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VI.
Das Landhaus

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So wie sie den Fuß ans Land gesetzt hatte, wollte die Baroness sogleich einen Wagen nach London nehmen, allein die Marquise erklärte, da sie nun das Glück gehabt habe, Frankreich zu verlassen und sich an einem sichern Orte zu befinden, so werde sie auch nicht einen Schritt weiter in diesem lächerlichen Aufzuge machen, zu welchem sie die Roth gedrungen habe. Da dieser Aufenthalt von keiner Bedeutung war, so willigte die Baroness ein, und so seltsam auch oft die Anforderungen der Frau von la Roche-Bertaud waren, so unterwarf sich denselben die Baroness fast immer mit jener kindlichen Hingebung, die man noch häufig in den großen Familien findet, welche die Überlieferungen des siebzehnten Jahrhunderts bewahrt haben.

Demgemäß ließ sich die Baroness in den ersten Gasthof von Dover führen und hier öffnete die Marquise trotz der Anstrengungen der Reise und ehe sie noch etwas genossen hatte, eine Kiste, welche sie in der Carriole verborgen und brachte aus derselben ihre Wäsche und ihre gewöhnlichen Kleider hervor.

Nachdem sie mit Verachtung die populären Lumpen, welche sie so sehr gedrückt, weit von sich geworfen hatte, begann sie ihre Toilette, und hielt diese nicht eher für vollendet, als bis sie vollständig frisiert und gepudert, und zwar mit derselben Sorgfalt war als wenn sie diesen Abend noch in einen Zirkel der Königin gehen wolle.

Die Baroness wandte alle ihre Sorge bloß der kleinen Cäcilie zu, welche glücklicherweise die Seefahrt gut bestanden hatte; da sie indessen sich beeilte, nach London zu kommen und sich dort eine Wohnung aufzusuchen, so ließ sie noch denselben Tag das ganze Innere eines Wagens mieten, welcher am folgenden Morgen um neun Uhr nach der Hauptstadt abfuhr.

Die Reise von Dover nach London wurde mit der gewöhnlichen Schnelligkeit gemacht. Die Reisenden kamen, fast ohne sich aufzuhalten, durch Canterbury und Rochester, und noch an demselben Tage langten sie in London an.

Die Baroness war von ihrem Schmerze zu sehr ergriffen, um auf das zu merken, was um sie her vorging; aber die Marquise war entzückt. Sie sah Livreen, Wappen, Puder, Sachen, die sie seit zwei oder drei Jahren nicht mehr in Frankreich gesehen hatte, und sie fand nun, daß London die schönste Stadt der Welt, und die Engländer das größte Volk der Erde seien.

Die beiden Reisenden stiegen in einem Hotel in Golden-Square ab, welches ihnen Madame Ambron bezeichnet hatte; es lag nur ein Paar hundert Schritte von der Regents-Street; die Baronin schickte sogleich einen Brief an die Herzogin de Lorges, um sie von ihrer Ankunft in Kenntnis zu setzen.

Noch an demselben Abende kam die Herzogin de Lorges herbei. Die Baroness und sie waren sehr intim, und die Herzogin bot ihr ihre Dienste für den Fall an, daß sie in London bleiben wolle.

Allein das war die Absicht der Frau von Marsilly nicht; sie wollte, während sie in der Fremde sich aufhalten würde, das zurückgezogenste Leben führen; sie bat daher die Herzogin bloß, ihr zu sagen, ob sie nicht ein kleines niedliches Dorf kenne, welches für sie als Aufenthalt geeignet sei; damit sie sich ganz der Erziehung ihres Kindes widmen könne. Die Herzogin benannte ihr Hendon, als einen jener angenehmen Aufenthaltsorte, die mit der Nähe der Hauptstadt die Einsamkeit des Landlebens verbinden, und die Baronin gelobte sich, übermorgen das kleine Paradies zu besuchen, welches ihr die Freundin empfahl.

Am folgenden Tage stattete die Baroness und die Marquise der Herzogin ihren Gegenbesuch ab. Die erste Sorge der Baronin war, sich nach Madame Duval zu erkundigen, indem sie, wie man sich erinnern wird, allein der Sorgsamkeit des Mannes derselben zu verdanken hatte, daß sie und ihre Mutter in Boulogne anlangten, ohne auf irgend eine Weise beunruhigt worden zu sein. Die Herzogin ließ sie rufen und einige Augenblicke später trat Madame Duval ein, von ihrem Sohne, einem charmanten Kinde von sechs Jahren begleitet, welchen man sogleich der kleinen Cäcilie zum Spielgenossen gab. Nachdem die Baroness der Madame Duval erzählt hatte, welche Verpflichtungen sie gegen ihren Mann habe, entledigte sie sich der Aufträge desselben an sie. Die gute Frau hörte mit einer wahrhaften Dankbarkeit jedes ihrer Worte an; es waren mehr als drei Monate, seit sie keine Nachricht von ihrem Manne erhalten hatte, der es nicht wagte, seine Briefe der Post anzuvertrauen und sie ihr nur durch Gelegenheiten schicken konnte, welche von Tag zu Tag seltener wurden. Übrigens hatten seit drei Monaten die Niedermetzlungen vom 10. August und vom 2. und 3. September Statt gehabt und die von Nachrichten beraubte, gute Frau wußte nicht, ob er nicht unter der Zahl der Schlachtopfer sei.

Als sie dieses erfuhr, rief sie ihr Kind herbei und dieses kam, die kleine Cäcilie unter den Armen haltend.

»Heinrich«sagte sie, »bitte die Frau Baronin um Erlaubniß, ihr die Hand küssen zu dürfen und danke ihr aus dem Grund Deines Herzens; denn sie hat mich so eben versichert, daß Du noch einen Vater hast.«

»Und wo ist mein Vater?«fragte die kleine Cäcilie, »wo ist er, Mutter?«

Die arme Frau zerfloß in Thränen, nahm dann die beiden Kinder in ihre Arme und umschloss sie so, zu großem Verdrusse der Marquise zu gleicher Zeit.

Am Abende erhielt die Baroness einen Brief von der Herzogin, in welchem diese ihr ankündigte, daß sie nicht zugeben könne, daß sie allein nach Hendon gehe, daß sie vielmehr morgen ihren Wagen nehmen und mit ihr das kleine Dorf besuchen wolle, welches zu ihrer Residenz bestimmt sei.

Am andern Morgen um zehn Uhr war die Herzogin wirklich bei der Baroness, diese und die kleine Cäcilie waren bereit; allein die Marquise hatte ihre Toilette noch nicht vollendet.

Von London nach Hendon sind nur einige Stunden, man gelangte daher in zwei Stunden dahin. Die Baroness war von diesem ruhigen und bescheidenen Anblick der kleinen englischen Häuser entzückt. Eine Frau von einfachem Geschmack, und innerlichen Genüssen huldigend, hatte sie überhaupt seit dem Tode ihres Mannes die Abgeschiedenheit und Einsamkeit in einem dieser Häuser geträumt, wie sie jetzt bei jedem Schritte an der Straße vor ihr standen. Es schien ihr, daß in solchen Wohnungen das Leben immer glücklich, oder wenigstens immer ruhig sein müsse.

Man langte zu Hendon an; es war so, wie es die Herzogin geschildert hatte, eines jener reizenden englischen Dörfer, wie man sie nicht in Holland und Belgien leicht findet. Die Baroness zog Erkundigungen ein, ob eines von den schönen Häusern, welche sie sah, zu mieten sei, und man bezeichnete ihr fünf oder sechs, welche ihr nach den erhaltenen Mitteilungen vollkommen genügend sein konnten.

Die Baroness hatte eine so große Eile, eine dieser niedlichen Wohnungen zu beziehen, daß sie sich sogleich auf den Weg machte, und bei dem ersten, welches sie sah, stehen bleiben wollte.

Allein die Herzogin war mit der inneren Einrichtung dieser kleinen Wohnungen mehr bekannt, und versicherte sie, daß sie noch viel schönere finden würde, als die, welche sie für ein Wunder hielt. Dieser Versicherung glaubend, setzte Frau von Marsilly ihren Weg fort.

Nachdem sie sechs oder sieben gesehen hatte, kamen sie in eine so reizende, daß die Herzogin selbst gestehen mußte, es würde schwer sein, eine bessere zu finden, und man fragte nun nach dem Preise. Frau von Marsilly konnte noch an demselben Tage einziehen, so gut schien sie ihr, und man forderte die Summe von achtzig Pfund Sterling jährlich.

Es war ein kleines Haus von zwei Stockwerken, weiß mit grünen Läden, der Länge derselben nach lief ein Gitterwerk von derselben Farbe hin, ganz besetzt mit Rankengewächsen, deren breite Blätter die verschiedensten Nuancen des schönsten Purpurs in diesem Augenblicke zeigten.

Zur Fassade dieses Hauses gelangte man durch einen kleinen Hof auf dessen beiden Seiten sich Blumenhügel erhoben. Drei Staffeln führten zu einer Thüre von derselben Farbe, wie die Fensterläden, und in der Mitte derselben prangte ein Hammer von Kupfer, der poliert war und glänzte, wie wenn er von Gold wäre. Wenn man durch diese Thüre eingetreten war, befand man sich in einem Korridor, der durch das ganze Haus sich hinzog, um auf der andern Seite in einen kleinen niedlichen Garten zu führen, der ungefähr einen halben Morgen groß, und, wie man es nur in England sieht, mit einem grünen Grasplatz und einer rund herum führenden Allee versehen war, in welcher sich von Zeit zu Zeit große Akazien, Judasbäume, und spanische Flieder befanden. Im Hintergrunde war es ein ländliches Kabinett mit einem Tische und vier Stühlen, ein kleiner Bach, welcher über Felsen en miniatur herunter plätscherte, an deren Ende er ein kleines Bassin bildete, in welches die Mittagssonne nicht eindringen konnte.

Das Innere dieses Hauses war sehr einfach.

Vier Thüren führten in den Korridor des Erdgeschoßes. Nämlich die des Speisesaals, die des Salons, die eines Schlafzimmers und die eines Arbeitskabinetts.

Der Speisesaal und der Salon standen mit einander in Verbindung, ebenso das Schlafzimmer und das Arbeitskabinett.

Der erstere Stock hatte eine verschiedene Einteilung; die dahin führende Treppe ging in ein Vorzimmer, in welches sich drei Thüren öffneten, die in der Mitte war die Thüre eines niedlichen Salons, und von denen auf der Seite führt die eine in ein Schlafzimmer und die andere in ein Boudoir. Der obere Teil war der Dienerschaft vorbehalten und enthielt außer den Zimmern derselben eine Waschkammer.

Die Marquise fand wohl dieses Haus zu klein und zu dürftig, höchstens zu einem Absteigequartier geeignet; allein die Baroness sagte lachend zu ihr, daß man den Winter in London zubringen werde, und indem sie diese Versicherung wiederholte, nahm sie Frau von la Roche-Bertaud für Ernst und gab ihre Zustimmung zu der Wahl ihrer Tochter.

Aber die Wohnung war, wie man das leicht einsehen wird, durchaus nicht meublirt, man mußte alles kaufen oder alles miethen. Die Herzogin von Lorges und die Marquise von la Roche-Bertaud, welche ohne Unterlaß Frankreich, wie es dasselbe verdiene, durch die auswärtige Koalition gezüchtigt, die Emigrierten nach Paris zurückkehren, die legitimen Fürsten wieder auf ihre Throne gesetzt sahen, waren für eine einfache Miete; aber Frau von Marsilly, welche die Sache aus dem Grunde eines wirklichen Schmerzes und mithin aus einem viel positiveren Standpunkte betrachtete, berechnete, daß eine dreijährige Miethe einen Kauf aufwiege, und entschloss sich daher, daß man die Möbeln und alle übrigen nötigen Utensilien kaufen solle. Sie lud ihre Mutter ein, das Appartement sich auszusuchen, welches ihr gefalle, damit sie es ohne Zögerung und sobald als möglich nach ihrem Geschmack herrichten lassen könne. Die Marquise fand, daß das ganze Haus für sie und ihre Kleider nicht zu groß sei, sie sagte, daß sie in ihrem Schlosse zu Touraine Schränke habe, in welche sie diese Zimmer alle hineinstecken könne. Es mochte wahr sein; aber man war nicht zu Touraine, sondern in England; man mußte daher seinen Entschluss fassen und sich entscheiden. Nachdem die Marquise wohl zwanzigmal die Treppe hinauf und hinabgegangen war, nachdem sie alle Winkel und Ecken ihrer künftigen Wohnung gemustert, entschied sie sich für das Schlafzimmer und Kabinett im Erdgeschoss«.

Nachdem die Wahl getroffen war, kehrte man nach London zurück.

Da die Frau von Marsilly wünschte, sich so bald als möglich einzurichten, so schickte am folgenden Tage d«Herzogin ihren Tapezierer, um das Maß zu nehmen.

Die Baroness protestierte gegen diese aristokratische Manier und gestand der Herzogin offen, daß sich ihr ganzes Vermögen in diesem Augenblicke auf hundert tausend Franken, die Diamanten der Marquise mit einbegriffen, belaufe. Die Herzogin hatte aber erwidert, daß mit hundert tausend Franken und einiger Sparsamkeit Frau von Marsilly wohl fünf oder sechs Jahre warten könne, daß es aber immer evident sei, daß man diese Zeit nicht zu warten brauche, indem die Truppen der Alliierten kaum fünfzig Stunden von der Hauptstadt entfernt seien.

Überdies hatte man Pächter, Landgüter, Hilfsquellen, man würde Geld aus Frankreich beziehen.

Alle diese Gründe schienen der Herzogin und der Marquise so richtig, daß sie nicht begreifen konnten, warum sie die Baroness nicht auf der Stelle anerkenne. Die Baroness gab in einem Stücke nach, sie akzeptierte den Tapezierer, sie behielt sich aber den Ankauf der Möbeln vor.

Acht Tage später war das Landhaus bereit, seine Bewohner aufzunehmen; Alles war von außerordentlicher Einfachheit, aber von wunderbarem Geschmack und Nettigkeit. Übrigens hatte man Alles kaufen müssen: Weißzeug, Silbergeräthe, Möbel, Kleider u.s.w., so daß, wie ökonomisch auch die Baroness zu Werke ging, die Einrichtung zwanzigtausend Frank kostete.

Es war der fünfte Teil dessen, was sie besaß, es blieb ihr an barem Geld nicht mehr als die zehntausend Livre von Peter Durand, denn die weiteren sechzig oder achtzig tausend Frank an Diamanten gehörten, wie gesagt, der Marquise. Aber damit konnte man fünf oder sechs Jahre leben, und ungeachtet der Zweifel, welche das Unglück in dem Herzen der Frau von Marsilly wegen der Zukunft erregt hatte, konnte sie sich nicht enthalten, ganz leise zu wiederholen:

»In fünf oder sechs Jahren kann sich vieles ereignen.«

In der Tat waren diese fünf oder sechs Jahre bestimmt, die wichtigsten Ereignisse zu sehen.

Aber für den gegenwärtigen Augenblick haben wir uns mit unserem kleinen Landhaus und seinen zwei Bewohnerinnen zu beschäftigen.

Das Brautkleid

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