Читать книгу Das Brautkleid - Александр Дюма - Страница 3

III.
Man hat gesehen, daß Königinnen weinten, wie die einfachsten Frauen

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Nun einige Worte über diese beiden Frauen und über dieses Kind, welche, Dank dem würdigen Officianten, wie wir gesehen haben, einer sehr großen Gefahr entgingen.

Die ältere dieser beiden Damen nannte sich die Marquise de la Roche-Bertaud, sie war eine geborene de Chemille, und also sowohl von Geburt, als nach ihrer Vermählung, eine der großen Damen des Königreichs.

Die jüngere, ihre Tochter, war die Baroness von Marsilly.

Das Kind, wie wir schon gesagt haben, die Enkelin der ersteren, hieß Cäcilie; sie ist die Heldin dieser Geschichte.

Ihr Vater, Baron Marsilly, mit der jüngeren der beiden Damen verheiratet, war acht Jahre lang Offizier in der Garde gewesen.

Die Baroness Marsilly war seit fünf Jahren Palastdame der Königin.

Alle Beide waren ihrem Fürsten getreu geblieben; Baron Marsilly hätte in den Jahren 91 und 92 sehr wohl in das Ausland flüchten können, wie es viele seiner Kameraden getan hatten, allein er hatte es für Pflicht gehalten, bei dem Könige zu bleiben, und, wenn er für ihn sterben sollte, in seiner Nähe zu sterben. Die Baroness war, ohne irgend eine Betrachtung anzustellen, bei ihrem Manne geblieben, den sie anbetete, und bei der Königin, die sie verehrte.

Als der König und die Königin versucht hatten, zu entfliehen, hatten sie den Baron Marsilly und seine Gemahlin ihrer Dienste entlassen, und beide hatten sich in ihr Hotel in der Rue de Verneuil No. 6 zurückgezogen. Hier bereiteten sie sich vor, Frankreich gleichfalls zu verlassen und sich mit ihren Souveräns wieder zu vereinigen, als sie erfuhren, daß Ihre Majestäten in Varennes angehalten worden seien und nach Paris zurückgebracht würden. Sie gingen nun, um ihre Stellen sogleich wieder in den Tuilerien einzunehmen, und die beiden ersten Personen, welche der König und die Königin, beim Aussteigen aus dem Wagen bereit fanden, ihnen ihre Huldigungen darzubringen, waren der Baron und' die Baroness Marsilly.

Es ist wohl zu bemerken, daß zu jener Epoche dir Verhältnisse sich schon so ernst gestaltet hatten, daß dieses Zeichen von Ergebenheit nicht unbemerkt vorüber ging. Der zwanzigste Juni bereitete den zehnten August, und der zehnte August den ein und zwanzigsten Jänner vor.

Paris bot einen eigenen Anblick dar; es schien, daß die Vorübergehenden nicht mehr zu ihren Geschäften sich begaben, sondern dahin, wohin die Leidenschaften sie riefen. Statt dieser gutmütigen Physiognomie, welche sich mit Possen beschäftigte, die den Charakter der Gaffer von Paris bildet, sah man nichts als Leute, welche damit beschäftigt schienen, sich dem Hasse hinzugeben, oder eine Rache zu verfolgen. Jeden Tag hörte man von irgend einem neuen Morde sprechen; bald war es ein unglücklicher Prokurator, den man unter dem Vorwand in der Rue de Roeuille totschlug, daß er ein Emissaire Laffayette's sei; bald war es ein alter Garde du Corps, welchen man in das Bassin der Tuilerien tauchte und ihm den Kopf unter das Wasser im Angesicht von hundert Spaziergängern hielt, welche diesem schrecklichen Schauspiele mit einem einfältigen Lachen zusahen; eines Tages war es ein widerspenstiger Priester, den man an die Laterne unter dem Hohngelächter des Volkes knüpfte; an einem andern Tage war es Duval d'Epramesnil, welchen man auf der Terrasse des Feuillants aufknüpfte, und alle diese Morde, diese Metzeleien wurden mit dem pompösen, und feierlichen Namen der Volksjustiz beschönigt. Wenn dergleichen Gerüchte mit dieser sonderbaren Entschuldigung in die Tuilerien gelangten, sah man sich bestürzt an und fragte sich, was denn diese neue Justiz sei, welche ungestraft an die Stelle der Justiz des Königs trete.

Das Alles kündigte irgend eine große Katastrophe an, als eines Tags, wie wenn sich des Himmels Vorhersagungen mit den Drohungen der Menschen vereinigen wollten, eines jener unheilvollen Gewitter losbrach, welche eine gewisse Harmonie zwischen der Ober- und der Unter-Welt ankündigen.

Es war der dritte August 1792; der ganze Tag war drückend schwül gewesen, eine gewisse Mattigkeit, ein unbestimmter Schrecken, eine düstere Entmutigung schien auf der Bevölkerung zu lasten; die beunruhigten Nachbarn hatten sich unter ihren Türen vereinigt, oder plauderten mit einander aus den Fenstern, zeigten sich erstaunt die schweren kupferfarbenen Wolken, 'welche reißend schnell über die engen Straßen, gleich ungeheuren Wogen hinflogen und dann im Westen sich wie zu einem ungeheuren Meere von Blut vereinigten. Nie hatte der Himmel diese Farbe gehabt, nie war die Sonne von der Erde mit einem so traurigen Lebewohl geschieden.

Bald erhob sich in den Lüften ein pfeifender und heißer Wind, der so seltsam und so unerwartet war, daß sich die Gruppen, ohne ein Wort zu wechseln, zerstreuten, und daß jeder nach Hause kehrte und die Fenster und Türen schloss. Nun brach das Gewitter los.

Man erinnere sich des Gewitters im Monat Juli, welches um einige Tage der Revolution 1830 voranging.

Nach Verlauf von einer oder zwei Stunden wollten indessen die Menschen mit den Elementen kämpfen. Bei dem Leuchten der Blitze, bei dem Rollen des Donners verbreitete sich jene wilde Horde, welche man die Marseiller nannte, nicht weil sie aus Marseille waren, sondern weil sie gleich den Stürmen von Mittag gekommen waren, in den Straßen. Ein lebendiges Gewitter hatte sich mit dem Gewitter des Himmels vereinigt, und Ströme von Menschen wechselten mit den Strömen des Feuers, welche die Luft durchzückten, ab. Endlich aber besiegte der Sturm Gottes diese Art von Aufruhr, diese heulenden Banden zerstreuten sich, und die verödeten Straßen blieben das Eigentum der Blitze und des Donners.

Während dieser schrecklichen Nacht schlief in den Tuilerien Niemand; mehr als einmal warfen der König und die Königin durch einen halb geöffneten Fensterladen ihre Blicke nach den Feuillants oder auf die Quai's; sie kannten ihr Volk, ihre Stadt nicht mehr, und kaum erkannten sie Gott wieder, indem sie ihn so grollen hörten und sich nicht erinnerten, ihn jemals beleidigt zu haben.

Erst um sieben Uhr Morgens legte sich das Gewitter.

Jetzt erst erfuhr man die betrübenden Einzelheiten.

Der Blitz hatte an mehr als fünfzig Orten eingeschlagen, achtzehn bis zwanzig Personen getötet. Das Kreuz auf der Ebene von Iffy, das Kreuz von Crosne, das Kreuz des Kirchhofs von Hay und das Kreuz der Charenton-Brücke waren zerschmettert worden. In derselben Nacht, unter dem Brüllen des Donners war es, daß Danton, Camille des Moulins, Barbarour und Panis den zehnten August dekretierten.

Am neunten hatte der Baron von Marsilly die Wache in den Tuilerien, und die Baroness verrichtete wie gewöhnlich ihren Dienst bei der Königin.

Um acht Uhr Morgens hörte man die Trommel in den verschiedenen Quartieren von Paris rühren. Mandar, der Oberbefehlshaber der Nationalgarde, rief die Bürgermiliz zur Verteidigung der Tuilerien, welche man seit gestern Abend von den Vorstädten bedroht wußte.

Dem Appell folgten kaum drei oder vier Bataillone. Das eine davon wurde in dem Hofe der Prinzen, das andere in dem Hofe der Schweizer und die übrigen in dem unteren Stockwerke des Schlosses aufgestellt. Der Hof der Prinzen führte zu dem Pavillon der Flora, das heißt zu dem Pavillon, welcher nach dem Quai geht. Der Hof der Schweizer führte zu dem Pavillon Marsan, das heißt zu dem Pavillon, welcher nach der Straße Rivoli führt.

Um Mittag wies Herr von Maillador den Schweizern die verschiedenen Posten an, welche sie zu besetzen hatten.

Um halb ein Uhr erhielt der Baron Marsilly den Befehl, den König 'in die Kapelle zu begleiten. Die ganze königliche Familie wollte die Messe hören, wie sonst die Ritter in der Stunde des Gefechtes kommunizierten; ohne noch etwas zu sehen, ahnte man, daß ein schreckliches Ereignis nahe.

Es lag etwas besonders Feierliches in dieser Messe, der vorletzten, welche Ludwig XVI. hörte.

Die letzte war die vom ein und zwanzigsten Jänner.

Der übrige Theil des Tages verging ziemlich ruhig; man beschäftigte sich im Schlosse mit einigen Verteidigungsanstalten. Der Baron wurde beauftragt, die Fußböden von der Gallerie des Louvres wegzunehmen, heut zu Tag die Gallerie des Museums genannt.

Um elf Uhr Abends trat Petion, der Maire von Paris, derselbe, der ein Jahr später flüchten mußte, und fast lebendig von den Wölfen in den Haiden von Saint-Emillon gefressen worden wäre, in das Zimmer des Königs, aus welchem er um Mitternacht wegging.

Sogleich erschien der König, öffnete die Thüre eines Zimmers, wo ein Posten war, und sagte, indem er Herrn von Marsilly in dem kommandierenden Offiziere erkannte:

»Ich verheiße Ihnen eine viel ruhigere Nacht, als wir geglaubt haben; der Herr Maire von Paris versichert mich, daß sich Alles beruhigt. Lassen Sie diese Nachricht dem Herrn von Maillador hinterbringen, was ihn indessen nicht verhindern soll, zu wachen.«

Der Baron verbeugte sich und ging hinaus, um die Befehle des Königs zu vollziehen; allein als er an den Posten der großen Treppe gelangte, hielt er inne, lauschte, und glaubte im ersten Augenblicke falsch gehört zu haben. Die Lärmglocke ertönte zugleich mit dem Generalmarsch und mit dem Rufe: »Auf eure Posten!« Dieses Geschrei ertönte von einem Ende der Tuilerien bis zum andern, und zu gleicher Zeit schloss man das große Gitterthor vor Carroussel.

Eine halbe Stunde später verbreitete sich das Gerücht, daß die Kanoniere der Nationalgarde, welche zur Verteidigung des Königs herbeigerufen und in dem Hofe waren, ihre Geschütze gegen das Schloss gewendet hatten.

Um zwei Uhr Morgens kündigte man dem Baron Marsilly an, daß der König ihn zu sprechen verlange.

Der Baron traf den König, die Königin, Madame Elisabeth und ihre Vertrautesten in dem Zimmer versammelt, welches vor dem Kabinett des Königs lag. Die Baroness stand mit noch zwei Ehrendamen in einer Fenstervertiefung.

Die Damen waren alle sehr bleich. Der Charakter der Physiognomien war, selbst in diesem außerordentlichen Zustand, auf dem Gesicht des Königs und der Königin der der Resignation.

Der König hatte sich nicht zu Bette gelegt. In dem Augenblicke, in welchem der Baron eintrat, lag er auf einem Kanapee. Seine Majestät erhob sich; sie trug ein violettes Kleid und hatte einen Degen an der Seite.

Ludwig XVI. trat vor den Baron hin, fasste ihn bei einem Knopf seines Kleides, wie dies seine Gewohnheit war, wenn er mit seinen Vertrauten sprach, und führte ihn in eine Ecke.

»Nun, mein lieber Baron sagte er zu ihm, »es scheint, daß trotz dem, was mir Herr Petion gesagt hat, die Sache eine schlimme Wendung annehme. Sie versammeln sich, und mit Anbruch des Tages sollen sie, wie man versichert, gegen die Tuilerien marschieren. Was wollen sie? Ich weiß es nicht. . . Ohne Zweifel uns erwürgen. . . Glauben Sie die Tuilerien in einem Zustande, um sich verteidigen zu können?«

»Sire,« antwortete der Baron, »Sie verlangen die Wahrheit von mir, nicht wahr?«

»O ja, die Wahrheit, die volle Wahrheit. Wenn man sie mir immer gesagt hätte, so wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin.«

»Wenn wir mit einiger Umsicht und einiger Beharrlichkeit angegriffen werden, so wird sich das Schloss nicht zwei Stunden lang halten.«

»Wie! Sie glauben, daß meine Verteidiger mich verlassen werden?« »Nein, Sire,« versetzte der Baron;«aber nach Verlauf von zwei Stunden werden sie alle tot sein.«

»Baron sprechen Sie nicht so laut, schonen Sie die Königin! Das ist also Ihre Meinung?«

»Ja, Sir.«

»Es ist auch die Mailladors, welchen ich so eben hatte kommen lassen.

Baron, nehmen Sie fünfzig Mann, welche Sie als die bravsten kennen, und übernehmen Sie den Posten der Porte de l'Horloge; er ist durch zwei Kanonen verteidigt. Ich will auf die bauen können, welche auf diesem Posten, dem bedeutendsten der Tuilerien, sind.«

»Ich danke, Euer Majestät, für das Vertrauen, mit welchem Sie mich beehren und ich werde mich dessen würdig zeigen,« antwortete der Baron und verbeugte sich, um sich zurückzuziehen.

»Sagen Sie einige Worte der Baronesse, ich erlaube es,« sagte der König, indem er ihn zurückhielt.

»Ich danke Ihnen, Sir, ich würde es nicht gewagt haben, um diese Gnade zu bitten, allein Euer Majestät wissen in dem Grunde des Herzens die Wünsche desselben zu lesen.«

»Weil ich Vater und Gatte bin, wie Sie, Baron,« antwortete der König, »und weil ich die Königin aus dem Grunde meines Herzens liebe.«

Dann fügte er mit leiser Stimme bei: »Arme Mary, Gott möge Dich schützen!«

Der Baron nahte sich seiner Frau:

»Luise,« sagte er, »man weiß nicht, was sich ereignen kann. Im Fall, daß die Tuilerien genommen werden sollten, flüchtest Du Dich in das Kabinett, welches hinter der Bibliothek von der Madame Elisabeth ist; wenn ich nicht gefallen sein sollte, so werde ich Dich dort wieder finden.«

»Aber wenn die Königin Paris verlässt?«

»Dann werden wir uns, da ich dem Könige folgen werde, nicht verlassen.«

Beide drückten sich die Hand.

»Umarmen Sie sie!« sagte der König, indem er sich gegen das Ohr des Barons neigte, und seine Hand auf seine Schulter legte; »wer weiß, ob die, die sich in diesem Augenblick verlassen, sich nur jemals wiedersehen werden.«

»Ich danke Ihnen, Sire, ich danke Ihnen,« sagte der Baron.

Und er drückte seine Frau an sein Herz.

Die Königin vergoss eine Träne.

Der Baron sah dieses Zeichen der Teilnahme und er ließ sich vor Marie-Antoinette auf ein Knie nieder.

Die Königin reichte ihm ihre Hand zum Küssen dar.

Der Baron stürzte aus dem Zimmer.

Der Soldat fühlte, daß er wie ein Kind weinen könnte.

Das Brautkleid

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