Читать книгу Montenegro Reiseführer Michael Müller Verlag - Achim Wigand - Страница 8
ОглавлениеDie Wundertüte
Erlebnis Natur
Montenegros Landschaften lassen sich prima mit Superlativen beschrieben, aber jenseits der Marktschreierei vom Tiefsten, Höchsten und Einzigen ist die Natur vor allem ungeheuer vielseitig und abwechslungsreich - bis auf Wüste und höchstalpine Todeszone ist so ziemlich alles dabei. Man kann schon auch bloß zum Planschen im Mittelmeer herkommen, aber dann verpasst man doch eine ganze Menge.
Wenn das kein Postkartenmotiv ist!
Die Bucht von Kotor
Der über 40 km tiefe Einschnitt in den dinarischen Rücken gleich hinter der Landesgrenze ist bestimmt die bekannteste Natursensation Montenegros. Ein auch nur vergleichbar großes natürliches Hafenbecken findet man sonst nirgends im gesamten Mittelmeerraum, schon einfach nur drum herumfahren ist ziemlich eindrucksvoll, noch majestätischer ist das Einschweben auf dem Seeweg. Die monumentale Dröhnung der Draufsicht auf die vier Becken der Bucht erschließt sich aber erst von den Höhen des Jeserski Vrh im darüber thronenden Lovćen-Gebirge. Eine runde im privaten Helikopter oder Jet ist bestimmt auch toll, habe ich aber mangels Fluggerät noch nicht ausprobiert.
Die Schluchten
Das häufigste Sujet der Crème der montenegrinischen Landschaftsmaler ist die Schlucht - die Nationalgalerie in Podgorica wirkt wie ein Katalog der tiefen Täler und wilden Flüsse. Prunkstück der Canyons ist die Schlucht der Tara ganz oben im Norden des Landes. Vom oberen Rand des engen Flusstals am Ćurevac beträgt die lichte Fallhöhe bis zum Bett der Tara über 1300 m, das ist der europäische Spitzenwert. Das sieht von oben schon ergreifend toll aus, noch großartiger entfaltet sich die geologische Sensation dann vom Wasser, und so gehört die Rafting-Tour auf der Tara auf jeden Reiseplan. Wem der Spitzenwert egal ist und wer und nicht unbedingt eine Fahrt im Gummiboot braucht: Auch Morača, Mrtvica und Piva haben sich eindrucksvoll tief in die Berglandschaft eingraben, der Preis für den spektakulärsten Canyon gebührt jedoch der superengen Komarnica.
Das Durmitor-Gebirge
Montenegro allgemein ziemlich hügelige Landschaft faltet sich am kräftigsten im Durmitor-Gebirgsstock in die Höhe. Ein halbes Hundert 2000er-Gipfel nimmt dort gerade einmal etwas mehr als die Grundfläche Münchens in Anspruch und hat trotzdem alles, was ein richtiges Gebirge braucht: schroffe Felswände, Hochalmen, Tieftäler, Schneefelder und ein paar Schluchten. Das sieht nicht nur endschick aus, sondern gibt Bergsportlern aller Couleur beste Bedingungen für ihre Aktivitäten: Singletrail und Downhill, Klettern und Bergwandern, im Winter Skifahren - und das alles ohne den Massenauflauf der einschlägigen Alpenregionen.
Der Skadar-See
Für Geologen ist er nicht einfach ein See, sondern eine Kryptodepression. Das ist sachlich korrekt - sein Grund liegt unterhalb des Meersspiegels, der Seespiegel darüber -, klingt aber doch arg nach fieser Krankheit. Romantiker werden sich nicht groß darum scheren, für sie ist der Skandar einzig und allein ein großes, stilles Gewässer inmitten elegischer Landschaften. Doch trotz seiner knapp 170 km langen Uferlinie ist es gar nicht so einfach, an den See ranzukommen. Zum Teil weil knapp ein Drittel auf albanischem Staatsgebiet liegt, vor allem jedoch, weil die riesige Wasserfläche touristisch fast völlig unerschlossen ist, was vor allem die Birdspotter- und Anglerfraktion freut. Erstere können in aller Ruhe ihrem reiche Aussichtsbeute verheißenden Geschäft nachgehen, Letztere müssen sich nicht mit planschenden Schwimmern herumärgern und können beachtliche Mengen von Karpfen aus dem trinkwassersauberen Wasser ziehen - eine sehr athletische endemische Subspezies des Fisches übrigens, die ganz und gar nicht tranig schmeckt. Nicht einmal 20 km Luftlinie entfernt von den proppevollen Ständen an der Adria hat man ein Idyll der ersten Kategorie fast vollständig für sich allein. Melancholische Anwandlungen lassen mit den hervorragenden Weinen aus den fruchtbaren Hängen und Flächen am Ufer bekämpfen.
Biogradska Gora
Von den Gebirgsregionen ist der Nationalpark um den kleinen Hochmoorsee ganz bestimmt die grünste. Ziemlich genau in der Landesmitte wachsen hier die Baumriesen tatsächlich fast bis in den Himmel, und das in einer Dichte, dass dem Nationalpark das Prädikat „Urwald“ verliehen wurde. Weiter oben wird die Vegetation zwar niedriger, aber bis auf Gipfelhöhe sind die Hänge wiesengrün und strauchbewachsen. Wie auch im Rest der weiten Bergwelt sind Wanderer hier ziemlich allein unterwegs, nur in der kurzen Wintersaison wird es um das Hochplateau der Bjelasica kurz recht voll - dann dreht sich hier die einzige echte Skischaukel Montenegros.