Читать книгу Der Finanzwesir - Was Sie über Vermögensaufbau wirklich wissen müssen. Intelligent Geld anlegen und finanzielle Freiheit erlangen mit ETF und Index-Fonds - Albert Warnecke - Страница 10
ОглавлениеDas Finanzwesir-Manifest
Für mich gelten diese drei Regeln:
1 Es ist unmöglich, den Markt zuverlässig zu schlagen.
2 Mehr Rendite nur durch mehr Risiko.
3 Hin und her macht Taschen leer.
Es ist unmöglich, den Markt zuverlässig zu schlagen
Wer heute schon weiß, was morgen passiert, kann den Markt auf Dauer zuverlässig schlagen. Diese Leute nennt man Hellseher und ihr Lebensraum ist der Fantasyroman.
Ich erinnere mich an meine Zeit bei Yahoo! Damals, Ende der 90er-Jahre des letzten Jahrhunderts, waren Mary Meeker und Henry Blodget das Maß aller Dinge. Jedes Jahr prophezeiten die beiden noch irrsinnigere Dinge als zuvor, die dann auch tatsächlich eintraten. Firmen ohne Umsatz und ohne Geschäftsmodell waren an der Börse Milliarden wert. Laut Meeker und Blodget war das auch richtig, denn im Internetzeitalter zählten Fantasie und Potenzial erst mal mehr als echte Umsätze. Als dann im März 2000 die Dotcom-Blase platzte, wurden beide mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt. Die beiden hatten einfach das Glück gehabt, den Anfang des Dotcom-Booms erwischt zu haben. Sie haben die Welle geritten, aber als die Welle brach, verschwanden sie in den Strudeln und neue Propheten machten ihre Surfbretter klar.
Wer immer Ihnen erzählen möchte, er könnte den Markt schlagen, schwindelt oder leidet an massiver Selbstüberschätzung.
Warum fallen wir immer wieder auf selbst ernannte Finanz-Gurus rein?
Nepper, Schlepper, Bauernfänger und alle anderen Arten von Leuten, die uns unser Geld abluchsen wollen, bedienen sich meist immer der-selben altbewährten Tricks, so auch die selbst ernannten Finanz-Gurus, die uns vom Finanzprodukt bis zum Börsenbrief alles Mögliche andrehen möchten. Der Hauptgrund, warum wir auf deren Sprüche so schnell reinfallen, ist ein Phänomen, dass die Kognitionspsychologen Ankerheuristik nennen. – Nie gehört? Macht nichts. Ankerheuristik geht so:
Sie sind beim Zahnarzt. Wer soll sich um die Krone kümmern? Der Herr Doktor persönlich oder der junge Bursche, der gerade frisch von der Uni kommt?
Oder Sie sind beim Friseur. Wer soll Ihnen die Haare schön machen? Die Claudia, die schon seit Jahren im Salon steht, oder die Cheyenne im ersten Lehrjahr? Und Achtung: Wir reden hier von Kopfhaaren, in sechs Wochen ist da wieder alles im Lot!
Es ist nun mal so: Erfahrung rockt! Egal ob Arzt oder Friseurin: Wir schätzen den Satz Das mache ich nicht zum ersten Mal.
Ankerheuristik ins Spiel: In allen bisherigen Lebensbereichen haben wir gelernt, dass Erfahrung alles ist, also übertragen wir diese Weisheit auch völlig kritiklos auf das Thema Finanzen. Das ist ja der Vorteil von Heuristiken: Da kommt ein Tier, das ist zwar kein Säbelzahntiger, aber es sieht sehr ähnlich aus, also mal lieber abhauen. Heuristiken sind schnelle Einschätzungen, keine fundierten Analysen.
Das Problem: An den Finanzmärkten greift das Konzept Erfahrung nicht. Das gibt die Finanzbranche auch selbst zu: Angaben zur bisherigen Entwicklung erlauben keine Prognose für die Zukunft. Das ist die komplette Negierung des Prinzips Erfahrung. Kein Beratungsprotokoll und kein Verkaufsprospekt kommen ohne diesen Satz aus.
Mehr Rendite nur durch mehr Risiko
Die BWLer nennen Rendite lieber Risikoprämie. Das trifft es auch besser, denn je riskanter der Job, desto besser die Bezahlung. Der Investor sieht die Ausfallwahrscheinlichkeit, und nur, wenn der Renditeköder fett genug ist, wird er anbeißen.
Der Deal hohe Rendite bei niedrigem Risiko existiert nicht. Denn wenn die Investition risikoarm ist, hat es der Kapitalsucher nicht nötig, einen fetten Köder auszuwerfen. Die Investoren halten dann auch eine geringere Risikoprämie für angemessen. Der Kapitalsucher wird also sein Renditeangebot zurückschrauben und nicht mehr zahlen, als notwendig.
Das Gemeine an diesem Spruch: Man kann ihn nicht umkehren. Bloß weil ein Investment nur eine mickrige Rendite abwirft, ist es nicht automatisch risikolos. Es kann auch einfach nur ein mies konstruiertes Abzockprodukt sein. Aber wenn eine Investition mit hoher Rendite lockt, dann können Sie Gift darauf nehmen, dass die Sache hochriskant ist.
Hin und her macht Taschen leer
Unterschätze nie die operativen Kosten. Gebühren, Spesen, Transaktionskosten – die Banken sind sehr fantasievoll, wenn es darum geht, mehr als nur ihren Teil abzuzweigen. Viele Investitionen, die auf den ersten Blick noch brauchbar aussehen, fallen ins Minus, wenn man die Gebühren mit einrechnet. Die Aussage Wir rechnen das mal schnell durch, die Gebühren vernachlässigen wir erst einmal, das sind ja nur wenige Prozent ist der erste Schritt in Richtung Abgrund.
Wenn es darum geht, ein konkretes Portfolio aufzubauen, müssen Sie immer die Transaktionskosten im Blick haben. Sorgfältig auswählen, kaufen und behalten bringt in den meisten Fällen mehr Rendite als permanentes Handeln.
Das sind düstere Aussichten: Erfahrung gilt nichts, das Risiko steigt mit der Rendite und handeln ist teuer. Also lieber leben statt sparen? So wie der legendäre britische Fußballspieler George Best, der einmal sagte: Ich habe viel Geld für Alkohol, Frauen und schnelle Autos ausgegeben, den Rest habe ich einfach verprasst.
Mein Vorschlag: Leben und sparen. Was das Leben angeht, müssen Sie natürlich selber wissen, was Sie wollen. Was das Sparen angeht, würde ich es lieber Anlegen nennen. Denn:
Sparen: Oh toll, am Ende des Monats ist noch Geld übrig, das kommt jetzt aufs Sparbuch. Was dann damit passiert, weiß ich nicht. Ist mir auch egal, Hauptsache sicher.
Anlegen: Ich habe ein Ziel und einen Plan, wie ich dieses Ziel erreiche. Deshalb verteile ich am Anfang eines jeden Monats einen festgelegten Betrag auf ein sorgfältig und mit Bedacht ausgewähltes Portfolio aus zu mir passenden Finanzprodukten.
In diesem Buch soll es um das Anlegen gehen!