Читать книгу Der Secretair der Marquise Du-Deffand - Александр Дюма - Страница 23

Zweiter Band
Fünftes Kapitel

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Habe ich vielleicht schon zu viel von der Frau Herzogin von Maine gesprochen? Wahrhaftig, ich weiß es nicht; ich erinnere mich dessen nicht. Ich habe dieses kleine Mädchen darum befragt; es hat mir geantwortet, daß ich noch viel von der Prinzessin zu erzählen hätte. Aber dieses kleine Wesen besitzt so viel Arglist, daß es mich vielleicht veranlassen will zu faseln, damit man meine achtzig Jahre merke.

Ich will nicht, daß Madame faselt, aber ich möchte, daß sie über diese Herzogin von Maine, über die man so verschieden urtheilt, sich noch weiter auslasse. Sollte sie etwas in ihren Memoiren verschweigen, so ist dies nicht meine Schuld; doch, man beruhige sich, ich werde

über ihre Erinnerungen wachen, daß sie Nichts übergeht.

(Anmerkung des Secretairs.)

Die Herzogin von Maine war, obwohl man es von ihr sagte, nicht eben galant. Es ist gewiß, daß sie ihre Liebhaber hatte, vielleicht zwei oder drei. War dies bei den andern Prinzessinnen nicht eben so? Und vorzüglich bei denen, die nach ihr kamen? Man bedenke nur ihre drei Nichten von Condé: Fräulein von Sern, Fräulein von Charolais und Fräulein von Clermont! Ich schwöre es, daß ich von ihren Heldenthaten nicht reden werde, nicht einmal von denen, deren man sie beschuldigt und wovon Beweise vorliegen, ich liebe das Ausschwatzen nicht, und es würde mit schlecht anstehen, sie zu tadeln.

Man muß es eingestehen, daß die Herzogin von Maine den Cardinal von Polignac am meisten liebte. Er war der Gegenstand ihrer letzten Neigungen, und diese sind bei uns Frauen die stärksten, sie vergrößern sich mit unserm Bedauern; jeder entfliehende Tag nimmt eine Illusion mit sich und vermehrt die Kraft der Gefühle. Man verehrt das, dessen Verlust bevorsteht, man legt den letzten Blumen den größten Glanz, den schönsten Duft bei und sieht ihre Blätter mit einer unbeschreiblichen Melancholie abfallen. Ich habe dies Alles empfunden, und wahrlich, ich weiß nicht warum, denn seit langer Zeit schon habe ich die Nichtigkeit der Neigungen dieser Welt kennen gelernt. Aber man muß doch an etwas hangen.

'Einige Schulfüchse und Sudler sind sogar soweit gegangen, daß sie der Herzogin von Maine eine blutschänderische Liebe zu ihrem Bruder, dem Herzoge von Bourbon, beigelegt haben. Diese Leute kennen weder sie noch ihn! Frau von Maine hat nie einen Blick auf einen geistlichen Mann werfen können; sie hat stets das Materielle verachtet, sie hat die Delicatesse bis zum Aeußersten getrieben – Und der Herzog! Großer Gott, man frage nur seine Frau! Sie konnte ihn nicht leiden, und sie hatte Grund dazu. Beide verbrachten ihr Leben damit, sich zu streiten und anzuklagen, und wahrlich, sie hatten Recht dazu. Die Herzogin brauste mit dem ganzen Geiste der Mortemart's auf, und der Herzog mit dem Geiste der Ausschweifung. Bei einem Streite sagte sie ihm einst:

– Mein Herr, Sie mögen immerhin schreien, ich kann Prinzen von Geblüt ohne Sie machen, aber ich traue es Ihnen nicht zu, daß Sie es ohne mich vermögen.

Sie hat mehr gethan, als diese Worte zu sprechen, sie hat es durch die That bewiesen.

Kehren wir zur Frau von Maine zurück.

Am Morgen nach dieser großen Nacht stand sie sehr spät auf. Auch wir. Fräulein von Delaunay holte mich aus meinem Zimmer, um mich zur Toilette der Prinzessin zu führen. Sie hatte ihre Absicht dabei. Frau von Maine empfing mich mit dem wohlwollendsten Lächeln; sie bot mir einen Stuhl und fragte mich, ob es mir in Sceaux gefalle und ob ich oft wiederkommen wolle?

Mit Begeisterung antwortete ich ihr, daß es mir hier außerordentlich gefalle, und daß ich stets wiederkommen würde, wenn man mir die Ehre erzeigte, mich zu empfangen.

– Kennen Sie den kleinen Larnage? fragte sie hastig, indem sie ein Corset anlegte.

Ich fuhr erstaunt zusammen und stand auf, um ihr eine Verbeugung zu machen, ohne zu wissen, was ich that.

Sie lächelte und wiederholte die Frage.

– Ja, Madame, antwortete ich nun, ich habe ihn bei der Frau Herzogin von Luynes gesehen.

– Kennen Sie seine Mutter?

– Ja, Madame,

– Und was sagt man, wer sein Vater sei?

– Ich weiß es nicht, Madame.

– Ah, Sie wissen es nicht! Aber man giebt ihm einen Vater, den ich sehr gut kenne. Er leugnete es, als ob mir dies viel Kummer machte. Ich bin nicht die Frau, die sich um solche Kleinigkeiten grämt.

Fräulein Delaunay unterbrach diese Unterhaltung, indem sie meldete, daß man nach ihr gefragt habe, und daß wahrscheinlich der erwartete Gelehrte angekommen sei,

– Entfernen Sie sich nicht, antwortete die Herzogin; man lasse ihn eintreten, ich will ihn empfangen. Bleiben Sie, Madame, vielleicht macht es Ihnen Vergnügen. Diese Gelehrten sind mitunter sehr drollig. Es handelt sich um einen Aufsatz gegen meinen Herrn Vetter. Delaunay, nennen Sie mich nicht.

– Man führte den Gelehrten ein. Mein Gott, was war das für ein Geschöpf! Was für ein Convolut von Latein und Großsprecherei. Er trug große Strümpfe, Schuhe mit Schnallen, einen zerrissenen Rock und einen Hut nach Art der Küchenjungen. Die ganze Erscheinung war zwar nicht elend, aber widerwärtig. Der Gelehrte brüstete sich damit, wie Diogenes mit seiner Tonne.

Unser Mann besah sich das vergoldete Getäfel, die Toilette und die Menge Leute, die dabei Dienste leisteten. Man merkte ihm an, daß er stolz von der Höhe seiner Größe herabblickte. Er näherte sich der Frau von Maine, grüßte sie auf seine Weise, und schien mehr mit den hebräischen Gebräuchen als mit den unsrigen vertraut zu sein.

– Mademoiselle, sagte er, sie konnten sich, behufs Lösung der Frage, die Sie beschäftigt, an keinen Bessern wenden; die Frau Herzogin von Maine hat bewiesen, daß sie stets mit Scharfsinn ihre Wahl trifft.

– Sie sind sehr gütig, mein Herr!

Er hielt sie für Fräulein Delaunay, oder er stellte sich, als ob er sie dafür hielte. Der größern Bequemlichkeit wegen ließ man ihn dabei.

– Mein Herr, was halten Sie von dem Herrn Herzoge und von den Gründen, die er gelten macht?

– Mademoiselle, Semiramis hat den Fall vorgesehen und ihre Gesetze sind sehr genau. Bei Hofe können solche Dinge nicht geschehen.

– Aber, mein Herr, am Hofe der Semiramis gab es keine legitimirten Prinzen.

– Das ist ein arger Irrthum, ein sehr arger Irrthum, Mademoiselle! Semiramis hatte mehre Bastarde.

Wir Alle machten eine Bewegung.

Frau von Maine behielt ihre Fassung.

– Ja, Mademoiselle, sie hatte mehre, und Ninus ebenfalls. Der Ehebruch war zu Babylon in der Mode. Und nun bedenken Sie den Nimrod! Die Prinzen seines Blutes empörten sich über die großen Wohlthaten, mit denen er die Kinder seiner Liebschaften überhäufte. Sie unternahmen es selbst, sie auszuplündern. Wissen Sie, was Nimrod that, Mademoiselle, wissen Sie es?

– Nein, mein Herr!

– Er ließ den Aufwieglern die Ohren, selbst die Nasen abschneiden. Gewiß, Mademoiselle, ich kann es Ihnen versichern. Und wenn der Herr Regent gerecht ist, so wird er dasselbe Mittel anwenden, um dem Dinge sobald als möglich ein Ende zu machen.

Wir lachten dem guten Manne laut in das Gesicht. Der Gedanke, den Herzog ohne Nase zu sehen, war überaus komisch.

Frau von Maine blieb ernst; sie antwortete mit würdiger Miene:

– Mein Herr, das Mittel wird um so besser sein, da ich nicht weiß, was von dem Gesichte des Herrn Herzogs noch bleibt, wenn man ihm die Nase genommen hat.

– Zu Zeiten der Chaldäer, mein Fräulein, würde man einen solchen Mißbrauch nicht geduldet haben.

– Wie, die Nase des Herrn Herzogs?

– Nein; ich meine die Reclamationen gegen die Willensmeinungen des seligen Königs,

Gegen eine Revolte waren sie unbarmherzig. Ich habe gelesen, daß Smerdis, nicht Smerdis der Magier, sondern ein anderer Smerdis – daß Smerdis auf einem Auge blind geworden, weil er im Gefängnisse so viel geweint hatte.

– Mit einem Auge?

– Er war verurtheilt, jeden Tag nackten Fußes zu dem Grabe seines Onkels zu gehen, dessen Willen er ungehorsam gewesen. Und er ging dorthin, Mademoiselle.

– Dieses Verfahren wäre auch bei uns anzuwenden. Man könnte den Herzog von Orleans und alle Prinzen jeden Morgen zu Fuß nach Saint-Denis schicken; ich würde darum anhalten, diese Prozession sehen zu können. Dabei ließe sich beobachten, ob die Familie Ludwigs XIV. sich mit denselben Gesetzen regieren ließe, wie die Kinder Nimrod's, oder ob wir einige Neuerungen müßten eintreten lassen.

– Ah, Mademoiselle, was sind die modernen Gesetze gegen die erhabenen des Alterthums! Welche Muster finden wir in der wunderbaren Vergangenheit, von der wir nur eine blasse Copie sind!

Nun erhob er sich, und begann eine Abhandlung über die Alten, die ein wahres Convolut von Lateinisch und Griechisch war. Die Prinzessin machte ihr dadurch ein Ende, daß sie den Gelehrten fragte, ob er nicht in die Sorbonne eintreten wolle.

– Ich würde sie gern dorthin schicken, mein Herr, fügte sie hinzu, um Ihnen für das Vergnügen zu danken, das Sie mir heute gemacht haben. Aber unglücklicher weise hängt dies nicht von mir ab. Die Stunde meines Dienstes hat geschlagen – leben Sie wohl!

Dieser Mann, der Bourdin der Aeltere hieß – ich erinnere mich seines Namens – richtete sich hoch empor; er fühlte sich verletzt, daß man Nichts anderes von ihm gewollt, als ihn nur anhören.

– Ich gehe, Mademoiselle, sagte er; aber wenn Sie mich sollten noch einmal rufen lassen, so zählen Sie nicht auf mich, ich werde nicht kommen.

Er verließ ohne Umstände das Zimmer.

Dies ist das wahre Bild der Gelehrten jenes Jahrhunderts. Molière hat es nicht in Abrede gestellt, er hat ein Meisterstück daraus gemacht.

Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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