Читать книгу BTS: Die K-Pop Superstars (DEUTSCHE AUSGABE) - Эдриан Бесли, Adrian Besley - Страница 6

EINS DIE ANFÄNGE

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Habt ihr je zuvor schon mal so was wie BTS erlebt? Diese Choreografien und sowohl Rapper als auch Sänger in ein und der selben Band? Jungs, die jahrelang zusammen leben und trainieren, bevor sie das erste Mal auftreten? Die ständig in Musiksendungen präsent sind oder im Fernsehen verrückte und alberne Aufgaben erledigen müssen? Wenn man den K-Pop über die letzten zehn Jahre verfolgt hat, kommt einem das bekannt vor – auch wenn keine Gruppe das so gemacht hat wie BTS.

Die Geschichte von BTS ist eng mit der Kultur und den Traditionen des K-Pops verknüpft. Auch wenn sie heute ein internationales Phänomen sind, waren sie einst eine Gruppe von Jungs, die einfach gerne Musik machten. Als sie ihr erstes Lied aufnahmen und im koreanischen Fernsehen auftraten, war das das Größte für sie. Sie sind mit K-Pop aufgewachsen und wussten, was von ihnen erwartet wird und was man für das Leben eines Idols aufgibt. Dass sie es versuchten, trotz aller Widerstände erfolgreich waren und dem K-Pop neue Maßstäbe setzten, ist nur ein Aspekt, der diese Gruppe so bewundernswert macht.

Das, was wir K-Pop nennen, entwickelte sich 1992. Es begann mit einem Auftritt von Seo Taiji and Boys und ihrer Single „Nan Arayo“ („Ich Weiß“) in einer Talent-Show im Fernsehen. Sie wurden Letzter, doch ihre Single, ein innovativer Mix aus amerikanischem und koreanischem Pop, führte schon bald die Charts an – 17 Wochen lang. Seo Taiji and Boys (die Jahre später BTS zu deren Wiedervereinigung einluden) inspirierten eine Vielzahl von neuen Gruppen, koreanische Musik, die von amerikanischem Rock, Pop, R&B und Hip-Hop der 1990er Jahre beeinflusst war, zu machen.

Seo Taiji and Boys inspirierten eine Vielzahl von neuen Gruppen, die amerikanischem Rock, Pop, R&B und vor allem dem Hip-Hop der 90er einen einzigartigen koreanischen Touch verliehen.

Trotz des amerikanischen Einflusses entwickelte die koreanische Pop-Musik ihren eigenen Stil. Es herrscht der konservative Sittenkodex der koreanischen Gesellschaft vor, der Lieder über Sex, Drogen und Alkohol im Radio und Fernsehen verbietet. Gesellschaft oder Politik werden in der Musik nicht infrage gestellt. Von Künstlern wird erwartet, dass sie allzeit nett und unschuldig sind.

Dann wäre da noch das koreanische Fernsehen, das von Millionen Zuschauern gesehen wird und für den Erfolg von K-Pop-Bands entscheidend ist. Musiksendungen haben stark zugenommen und dank Inkigayo, Music Core, Music Bank, M Countdown, Show Champion und The Show Choice läuft auch an den meisten Tagen der Woche ein Pop-Programm im Fernsehen. Die meisten Fernsehshows zeigen Live-Auftritte anstelle von Musikclips, was dazu führt, dass die Performance im K-Pop äußerst wichtig ist. Eine perfekte Choreografie, Bühnenpräsenz, tolle Outfits und gutes Aussehen sind essenziell.

Die Bands nutzen diese Auftritte, um ihre „Debüt“- oder „Comeback“-Songs zu performen und jede von ihnen erhält wöchentlich eine Auszeichnung, die auf verschiedenen Kombinationen von Chart-position, Downloads und Zuschauerabstimmungen basiert. Diese Auszeichnungen sind heiß begehrt und Ziel ist es letztendlich, bei allen Shows abzusahnen. BTS’ „DNA“ ist nur eines von vier Liedern, die das bisher geschafft haben.

Neben Comedians, Schauspielern und anderen Künstlern wird auch von K-Pop-Künstlern erwartet, als Gruppe oder Solokünstler in den beliebten Fernsehshows des Landes aufzutreten. Diese Shows zeigen Interviews und Auftritte, doch immer häufiger müssen die Künstler auch alberne Aufgaben erledigen, die deren Persönlichkeit, Talent und Humor hervorheben sollen. BTS hinterließen mit Auftritten bei Knowing Bros und Weekly Idol einen tollen Eindruck und hatten danach ihre eigenen Fernsehshows Rookie King, Run BTS! und BTS Gayo. Es gibt sogar regelmäßig im Fernsehen übertragende Idol-Spiele (engl. Idol Games) und eine Mini-Olympiade, bei der K-Pop-Künstler in verschiedenen Sportarten gegeneinander antreten (BTS sind in der 4 mal 400-Meter-Staffel besonders stark).

Wenn sie sich einen Namen gemacht haben, warten K-Pop-Künstler gespannt auf die Zeit der Preisverleihung, die sich über Neujahr erstreckt. Es gibt viele Verleihungen, doch die renommiertesten sind die Golden Disc Awards, Melon Music Awards (MMAs), Mnet Asian Music Awards (MAMAs) und Seoul Music Awards. Sie verleihen bonsangs oder Preise an hochkarätige Acts, doch jeder Künstler sehnt sich letztendlich nach einem daesang, dem Hauptpreis für den „Künstler des Jahres“ und, abhängig von der Verleihung, manchmal auch das „Lied und Album des Jahres“.

Wenn man so in der Öffentlichkeit steht, wird von K-Pop-Künstlern erwartet, dass sie singen und tanzen können, gut aussehen und ihre Persönlichkeit zeigen. Das passiert nicht von selbst. Erinnert ihr euch an die Vorreiter Seo Taiji and Boys? Als sie sich 1996 trennten, gründete Yang Hyun-suk, einer der „Boys“, YG Entertainment, um K-Pop-Gruppen zu gründen, zu produzieren und zu managen. Etwa zur gleichen Zeit und mit derselben Zielsetzung wurden SM Entertainment und JYP Entertainment gegründet. Die „Big Three“, wie sie später genannt wurden, dominierten den K-Pop und brachten wie am Fließband erfolgreiche Künstler und Gruppen hervor, die „Idole“ genannt wurden.

Die erfolgreichen jungen Künstler, oft im Teenageralter oder noch jünger, werden als Auszubildende unter Vertrag genommen und kommen in Wohnheimen mit anderen Hoffnungsträgern unter. Sie alle erwartet ein knallhartes Training mit Tanz-, Gesangs- und Sportunterricht.

Zunächst veranstalten die Plattenfirmen hart umkämpfte Castings und nutzen Talentshows, um sich auf die Suche nach potenziellen Idolen zu begeben. Die erfolgreichen jungen Künstler, oft im Teenageralter oder noch jünger, werden als Auszubildende unter Vertrag genommen und kommen in Wohnheimen mit anderen Hoffnungsträgern unter. Sie alle erwartet ein knallhartes Training mit Tanz-, Gesangs- und Sportunterricht, Ernährungsplänen, Englisch- und Japanischstunden sowie Lektionen über das richtige Auftreten im Fernsehen und in der Öffentlichkeit. Außerdem müssen sie noch ihre Hausaufgaben machen!

Die Plattenfirma teilt seine Auszubildenden in Bands ein oder wählt sie als Solokünstler aus, tauscht die Bandmitglieder aus oder kündigt ihnen, wenn sie dem Standard nicht entsprechen oder die besonderen Anforderungen nicht erfüllen. K-Pop-Bands haben oft mehr Mitglieder als ihre westlichen Pendants, weil sie den Fans eine Vielfalt an Talent bieten möchten. Die Gruppen bestehen aus spezialisierten Rappern, Sängern, Tänzern und sogar „Visuals“ – Mitglieder, die wegen ihres Aussehens und ihrer Bühnenpräsenz ausgewählt wurden. Die Firma gibt den Namen, das Image, die Choreografie und die Lieder vor. Die Gruppe hat da meist nur wenig zu sagen.

Fast jede K-Pop-Gruppe hat einen Frontmann, meist der Älteste der Gruppe, obwohl das bei BTS’ RM nicht der Fall ist. Wenn sie in der Öffentlichkeit auftreten oder ausgezeichnet werden, fungiert dieser als Sprecher und ist der Vermittler, der die Anweisungen der Plattenfirma entgegennimmt und sie an die anderen Bandmitglieder weitergibt. Jede Gruppe hat auch einen Maknae. So heißt das jüngste Mitglied der Gruppe. Bei BTS ist das Jungkook. Der Maknae ist das Baby der Familie, süß und liebenswert. Da er meist sehr talentiert und hübsch ist, ist er sozusagen der Stolz einer jeden Gruppe.

Der erste Auftritt findet normalerweise in einer der wöchentlichen Musikshows statt. Das ist ihre sogenannte „Debüt-Phase“ – ein großer Moment für neue Bands. Die Plattenfirma bereitet diese seit Monaten vor, indem sie Fotos der Mitglieder veröffentlicht, ihnen Social-Media-Accounts einrichtet, Vorabeinblicke in Shows veröffentlichen und sogar Fanclubs gründet. Die Leidenschaft der K-Pop-Fans ist für einen langfristigen Erfolg einer Band überaus wichtig. Dank der Interaktion mit Fans über soziale Medien und Fan-Treffen gewinnen sie schnell die engagierteste und treueste Unterstützung. Diese Fans bekommen oft einen offiziellen Namen von der Gruppe, haben ihre eigenen Foren und schaffen eine unglaubliche Atmosphäre bei Konzerten. Die Gruppe Twice nannte ihren Fanclub Once, BIGBANG haben VIP und BTS haben natürlich ARMY.

K-Pop-Fans sind sehr einfallsreich. Sie geben sich mit simplem Geschrei und wildem Beifall nicht zufrieden (obwohl das passiert) und halten stattdessen Leuchtstäbe in der Farbe der Band hoch, manchmal sogar koordiniert in Wellenbewegungen, entwerfen riesige Banner zur Unterstützung und singen über die Intros und Pausen hinweg oder als Antwort auf Refrains.

Wenn eine neue Gruppe ein erfolgreiches Debüt aushandeln kann und eine Fangemeinde aufgebaut hat, haben sie die Chance auf ein „Comeback“. Dies bedeutet nicht, dass sie eine Zeitlang von der Bildfläche verschwinden oder eine Zwangspause einlegen müssen. Das ist nur der Begriff, der für die Veröffentlichung einer neuen Single oder eines neuen Albums verwendet wird, welche dann in den wöchentlichen Shows beworben werden. Nachdem vorher erneut Fotos und Vorabeinblicke in Shows veröffentlicht wurden, wird dem Comeback meist ein neues „Konzept“ verpasst: Image oder Sound werden auf subtile Weise oder im großen Stil verändert.

Hat sich eine K-Pop-Band einmal einen Namen gemacht, hat sie die perfekten Voraussetzungen, um auf der perfekten Welle zu reiten – die sogenannte „Koreanische Welle“, auch hallyu genannt. Die koreanische Kultur hat in den letzten zehn Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen. Von Fernsehdramen über Kosmetik bis hin zu Popmusik: Die südkoreanischen Exporte liegen von Japan bis in die USA voll im Trend und sind beliebt. Psys Hit „Gangnam Style“ ist das offensichtliche Beispiel, aber BIGBANG, EXO und andere haben ebenfalls Einzug in die US-Billboard-Charts gehalten.

Um so weit zu kommen, bedarf es viel an Investitionen, Einfluss und Know-how des Entertainment-Unternehmens. Erfolg bringt Erfolg und die Big Three beherrschen und kontrollieren die K-Pop-Industrie. Einige Gruppen hatten bewiesen, dass es möglich ist, in der Branche Fuß zu fassen, aber es zu internationalen Superstars schaffen? Das ist sicher zu groß geträumt. Dazu bräuchte es jemanden, der sehr viel Erfahrung hat, ein wenig Glück und die Bereitschaft, dem K-Pop neue Maßstäbe zu setzen. Hier kommt Bang Si-hyuk ins Spiel.

Bang Si-hyuk war ein erfolgreicher Komponist und Produzent der Plattenfirma JYP, welche zu den Big Three gehört. Er hatte sich mit Gruppen wie g.o.d und Wonder Girls einen Namen als Hit-Macher gemacht und kam so zu seinem Spitznamen „Hitman“. 2005 verließ er JYP, um sein eigenes Entertainment-Unternehmen namens Big Hit zu gründen. Er hatte einige Erfolge mit der gemischten Jungs- und Mädels-Gruppe 8Eight und 2AM. 2010 plante er dann, eine Rap-Gruppe zu gründen. Dieser Plan war der Anfang dessen, was später zu einem K-Pop-Riesen wurde: BTS.

Kim Namjoon, der schon bald als Rap Monster (später RM abgekürzt) bekannt werden sollte, kam 2010 als Solo-Rapper zu Big Hit. Er hatte in der Untergrund-Szene gerappt, wo es rebellischer zugeht als beim Idol-K-Pop. Die Künstler sind unabhängig, aber treten vor verhältnismäßig kleinem Publikum auf. Als sich Bang Si-hyuk mit der Idee einer Rap-Band immer weiter anfreundete, steckte er RM und andere Untergrund-Rapper, wie Kidoh (der schließlich in der Idol-Gruppe Topp Dogg landete), Iron und Supreme Boi, zusammen in eine Band, die später um Min Yoongi (Suga) erweitert wurde.

Als sich Bang Si-hyuk mit der Idee immer weiter anfreundete, steckte er RM in eine Gruppe mit anderen Untergrund-Rappern.

Ende 2011 änderte Hitman Bang die Ausrichtung der Band, um einen weniger Rap- und mehr Mainstream-orientierten Sound mit Sängern und Rappern zu erzeugen. Tanz-Wunderkind Jung Hoseok (J-Hope), der sich im Jahr zuvor der Plattenfirma angeschlossen hatte, war ein möglicher Kandidat als Sänger (er wurde erst später Rapper). Daraufhin gingen einige der Rapper, weil sie unzufrieden mit dem Richtungswechsel waren. Supreme Boi blieb bei Big Hit, aber als Songwriter und Produzent. Er spielte eine wichtige Rolle für BTS – der achte Bangtan Boy in vielerlei Hinsicht. Pdogg, ein Big-Hit-Produzent (und immer noch ein wichtiges Mitglied des BTS-Produktionsteams), wurde damit beauftragt, diese Gruppe zusammenzustellen. Er hatte ungefähr 30 Auszubildende unter Vertrag und beobachtete sie, nahm sie auf, bewertete sie, unterteilte sie in Teams und gab ihnen Übungen.

Anfang 2012 hatten sich Jungkook, Taehyung (V) und dann Seokjin (Jin) beworben und traten dem Big-Hit-Team bei. Doch das Line-Up war immer noch nicht festgelegt. Mit dabei waren auch die Auszubildenden Jeong In-seong und Seung-Jun, die nun bei der Idol-Gruppe KNK sind, und Boys-Republic-Mitglied Suwoong. Für all diese Jungs, die sich dem anstrengenden Training unterzogen und dem Heimweh stellen mussten, war die Zukunft noch ungewiss: Vielleicht würden sie nicht in die Band kommen und selbst wenn sie es schaffen sollten, würde vor ihrem Debüt noch viel Zeit vergehen.

Im Frühsommer 2012 unterzeichnete Jimin, das letzte Mitglied der Gruppe, seinen Vertrag bei Big Hit. BTS nahmen endlich Form an. Vier der Mitglieder bildeten das, was K-Pop-Fans die „Rap Line“ nennen (Kidoh verließ die Gruppe Ende des Jahres), und vier die „Vocal Line“. Als Bandname kamen Big Kids und Young Nation mit in die engere Auswahl, doch Bangtan Sonyeondan, was übersetzt „Kugelsichere Pfadfinder“ (engl. „Bulletproof Boy Scouts“) heißt, war die bevorzugte Variante – zumindest von den Big-Hit-Bossen, deren Meinung am meisten zählte.

Bang Si-hyuk hatte endlich seine Gruppe zusammengestellt. Er hatte mit Rap Monster, dem Ersten, der sich Big Hit angeschlossen hatte, einen Frontmann, der intelligent und wortgewandt war und den Vorteil hatte, dass er fließend Englisch sprach. J-Hope war sein Haupttänzer und ein nationaler Tanzwettbewerbsgewinner. Jungkook war sein Maknae und hätte bei den Big Three unter Vertrag genommen werden können. Die anderen hatten gezeigt, dass sie bereit waren, die notwendigen Stunden harter Arbeit zu investieren und erschienen als vielversprechend. Doch vor allem waren sie eine charmante Gruppe von Jungs, die gegenseitig das Beste aus sich rausholten.

Bang Si-hyuk hatte eine Vision für seine neue Band. Er hatte ihnen einen Namen gegeben, der versprach, dass sie die Vorurteile und Nöte ihrer Generation bekämpfen würden. Sie würden sich für Teenager und junge Erwachsene einsetzen. Damit das funktionierte, befreite er den K-Pop von einigen seiner Fesseln. Angefangen bei der Rap Line, gab er der Gruppe die Möglichkeit, Beiträge zu den Texten zu leisten. Er ermutigte sie, frei über Themen zu sprechen, die junge Menschen beschäftigte, und ermöglichte ihnen den Austausch mit ihren Fans über jeden verfügbaren Social-Media-Kanal.

Bang Si-hyuk hatte endlich seine Gruppe zusammengestellt. Es gab einen Frontmann, einen Haupttänzer, und einen Maknae.

Bangtan Sonyeondan (schon bald nannten sie viele BTS) standen vor einer enormen Aufgabe. Ihre Plattenfirma hatte sehr wenig Geld, um sie zu unterstützen und die Vormachtstellung von EXO und Girls’ Generation (SM Entertainment) oder BIGBANG und G-Dragon (YG Entertainment) einzudämmen. Ihre Songs basierten auf US-Rap aus den 1990ern, der in Korea an Popularität verlor, und die rebellische Haltung ihrer Songs sorgte für hochgezogene Augenbrauen. Die Gruppe hatte bereits einen Berg zu bewältigen, bevor sie überhaupt angefangen hatten. 2013 rückte näher und sie wagten ihre ersten Schritte auf diesen Berg.

BTS: Die K-Pop Superstars (DEUTSCHE AUSGABE)

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