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Edward Peterson hob die Waffe.

Er zielte damit auf das Foto seines Schwiegervaters, eines lächelnden Mannes, mit rundem, glattrasiertem Gesicht. Das Foto stand in einem Silberrahmen auf dem Sideboard, zusammen mit anderen Familienaufnahmen.

Edward Peterson hasste diese Galerie, aber Mabel, seine Frau, pflegte und vergrößerte sie mit rührender Hingabe. Er hasste vor allem seine Schwiegereltern. Sie haben ihn vor mehr als fünfzehn Jahren zum Teilhaber der Firma gemacht, aber das ließen sie ihn selbst heute noch spüren.

Für sie war er ein Mann, der von ihrer Gnade lebte, und dem sie in ihrer nicht enden wollenden Güte die einzige Tochter anvertraut hatten.

Edward Peterson zog durch.

Das hohle, scharfe Klicken des Schlagbolzens erregte ihn, es hatte die Qualität eines erotischen Erlebnisses. Das Telefon klingelte. Peterson ließ die Waffe sinken. Er schaute auf seine Uhr, dann nahm er mit der Linken den Hörer ab und meldete sich. „Ronny ist tot“, sagte der Anrufer, ohne seinen Namen zu nennen. „Wir müssen Sie sprechen.“

Edward Peterson straffte sich. Er war 47 Jahre alt, mittelgroß und leicht bespeckt. Obwohl er eine Menge tat, um sich fit und präsentabel zu halten, hatte er es nie geschafft, die überflüssigen Pfunde loszuwerden.

„Wir?“, wiederholte Peterson stirnrunzelnd. „Mit wem spreche ich? Wer sind Sie?“

Es tat ihm gut, die Waffe in der Hand zu fühlen. Sie gab ihm ein Gefühl der Stärke und festigte seine Selbstsicherheit.

„Sie kennen uns“, sagte der Anrufer. „Es geht um Ronny – und um Sie. Wir sind in zwanzig Minuten bei Ihnen. Sorgen Sie dafür, dass wir ungestört miteinander sprechen können.“

Es klickte in der Leitung. Der Teilnehmer hatte aufgelegt. Edward Peterson ließ den Hörer sinken. Er stand völlig reglos, fast eine Minute lang, dann gab er sich einen Ruck und wählte eine Nummer, die er im Kopf hatte. Er sagte halblaut, im Ton eines Verschwörers: „Peterson. Geben Sie mir Lawryn, bitte.“

„Was für'n Peterson?“, erkundigte sich der Teilnehmer. Seiner Stimme war anzumerken, dass er einen Kaugummi zwischen den Zähnen bewegte.

„Peterson von Grisby & Peterson.“ „Ja?“, fragte Sekunden später eine barsche Männerstimme. Ihr war anzumerken, welche hohe Meinung ihr Besitzer von sich selbst hatte.

„Peterson. Ich bin vor einer Minute angerufen worden. Wegen Ronny Finch. Ein paar Männer wollen mich besuchen. Wie soll ich mich verhalten?“

„Bullen?“

„Nein, bestimmt nicht. Sie wollen in zwanzig Minuten hier sein.“ „Legen Sie den Schlüssel für die Wohnungstür unter die Fußmatte“, sagte der Mann am anderen Leitungsende. „Ich werde sehen, was ich für Sie tun kann.“

Er legte auf.

Edward Peterson warf den Hörer auf die Gabel, trat an das Sideboard, öffnete eine Schublade und entnahm ihr eine Schachtel mit Patronen. Er begann die Trommel des Revolvers zu füllen, aber dann überlegte er es sich anders. Er nahm die Patronen wieder heraus und warf sie mitsamt der Schachtel zurück in die Schublade. Den Revolver schob er hinter das Rückenkissen eines Ohrensessels.

Danach fuhr er mit dem Lift ins Erdgeschoss. Er legte den Schlüssel unter die Fußmatte und kehrte zurück in seine Penthouse Wohnung. Sie existierte erst seit zwei Jahren und krönte das Flachdach der großen Fabrikhalle.

Mabel war anfangs dagegen gewesen, am unteren Ende der Franklin Street zu wohnen, dazu noch in einer Gegend, die von Fabriken und Lagerhäusern geformt wurde. Aber es war fraglos nicht ohne Reiz, vom Dachgarten des Penthouses über die nahen Docks auf den Hudson River blicken zu können.

Um 23.30 Uhr klingelte es.

Peterson ging in die Diele und bediente sich der Gegensprechanlage. „Ja?“, fragte er.

„Wir sind’s. Es ist wegen Ronny“, tönte es aus dem Lautsprecher.

„Ich kenne keinen Ronny. Sie erwarten hoffentlich nicht, dass ich Sie um diese Zeit empfange.“

„Ronny hat für Sie gearbeitet, Mann. Ronald Finch.“

„Er ist tot? Das erschüttert mich. Aber was habe ich damit zu tun?“

„Das erfahren Sie gleich. Drücken Sie endlich auf den verdammten Summer. Ich bin Herb Ashley und habe Mike bei mir. Mike Toppler.“

Peterson zeigte keine Überraschung. Er hatte erwartet, dass der angekündigte Besuch aus Finchs engerem Freundeskreis stammte. Peterson drückte auf den Summer und wartete, bis der Lift eine Etage unter ihm stoppte. Das Penthouse war nur über eine Treppe zu erreichen. Die beiden Jungen kreuzten auf. Peterson führte sie ins Wohnzimmer. Er bot ihnen keinen Platz an. Er trat mit der gewohnten Barschheit des Chefs auf.

„Kommen Sie zur Sache“, raunzte er. „Sie können von Glück reden, dass ich Sie um diese Zeit empfange. Ich habe jederzeit ein offenes Ohr für die Belange meiner Arbeit, aber ich hasse es, in meinem privaten Bereich belästigt zu werden. Was ist los mit Ronald Finch?“

„Er ist tot. Ermordet. Erschossen, um genau zu sein“, erwiderte Herbert Ashley, dessen kalt funkelndes Glasauge in diesem Moment mehr Ausdruck als das natürliche Auge zu haben schien.

Edward Peterson legte die Hände auf die Armlehnen des Sessels. Er traf Anstalten, sich hochzustemmen, aber dann blieb er sitzen. „Das ist entsetzlich“, murmelte er. „Einfach schrecklich. Aber was habe ich damit zu tun?“

„Eine ganze Menge“, erklärte Herbert Ashley und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das wissen Sie verdammt gut. Wir wissen es auch. Deshalb sind wir hier.“

Mike Toppler schwieg. Er gab sich Mühe, grimmig und informiert auszusehen, aber in Wahrheit konnte er kaum seine wachsende nervöse Angst verbergen. Er hielt Herbert Ashleys Plan für schwachsinnig. Peterson war kein Kretin, sondern ein cleverer Geschäftsmann. Der Boss würde schnell merken, dass Ashley nur mit Bluffs und Tricks arbeitete. Das Ganze konnte nur mit einer Katastrophe enden.

„Ich verstehe kein Wort“, murmelte Peterson.

„Wirklich nicht?“, höhnte Ashley. „Wenn das stimmt, wüsste ich gern, warum Sie uns nicht vor die Tür setzen. Ich sage Ihnen, warum Sie uns anhören. Sie haben Angst, dass Ronny uns gesteckt haben könnte, warum Sie ihm die Maschinen geschenkt haben.“

„Finch war tüchtig. Er hatte die Idee, sich ein paar Dollar in Heimarbeit hinzuzuverdienen. Ich hatte keinen Grund, ihm diesen Wunsch abzuschlagen. Wie Sie wissen, haben wir die Maschinen längst durch modernere, produktive arbeitende Modelle ersetzt.“

„Mir kommen gleich die Tränen“, höhnte Ashley. „Weil Ronny so fabelhaft tüchtig war, schenkten Sie ihm drei Maschinen, die auch heute noch einen Marktwert von einigen hundert Dollar haben. Machen Sie uns nichts vor, Chef. Wir wissen, was gespielt wird. Wenn Sie Wert darauf legen, dass der Hintergrund der Transaktion bekannt wird, hängen wir die Sache an die große Glocke. Das würde Sie in eine verdammt peinliche Lage bringen. Wer ist schon scharf darauf, in einen Mordfall verwickelt zu werden? Und das ist es, Chef. Ein Mordfall.“

Edward Peterson stand auf. Er hatte Mühe, sich zu beherrschen und rang nach passenden Worten.

Ihm dämmerte, dass die Jungen nur blufften. Sie ahnten gewiss die Zusammenhänge, aber ihnen mangelte es an Beweisen und konkretem Wissen. Am liebsten hätte er die beiden hinausgeworfen und ihnen den Job gekündigt, aber er musste sich noch etwas gedulden und abwarten, was Lawryn sich einfallen ließ, um die Situation nach seinem Gutdünken unter Kontrolle zu bringen.

Es galt Zeit zu gewinnen, ohne Ashley und Toppler das Gefühl zu geben, dass sie sich auf dem richtigen Weg befand.

Peterson setzte sich wieder.

„Ihr habt den Verstand verloren“, sagte er. „Ich bin nicht erpressbar. Ich habe mit Finchs Tod nichts zu schaffen. Wie kommt ihr bloß darauf, dass es da Zusammenhänge geben könnte? Wegen der Maschinen? Das ist doch absurd!“

„Vor einer Woche“, erinnerte sich Ashley, „kam die kleine Betty Osborne zu Ihnen. Sie ist schwanger, ihre Mutter ist krank. Betty ist eine gute Arbeiterin, das brauche ich Ihnen nicht zu sagen. Auf alle Fälle ist sie fleißiger, als Ronny es jemals war. Sie wollte einen Vorschuss, nichts weiter. Nur ein paar Dollar vor der Zeit. Sie hat das Geld nicht bekommen. Oh nein, nicht von Ihnen. Für Kredite sei die Bank zuständig, haben Sie ihr gesagt. Stimmt’s? Wir haben schließlich zusammengelegt, um ihr zu helfen. Nein, Peterson, Sie sind nicht der Typ, der sich freiwillig von seinem Geld trennt. Und die Maschinen sind so gut wie Geld, sie sind immer noch eine Menge wert.“

„Ihr glaubt, dass ich erpresst wurde. Okay, Dann sagt mir doch, womit!“

Mike Toppler schaute dem Freund ins Gesicht. Wenn dem nicht sofort eine geniale Idee kam, war das Unternehmen gescheitert.

„Sie betrügen Ihre Alte“, sagte Ashley.

Es war ein Schuss ins Blaue, aber er saß. Toppler erkannte es an Petersons Zusammenzucken.

Ashley kriegte es gleichfalls mit. Er hakte sofort nach. „Sie hat das Geld. Wenn sie erfährt, dass Sie mit einer anderen schlafen, ist der Teufel los.“

In diesem Augenblick flog die Tür auf.

Ashley und Toppler wirbelten auf den Absätzen herum. Aus schreckgeweiteten Augen starrten sie auf die beiden Männer, die sich über die Schwelle schoben.

Die Männer trugen Revolver in ihren behandschuhten Händen. Die Waffenläufe waren auf Ashley und Toppler gerichtet.

Mike schluckte. Er hatte sich immer für einen harten Burschen gehalten, aber in diesem Moment begriff er, dass Muskelkraft und Rauflust noch keine echte Härte garantierten. Er hatte scheußliche Angst, er zitterte buchstäblich um sein Leben.

„Ich habe dich gewarnt, Großschnauze“, keuchte er. „Du hast nicht auf mich hören wollen. Jetzt sitzen wir in der Scheiße. Lass dir etwas einfallen. Hol uns gefälligst wieder heraus – das Ganze war schließlich deine Idee.“

Der Dollar-Boss von Greenwich Village: N.Y.D. - New York Detectives

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