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Die Karte

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Das Ende des einen ist immer der Anfang des anderen. Während uns die letzte Karte der Giger-Arkana ein Raumschiff zeigt, das im Begriff ist, dem Schreckensplaneten Erde zu entkommen, sehen wir auf der ersten die Wiederankunft: Es ist ein in Windeln gewickelter Greis. So beginnt dieser Zyklus dort, wo er geendet hat, denn wir können im Untergang auch das ungeborene Potential des Anfangs erspüren, der zur Geburt eines neuen Narren führt.

Er hat noch die Nabelschnur um den Hals, und sein beinloser Rumpf steckt in einem Urinal. Dabei blickt er direkt auf die Nahtstelle des Lebens, denn das Bild zeigt eine vor ihm kniende Frau, die ihm ihre Geschlechtsöffnung entgegenstreckt. In seiner hilflosen Lage einem Embryo gleich, offenbart der Narr die Unschuld des werdenden Lebens. Dies ist der gesunde Urzustand der Psyche vor der Infizierung durch die Viren gesellschaftlicher Konditionierung. Seine Seele ist wie ein unbeschriebenes Blatt, und seine innere Leere bedeutet innere Stärke. In ihm können sich die Gegensätze noch harmonisch ergänzen, anstatt sich zu bekämpfen oder sich wechselseitig auszuschließen. Deshalb kennt der Narr den Konflikt zwischen rationalem Verstand und Triebnatur noch nicht, und deshalb auch sieht er zwischen den Beinen der Frau mehr als nur ihr Geschlecht. Vor seinem geistigen Auge öffnet sich der Blick auf die Stufen zum Leben, auf die Umformung des Ewigen in die Körperlichkeit der Materie. Er sieht sich im Moment seines Vergehens auf der Schwelle zwischen Leben und Tod, am Ziel seiner Wünsche, wo der Abgrund der Äonen aufbricht und ihn einen Schimmer des schwindelerregenden Ursprungs erahnen lässt, in dessen Sphären das Gesicht der Mutter aufgeht. Er küsst es auf den Mund, wird neu geboren und kehrt als Embryo zurück.1 Spirituell ist dies mit der Aufnahme in den Tempel des Lichtes gleichbedeutend.

In den Gefühlen des Narren mischt sich die Sehnsucht nach dem Leben mit der Sehnsucht nach dem Tod, denn das Streben des Ungeborenen zum Dasein bringt unweigerlich die innere Tendenz des Geborenen hervor, sich selbst in den Zielen des Lebens wieder zu zerstören, auf dass sich die Schöpfung bewege! Am Ende jeden Weges trifft er wieder auf die Wurzel der Anfänge, weil er ahnt, dass er schon immer war, was er ist, und immer sein wird, was er je werden kann, weil er sich nach den Zielen sehnt, die schon von allem Anfang in ihm waren. Diese Janusköpfigkeit des ewig-jungen, alterslos-betagten Narren kommt durch die Tatsache zum Ausdruck, dass sich die „Flöte“ bei genauerem Hinsehen als Schrotflinte entpuppt. Damit erschießt sich der Narr bereits vor der Geburt, sozusagen exemplarisch für alles, was dem Leben – und damit dem Tode – zustrebt.

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