahl. Die Militärs sahen das freilich anders und bauten auf der Bigovo ge­gen­übe­r­lie­genden Seite ein Erholungsheim für Luft­waffenoffi­zie­re; die Anlage wurde mittlerweile an einen In­ves­tor vertickt und soll zu einem - was sonst? - World Class Resort umgebaut wer­den.

Mein Tipp Konoba Grispolis, unmittel­bar am Hafen. Tol­ler Fisch, toller Blick, tol­les Licht - eigent­lich alles da für ei­nen schö­nen Abend. Leider hat viel russi­sches Geld­ die Preise und auch den Ser­vice et­was verdor­ben; trotz­dem im­mer noch ein Tipp. Etwa 30 €/Person. Tel. 032-363617. Etwas günstiger ist es gleich daneben im Pod Volat. Der Fisch ist genauso frisch, bloß der Sonnenuntergang ist nicht so ma­le­risch. Tel. 069-868882

Alcatraz in der Adria

Die Insel Mamula, benannt nach einem serbischen General in Diens­ten der k. u. k. Armee, ist - außer für sehr konditionsstarke Schwim­mer - nur mit dem Boot zu er­reichen. Von 1853 bis zu Be­ginn des 20. Jh. war der Militär­kom­p­lex auf einem klei­nen Fels­ei­land Teil der südlichen Verteidigungslinie der Österreicher, und ge­wal­tige Geschütze standen in den zur Seeseite aus­ge­richteten Ka­sematten. Eine Granate wurde aus ihnen jedoch niemals ab­ge­feuert, und so wurde die Anlage kur­zerhand umgenutzt. Nur we­ni­ge Mo­di­f­i­kationen waren nötig, um aus dem dickwan­digen Mau­erwerk ein Hoch­si­cher­heitsgefängnis zu machen. In beiden Welt­kriegen wurden hier Häft­lin­ge mit besonderem Iso­la­tions­be­darf inhaftiert und nicht eben gut behandelt: Im­ Zweiten Welt­krieg wurden 100 Insassen exekutiert und weitere 50 ver­hun­ger­ten, sodass die Bezeichnung „KZ in der Adria“ nicht abwegig klingt.

Der Besuch der dramatischen Vollzugsanstalt war lange der etwas ma­kabre Höhe­punkt einer jeden Ausflugsdampferrunde um die Luštica-Halbinsel, aber mit dem wohligen Gruselschauer an­ge­sichts der Haftbedingungen aus der Zeit vor den Genfer Kon­ven­tio­nen ist jetzt Schluss. Die muffigen Zel­len in dem massiven Stein­haufen einen Kilometer vor der Küste werden jetzt­ Hotel­zim­mer der Luxusklasse. Auch wenn die montenegrinischen Behör­den wegen der erheblichen denkmalschützerischen und ökolo­gi­schen Bedenken einen Baustopp verordnet haben, rollen munter die Planierraupen, das ägyptische Venture-Kapital schert sich eher we­nig um rechtliche Petitessen. Ohne jeden Zweifel wird das 15-Mil­lionen-Euro-Projekt eine der spektakulärsten Herbergen der Welt werden, aber die Nachkommen von über 2000 ehemaligen Häft­lingen des Insel-KZ sind von dem Vorhaben doch eini­ger­ma­ßen angeekelt. Luxus finden wir schon auch super, aber Dance­floor, Spa und Sterneküche auf dem Grab von weit über hundert Opfern des Kerkerfelsens sind schon ein sehr gewöh­nungs­be­dürf­ti­ges Hotelkonzept.

Montenegro Reiseführer Michael Müller Verlag

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