Читать книгу Der Secretair der Marquise Du-Deffand - Александр Дюма - Страница 33

Zweiter Band
Fünfzehntes Kapitel

Оглавление

Herr von Villette starb. Nach einer jener Heimchen, die weder glücklich noch traurig sind, wie man deren so viel steht, ward sie Wittwe, Sie bedauerte ihn wohl ein wenig, aber sie tröstete sich schnell wieder, und suchte sich für die erste Hälfte ihres Lebens dadurch zu entschädigen, daß sie sich für die zweite desselben eine doppelte Freiheit nahm.

Sie war nicht schön, aber sie war anmuthig und lieblich. Ein Fehler, den ich bequem finde und der im Allgemeinen mißfällt, zog ihr viel Feinde zu: sie war schwatzhaft, sie sprach ohne Aufhören und ohne Wahl.

D'Argental hat sie deswegen nie leiden mögen. Sie besaß ein hübsches Vermögen, denn sie war eine wirkliche Gräfin von Pimbèche, und führte Prozesse gegen das ganze menschliche Geschlecht. Bolingbroke ward von ihr eingenommen, als er sie sah, Sie war zweiundfünfzig, war fünfundvierzig Jahre alt, ein nicht gewöhnlicher Umstand, denn die Männer dieses Alters verlangen in der Regel frisches Wildpret. Sie wurden närrisch in einander verliebt; die Marquise kümmerte sich nicht darum, es zu verbergen, und Bolingbroke war dessen nicht fähig. Sie liebten sich also öffentlich, verließen sich nicht mehr, und wohnten bei einander. Ueber diesen Haushalt lachte die Jugend bei Hofe viel. Die Jugend lacht über Alles, was nicht jung ist, ohne zu bedenken, daß auch sie alt wird.

Es giebt drei Dinge, die der Geist einer jungen Frau nicht faßt:

Erstens, den Gedanken, daß sie alt wird,

Zweitens, den Gedanken, daß sie einst sterben wird.

Drittens, daß, wenn sie liebt, ihre Liebe und die ihres Geliebten indeß aufhören müsse.

Und dennoch sind diese drei Dinge unvermeidlich und im Voraus bestimmt.

Aber was kümmert man sich im zwanzigsten Jahre darum?

Milord Bolingbroke besaß alle Eigenschaften, die ein leidenschaftlicher Liebhaber besitzen muß: er war eifersüchtig wie alle Tiger Asiens. Zwar dachte keiner daran, ihm sein liebes Kind zu entführen, aber er sah überall Nebenbuhler,

Einst aß ich zu Mittag bei der Marquise. Der Abbé Alary war gegenwärtig, der berühmte Präsident des »Entresol«, von dem ich später Gelegenheit haben werde, zu reden, von dieser kleinen Sache, die zu ihrer Zeit so groß war, und jetzt vergessen ist. Wir speisten also mit dem Abbé Alary und einem gewissen Magdonald. Letzterer war Stallmeister des Prätendenten und ein sehr schöner Mann, der es liebte, sich als solchen geltend zu machen. Frau von Villette entfaltete vor ihm ihre schöne Sprache, und suchte die wohlklingendsten und abgerundetsten Phrasen. Der Stallmeister antwortete mit glühenden Augen und mit einem Eifer, der Bolingbroke in eine fast unglaubliche Wuth brachte.

In dem interessantesten Augenblicke, gerade als der schöne Engländer und die weise Dame sich herzlich beglückwünschten, stieß Milord einen so derben Fluch aus und führte einen so gewaltigen Faustschlag auf den Tisch, daß Gläser, Teller, mit einem Worte das ganze Tischgeschirr zuerst auf die Kokette flogen, und dann auf uns, die wir Nichts dafür konnten.

Nach dieser schönen Heldenthat stand er auf, warf seine Serviette von sich, und entfernte sich, ohne den Kopf zu wenden. Ich überlasse es dem Leser, sich die Scene zu denken. Die Marquise ward unwohl, der Abbé und Magdonald, die glücklicherweise Nichts davon begriffen, hielten ihr Salze und starkriechende Tropfen unter die Nase, während ihre Frauen sie aufschnürten. Schmachtend und bestürzt kam sie zu sich; sie suchte den Undankbaren, der sie anklagte, und doch war sie stolz, so geliebt zu sein.

– Mein Herr, sagte sie zu Magdonald, während ihren Augen Thränen entströmten, die sie noch rührender machten, mein Herr, verzeihen Sie mir – aber ich kann Sie ferner nicht mehr sehen. Er ist trostlos und sein Glück geht mir über Alles, selbst über die Artigkeit und die gute Lebensart.

– Madame, antwortete stolz der Stallmeister, Mylord hat Unrecht, sich zu beunruhigen, ich will Niemandes Glück stören, und ich habe nur an Sie, als an eine achtbare Dame gedacht, deren Charakter, Tage und Alter die Rücksichten Aller verdienen, die sie erkennen. Ich ziehe mich zurück und werde erwarten, daß Sie mich wieder zu sich berufen; diese Art Dessert ist nicht nach meinem Geschmack.

Er grüßte, und entfernte sich.

Dies war die Strafe dafür, daß Milord und seine Freunde soviel Geist besaßen, um solche Auftritte herbeizuführen. Kaum konnte sich Frau von Villette wieder aufrecht erhalten, so lief sie Bolingbroke nach; sie ließ mich und den Abbé allein. Der Abbé zuckte mit den Achseln; und dennoch war er dem Lord sehr zugethan. Man denke, was seine Feinde davon sagen mußten!

Der Abbé setzte mich in Erstaunen, indem er mir eine Thatsache erzählte, für deren Richtigkeit er sich verbürgte, als ob er dabei eine Rolle gespielt habe, die nicht weniger außerordentlich war, als das Factum selbst.

Es existirte nämlich in Paris ein gewisser Graf von Boulainvilliers, der sich damit beschäftigte, die Horoskope zu stellen, und mitunter die seltsamsten Dinge sagte. Er fragte nur nach dem Datum der Geburt und einigen andern Zeichen derselben Art. Als Frau von Villette das von hörte, bat sie den Abbé, der einer ihrer Freunde war, ihre Titel dem Wahrsager zu überbringen, und seine Antwort in Empfang zu nehmen.

Das Orakel sprach sich folgendermaßen aus: »Diese Person besitzt eine große Anzahl Leidenschaften; in ihrem zweiundfünfzigsten Jahre wird die eine größer, als die andere sein. Sie wird in einem fremden Lande sterben,«

Diese Prophezeihung ist Punkt für Punkt eingetroffen.

Herr von Boulainvilliers, der für Andere so weit sah, vermochte es nie für sich selbst. Eine Prophezeihung stellte ihm ein großes Vermögen in Aussicht; er starb vor Kummer darüber, daß diese Prophezeihung nicht in Erfüllung ging. Man hat viele Zauberer gesehen, die es ebenso machten. Ich zweifele indessen an dieser Wissenschaft, trotz der vielen außerordentlichen Beispiele, die ich selbst mit dem Regenten, einem wahren Adepten, gesehen, und mit dem Grafen von Saint-Germain, den sehr viel Leute für den Teufel gehalten haben. Ich für meine Person bin dieser Ansicht nicht.

Herr von Matignon, ein intimer Freund der beiden Liebenden, kam während dieses Streites an. Er söhnte sie, wie dies seine Gewohnheit war, wieder aus, denn sie zankten sich unaufhörlich, und dies war sein großes Amt. Er blieb sein ganzes Leben lang dieser Freundschaft getreu, und sein Sohn blieb es nach ihm. So etwas ist bei Hofe sehr selten.

Trotz seiner Leidenschaft und seiner Eifersucht machte sich Milord mitunter eben nicht sehr unschuldige Zerstreuungen. Die zärtliche Alcimene machte sie ihm dergestalt zum Vorwurfe, und ihre Gesundheit ward davon so heftig angegriffen, daß er, als er einst von einem zurückgezogenen Leben in Chaillot zurückkehrte, den Entschluß faßte, den Versuchungen zu widerstehen, und die ganze Treue zu gewähren, die er selbst forderte.

Das Sonderbarste ist, daß er Wort hielt.

Ueber diesen Zwischenfallen starb seine Frau, die trotz ihrer Frömmigkeit ihm großen Verdruß bereitet hat. Von nun an verbannten die Liebenden jeden Zwang, und man versichert, sie hätten sich heimlich geheirathet. Ich weiß nicht, warum sie dies nicht öffentlich erklärten, da sie Nichts daran hinderte, wie ich voraussetze. Es scheint, daß diese Heirath später wirklich stattgefunden hat. Soviel ist gewiß, daß die Marquise seinen Namen getragen, und daß man sie, selbst in England, für Milady Bolingbroke gehalten hat, außer bei Hofe, wo sie, wie man versichert, in dieser Eigenschaft nie zugelassen worden ist.

Man bat Milord Bolingbroke von Neuem, die Sacht des Prätendenten wiederaufzunehmen, und zwar wegen eines neuen, besser überdachten Plans, bei dessen Ausführung man seiner Rathschläge zu bedürfen glaubte. Der König Jakob selbst schrieb an ihn, und da sein Brief nicht genügte, so sandte er ihm seinen Vertrauten mit einem ebenso rührenden als liebenswürdigen und artigen Schreiben. Er berief sich abermals auf seine Gesinnungen für die Königin Anna und erinnerte ihn an die letzten Worte seiner Wohlthäterin!

– Ach, mein theurer Bruder, was soll aus Ihnen werden?

Bolingbroke ward ein wenig gerührt, das heißt., er verlangte die Sache einige Zeit als Geheimniß zu bewahren, und versprach seine Ansichten mitzutheilen, wenn man deren bedürfen würde; aber er verweigerte es, sich offen zu erklären, weil er einen zweiten harten Verweis fürchtete, der ihn unrettbar in's Verderben stürzte, ohne daß Jemandem dadurch genützt würde.

Lord Stairs, der damals englischer Gesandter in Paris war, hatte während dieser Zeit von dem Regenten das Versprechen erlangt, den König Jakob verhaften zu lassen, wenn er Frankreich betreten sollte; der Plan war also schon verkauft, denn man erwartete die Ankunft des Königs.

Bolingbroke wollte seinen flüchtigen Monarchen um jeden Preis abhalten, soweit zu gehen, aber er wußte ihn nicht mehr zu finden, der Flüchtige mußte bereits abgereist sein. Milord beruhigte sich ein wenig bei dem Gedanken, daß der Regent nicht der Mann sei, der Jakob III. auslieferte, er bauete auf seine Gewandtheit und Großmuth. Trotzdem aber erwartete er in lebhafter Unruhe den Erfolg des Befehls, den man dem Herrn von Coutades, dem Major seiner Garde, öffentlich gegeben, sofort nach Chateau-Thierry abzureisen und den letzten der Stuarts zu verhaften, sobald er diese Stadt beträte.

Und beide waren Enkel Heinrichs IV.!

Der Secretair der Marquise Du-Deffand

Подняться наверх