Читать книгу Marthas Liebschaften | Erotischer Roman - Aimée Rossignol - Страница 4

Оглавление

Samstag

Der Samstagmorgen darauf bringt mehr Regen und vor allem mehr Ballett an der Académie. Er bringt auch ein bisschen Berlioz und Ravel zum Aufwärmen, vor allem aber Tschaikowsky.

Den meisten Lehrern ist es unter der Woche ziemlich egal, was ich klimpere, so lange es einigermaßen zu ihren Stunden passt, nur samstags ist gar nichts egal, weil für eine der beiden großen Aufführungen im Jahr geprobt wird. Entweder für den »Nussknacker« kurz vor Weihnachten oder so wie jetzt »Schwanensee« vor der Sommerpause.

Seit einer Stunde schon hüpfen vier kleine Schwäne unter der Anleitung von Madame Blanchard, der Leiterin des Ballettinstituts höchstpersönlich, durch den Saal. Über das Alter von Agnès Blanchard gehen die Meinungen auseinander. Manche sprechen von über Fünfzig auf jeden Fall, andere wähnen sie sogar in ihren frühen Sechzigern. Alles, was wir wissen, ist, dass sie in den Achtzigern für das Pariser Opernballett getanzt hat und ziemlich berühmt war.

Ich persönlich glaube ja, sie hat gar kein Alter. Agnès ist neben meinem Flügel stehengeblieben, legt eine Hand auf das Holz und dirigiert mit der anderen die kleinen Schwäne.

Ab und an wirft sie mir einen Blick zu, in dem die flüchtige Andeutung eines Lächelns liegt. Agnès mag mich. Warum, weiß ich nicht, aber ich hatte schon das Gefühl, dass ich ihr sympathisch war, als ich damals mit meinen Noten unter dem Arm in ihr kleines Büro marschiert bin, um mich als Korrepetitorin zu bewerben. Auf dem Schreibtisch quollen drei Aschenbecher über und in dem fensterlosen Kabuff hing Qualm dick wie Londoner Nebel unter der Decke. Nach dem kurzen Gespräch mit ihr hatte ich das Gefühl, meine Kleidung verbrennen zu müssen, so sehr hatte sich der kalte Zigarettenrauch binnen der zehn Minuten in den Stoff gefressen. Sie hat damals das Blatt mit meinem Lebenslauf in der Hand gedreht. Abwechselnd auf die verschiedenen Stationen und zu mir geblickt. Er wäre kein spannender Job, hatte sie gesagt und mich prüfend angesehen. Ich hatte nur erwidert, dass ich dies auch nicht erwarten würde.

Wann ich das erste Mal am Klavier gesessen hätte, wollte sie wissen und sofort fiel mir mein Großvater ein. Er war Opernsänger. Ein melodramatischer, aber unglaublich witziger Mann, der mich gern zu Proben mitnahm oder mich auf seinen Schoß setzte, wenn er selbst am Klavier sang. »Mit drei Jahren«, habe ich ihr also wahrheitsgemäß geantwortet und Agnès hat genickt und gesagt, dass sie mit drei angefangen hätte, zu tanzen und nie wieder aufgehört hat. Dann hatte ich den Job.

Agnès Blanchard ist für mich der Inbegriff einer alten Primaballerina. Zäh und zierlich. Ein straffer Körper aus Muskeln und Sehen, der weniger von einem Knochengerüst gehalten zu werden scheint, als vielmehr an unsichtbaren Fäden aufgezogen ist. Wahrscheinlich ist in den Decken des Instituts ein filigranes Schienensystem verbogen, das sie von einem Ort an den anderen zieht.

Nie habe ich sie anders gesehen, als mit einem makellosen Haarknoten auf dem oberen Drittel ihres Hinterkopfes. Ich bin mir sicher, dass kein Haar es wagen würde, aus dem straffen Dutt zu entfleuchen, so, wie es auch keiner der kleinen Schwäne bei ihr wagt, aus der Reihe zu tanzen. Bei Agnès wird kein Kind müde, alle sind von einer angespannten Begeisterung gepackt, die ihre Augen glänzen lässt. Alles, was Agnès mit ihrer leisen strengen Stimme in den Raum gibt, erreicht sofort die kleinen Körper, die sich recken und straffen, wenn sie mit ihrem Finger auf sie deutet.

»Alors, und eins, sur le cou de pied, coupés, zwei, drei, vier, fünf, jeté und pas de bourée und passé, plié! Hört auf die Musik, hört auf den Takt. Marie, den Kopf nach rechts. Alle achten jetzt auf die Köpfe! Höher. Weiter, weiter ...«

Es ist nicht so, dass ich Agnès nicht mag, im Gegenteil, aber die Gegenwart ihres geraden Körpers, den ich mir beim besten Willen niemals und unter keinen Umständen zusammengesunken oder herumgefläzt auf einem Sofa vorstellen kann, macht mir immer ein schlechtes Gewissen. Ich fühle mich dann plump mit meinen breiten Hüften, dem für ihre Begriffe wahrscheinlich gigantischen Busen und meinen Beinen, die im Gegensatz zu den ihren über Waden und Schenkel verfügen.

»Und noch einmal. Vite, vite, ihr kleinen Schwäne! Martha, ein wenig schneller jetzt, bitte.«

Die Schwäne hüpfen noch eine weitere Stunde zu meinem Spiel munter durch den Saal, bevor sie flink Taschen und Jacken aufsammeln und von den älteren Schülerinnen abgelöst werden. Eben betritt Colette den Saal und wie immer, wenn sie hineinkommt, sind alle einen Augenblick lang still und gebannt.

Ich habe selten ein so schönes Mädchen gesehen, wie Colette und obwohl sie schon Anfang Zwanzig ist, hat sie sich diese langbeinige jugendliche Schönheit bewahrt, die eigentlich nur Mädchen zu Beginn ihrer Pubertät haben. Keine Frage, Colette ist ein zartes Reh. Bedauerlicherweise weiß sie das aber auch und büßt so, für mich jedenfalls, einen großen Teil ihres Charmes ein. Ich sehe ganz genau, dass sie ihren Auftritt genießt, aus den Augenwinkeln die Gesichter der Anwesenden nach Bewunderung absucht.

Agnès und ich sind die Einzigen, die sich diesem Schauspiel entziehen. Ich schaue angestrengt auf die Noten, die ich nicht brauche, aber die einfach irgendwie auf den Ständer gehören, und Agnès hat den Kopf zum Fenster gedreht.

Agnès klatscht zweimal in die Hände. »Zehn Minuten Pause. Colette und Blanche, macht euch schon mal warm. Colette, ich möchte heute keinen müden schwarzen Schwan sehen und Blanche, der weiße Schwan darf heute ruhig ein wenig liebenswürdiger sein. Alors!«

Agnès winkt mich mit spitzen Fingern durch den Saal und die Treppe hinunter auf den Hof.

Das machen wir manchmal. Wir rauchen überwiegend schweigend unter dem Blätterdach der alten Kastanie, seitdem man Agnès verboten hat, in ihrem Büro eine Zigarette anzuzünden, und fühlen dabei durchaus eine seltsame Art der Verbundenheit. Also ich fühle sie. Was Agnès fühlt, weiß ich natürlich nicht.

»Immer Schwanensee«, sagt sie und bläst den Rauch in Kringeln in den Himmel. Es hat inzwischen aufgehört zu regnen und ich nicke stumm dazu. Ich weiß genau, was sie meint.

Wir ziehen abwechselnd von unseren Zigaretten und drücken sie dann in den übervollen Aschenbecher an der Wand. Bevor wir nach oben gehen, legt sie mir zu meiner Überraschung einen ihrer knochigen Finger an die Wange. Kühl und liebevoll ruht er für den Bruchteil einer Sekunde auf meiner Haut, dann eilt sie behände vor mir die Stufen hinauf. Ich folge ihr bedeutend langsamer, mit der gefühlten Trägheit eines alten Kleppers.

***

Gegen vier liegt der Ballettsaal schließlich wieder still und ruhig wie ein schattiger Teich auf einer Waldlichtung im grauen Licht des angebrochenen Nachmittags.

Ich sortiere die Notenblätter sorgfältig auf einen Stapel und schließe die Tür hinter mir.

Lucs Anblick unten auf der Straße überrascht mich nicht. Ich hatte zwar nicht explizit daran gedacht, dass er auftauchen könnte, aber es ist nicht das erste Mal, dass er mich an einem Samstag im Torbogen erwartet, die Zigarette auf den Boden fallen lässt und mich dann ansieht, als hätte er mit mir, hier vor der Ballettschule, an der ich arbeite, am allerwenigsten gerechnet.

»Was willst du?«, frage ich und gehe zügig an ihm vorbei.

»Mit dir essen gehen und feiern.«

Eine Locke ist ihm in die Stirn gefallen und er wischt sie achtlos beiseite. Er sieht gut aus, denke ich, aber am schönsten sieht er aus, wenn er arbeitet und sich sein Rücken über den Flügel beugt. Dann hält er den Kopf schräg und sein rechtes Ohr dichter an die Tasten. Ich mag seinen Gesichtsausdruck, wenn er den Tönen nachspürt, als wären sie Agenten, die es in dunklen verwinkelten Gassen zu verfolgen gilt und die man keinesfalls auch nur eine Sekunde aus den Augen lassen darf.

Heute hat er sich für mich schön gemacht, das sehe ich sehr wohl. Er hat den hellen Trenchcoat an, den ich ihm geschenkt habe und die braunen Schuhe. Seinen Schal hat er so gebunden, wie ich es am liebsten mag und so, wie ich es ihm gezeigt habe.

»Ich bin müde, Luc, lass mich gehen.« Und als meine Worte gerade eben meinen Mund verlassen haben, weiß ich, das war ein Fehler. Vor Luc darf man keine Schwäche zeigen. Das nutzt er geradewegs aus und genau das mag ich nicht an ihm. Es ist, als würde man ein ohnehin verletztes Reh schießen und sich anschließend damit brüsten, obwohl es ja keine Kunst ist.

Deshalb beschleunige ich meinen Schritt.

Aber sofort holt er auf. »Eben, Martha, du bist müde. Viel zu müde, um zu kochen, und deshalb können wir zu unserem Lieblingsitaliener gehen. Lorenzo fragt immer nach dir. Er würde sich auch freuen, dich wiederzusehen.«

Luc greift nach meinem Arm, doch ich schüttele ihn ab, wobei ich merke, dass meine Bewegung halbherzig ist und mein Widerstand schwindet. Schon lange habe ich keine von Lorenzos Pizzen mehr gegessen und keinen ausgezeichneten Landwein aus der Emilia Romagna aus seinen alten Kristallgläsern getrunken.

»Martha!« Catherines Stimme pikst in meinen Rücken und ich war selten so dankbar, sie zu hören. Rasch drehe ich mich um. »Ah, Catherine, bonjour.«

»Kann ich dich sprechen?« Ihre Augen huschen zwischen Luc und mir hin und her. Ich weiß nicht, wie sie das macht, aber ihr scheint alles zwischen uns sofort klar zu sein.

»Sicher. Entschuldige mich, Luc. Ich habe noch zu tun.«

Catherine schiebt ihre Hand unter meinen Ellenbogen und führt mich wortlos um die nächste Straßenecke, als wäre ich blind. Dort lässt sie mich unvermittelt los und sieht mir kurz in die Augen. Ich schaffe es gerade eben noch, ein »Merci« zu murmeln, dann sehe ich dankbar ihrem blonden Dutt nach, der noch einen Moment lang über den Köpfen der Leute tanzt, bevor er im Gewühl verschwindet.

Sicherlich, sie weiß, dass Luc mein Ex-Mann ist und in groben Zügen auch, was zwischen uns passiert ist, trotzdem bewundere ich sehr, dass sie die Gabe hat, solche komplizierten Situationen im Nu zu durchschauen.

Über ein paar kleine Umwege laufe ich nach Hause und bin erleichtert, dass Luc weder vor der Haustür noch im Treppenhaus auf mich wartet. Im Flur meiner Wohnung lehne ich mich einen Augenblick gegen die Wand, bevor ich aus den Schuhen schlüpfe und meinen Mantel an die Garderobe hänge.

Luc hat schon recht, was meine Wohnung betrifft. Das Hinterhaus in der kleinen Rue de Chrevalout hat seine besten Zeiten hinter sich. Vor mehr als hundert Jahren war das ganze Gebäudeensemble sicher ein wahrer Prachtbau, heute zeugen nur noch die hohen Decken und der Stuck von seiner früheren Eleganz. Waren meine zwei Zimmer sicherlich einmal ein Teil einer viel größeren und herrschaftlichen Wohnung, ist es heute einfach ein verschnittenes kleines Apartment, in das sich nur im Sommer, wenn am Mittag die Sonne am Höchsten steht, ein Strahl Licht ins Wohnzimmer verirrt. Außerdem pfeift durch die morschen Holzfenster oft ein kalter Wind, der sich im Hinterhof heulend fängt. Der Flur, von dem Bad, Schlafzimmer und Wohnzimmer abgehen, knickt hinter dem Wohnzimmer einmal ab, um sinnlos in einer kleinen Fensternische zu enden, während man vom Wohnzimmer aus zwei kleine Stufen überwinden muss, um in die verwinkelte Küche mit dem Erkerfenster zu gelangen. Es ist wirklich keine sehr schöne Wohnung, zumal sie überwiegend mit Sperrmüllfunden und Flohmarkt-Schnäppchen möbliert ist.

Aber es ist meine Wohnung. Die erste Wohnung, die allein mir gehört, gekauft vom Geld, das mir Luc nach der Scheidung überweisen musste. Und endlich auch das Zuhause für den alten Blüthner-Flügel meines Großvaters, den Luc in seiner Wohnung nicht haben wollte. Zwei Flügel bräuchte kein Mensch, er hätte doch schon einen wunderbaren Steinway, hat er immer gesagt, wo solle man auch hin mit dem riesigen Instrument. Aber jetzt steht der Blüthner hier in meinem Wohnzimmer und manchmal, so wie jetzt eben, streiche ich mit den Fingern über das alte Holz und denke an meinen Großvater.

Das hartnäckige Vibrieren meines Telefons reißt mich aus meinen Erinnerungen.

»Martha, du hast mich einfach so stehen lassen!« Luc klingt empört.

»Ich hatte zu tun«, sage ich kühl und schlage in das darauffolgende Schweigen, zwei, drei Tasten leise an.

Blitzschnell wechselt Luc seine Taktik. Er ist ein Meister darin, zwischen Stimmungen hin- und herzuspringen. Himmelhauchjauchzend, zu Tode betrübt und blitzschnell erregt.

»Der Flügel klingt verstimmt. So ist das eben mit solch einem alten Monster. Du solltest Cedric anrufen, meinen Klavierstimmer. Er versteht einfach mehr davon, als dieser Frechat, den du dir immer ins Haus holst.« Jetzt klingt er plötzlich liebevoll besorgt und der leichte Vorwurf in seiner Stimme hat einen neckischen Unterton.

»Ich bin mit Monsieur Frechat überaus zufrieden.« Ein Lächeln huscht über meine Lippen. »Monsieur Frechat kümmert sich hingebungsvoll um das Instrument. Er versteht es wirklich, alle Saiten zum Klingen zu bringen.«

Allerdings versteht er etwas davon und die Erinnerung an seinen letzten Besuch lässt augenblicklich mein Herz ein wenig schneller schlagen. Sind tatsächlich schon wieder drei Monate vergangen? Ich rechne im Geiste nach. Anfang Dezember, pünktlich für die Weihnachtsproben meiner Schüler, hat er Hand angelegt. Ich weiß es noch genau. Er hat ...

»Martha, du erscheinst mir anders als sonst. Ist etwas mit dir?«, unterbricht Luc mein verträumtes Sinnieren.

»Nein, was soll denn sein?«, frage ich schroff zurück.

»Martha!« Lucs Stimme überschlägt sich jetzt fast. »Martha, ich kann es doch hören. Du hast einen Mann, einen Liebhaber, oh, mach mir doch nichts vor! Das ist es also. Ich kenne dich zu gut. Was gibt er dir, was ich dir nicht tausendmal mehr geben könnte?« Anklagend stößt er seine letzten Worte hervor und ich rolle mit den Augen.

»Das geht dich gar nichts an. Selbst wenn es so wäre und ich hätte jemanden, es wäre nicht deine Sache!«

Luc presst einen tiefen Seufzer in mein Ohr. Ich hasse es, wenn er so melodramatisch wird.

»Gib mir eine Chance, Martha, nur noch eine und ich werde dir zeigen, was ich dir für ein Mann sein kann. Erinnerst du dich? Damals, in Rom. Das bin ich. Das waren wir. Das war die Leidenschaft, die du brauchst und die nur ich dir geben kann.«

Rom. Wir kannten uns noch nicht lange und Luc bat mich, ihn zu der Aufführung seiner neuesten Symphonie zu begleiten. Aufgewühlt von seiner Musik, irrten wir in der Nacht nach dem Konzert durch enge Gassen, küssten uns. Erst zart und fast verschämt, dann hungriger und gieriger, bis wir es nicht mehr aushielten und er mich in eine dunkle Toreinfahrt schob, gegen die Wand presste und den leichten Sommerrock anhob, den ich trug.

Sein Begehren hatte mich erregt. Wenn Luc etwas tut, dann nicht halbherzig. Er komponiert ganz und gar und er liebt ganz und gar. Ich kann die Mauer noch in meinem Rücken spüren. Spitzer krümeliger Stein bohrte sich durch die dünne Bluse in meine Haut. Mit einem einzigen Ruck zerriss er meinen feuchten Slip und lachte leise in mein Ohr, als er seine Hand zwischen meine Schenkel schob und mit ihr meinen Saft auffing, bevor er in mich eindrang. Ich hatte die Augen geschlossen und wir blieben eine Weile lang so stehen. Bewegungslos. Er in mir. Für die wenigen vereinzelten Passanten hatten wir sicher ausgesehen, wie ein beliebiges Liebespaar in einer umschlungenen Umarmung. Ein Liebespaar unter vielen in der Ewigen Stadt.

Wir aber waren ganz wir selbst und ganz bei uns. Luc hatte mir seine warme Hand auf den Mund gelegt und mit seinen langen, schmalen Fingern meine Wange gestreichelt, während er mich stieß, mein Stöhnen von seiner duftenden Haut aufgenommen und sicher bewahrt.

Immer und immer wieder. Als Rhythmus unser pochender Herzschlag. Schneller und schneller, wie die Pirouetten der Elevinnen in Madame Blanchards Unterricht. Es schien eine nicht enden wollende Vereinigung zu sein, so, als hätten wir Angst gehabt, uns zu verlieren, würden wir uns lösen.

Der Höhepunkt als beinahe schreckliches Ende, aber nicht als Ziel unserer keuchenden Ekstase.

Luc hat genau das später einmal bei einem Essen mit Freunden gesagt. Wenn es beim Sex nicht mehr um den Akt an sich geht, sondern nur noch um die Erleichterung des Kommens, dann ist die Liebe dahin. Ich weiß nicht, wie ich dazu stehe. Ich weiß nur, dass ich alles an der Liebe liebe und dass Luc mir das verleidet hat mit seinem Verrat.

Rom. Ja, ich erinnere mich gut. Zu gut vielleicht.

»Au revoir, Luc.« Ich lege auf und er ruft nicht wieder an, aber einzig und allein, weil er glaubt, seinen Worten so mehr Bedeutung zu verleihen und mit stetem Tropfen den kalten Stein meines Herzens doch auszuhöhlen.

Ich nehme ein Glas aus dem Schrank und gieße mir Rotwein ein, dann wähle ich Monsieur Frechats Nummer. Die Erinnerung an Rom hat etwas in mir geweckt. Verlangen und Begehren.

Monsieur Frechat meldet sich nach dem zweiten Klingeln und hastig schlucke ich den Wein hinunter.

»Madame Pelletier hier.« Ich warte einen Moment.

»Ah«, sagt er und nichts weiter. Vielleicht lächelt er.

»Mein Flügel ist arg verstimmt. Wann hätten Sie Zeit für mein Instrument?«

»Einen Moment bitte, Madame Pelletier.« Ich kann hören, dass er in seinem Kalender blättert und ich glaube zu hören, dass er einen Finger befeuchtet, um das Papier besser zu greifen.

»Bedauerlicherweise kann ich Ihnen vor Ende nächster Woche keinen Termin anbieten. Würde Ihnen Donnerstag, fünf Uhr passen?«

Er hat nicht vergessen, dass Donnerstag der einzige Wochentag ist, an dem ich nachmittags keine Schüler habe und mein Herz macht einen kleinen Hüpfer. Ich atme lautlos und lasse mir einen Augenblick Zeit.

»Ja, ich sehe gerade, das passt recht gut. Soll ich Ihnen noch einmal sagen, wo ich wohne?«

Jetzt kann ich ihn schlucken hören.

»Danke, Madame, ich habe Ihre Adresse.«

»Gut, dann bis Donnerstag.«

»Au revoir, Madame Pelletier.«

»Au revoir, Monsieur Frechat.«

Ich trinke noch einen großen Schluck Rotwein und überlege, was ich beim letzten Mal trug. Das rote Spitzenset. Der BH mit den schmalen Trägern. Genau. Und darüber mein schwarzes Etuikleid mit dem Wasserfallausschnitt. Mittlerweile haben wir Frühling und mir ist danach, etwas zu kaufen. Ich will etwas Neues, Schönes. Nur für diesen Donnerstag. Nur für Monsieur Frechat und mich.

Und so endet der Tag vor meinem kleinen Laptop mit dem Besuch diverser Online-Shops. Zu teuer, nicht schön, wunderbar, aber unbezahlbar, geht so, wäre machbar.

Ich schlafe schließlich am Küchentisch ein, wache gegen zwei Uhr morgens mit Rückenschmerzen wieder auf und krieche ins Bett.

Marthas Liebschaften | Erotischer Roman

Подняться наверх