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Ankunft in Paris. – Das Theater der Porte Saint-Martin. – Das Hotel von Madame Carré. – Die Miethsleute. – Die Schlafkameraden. – Hippolyte. – Der Bildhauer der Madeleine. – Eine Vorstellung von Freunden. – Die polnischen Röcke. – Engagement für die Provinz. – Der Vater Duma noir. – Seine Cassette. – Ferdinand der Kosak. —

Unser Held kam um fünf Uhr in Paris an, stieg um sechs Uhr in der Rue Notre-Dames des Victoires aus, ließ sein Gepäck im Bureau und lief, da es ihn drängte, Paris zu sehen, gerade vor sich hin, ohne zu wissen, wohin er ging.

Nach zehn Minuten eines wahnsinnigen Laufes, so sehr war er berauscht von all diesem armen von Menschen und Wagen, befand er sich vor einer Art von Monument.

»Halt, ein Theater!« rief er.

Und er blieb stehen, entschlossen, für diesen Abend nicht weiter zu gehen.

Er hatte nicht zu Mittag gegessen; er kaufte einen Krapfen, verzehrte ihn bis auf das legte Krümchen, und trat ins Theater ein.

Man denke sich die Freude des jungen Mannes!

Er war in diesem so sehr ersehnten Paris; er war in einem Schauspielsaale, ohne daß er bei seiner Rückkehr nach Haue gezankt oder geschlagen zu werden befürchten mußte. Acht der arme Knabe, er satte schon keine Heimath mehr, und er hatte hundert Franken in seiner Tasche!

Hundert Franken! das ist, um damit eine Mühle am Paktalos, einen Palast im Eldorado zu bauen.

Eine Viertelstunde vor Mitternacht ging das Schauspiel zu Ende.

Unser Held entfernte sich mit den andern Zuschauern, nur war er vielleicht der Einzige, der nicht wußte, wo er schlafen gehen sollte.

Er beschloß sich dem Zufall zu überlassen; der Zufall hatte ihn nach der Porte Saint-Martin geführt, Der Zufall würde ihn wohl zu einem Wirtshause führen.

Er schlug die erste Straße rechts ein.

Nach ungefähr dreihundert Schritten befand er sich am Ende er Rue Saint-Jean, und er erblickte ein Transparent, auf welchem geschrieben stand:

Hotel Carré

Man übernachtet

Etienne trat ein, verlangte ein Zimmer und ein Bett.

Zum Glück hatte er seinen Paß bei sich, sonst hätte ihm der Mangel an Koffer, Felleisen oder Nachtsack von Nachtheil sein können.

Der Paß wurde gelesen und als gut anerkannt; der Reisende ließ seine neunzehn Fünffrankenstücke in Einer Tasche klingen: eines war schon seit seiner Angst verschwunden, man ab ihm mit allen Arten von Rücksichten das verlangte Zimmer und Bett.

Man war nicht gewohnt, Reisende ein Zimmer und ein Bett für eine einzige Person verlangen zu sehen.

Das Hotel war von Bildhauern, Ornamentisten und Malern bewohnt; die Gäste von Madame Carré – denn obgleich es einen Herrn Carré gab, pflegte man doch zu sagen: das Hotel von Madame Carré, – die Gäste von Madame Carré trieben im Allgemeinen die Sparsamkeit unter dem Vorwande der Brüderlichkeit so weit, daß sie zu zwei schliefen.

Schon am Tage nach seinem Einzuge, als der Bildhauer-Jüngling sich beklagte, daß man von ihm die ungeheure Summe von fünfzehn Sous für das Zimmer und das Bett forderte, machte man ihn bekannt mit den Gewohnheiten des Hauses; es stand ihm frei, einen Stuben- und Bettkameraden zu nehmen; dann würde ihn seine Hälfte am Zimmer und am Bett für seinen Theil zehn Franken sieben Sous monatlich kosten.

An demselben Tage stellte man bei Tische dem Neuaugekommenen einen Gefährten vor, der sich in derselben Lage befand wie er, das heißt, der auch eine Stuben- und Betthälfte suchte.

Dieser Kamerad» hieß Hippolyte und war Porzellanmaler.

Die zwei Atome hingen sich an einander an und sind noch heute zwei Freunde.

Etienne wollte seine Zeit nicht mit dem Herumschlendern verlieren; er ließ seinen Koffer holen, zog die Schelfe des Vaters an und begann unverzüglich seine Besuche bei den Unternehmern.

Der Erste, an den er sich wandte, hieß Herr Bochard

Herr Bochard war Unternehmer der Sculpturen der Madeleine.

Er sprach einen Augenblick mit dem jungen Manne, und da ihm sein Ton und seine Manieren gefielen, so fragte er ihn:

»Aus welcher Provinz sind Sie?«

»Ich bin Normann.«

»Von welcher Stadt?«

»Von Caen.«

»Ich vermuthete es.«

»Warum?«

»Sie haben eine normannische Hand; die Normannen sind im Allgemeinen geschickt; nehmen Sie morgen früh Ihr Werkzeug und gehen Sie nach der Madeleine; Sie werden sich unter Bekannten finden.«

Am anderen Tage, Morgens um acht Uhr, war der junge Mann in der Madeleine.

Die Ornamentisten waren bei der Arbeit.

»Ah!« rief einer von ihnen, »das ist mein Pathe!«

»Wie, Dein Pathe?«

»Ja, ich habe dieses Bürschchen im Theater in Caen mit Lampenöl getauft; komm hierher, Talma!«

Etienne näherte sich dem Sprechenden und erkannte in ihm Aubin den Aeltern.

Bei ihm war sein Bruder.

Die zwei Aubin nehmen heute ihren Rang unter den ersten Ornamentisten von Paris ein.

»Auf, eine Tirade!« sagten die Bildhauer.

Der Ankömmling legte sein Werkzeug nieder, setzte die linke Faust aus die Hüfte, rundete den rechten Arm und begann:

»N’en doutez pas, Burrhus, malgré ses injustices . . .«

Das Auftreten von Nero wurde von einem Beifallssturm bedeckt. Talma war gestorben und sein Nachfolger gab die schönsten Hoffnungen.

Mittlerweile mußte man den Meißel und den Hammer nehmen. Der zukünftige erste Held des Théâtres-Francais band eine Maske mit Brille vor, damit ihm die Steinsplitter das Auge nicht verletzten, und griff ein Capitäl an.

Hier war die Arbeit, doch bei der Mutter Carré war die Erholung. Jedermann sprach Verse bei der Mutter Carré: Maler, Bildhauer, Ornamentisten. Hippolyte, der Kamerad von Etienne, war besonders theaterwüthend.

Man wollte um jeden Preis Komödie spielen.

Man war darauf bedacht, ein Stück einzurichten.

»Was sollte man spielen?

Die Wahl fiel auf Eine einfache Geschichte von Eugene Scribe.

Etienne lernte die erste Rolle, Hippolyte die des Liebhabers, und man probirte auf dem Theater der Rue de Lesdiguières.

Es kam der Tag der Vorstellung. Den zwei jungen Leuten, Etienne und Hippolyte, wurde die Ehre des Abends zu Theil.

Allen Vorstellungen, welche aus dergleichen Theatern gegeben werden, wohnen Leute bei, die man Veranstalter nennt.

Einer von diesen Veranstaltern machte den Liebhabern den Vorschlag, vor einem bezahlenden Publikum zu spielen.

Solche Vorstellungen bieten den Vortheil, daß man nach ein paar Successen ein Engagement findet.

Allerdings ein Provinzengagement. Doch der Mann, der an seine Tasche klopfend spricht: »Ich habe hier mein Engagement!« ist sehr stolz und besonders sehr geachtet.

Ueberdies braucht er nicht zu sagen, für welche Stadt sein Engagement ist.

Alle diese Partieen förderten die Sculptur aus festem Stein und die Malerei auf Porzellan nicht sehr.

Doch das that einen Schritt zur Komödie.

Es können nicht alle Künste zugleich vorwärts schreiten.

Zu jener Zeit, nämlich im Jahre 1827, versammelten sich die Künstler, welche von der Provinz zurückkamen, besonders in der Rue des Vieilles-Etuves, im Café des Comédiens.

Dort warben die Direktoren ihre Truppe an.

Man trug damals viel polnische Röcke.

Jeder Trial, jeder Martin, jeder Elleviou hatte seinen politischen Rock.

Der Ehrgeiz unserer zwei jungen Leute war, einen polnischen Rock zu haben, – wohl verstanden, nicht zwei politische Röcke: zwei polnische Röcke kosten das Lösegeld eines Königs! aber einen polnischen Rock für zwei, wie sie ein Zimmer für zwei, ein Bett für zwei hatten.

Sie würden Einer um den Andern ins Kaffeehaus gehen und so das Ansehen haben, als besäße Jeder einen polnischen Rock.

Die Schelfe des Vaters, welche nur drei bis viermal angezogen worden war, wurde zu einem Trödler getragen und gegen einen polnischen Stock vertauscht, der nur acht bis zehnmal angezogen worden, wie der Trödler selbst sagte.

Im Ganzen war genannter polnischer Rock von königsblauem Tuch, mit schwarzen Borten und Schnüren und einem Besatze von Astracan am Kragen und an den Vorderärmeln noch ziemlich präsentabel.

Er brachte aus dem Rücken von Etienne am ersten Tage und aus dem von Hippolyte am zweiten eine entsprechende Wirkung hervor.

Zum Beweise dient, daß Beide mit Herrn Dumanoir, Director der dritten französischen Truppe des ersten Theaterarrondissement, das französische Flandern umfassend, einen Vertrag abschlossen.

Man begreift, daß während dieser Zeit die Madeleine sich selbst vollendete.

Der Director war im Rückstande; er drängte auch seine Pensionäre ungemein.

Man ging zu Fuß ab; ein Wagen mit den Weibern und dem Gepäcke beladen folgte den Zigeunern oder fuhr ihnen voran.

Werfen wir einen Blick auf die Karavane, die sich munter aus der Straße nach Amiens. bei einer schönen Sonne des Monats Mai, ausdehnt.

Wir haben auch, wie Scarron, unser Kapitel vom komischen Roman zu machen.

Der wirkliche und privilegirte Director, – wir sagen, der wirkliche und priviligirte Director, weil wir sogleich von der Usurpation des Regisseur zu sprechen haben, – der wirkliche und privilegirte Director hieß, wie gesagt, Herr Dumanoir.

»Herr Dumanoir war eine Art von altem Marquis, ein ehemaliger Schöner des Directoriums, der in den Tuilerien und im Luxembourg pirouettirt hatte in der Nankinhose, woraus Bänderwogen, mit grün gestreiften Strümpfen, Schnallenschuhen, zwei Uhrketten, einer Basinweste, einem apfelgrünen Frack, einer sehr hohen Halsbinde von Batist, den Chignon oben auf dem Kopfe durch einen Kamm festgehalten, den Hut rückwärts und das Stückchen unter dem Arm.

In der Zeit. wo wir ihn zu der Würde eines Directors der dritten Truppe des ersten Arrondissement erhoben sehen. und wo er im Triumphe aus Paris auszog, war er ein Mann von sechzig Jahren, roh, dürr, mager, mit einem knochigen Körper, dessen hervorstehende Theile durch das Tuch eines Ueberrocks sichtbar wurden, der zu weit und, wir würden sagen, zu lang war, hatte man damals dieses Kleid nicht auf die Absätze schlagend getragen. Von seinem Kostume von 1798 hatte er nichts beibehalten, als den charakteristischen Theil, nämlich den Chignon. Sein ehemaliges Haupthaar, das die Bewunderung der schönen Damen der Zeit gebildet hatte, war unter dem Hauche der Jahre verschwunden und hatte dem Exincroyable nur einen Kranz oder vielmehr einen Halbkreis von Haaren, welche dicht im Genick, aber spärlich an den Schläfen, hinterlassen. Doch man weiß, welche Illusion ein Ueberrest gut angewandter Haare hervorbringen kann; die des Genicks waren in einer Flechte vereinigt, welche, ungefähr einem Krebsschwanze ähnlich, vom Hals gegen das Organ der Religiosität emporstieg, den Kreis des Schädels umfaßte und sich oben aus der Stirne abplattete.

Abenteuer und Drangsale eines Schauspielers

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