Читать книгу Der Secretair der Marquise Du-Deffand - Александр Дюма - Страница 30

Zweiter Band
Zwölftes Kapitel

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Ich habe versprochen, eines Mannes noch besonders zu erwähnen; ich werde daran erinnert, weil er die erste Person ist, die mir in meiner Wohnung entgegentrat, als ich heimkehrte, nachdem ich Frau von Parabère meine Sorge hatte angedeihen lassen.

Dieser Mann war Milord Bolingbroke. Wohl wenig Leute können wie ich über ihn sprechen, denn wenig haben ihn, wie ich, gekannt und sein Leben verfolgt. Herr Walpole will diesen Namen nicht hören, weil er mit seinem Vater Streitigkeiten gehabt, in denen er nicht eben eine schöne Rolle spielte; aber da er Gegenwärtiges nur erst nach meinem Tode lesen wird, so verzeiht er gewiß meinem Gedächtnisse, daß es sich eines alten Freundes erinnert, und daß ich diesem Freunde Gerechtigkeit widerfahren lasse.

Milord Bolingbroke ist eine der auffallendsten und seltsamsten Erscheinungen dieses Jahrhunderts. Nicht leicht findet man so viel Geist, Gewandtheit und Scharfblick mit so viel Rechtlichkeit, Geradheit und Großmuth in Gedanken und Handlungen vereint. Er hatte zwei Fehler, die ihm in der Meinung Anderer schadeten, ohne indessen sein Betragen zu ändern. Der erste war die Galanterie, der zweite der Leichtsinn. Das Alter und eine wahrhafte Leidenschaft heilten ihn von dem ersten; der zweite war eine Folge der Lebendigkeit seines Geistes, er war mehr scheinbar als wirklich vorhanden, nur Thoren haben ihn dessen angeklagt und Leute, die ausschließlich ernst waren und die Langweile zu ihrem Panier erwähnt hatten, verkannten ihn. Ich habe Lord Bolingbroke sehr geliebt, ich denke oft an ihn und es ist für mich ein hohes Glück, einige Zeilen seinem interessanten und abenteuerlichen Leben weihen zu können, dessen sich jetzt in Frankreich nur wenig erinnern, ausgenommen die Herren von Matignon, seine ergebenen Freunde, Voltaire, Pont-de-Veyle und d'Argental, meine Zeitgenossen – ausgenommen den Marschall von Richelieu, der ebenfalls unser Zeitgenosse ist. Der Letztere erinnert sich aber nur dessen, was ihm Nutzen bringt, eines Ruhms oder eines Vergnügens.

Milord Bolingbroke war eng mit Frau von Feriol liiert; bei ihr war ich mit ihm bekannt geworden, wie ich bereits gesagt habe. Er gefiel mir von Anfang an, und ich gefiel ihm ebenfalls. Schon am folgenden Tage stattete er mir einen Besuch in meiner Wohnung ab, und seit der Zeit hat er seine Besuche nicht unterbrochen.

Da er im Jahre 1672 geboren, so war er damals fast vierzig Jahre alt. Er wäre schön gewesen, hätte man ihm eine furchtbare Nase, eine wahre Nase des Thomas Cocial, des Gevatters des Samso, abnehmen können; sein Benehmen war schön und stolz. Ich konnte es leicht begreifen, daß die Marquise von Villette, die um zehn Jahre älter war als er, bis zu dem Grade in ihm verliebt war, daß sie sich öffentlich als seine Geliebte erklärte und mit ihm wie verheirathet lebte, was man unter einer andern Regierung als der Regentschaft nicht geduldet haben würde.

Milord Bolingbroke stammte aus der berühmten Familie des Saint-Jean oder Saint-John.: diese Engländer haben uns unsere Namen genommen und richten sie nach ihrer Weise zu. Er war mit einer Winchescomb verheirathet, die zur Zeit, als ich ihren Mann kennen lernte, noch lebte, aber seit lange schon wohnten sie nicht mehr zusammen. Mit den Schöngeistern Englanos, mit Pope, Swift und Dryden befreundet, lag er selbst mit Geschmack und Erfolg den Wissenschaften ob. Er hat eine bemerkenswerthe Correspondence und zahlreiche Werke hinterlassen. Seine Beredtsamkeit war in dem Hause der Gemeinen bekannt und seine Reden begannen sein Glück zu gründen: man hatte ihn für das Parlament vorgeschlagen. Die Königin Anna wollte ihn an sich fesseln, und sie fesselte ihn auch wirklich, denn sie gab ihm unaufhörlich, trotz der Intriguen aller Art, Beweise ihres Wohlwollens. Er ward bald Kriegs- und Marine-Minister, und in dieser Stellung kam er häufig mit dem Herzoge Malborough in Berührung. Es war höchst interessant, ihn von diesem berühmten Manne sprechen zu hören. Ich habe dabei manche interessante, und dabei bis jetzt unbekannte Einzelheit bewahrt, und da ich mir vorgenommen habe, in meinen Memoiren alles Interessante, was ich weiß, zu berichten, besonders über historische Personen, so werde ich diese Einzelheiten mittheilen.

Malborough stammte aus einer edeln, aber armen, und nicht berühmten Familie, Der Ursprung seines Vermögens ist außerordentlich, und die Erzählung desselben für eine Frau fast unmöglich. Ich besitze wenig Vorurtheile, und in meinem Alter gehört man keinem Geschlechte mehr an; aber ich weiß, daß Frauen meinen Bericht lesen, und ich achte mich selbst, indem ich meine Leserinnen achte.

Es ist wohl wenig bekannt, daß Jean Churchill, seit jener Zeit Herzog von Malborough, noch sehr jung seine ersten Waffenthaten unter Herrn von Turenne vollbrachte. Er ward darauf Page des Herzogs von York, seit jener Zeit Jakob II. dessen Maitresse Elisabeth Churchill, die Schwester Jean's, war,

Jean und Elisabeth waren bewunderungswürdig schön, man zeichnete sie überall aus. Es war dem Herzoge von York leicht, in den Garden eine Officierstelle für seinen Pagen zu erhalten.

Hier beginnt die Geschichte, dessen Erzählung mich in Verlegenheit setzt. Wenn ich auch meine Sprache und meine Feder drehete und wendete, wie ich wollte, ich würde nie dahin gelangen, mich verständlich.zu machen. Es giebt gewisse Kraftproben, gewisse Seiltanzer-Uebungen. die die Wohlanständigkeit verbiete öffentlich auszuführen. Die Männer haben die Schwachheit, einen großen Werth auf diese Vortheile zu legen, und doch sind wenige, wie es scheint, mit einer solchen Ausdauer begabt.

Bei einem Officier – Gelage entfaltete Churchill einst bewunderungswürdige Talente und eine Kraft, die durch Geschicklichkeit noch vermehrt wurde. Dies genügte, um ihn in den Ruf eines Herkules zu bringen. König Karl II. erfuhr nicht zuletzt die equilibristen Fähigkeiten des schönen Officiers, er zollte dem starken Manne, der die schwersten Gewichte trug, ohne auch nur einen Zoll breit zusammenzusinken, eine wahrhafte Bewunderung, und zog ihn in die Nähe seiner Person, überzeugt, daß ein solcher Gardist ihn besser vertheidigen würde, als zehn andere.

Die Anekdote ward bei Hofe und in der Stadt bekannt. Karl II. hatte damals eine Maitresse, ein sehr schönes Geschöpf, die angeklagt und überführt war, unter der schönen Jugend von London eine Entschädigung für die Majestät ihres königlichen Geliebten zu suchen. Es verlohnt sich der Mühe, bei dieser Maitresse ein wenig stehen zu bleiben, denn sie führte ein höchst sonderbares Leben,

Sie hieß Barbara Villiers, und war die einzige Tochter und Erbin des Vicomte Grandisson; sie heirathete Royer Palmer, Grafen von Castelmaind, und ward bald die Favoritin Karls II,, aus dem sie sich bald einen Diener und Sklaven machte. Ihr zu Liebe ließ er den Großkanzler, Grafen von Clarendon, den sie nicht leiden konnte, in Ungnade fallen.

Barbara Villiers machte sich die Freude, ihn an sich vorübergehen zu lassen, als er die Siegel zurückgegeben hatte, und dabei war sie so unverschämt, ihn zu beleidigen. Mit stoischer Ruhe antwortete der Graf auf diese Beleidigung:

– Geduld, Geduld, Milady, die Zeit bleibt nicht aus, wo sie alt und häßlich sein werden!

Er konnte wahrlich keine größere Beleidigung an sie richten, als diese.

Frau von Castelemaind benutzte indeß, das Alter erwartend, ihre schönen Tage, Man erzählte ihr die Geschichte von Churchill; sie war so neugierig zu wissen, ob diese Geschichte wahr sei, und der starke Soldat blieb nicht hinter seinem Rufe zurück.

Da die gute Frau von Castelemaind ihre Neugierde einmal befriedigt hatte, so wollte sie auch wissen, ob die öffentlichen Theatertänzer und Marktkünstler mit dem künftigen Helden einen Vergleich aushielten, und sie trieb die Prüfungen so weit, daß Karl II. sie erfuhr, und sie trotz seines guten Willens davonjagte. Sie weigerte sich zwar nicht, zu gehen, aber sie forderte eine Entschädigung, und ließ sich zur Herzogin von Cleveland machen.

Ein Edelmann aus der Grafschaft Warwick, Robert Gielding mit Namen, der schon lange in die schöne Herzogin verliebt war, heirathete sie als seine dritte Frau. Seine zweite Frau lebte noch, und als die Frau Herzogin von Cleveland anfing, ihn nicht mehr so liebenswürdig zu finden, klagte sie ihn der Bigamie an und ließ sich von ihm scheiden. Der arme Fielding sollte gehangen werden, aber die Königin Anna begnadigte ihn. Dies geschah ohne Zweifel in Erwägung der Allianz!

Die Herzogin von Cleveland hatte mehre Kinder, unter denen eine Tochter, die in Pontoiso Nonne war. Ihre Mutter schickte der Abtei ein seltsames Geschenk: sie ließ sich mit dem Jesuskinde auf dem Arme malen, und dieses Bild hing man, da es für die Jungfrau Marie gehalten ward, über den Altar. Die junge Nonne hatte ihre Mutter nie gesehen, da sich die Herzogin ihrer Tochter so bald als möglich entledigt hatte, sie wußte demnach nicht mehr, als die andern und verrichtete ihr Gebet vor dem Heiligenbilde. Dies dauerte so lange, bis eine mitleidige Seele die Aebtissin von dieser Profanation in Kenntniß setzte, und man beeilte sich, ihr ein Ende zu machen.

Die Maitressen der Könige von England müssen wohl sehr scheinheilige Damen gewesen sein. Man trifft dies öfter, als man wohl glauben möchte.

Der Secretair der Marquise Du-Deffand

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