Читать книгу Der Finanzwesir - Was Sie über Vermögensaufbau wirklich wissen müssen. Intelligent Geld anlegen und finanzielle Freiheit erlangen mit ETF und Index-Fonds - Albert Warnecke - Страница 17

Оглавление

Aus Fehlern lernen

Ich kann aus eigener Erfahrung berichten: Ohne eine solide Anlagepolitik ist man verloren. Ohne festes Ziel wird man zum Spielball seiner Gefühle (Angst & Gier lassen grüßen) und der Medien.

Hier zwei meiner Fehler:

Fehler 1: Die Barrakuda-Taktik missachten

Barrakuda? Heißen die nicht Finanzhaie? Nein, ich meine den echten Barrakuda, den Raubfisch. Wenn ein Barrakuda Hunger hat, geht er nicht blindlings auf den nächsten Makrelenschwarm los, sondern umkreist den Schwarm, sondiert die Lage und sucht sich ein Opfer aus. Diese, und nur diese eine Makrele verfolgt er dann. Mögen ihm auch noch so viele andere Fische vors Maul schwimmen, der Barrakuda wird sich nicht von der vermeintlich leichten Beute ablenken lassen, sondern konsequent seine Wunschmakrele verfolgen. Und das aus gutem Grund: Die Barrakudas, die dachten, sie könnten ein schnelles Schnäppchen machen, sind längst ausgestorben, verhungert, weil sie am Ende ohne ihr Schnäppchen und ohne Wunschmakrele dastanden.

Was hat das mit Geldanlagen zu tun?

Sehr viel! Ich habe mich entschlossen, nicht in Einzeltitel zu investieren, sondern in Fonds, die breit gestreut in Wertpapiere der gleichen Klasse investieren. Ein Fonds beispielsweise investiert in große Firmen, ein anderer investiert in kleine Firmen und ein dritter in Firmenanleihen. Das ist meine Barrakuda-Taktik, an der ich lange geknobelt habe und die ich für sehr brauchbar halte. Brauchbar bedeutet in diesem Fall: brauchbar für mich. Für Sie kann eine ganz andere Strategie sinnvoll sein. Als Barrakuda müssen Sie sich schon Ihre eigene Makrele aussuchen.

Neulich lag ein Brief des Wellness-Tempels Meridian Spa in meinem Briefkasten. Man würde da gerade eine tolle Anleihe auflegen, Laufzeit 5 Jahre, Zinsen von mehr als 6 Prozent, ob wir nicht einsteigen wollen …

Was hätte ein Barrakuda gemacht? Er hätte den vermeintlich dicken Fisch ignoriert und wäre seiner Makrele auf den Fersen geblieben. Was habe ich gemacht? Mit meiner Frau drüber gesprochen, im Internet recherchiert und dabei immer das fette Zinsdelta vor Augen: Tagesgeld lag bei 1,4 Prozent und das Meridian Spa bot über 6 Prozent! Das waren 5 Prozent Differenz!

Plötzlich ist mir dann aufgegangen, was für ein Idiot ich war. Wozu mache ich mir die Mühe, wochenlang an einer Strategie herumzufeilen, in Foren zu recherchieren, Bücher zu lesen, mit meiner Frau darüber zu sprechen, Exceltabellen anzulegen, zu kalkulieren, zu verwerfen und wieder zu kalkulieren, wenn mir nur einer eine Sechs-Prozent-Möhre vor die Nase halten muss, um mich alles über Bord werfen und der Möhre hinterherlaufen zu lassen? Kann das sinnvoll sein? Hatte ich bei der strategischen Planung etwa eine Hochzinsanleihe einer mittelständischen Firma vermisst? Nein! War ich der Meinung, mit so einer Meridian-Spa-Anleihe wäre unser Portfolio optimal abgerundet? Nicht die Bohne! Außerdem hätte ich mich fragen müssen: Haben wir nicht schon einen Fonds, der in Hochzinsfirmenanleihen investiert? Hatten wir nämlich. Wozu dann also noch das Risiko eines Einzelinvestments eingehen, wenn ich doch schon einen schicken, breit streuenden Fonds hatte?

Na ja, ich habe mich dann ordentlich geschämt, so auf diese Vertriebsaktion hereingefallen zu sein, und den ganzen Kram gerade noch rechtzeitig ins Altpapier entsorgt.

Fehler 2: Konsum von Investmentpornografie

Früher (so um die Jahrtausendwende) war ich ein begeisterter Leser von Investmentpornografie. Wir hatten ein Abo der Wirtschaftswoche (WiWo) und wenn ich sonntags Brötchen geholt habe, gab’s zu Hause nicht nur frische Backwaren, sondern auch die aktuelle Ausgabe des Euro am Sonntag. Die haben die beste Ehefrau von allen und ich dann studiert und diskutiert.

Die Euro-am-Sonntag-Redaktion lobte z. B. irgend so einen Biotech-Fonds. »Schatz, was schreibt die WiWo darüber? Nur eine kleine News-Meldung? Na, macht nix, ich komm’ morgen am Zeitungskiosk vorbei, da kaufe ich uns die aktuelle Focus Money.« Ein guter Teil unserer Kaufentscheidungen beruhte damals auf den Empfehlungen der Redaktionen.

Wie ich vom Saulus zum Paulus wurde

Mittlerweile würde ich mich als trockenen Investmentpornokonsument bezeichnen. Warum? Weil wir 2011 von Bayern nach Hamburg umgezogen sind. Es lag allerdings nicht an der Luftveränderung; der Grund für meine Läuterung war schlicht und ergreifend ein Rückblick:

Wer umzieht, dringt beim Packen der Kartons in langjährig unberührte Sedimentschichten vor. Dort fand ich einen alten Packen WiWos und eine Kladde mit Ausrissen aus diversen Finanzpublikationen (die berühmten Empfehlungen der Redaktion). Eigentlich soll man sich beim Umzug ranhalten und das Zeug effizient in Kisten stopfen, aber bei manchen Entdeckungen muss man dann doch erst einmal in Erinnerungen schwelgen. So war es auch bei mir und den Finanzpublikationen. Aus nur mal schnell durchblättern wurde recht schnell ein Was ist denn nun daraus geworden? Tja …

Zehn Jahre sind eine ganz schön lange Zeit. Ein Teil der empfohlenen Firmen existierte überhaupt nicht mehr, waren entweder aufgekauft oder pleite. Ein anderer Teil der Firmen hatte sich gut entwickelt, zum Teil aus den im Artikel angeführten, zum Teil aus ganz anderen Gründen. Ein dritter Teil – die als Loser verunglimpften – war tatsächlich zugrunde gegangen. Auch hier: entweder aus Gründen, die im Artikel angesprochen wurden, oder aus Gründen, die niemand hatte kommen sehen. Es gab aber auch Loser, die sich prächtig entwickelten. Die wurden dann (Was geht uns unser Geschwätz von gestern an) vom Loser zum Phönix befördert (Lasst uns ’ne heiße Turnaround-Story machen). Alles in allem waren das alles keine präzisen Vorhersagen, sondern Auguren-Geschwätz, da hätte ich auch ein Schaf schlachten und in dessen Eingeweiden lesen können. Investmentpornografie eben.

Der Blick auf die eigenen Investments hätte mich das auch lehren können, aber es hat dann doch diese geballte Rückschau gebraucht, um mit diesem Kapitel endgültig abzuschließen.


Der Finanzwesir - Was Sie über Vermögensaufbau wirklich wissen müssen. Intelligent Geld anlegen und finanzielle Freiheit erlangen mit ETF und Index-Fonds

Подняться наверх