Читать книгу Ausgerechnet Kirgistan - Adi Traar - Страница 10
Auf die Plätze, fertig, prost
ОглавлениеMein Tag ist gekommen. Heute fällt mir der Gedanke an Aufbruch schwerer als gestern, ich bin ein wenig verängstigt, weiß aber, dass sich das legt, sobald ich lange genug im Sattel sitze.
Dieses Angstgefühl ist mir vertraut. Es widerfährt mir immer wieder auf Reisen. Wie damals, auf Trekkingtour in Südgrönland. Zwanzig Tage war ich mit dem Zelt unterwegs, bin dabei keiner Menschenseele begegnet, dafür der Seele von so vielen anderen Dingen. Und täglich erstarkte ich mehr daran. Kaum hatte ich ein Dach über dem Kopf, das ich mit anderen Menschen teilte, machten sich zwar Gefühle der Geborgenheit in mir breit, sobald ich aber die Hütte verließ, um wiederum in die Wildnis zu ziehen, stellten sich ganz massiv Angst und Zweifel ein, als verließe ich eine gesicherte Zone. Die Geborgenheit, von der ich mich bereitwillig hatte umgarnen lassen, war ja doch nur eine scheinbare gewesen – und die gesicherte Zone eine Quarantäne.
Abermals wird mit einem Frühstück aufgefahren, dass sich Tisch und Gedärme biegen; unter anderem gibt es Plov, ein zentralasiatisches Reisgericht, eigens für mich fleischlos, Palatschinken, verschiedentlich gefüllt, Weißbrot, verschiedentlich belegt. Obst und Gemüse gibt es ungeschält. – Bedenken werden im Keim erstickt, hoffentlich passiert das auch mit den Krankheitserregern. Von Jasina bekomme ich eine kleine Stoff-Jurte als Talisman geschenkt, ein letztes Mal noch wird für mich gebetet, Mama steckt mir schnell Brot in jede nur zugängliche Taschenöffnung, und los geht’s. Ich könnte schwören, ich habe Tränen gesehen. Die gesamte Familie steht wie für ein Foto gebündelt auf der Straße und winkt mir nach, vielleicht tut sie es immer noch, als ich schon längst um die Ecke gebogen bin und die Hauptstraße entlang fahre, die lebensgefährlichen, offenen Kanalgänge in Augenschein nehmend.
Wieso fahre ich eigentlich von hier fort? Hat mir etwas gefehlt?
Erstmals Asien unter den Laufrädern. Aufregend ist das. Wie wenn der Boden anders atmete, die Luft anders trüge, als ob Land und Menschen auf einer anderen Resonanz schwängen, so schwebe ich dahin, in einer fernen Dimension aus Sein. Nie mehr wieder werde ich derartig empfinden und auch später den Moment kaum nachempfinden können, denn alles ist nur für den Augenblick gedacht, ist nur für diesen gültig, und alles ist einmalig einmalig. Und einmalig schwierig, das Bewusstsein hierfür zu halten.
Andauernd werde ich angestarrt, besonders beim Halten an Kreuzungen treffen mich die Blicke regelrecht körperlich spürbar. Endlich erreiche ich die belebte Ausfallstraße. Besäße jemand welche, wäre kein Mensch glücklich über seine Fischaugen, aber ich hätte jetzt gern solche, denn in Sorge, von hinten aufgegabelt zu werden, muss ich mich unentwegt umdrehen. Aus diesem Missstand schlage ich den Nutzen, den Fängen der korrupten Polizei zu entkommen, die hier besorgniserregend oft am Straßenrand lungert. Nähere ich mich einem Polizisten, schaue ich nach hinten, um den auf mich zurollenden Verkehr zu beobachten, und übersehe dabei, bedauerlicherweise für den Polizisten, den Polizisten. Ein besonders ausgeschlafener dieser Spezies sieht mich schon von Weitem kommen, stürzt auf die Fahrbahn und wedelt mit seinem Leuchtstab. Ich erweitere meine Technik, drehe mich aufmerksam um und fahre schnurstracks rechts, also hinter ihm vorbei, wobei ich schon im Staub der Bankette lande. Darüber ist er so verdutzt, dass er im ersten Moment keine Anstalten macht, mich zu stoppen. Den zögerlich anschwellenden Pfiff hinter mir überhöre ich sicherheitshalber. Unterdessen ziehe ich mir in der Vorstellung so einiges aus dem Rücken und bin richtig erleichtert, als ich die geschätzte Reichweite seiner Kalaschnikow verlasse.
Mit den Autobestandteilen und Zubehörartikel, die hier am Straßenrand verkauft werden, könnte man längstens nach zehn Kilometern ein komplettes Auto zusammenstellen und damit flugs eine Spazierfahrt machen, am besten gleich hier in der Gegend – wegen der Bestandteile.
Gestern in Bischkek hatten wir noch über die offenen Abwassergräben gescherzt, wie leicht sie für einen Wodka-Verfallenen zur lebensbedrohlichen Fallgrube werden könnten, heute finde ich das gar nicht mehr lustig. Was sich da manchmal auftut! Diese Rinnen böten sich für den Abtransport von Tierleichen bestens an. – Straße und Straßenrand sind nämlich voll davon.
So sehr die Autofahrer aufeinander losgehen und sich gegenseitig nach dem Leben trachten, mich behandeln sie in der Regel rücksichtsvoll, beim Überholen umfahren sie mich großräumig – keinesfalls fahren sie mich um –, hupen und grüßen dabei freudig erregt.
Jedes Auto erzählt über den Geruch seinen ganz individuellen Leidens- und Lebensweg. Es sind abenteuerliche, bücherfüllenden Geschichten über durchgeschmorte Keilriemen, verklemmte Handbremsen, verstopfte Luftfilter (samt und sonders nicht gerade Satiren), oft auch überforderte Kühlsysteme, Aromen von Kabelbränden und fehlgeleiteter Elektrizität (das sind vielmehr schon Krimis); dann wieder riecht und tönt es verheerend nach Ölverlust und knallharten Anreibern (was faktisch einem Hard-Boiled-Thriller gleichkommt). Und dann oft … nein, das ist meine eigene Duftwolke. Dem Gestank des schlechten Benzins ist man ohnedies permanent ausgesetzt, und man registriert es kaum mehr.
Ich begegne einem jungen Schweizer, der mit seinem Velo bereits seit elf Monaten unterwegs ist. Beiden ist uns das Sprechen irgendwie eingetrocknet, der Austausch von Erfahrungen und Erlebnissen bleibt eine knappe, einseitige Angelegenheit, was sich zwangsläufig daraus ergibt, dass er ungleich mehr hinter sich hat als ich Greenhorn.
Sechzig Kilometer nach Bischkek sitze ich auf dem schmutzigen Stiegenaufgang eines Geschäfts, fülle mich mit Mineralwasser, lasse mich bestaunen und per Handschlag begrüßen.
„Are you a tourist? Amerikanski?“
Da ist es schon wieder! Dieser Horizont, der bloß über den großen Teich reicht, und ein bisschen hinein in die Neue Welt. Sind die alle geimpft, oder was?
Ein kleines Hündchen nähert sich auf höchst verdächtige Weise Gisis Hinterrad. Wenn er das tut, was von einem Tierchen bei so einer Gelegenheit zu erwarten ist, werde ich ihn wohl verjagen müssen. Er hebt sein Hinterbeinchen – gscht – weg ist er.
Bisher gab’s kaum Möglichkeiten, am Straßenrand zu rasten, ununterbrochen gibt es irgendwen oder irgendwas. Grüßt man einmal nicht, wird man gegrüßt. – Grüßt man, wird man in ein Gespräch verwickelt. – Beginnt man von selbst ein Gespräch, zum Beispiel mit Mädchen, sehen die das als Heiratsantrag. Wie die zwei Gören, die sich vor Gekicher kaum gerade halten können. Sie sind aus dem Geschäft gekommen, da habe ich sie angequatscht. Unser kurzes Gespräch beenden sie mit „Iijachh luipe dijchh!“ Sicherheitshalber haben die das mehrsprachig drauf. Ich bin etwas verunsichert und bedanke mich einfach mit „Poschalsta“.
Ich gerate erst in Regen, dann in ein Gewitter, und schließlich in Schwierigkeiten; aber das kommt noch.
Armut, die sich von selbst dem Fotografieren verweigert. Haus an Haus, Baracken, Keuschen. Bruchstücke. Menschen, Kleingetier, allgegenwärtig.
Hinter Kara-Balta biegt die Straße nach Süden ab, die Besiedelung wird nunmehr deutlich schütterer. Es geht ständig leicht bergauf, noch dazu bei Gegenwind. Beides zusammen zermürbt und ermüdet. Gisi ist viel zu schwer beladen, ich habe zu viel Essen mit. Als Vegetarier in einem asiatischen Gebirgs- und Steppenland, in dem sich die Menschen hauptsächlich von dem ernähren, was so hinter Haus und Jurte rumläuft, hat man halt so seine Bedenken.
Müde erreiche ich gegen Abend Sosnovka, einen nicht sehr einladenden, gesichtslosen Ort. Ein Checkpoint, mit Soldaten besetzt (das Ignorieren beruht auf Gegenseitigkeit), markiert den Ortseingang, dann das Dorf ohne Gesicht, und an dessen Ende, eine überdachte Mautstelle mit Schlagbaum, hinter dem die Straße auf den Pass Ala-Archa-Ashuu ansetzt. Hier befindet sich zu meiner Freude ein Gebäude – es ist das sauberste des Tages – mit der Aufschrift ‚Motel‘. Schwer einzuschätzen, ob es nicht eine Fälschung ist, es fehlt ihm an Personal, Gästen, Zimmern und überhaupt an allem. Zwangsläufig fällt man als unschlüssiger – und nicht nur als solcher – Westler deutlich aus dem ortsüblichen Rahmen, und schon höre ich aus Richtung Mautstelle einen Pfiff, heute auch schon mein zweiter, der wohl nur mir gelten kann, den ich aber erst einmal aus Sicherheitsgründen überhöre. Darauf ertönt ein Ruf, heute mein erster, dem ich nunmehr folge.
Beim Anblick des uniformierten Mannes schießt mir Sorge hoch. Mit strenger, unbeweglicher Miene winkt er mich ungeduldig zu sich. Er zeigt auf Gisi – nein, die bekommst du sicher nicht – und dann auf einen Platz neben sich. Mit meiner langen Leitung hat er nicht gerechnet, und so beginnt er erneut zu gestikulieren, jetzt aber mit freundlich bewegtem Gesicht, bis mir klar wird, dass er nur auf mein Rad aufpassen will, während ich in das ‚Motel‘ hineingehen soll. Das ist möglicherweise gut gemeint, gefällt mir aber trotzdem nicht sonderlich, Gisi protestiert ohnehin heftig, sie bekommt einen richtig unruhigen Lauf. Plötzlich gerät die Szenerie in Bewegung und es tauchen ein paar junge Männer auf, unmöglich zu sagen von woher. Ich habe ihr Interesse geweckt, was in dieser Gegend nichts Ungewöhnliches ist, und sie sprechen mich mittels eines Sprach-Cocktails aus Russisch-Englisch-Irgendwas an. Ihr Lächeln ist mehr ein Grinsen, und der Beweggrund dafür scheint mir eher Spott als Freundlichkeit zu sein.
Aus der Handvoll Männer werden immer mehr, bald bin ich umringt von einer Horde dunkelgesichtiger Männer mit fernöstlichem Einschlag, die munter drauflosscherzen – phasenweise ist dabei unklar, ob sie es mit mir oder wegen mir tun. Einer sticht besonders dabei hervor, es ist ihr Oberschäker, er baut sich vor mir auf, sein Grinsen schneidet mir ein Loch ins Gesicht. Meine Aussichten sind gut. Ich bin nass, mir ist kalt, finde keinen Zeltplatz, habe kein Quartier, und jetzt werde ich auch noch in der Dämmerung von einem Rudel Grobianlachaffen provoziert. Als ich ihnen sage, woher ich komme, ändert sich die Lage schlagartig. Es stellt sich heraus, dass der Anführerschelm deutscher Gastarbeiter ist: ein Kirgise, der in Deutschland arbeitet, nicht ein Deutscher, der in Kirgistan arbeitet. Das ermöglicht ihm augenblicklich, bei den Kollegen mit profunden Sprachkenntnissen zu punkten. Die Situation entspannt sich etwas.
„Über den Pass willst du? In einem Zelt willst du schlafen? Alleine? Viel zu gefährlich!“
Weil Mörder, Diebe, böse Tiere … Ich nicke allwissend. Bei der Gelegenheit könnte ich gleich meinen Wissensstand bezüglich der Fußballweltmeisterschaft vervollständigen und frage nach. Italien spiele im Finale gegen Deutschland. Aha. Dabei hatte mir jemand gerade erst vor Tagen berichtet, dass beide schon im Halbfinale aufeinander gestoßen sind. Die Leute hier nehmen wohl alles nicht so genau. Oder die Italiener. Oder die Deutschen. – Nein, die sicher nicht.
Zum ersten Mal lehrt mich dieses Land, wie es im Nu die Färbung von Befindlichkeiten wechseln kann; von angstschwarz zu frohgelb, von der Gewitterflut zum Ausdampfen in der Sonne, wie schnell aus Gut Böse wird (das kommt auch noch), aus Böse Gut, und wie eng beides beieinander liegt. Nur, dass es mir mit den Stimmungswechsel einstweilen noch ein bisschen zu schnell geht.
Ich schlage alle Warnungen in den Wind, der ist heute sowieso mein ständiger Begleiter, wie der Regen auch, und fahre weiter. Mir ist aber nicht ganz wohl dabei. Erstens wird es bald finster, was gegen meinen Grundsatz verstößt, Ortsdurchfahrten und Schlafplatzsuche sollten erledigt sein, bevor es richtig hinüberdunkelt. Zumal bereits ab dem frühen Nachmittag Bruder Wodka regiert. Und mit ihm das Chaos. Zweitens weiß bald der halbe Ort, dass ich in der näheren Umgebung zelten möchte, und es ist nicht immer nur Neugierde, was die Menschen hier antreibt. Drittens finde ich nach einigen Kilometern in der kahlen, unbewohnten Landschaft nicht die geringste Zeltmöglichkeit mit Sichtschutz. Das ist auch so einer meiner Grundsätze.
Hin und wieder parken LKW am Straßenrand. Die Fahrer rufen mir zu und versorgen mich bei der Gelegenheit mit weiteren Reisewarnungen. Über diese Straße rollt obendrein der Drogenexport aus Afghanistan nach Bischkek, und von dort weiter in den Westen.
Nach einiger Zeit kehre ich um, fahre ins Dorf zurück und suche abermals nach einer Schlafmöglichkeit. Ich frage im Café ,Asus‘ nach, das kommt einem Volltreffer gleich, die haben ein Zimmer; und noch dazu spricht man Deutsch – was mir heute auch nicht das erste Mal passiert. Wobei Deutsch mit „ …“, also eine Abart davon. Das dickliche Mädchen, sie heißt Sinti, ist etwas langsam im Geist und im Handeln, führt mich in eine waggoncontainerartige Bude, die mit ein paar unter Decken erstickten Liegegelegenheiten und einem mückenartig surrenden Kühlschrank ausgestattet ist. Immerhin zieren schäbige Vorhänge die kleinen, vergitterten Fenster, durch die ärmliches Gerümpel, verstreut unter buschigen Stauden, hereinlugt. Eine Tür führt direkt ins Freie, durch sie sind wir soeben mit Sack und Pack und Fahrrad hereingekommen, eine andere in die Küche. Wobei: Küche mit „ …“. Eher Kochnische. Es riecht derart penetrant nach Fleisch, dass ich mir so recht überlege, ob ich noch froh sein soll, diese Bleibe gefunden zu haben, und ob ich nicht besser mein Zelt inmitten der parkenden Opium-LKW hätte aufstellen sollen.
Prinzipiell habe ich nichts dagegen einzuwenden, wenn man mich interessant findet, ganz und gar nicht, aber wie’s scheint, werde ich das Mädchen heute nicht mehr los. Sowie uns der Gesprächsstoff ausgegangen ist, und das ist er bald, sitzt sie bloß da und starrt mich an – dabei bin ich so müde, dass ich mich nur mit Mühe aufrecht halten kann.
Plötzlich springt sie auf, das fördert meine Wachheit für Sekunden, und holt ein Familienalbum. Es ist voller Fotos von ihrem Bruder, der in Deutschland arbeitet. Sobald er reich und fähig sein würde, die Familie mit Wohlstand und Glück zu überhäufen, wolle er nach Kirgistan zurückkehren. Man setzt alle Hoffnung auf ihn. Ein junger Mann in schwarzer Lederjacke, mit sehnsüchtigen, in die Ferne schweifenden Augen, platziert vor verschiedenste Sehenswürdigkeiten einer biederen, deutschen Kleinstadt. Einer von vielen, die auszogen, um Arbeit zu suchen und ihr Glück zu finden. Wenn sie in die Heimat zurückkehren, haben sie womöglich beides verloren; dabei wollen sie nur schauen, ob es den festen Boden unter den Füßen noch gibt, den sie so nötig haben nach all den schwankenden, labilen Festungen fremder Kulturen und den Menschen darin. Der Verlust an Seele ist dem Gewinn an Cash geschuldet und erscheint auf den Bankauszügen nicht.
Dann kramt Sinti ihr Deutschlehrbuch hervor. Wir wiederholen ein paar Lektionen, das fördert meine Wachheit für Minuten, weit ist sie ja zum Glück noch nicht gekommen. Immer wieder huscht jemand herein, holt ein Stück Fleisch aus dem Kühlschrank – aha, daher also der Geruch – und beäugt mich bei dieser Gelegenheit ganz ausführlich von ganz oben bis ganz unten. Bei meiner Ankunft hatte mich das Mädchen gefragt, ob ich etwas essen wolle; wollte ich nicht. Muss mein eigenes Zeug loswerden. Nunmehr komme ich von selbst darauf zu sprechen und bestelle irgendwas, um sie vielleicht auf diesem Wege loszuwerden. Die Essenz meiner Russischvokabeln – sie beschreiben gewissermaßen meine Lebensbasis – ist schnell aufgebraucht, und ließe sich folgenderweise rückübersetzen: „Salate, Kartoffler, nicht kein Fleisch. Fisch gut ist.“
Sie scheint aber trick-immun zu sein und reagiert nicht auf meine verzweifelten Ablenkungsaktionen. Wie sie so sitzt und starrt, und ich praktisch im Sitzen, Schauen und Sprechen eingeschlafen bin, durchfährt mich ein Geistesblitz, ich springe auf, das fördert jetzt ihre Wachheit für Sekunden, und deute hektisch auf das Bett und damit an, dass ich mich schlafen legen wolle. Das hat sogar sie verstanden und verschwindet. Für eine Zeitlang ist mir noch völlig unklar, ob ich etwas zu essen bekomme oder nicht. Bis ich schließlich das Licht abdrehe, mich hinlege, sie wenig später hereinkommt und „Gutte Njachhhht“ sagt. Jetzt ist mir’s klar.
Hin und wieder halten LKW vor dem Café, und die Fahrer steigen im nebenan befindlichen Gastraum ab. Bisher mied ich den Kontakt mit ihnen, nicht dass ich wieder als exotisches Schauobjekt herhalten muss. Den Leuten hier fehlen einfach die Museen. Wie eindringlich empfohlen, versperre ich die Türen ordentlich.
Morgen. – Ich habe arge Bedenken, wie ich über den hohen Pass oder wenigstens an ihn herankommen soll. Insgesamt sind, ausgehend von Bischkek, 2 600 Höhenmeter zu überwinden. Der heutige Tag hat mich nicht gerade aufgebaut, wie ich den Asphalt entlanggekrochen bin und dabei immer an der Leistungsreserve geknabbert habe.