Читать книгу Drei starke Geister - Александр Дюма - Страница 2

Erster Theil
Einleitung
II

Оглавление

Jean und sein Oheim, der während dieses Gesprächs seine Mahlzeit beendigt hatte, tranken jeder ein Glas von dem feinen Weine und der junge Mann aß einige Bissen dazu.

Toinette hatte während dieser Zeit das Zimmer in Ordnung gebracht, das der Pfarrer für seinen Neffen bestimmt hatte. Sie kam jetzt zurück und sagte:

»Aber, Herr Pfarrer, das Zimmer bedürfte wirklich einer Reparatur.«

»Warum denn?«

»Warum? Haben Sie denn die Decke nicht einmal angesehen?«

»Nein.«

»Sie ist in einem schönen Zustande.«

»Wie so denn?«

»Sie ist zwischen den Balken überall zersprungen und ist so dünn wie Papier; und wenn Sie sich nicht in Acht nehmen, bricht sie nächstens zusammen und Sie kommen mit samt Ihrem Bette herunter, da Sie unmittelbar darüber schlafen.«

»Es ist gut, Toinette, ich werde es besorgen, und wenn Jean uns wieder besucht, soll er ein prächtiges Zimmer finden, das in jeder Beziehung seiner würdig ist.«

Jean ging hierauf mit seinem Oheim in das kleine Gesellschaftszimmer des Pfarrhauses, denn um diese Zeit erhielt Raynal jeden Abend den Besuch von zwei oder drei Freunden. Diese fanden sich bald ein und er erzählte ihnen, wie glücklich er gewesen sei, seinen Neffen kennen zu lernen, sowie die Schlichtung der Feindseligkeit mit seinem Bruder, lauter Dinge, welche zum Lobe des jungen Mannes und seines Vaters gereichten.

Gegen zehn Uhr trennte man sich, um zur Ruhe zu gehen und der Pfarrer führte selbst seinen Neffen in sein Zimmer, um sich zu überzeugen, daß es ihm an nichts fehlte und um nach einige Minuten länger mit dem jungen Manne beisammen zu bleiben, zu welchem er die aufrichtigste Zuneigung empfand.

»Ich bin sehr müde,,« sagte Jean; »wie werde ich es anfangen, damit ich morgen früh um vier Uhr erwache?«

»Zuerst hast Du eine Uhr in Deinem Zimmer mit einem Wecker, welcher zu der Stunde, auf die Du ihn stellst, Lärm machen wird. Dann ist aber auch morgen Markttag und Du wirst schon von drei Uhr an so viel Lärm hören, daß Du nicht länger wirst schlafen können.«

»Nun, dann wünsche ich Ihnen eine gute Nacht, mein theurer Oheim. Vergessen Sie nicht an meinen Vater zu schreiben, er erwartet mit Ungeduld Ihren Brief.«

»Das thue ich noch heute, ehe ich zu Bette gehe und der Brief geht morgen ab. Gute Nacht, mein Sohn, gute Nacht!«

Sie umarmten einander noch einmal und der Pfarrer verließ seinen Neffen, nachdem er jedoch vorher noch zu ihm gesagt hatte:.

»Vergiß es nicht, es ist in der Straße des Arénes, beim Bäcker Simon, wo Du das Pferd abgeben und den Du bitten sollst, es mir mit der ersten Gelegenheit wieder zuzuschicken.«

»Gut, gut, lieber Oheim.«

Jean blieb allein und da er wirklich todtmüde war, ging er unverzüglich zu Bett und sank bald in tiefen Schlaf.

Sein Oheim hatte ihm keine Unwahrheit gesagt. Gegen drei Uhr Morgens wurde er durch das Geschrei der Verkäufer und besonders der Verkäuferinnen geweckt, die zum Markte kamen, und hätte er auch wieder einschlafen wollen, so würde es ihm nicht möglich gewesen sein. Er stand daher mit halb offenen Augen und noch etwas schwerem Kopfe auf, sattelte und zäumte Coquet, zog ihn mit so wenig Geräusch, als möglich, aus dem Hause, schwang sich darauf und schlug den Weg nach Nimes ein.

Coquet hatte den ächten Gang des Kleppers eines Dorfpfarrers, so daß Jean, nachdem er seine Füße gehörig fest in die Bügel gesetzt hatte,die Zügel nur aus Gewohnheit in den Händen behielt und die Augen schloß. Nach einigen Augenblicken war er völlig eingeschlafen; aber das kluge Thier, auf dem er saß, vermied, als wüßte es, daß sein Reiter nicht mehr im Stande war es zu leiten, jedes Hinderniß und jedes Begegnen, das ihn hätte wecken können und ging in einem ruhigen Schritte fort, der den Reiter recht angenehm wiegte.

Eine halbe Stunde vor Nimes machte sich jedoch ein Fuhrmann, der ihm mit seinem Geschirre entgegen kam und der es komisch fand, daß der Reiter so ruhig auf dem Pferde schlief, den Spaß, dem letzteren einen Peitschenhieb zu versetzen, so daß es einen Seitensprung that. Jean verlor das Gleichgewicht und erwachte in dem Augenblicke, wo er herabfallen wollte und wo Coquet schon dicht am Straßengraben stand. Er hatte jedoch noch so viel Zeit, die Mähne des Pferdes zu ergreifen und sich wieder in den Sattel zu schwingen, während der über seinen Scherz erfreute Fuhrmann laut lachend seinen Weg fortsetzte.

Jean freute sich eben so sehr, daß er geschlafen hatte als daß er geweckt worden war und indem er sich die Augen rieb, athmete er mit Entzücken die frische, reine Morgenluft ein. Er sah nach der Uhr und da er bemerkte, daß Coquet seinen Schlummer benutzt und ebenfalls ein wenig geschlafen hatte, wodurch einige Zeit verloren gegangen war, wollte er diese wieder einbringen und setzte seinen Gaul in einen kleinen Trab.

Coquet wunderte sich zwar nicht wenig, daß er eine Gangart annehmen sollte, die gar nicht in seiner Gewohnheit lag; allein er machte gute Miene zum bösen Spiel und erreichte trabend die historische Stadt.

Jean hatte gar nicht nöthig, ihn nach der Straße des Arénes zu lenken; Coquet wußte den Weg allein und brachte seinen Reiter auf dem gradesten Wege zu Meister Simon.

Der Bäcker stand an seiner Hausthür und erkannte den Gaul, der Reiter aber war ihm unbekannt.

»Ich bin der Neffe des Pfarrers Raynal,« sagte Jean zu ihm, nachdem er ihn begrüßt hattet; »er hat mir das Pferd geliehen, um nach Nimes zu retten, und mir aufgetragen, es Ihnen zu übergeben und Sie zu bitten, es ihm wieder zuzuschicken.«

»Sie sind der Neffe des Herrn Pfarrers Raynal?« erwiderte der Bäcker freundlich.

»Ja wohl.«

»Dann haben Sie einen würdigen Mann zum Oheim.«

»Ich weiß es, Herr Simon, und ich freue mich, daß mein Oheim die allgemeine Liebe und Achtung in eben so hohem Grade genießt, als ich ihn liebe und hochschätze.«

»Ja, Sie können mir Coquet anvertrauen,« erwiderte Simon; »ich werde ihn morgen durch einen meiner Leute, der ohnehin etwas in Lafou zu thun hat, zu seinem Herrn zurückschicken.«

Jean stieg vom Pferde und Simon rief in das Haus hinein:

»Franz!«

»Hier bin ich, – Meister!« antwortete ein junger Mensch in der gewöhnlichen Kleidung der Bäckergehilfen.

»Führe das Pferd in den Stall.«

»Gut, Meister.«

Franz ergriff den Zügel des Pferdes, dem Jean liebkosend auf den Hals klopfte, als wollte er ihm für den geleisteten Dienst danken, und verschwand damit in der Hausflur.

»Und Herr Raynal befindet sich wohl.« fragte Simon.

»Ja, er befindet sich sehr wohl.«

»Wollen Sie nicht eintreten, um etwas zu genießen und mit uns zu frühstücken?« fragte der Bäcker mit provencialischer Herzlichkeit; »der Neffe des Herrn Raynal ist für uns so viel als Herr Raynal selbst.«

»Sie sind sehr gütig, Herr Simon; aber ich muß um zehn Uhr mit der Diligence von Beaucaire abreisen und vorher muß ich noch einen Gang besorgen und mein Gepäck aus dem Gasthofe holen. Ich habe aber nur eine halbe Stunde Zeit zu dem Allen. Indessen danke ich Ihnen nicht minder für Ihr freundliches anerbieten,« sagte er, indem er dem Bäcker die Hand schüttelte, »und wenn ich wieder nach Nimes komme, werde ich Sie um die Erlaubniß bitten, meinen Dank wiederholen zu dürfen.«

»Dann aber werden Sie meine Einladung annehmen?«

»Ich verspreche es Ihnen.«

Jean nahm Abschied und verließ den Bäcker.

Dieser blieb noch an seiner Thür stehen, um die Leute vorüber gehen zu sehen und seinen Bekannten einen guten Morgen zu wünschen. Kaum war eine Viertelstunde vergangen, seitdem Jean ihn verlassen, so sah er zwei Gensd’armen zu Pferde die Straße herausgesprengt kommen, welche vor seinem Hause anhielten.

»Wie lange stehen Sie schon hier?« fragte ihn einer derselben.«

»Ohngefähr seit einer halben Stunde,« antwortete Simon, ohne begreifen zu können, warum zwei Gensd’armen ihre Pferde in Galopp gesetzt hatten, um ihm diese Frage vorzulegen.

»Haben Sie einen jungen Mann auf einem kleinen Pferde hier vorbeireiten sehen?«

»Von welcher Farbe soll das Pferd sein?«

»Ein Schimmel.«

»Und wissen Sie den Namen des jungen Mannes.«

Der Gensd’arm blickte auf ein Papier.

»Jean Raynal,« sagte er dann.

»Jean Raynal,« erwiderte der Bäcker; »mit dem habe ich vor zehn Minuten gesprochen«

»Er war also bei ihnen?«

»Ja.«

»In welcher Absicht denn?«

»Um sein Pferd abzugeben, welches seinem Oheim, dem Pfarrer in Lafou gehört.«

»Und Sie haben ihn fortgehen lassen?«

»Warum hätte ich ihn zurückhalten sollen?«

»Es ist wahr, Sie wußten nichts.«

Während dieses Gesprächs hatten sich einige Vorübergehende um die Gensd’armen gesammelt und hörten neugierig und aufmerksam zu.

»Hat Ihnen Herr Raynal gesagt, wohin er ging?«

»Ja, er wollte in den Gasthof gehen, um sein Gepäck abzuholen und um zehn Uhr mit der Diligence nach Beaucaire fahren.«

»Wissen Sie das gewiß?«

»Ganz gewiß.«

»Um zehn Uhr, sagen Sie?«

»Ja wohl.«

»Es ist drei Viertel auf zehn Uhr, wir werden also noch Zeit genug kommen, wenn er nicht Etwas ahnet. Ich danke Ihnen.«

Mit diesen Worten gab der Gensd’arm seinem Pferde die Sporen.«

»Erlauben Sie,« sagte der Bäcker zu ihm, »eine Auskunft ist der andern werth. Was ist denn geschehen? ich interessire mich für den jungen Mann.«

»Wir haben nicht Zeit Ihnen dieses zu erzählen,« erwiderte der Gensd’arm,« indem er sich entfernte: »übrigens werden Sie es bald erfahren, Aber wenn Sie sich für den jungen Mann interessieren, so bedaure ich Sie, denn er hat eine schlimme Sache auf dem Halse.«

Die beiden Gensd’armen setzten ihre Pferde hierauf in Galopp und verschwanden auf der nach dem Bureau der Diligence führenden Straße, während die Weiber und Müssiggänger sich um Meister Simon drängten und Auskunft von ihm verlangten, da er die Ehre gehabt hatte, von den Gensd’armen ausgefragt zu werden.

Während dieser Zeit ging Jean, welcher keine Ahnung von dem hatte, was vorging, zu dem Correspondenten seines Hauses, empfing von demselben eine Tratte, die er sogleich nach Hause expedierte; dann lief er in den Gasthof, holte sein Gepäck und eilte hieraus nach dem Bureau der Diligence von Beaucaire.

Der Wagen war zum Abfahren bereit und die beiden Gensd’armen ließen sich die Pässe der Reisenden zeigen.

Jean nahm seinen Paß aus der Tasche und hielt ihn den Gensd’armen hin, um diese Formalität schnell zu beendigen.

»Sie sind also Herr Jean Raynal?«l fragte einer der Gensd’armen

»Ja wohl.«

»Der Neffe des Pfarrers Raynal in Lafou?«

»Das bin ich.

»Sie haben diese Nacht bei ihm gewohnt?«

»Ja.«

»Und wann sind Sie von Lafou fortgeritten?«

»Diesen Morgen um vier Uhr.«

»Ganz richtig. Folgen Sie uns, mein Herr.«

»Ich soll Ihnen folgen? Wohin denn?«

»Zum königlichen Procurator.«

»Aber meine Herren, ich muß abreisen. Ist mein Paß nicht in der Ordnung?«

»Von dem Passe ist nicht die Rede.«

»Von was denn?«

»Wir haben einen Vorführungsbefehl.«

»Einen Vorführungsbefehl?«

»Ja.«

»Gegen mich?«

»Gegen Sie.«

Jean sah die beiden Gensd’armen an; er glaubte, sie seien nicht bei Sinnen.

»Das ist nicht möglich,« sagte er.

»Sehen Sie.selbst.«

Zugleich hielt er ihm den Befehl vor die Augen.

»Das ist eine Verwechselung, meine Herren, ganz gewiß,« sagte Jean, indem er um sich blickte, um nicht allein die Gensd’armen, sondern auch die übrigen umstehenden Personen zu überzeugen, daß er das Opfer eines Irrthums sei. Die Ruhe des jungen Mannes machte die Gensd’armen zweifelhaft und sogar ängstlich; sie hatten in ihrem Leben viele Verbrecher gesehen und dadurch einen geübten Blick erhalten, und konnten daher nicht glauben, daß dieser junge Mann das Verbrechen begangen hatte, das man ihm Schuld gab.

»Steigen Sie ein, mein Herr,« rief der Schaffner, um die Gaffer zu entfernen, die sich schon im Hofe gesammelt hatten.

»Folgen Sie uns, mein Herr,« wiederholten die beiden Gensd’armen« indem sie Jean in die Mitte nahmen. »Wir sind nicht die Richter, wir müssen den erhaltenen Befehl ausführen. Der königliche Procurator wohnt ganz in der Nähe und wenn ein Irrthum stattfindet, wird er Sie sogleich wieder in Freiheit setzen.«

Wir bemerken bei dieser Gelegenheit, daß die Gensd’armen fast immer mit der größten Würde, aber zugleich mit der größten Humanität ihre Pflicht thun. Ich glaube nicht« daß man jemals gesehen hat, daß ein Gensd’arm einen Angeklagten gemißhandelt hätte, wenn sich derselbe auch weigerte, ihm zu folgen, oder selbst wenn er sich Thätlichkeiten gegen ihn erlaubte.

»So kommen Sie,« erwiderte Jean voll Vertrauen, »denn auf meine Ehre, die Sache ist mir unerklärlich!«

»Wir glauben es,« versetzte der Gensd’arm, der ihn ausgefragt hatte, »denn wenn Sie etwas begangen hätten und Sie könnten eine solche Ruhe behalten, müßten Sie ein großer Bösewicht sein.«

Der andere Gensd’arm stimmte durch einen Blick der psychologischen Bemerkung seines Kameraden bei und alle Drei traten den Weg zu dem königlichen Procurator an.

Es versteht sich von selbst, daß die Straßenbuben ihnen nachliefen und daß die Bewohner der, wie alle Straßen von Nimes, sonst so ruhigen Straße an den Hausthüren standen und einander fragten, was der junge Mensch begangen haben müsse.

Drei starke Geister

Подняться наверх