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Die Planung einer Lehrveranstaltung: Orientierung am Lernenden
Aus den Ergebnissen der Evaluationsforschung geht hervor, dass besonders ein Merkmal guter Hochschullehre das studentische Lernen und die resultierende Leistung von Studierenden fördert: Die Vorbereitung des Dozenten und die Organisation der Veranstaltung.
Warum ist die Planung einer Lehrveranstaltung so wichtig? Wenn Sie Ihre Lehrveranstaltung vorbereiten, entwerfen Sie gleichzeitig Lernerfahrungen für Ihre Studierenden. Sie entscheiden damit über die Art der Erfahrungen, welche die Studierenden in Ihrer Veranstaltung machen (und nicht machen) werden. Wenn Sie sich dafür entscheiden, eine Vorlesung zu halten, dann werden die Studierenden die Lernerfahrung einer Vorlesung haben. Wenn Sie vornehmlich Kleingruppenarbeit arrangieren, dann werden die Studierenden Lernerfahrungen in Kleingruppen sammeln.
Bei der Vorbereitung einer Lehrveranstaltung gehen Dozenten im Wesentlichen nach zwei Strategien vor: Der inhaltsbezogenen Vorgehensweise und der lernbezogenen Vorgehensweise.
Inhaltsbezogene Vorgehensweise
Die übliche Vorgehensweise bei der Planung einer Lehrveranstaltung ist inhaltsbezogen. Einige Zeit vor Beginn der Veranstaltung (zumeist zu spät, d. h. weniger als drei Monate vorher) wählen die Dozenten das Buch, die Bücher, die Skripten und sonstigen Unterlagen oder die Inhalte aus, die in der Veranstaltung behandelt werden sollen (oder sie sichten das bereits vorhandene Material noch einmal). Dann bereiten sie eine Reihe von Stunden (zuweilen nur die erste Stunde) zu diesen Inhalten vor. Danach entscheiden sie, ob die Studierenden zusätzliche Lektüre bearbeiten müssen, planen vielleicht noch einige Übungsaufgaben oder Probeklausuren mit ein und entscheiden schließlich über Art und Umfang der Prüfung (oder wählen aus vorhandenen Prüfungsaufgaben aus). Während der Lehrtätigkeit konzentrieren sich die meisten Lehrenden dann darauf, was sie selbst tun und nicht, was die Studierenden lernen.
Bei dieser Vorgehensweise dreht sich alles um den Dozenten und um den Stoff, der behandelt werden soll. Den anderen Elementen des Lernprozesses, z. B. wie die Studierenden lernen sollen, wird weniger Aufmerksamkeit geschenkt.
Dieses Modell liefert auch keine Richtlinien für die Auswahl von Inhalten. Lehrende haben deshalb auch oft Probleme mit der Stoffauswahl und versuchen dann einfach, »alles« zu bringen. Dementsprechend betrifft eine der häufigsten Klagen von Studierenden in Lehrveranstaltungen die überbordende Stoffmenge. Die Folge ist, dass sie sich den Stoff »reinziehen«. Die Forschung hierzu zeigt, dass das meiste davon innerhalb der nächsten Wochen vergessen wird, volkswirtschaftlich gesehen eine ungeheure Verschwendung wertvoller geistiger und zeitlicher Ressourcen.
Lernbezogene Vorgehensweise
Wenn die Studierenden bei der Planung im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, dann stellen sich andere Fragen: Wodurch werden die Studierenden nach der Veranstaltung in die Lage versetzt, anders oder gar besser denken zu können? Was können die Studierenden mit dem Wissen und den Fertigkeiten anfangen? Welche Anteile und Aspekte des Lernstoffs sind als Lernziele relevant? Welche Arten von Aufgaben sollten die Studierenden bearbeiten, um diese Ziele zu erreichen?
Abb. 4: Vexierbild mit zwei Gesichtern bzw. einer Blumenvase.
In diesem Modell tragen die Studierenden die Verantwortung für das Lernen, denn die Planungsentscheidungen werden ausgehend von ihrer Aktivität getroffen. Auch die Stoffauswahl wird einfacher, denn die Lernziele und die Prüfungsart bestimmen die Auswahl der Inhalte. Außerdem bleibt der Stoff länger im Gedächtnis haften. Dieses Modell kann für die Planung jeder Veranstaltung verwendet werden, angefangen von der einzelnen Veranstaltungsstunde bis hin zum gesamten Curriculum eines Studiengangs.
Wenn Sie den Studierenden in den Mittelpunkt rücken, müssen Sie wissen, was die Studierenden lernen sollen, dann genau dies lehren und schließlich feststellen, ob die Studierenden tatsächlich das gelernt haben, was sie lernen sollten.
Nach diesem Modell besteht die Planung einer Lehrveranstaltung aus drei Schritten:
1 Festlegung der gewünschten Ergebnisse und damit der Lehrziele.
2 Entscheidung, ob die Ergebnisse erreicht worden sind. Hierfür sind Prüfungen geeignet, die auf Ihre Lehrziele als Kriterium bezogen sind.
3 Schaffung einer Lernumgebung, in der die Studierenden in diejenigen Lernaktivitäten eintreten können, die den angestrebten Zielen angemessen sind.
Einen studentenzentrierten Veranstaltungsplan zu entwickeln ist relativ einfach, die darin enthaltenen Implikationen sind jedoch weitreichend. Im Zentrum dessen, was Sie tun, stehen die Studierenden und deren Fähigkeit zu lernen. Dies ist gleichbedeutend mit einer Figur-Grund-Verschiebung, die Sie wahrscheinlich aus den so genannten Vexierbildern kennen (Abb. 4).
Ebenso wie Sie in der Lage sind, auf der Abbildung Figur und (Hinter-)Grund zu vertauschen, müssten Sie in der Lage sein, den Studierenden in den Vordergrund Ihrer Betrachtung (und sich selbst und den Stoff in den Hintergrund) zu rücken. Es bedeutet, dass Sie sich nicht auf sich und den Inhalt, sondern auf die Studierenden und den Prozess des Lernens konzentrieren. Inhalt und Lehrender passen sich damit an die Studierenden an und nicht, wie in der traditionellen Lehre üblich, der Student an den Inhalt und den Dozenten.
Dies erfordert allerdings eine Veränderung im Denken über den Lehr-Lernprozess, das sich weg von der dozentenzentrierten Wissensvermittlung und hin zu einer studentenorientierten Erleichterung des Lernens bewegt. Die Lehrtätigkeit wird damit sehr viel interessanter und effektiver. Als Lehrender haben Sie es nicht mehr nötig, als Über-Autorität aufzutreten, sondern können sich auf eine gemeinsame Erforschung des Wissens einlassen und neue Ideen ausprobieren, was Sie die Lehre als eine befriedigende und wertvolle Tätigkeit erleben lassen kann.
Dies bedeutet nicht, dass die Veränderungen leicht zu bewerkstelligen sind. Für Studierende beispielsweise, die in ihrem bisherigen Studium zu passiven Zuhörern erzogen worden sind, kann es schwierig sein, die Verantwortung für ihr eigenes Lernen zu übernehmen. Und auch für Lehrende kann es eine Herausforderung bedeuten, sich von der Rolle des »sage on the stage« zur Rolle des »guide on the side« zu entwickeln.
Welche Schritte sind notwendig, um einen »lernerzentrierten« Veranstaltungsplan zu entwickeln? Im Folgenden finden Sie einen möglichen Ablauf für die Planung einer solchen Lehrveranstaltung.