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Tarot als Modell unserer Hoffnungen und Ängste

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Stellen wir uns den Tarot also als eine Tür vor, hinter der jedes Mal ein anderes Panorama liegt, so oft wir die Karten mischen und auslegen. Die Karten stellen einen eigenen Kosmos, ein verkleinertes Muster aller Abläufe in der Welt dar und liefern uns die Vorlage zu einer Realität, die wir dann aus unserer persönlichen Sichtweise heraus interpretieren. In jedem Augenblick bilden Welt und Mensch ein komplexes Gewebe von Ursache und Wirkung. Da die Welt für uns aber nicht einfach so ist, wie sie ist, sondern weil sie sozusagen erst durch unsere Vorstellung für uns zu dem wird, was sie ist, können wir die Realität als ein komplexes Gewebe betrachten, das aus dem Zusammenspiel aller seiner Komponenten – einschließlich des menschlichen Erkennens – erst „wird“.

Das bedeutet auf der Ebene des Realitätsmodells Tarot, dass keine Karte allein aus sich selbst heraus und nur für sich selbst allein existiert. Sie ist auch nicht als vom Betrachter unabhängig zu betrachten, denn sie existiert nur in Beziehung zu anderen Karten, und in jeder dieser möglichen Beziehungen existiert sie – je nach der Perspektive des Betrachters – anders. Umgekehrt existieren für den Betrachter selbst keine objektiven Wertmaßstäbe, und es gibt für ihn auch keine allgemeingültige Perspektive, obwohl es nur Objekte gibt, die sind, wie sie sind. Denn da wir die Objekte eben nicht so sehen, wie sie sind, sondern nur so, wie wir sie sehen können oder sehen wollen, ist jedes Sehen gleichzeitig immer nur die Perspektive unserer eigenen Vorstellung. Die Wurzeln dieser Vorstellung aber sind unsere Hoffnungen und Ängste. Denn es sind unsere Gefühle, die uns alles, was wir sehen, durch die subjektive Brille unserer inneren Ausrichtung „wieder erkennen“ lassen. Das, was wir dann letztlich sehen, nennen wir nichtsdestoweniger „Realität“.

Da wir die Karten folglich nur so sehen können, wie wir sie in der Beziehung zu unseren Hoffnungen und Ängsten erkennen können, gibt es auch keine Sicht der Karten, die sich nicht mitbewegen würde, sobald sich unsere Ängste und Hoffnungen verändern. Denn die unbewussten Sehnsüchte und Befürchtungen sind die individuellen Vorstellungen, die sich genau von jenen Vorgängen (Karten) in der Welt anziehen lassen, die sie bestätigen. Damit wird klar, dass der Tarot überhaupt nicht das Gesetz von Ursache und Wirkung in Frage stellt. Im Gegenteil: Er fügt lediglich eine weitere Sichtweise innerhalb dieses Gesetzes hinzu. Wenn wir die Karten mischen und auslegen, schaffen wir uns eine Spiegelung unseres kleinen Anteils an der Gesamtsituation. Wir gehen davon aus, dass auch der so genannte Zufall im Grunde determiniert ist, nämlich durch das Kraftfeld des Willens, der aus dem Zentrum des Empfindens kommt, das wiederum an die Inhalte gebunden ist, die sich ihm im Schicksal anbieten. Das Ewige wird durch die Raster unserer Vorstellung jetzt zum Alltäglichen. Und diese in den Alltag eingebundene Ewigkeit vermittelt immer eine Spur von Sehnsucht – von Gottessehnsucht. Das ist besonders im Tarot gut nachvollziehbar. Kenner versuchen in den Legungen der Karten gewisse Formen und Strukturen zu finden, um über die Inhalte des Alltäglichen hinaus den Geist des Ewigen zu erkennen, weil sie instinktiv erahnen, dass ihre Sehnsüchte nur die Schatten jenes Geistes sind, welcher jenseits des Erfassbaren thront.

Baphomet

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