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Erster Theil
Einleitung
III

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Nach einigen Minuten wurde der Gefangene bei dem königlichen Procurator eingeführt. Eine weiße Halsbinde,.ein Ehrenlegionskreuz, ein Blick, welcher verschlagen sein soll, und eine feierliche Sprache sind die Kennzeichen aller königlichen Procuratoren und der von Nimes machte keine Ausnahme von seinen Kollegen.

»Ihr Vor- und Zuname?« fragte er den jungen Mann.

»Jean Raynal,« antwortete dieser.

»Woher kommen Sie?«,

»Zuerst von Paris, dann von Lyon.«

»Was hatten Sie in Lafou zu thun?«

»Meinem Oheim einen Brief meines Vaters zu überbringen.«

»Die beiden Brüder haben seit mehreren Jahren in Feindschaft gelebt?«-

»Seit zweiundzwanzig Jahren.«

»Und Sie beabsichtigten?«

»Eure Aussöhnung zwischen ihnen herbeizuführen.«

»Ganz recht,« sagte der Beamte, indem er ein Papier überblickte, welches das Protokoll einer Aussage zu sein schien. »Nun, mein Herr, Sie sind angeklagt, Ihren Oheim und die Frau, die er in seinem Dienste hatte, ermordet zu haben.«

»Ich?« erwiderte Jean lachend.

»O lachen Sie nicht,I denn die Sache ist höchst ernsthaft! Sie sind ferner angeklagt, Ihrem Oheim die Summe von zwölfhundert Franken entwendet zu haben, den Ertrag einer Sammlung, die er für die Armen seiner Gemeinde veranstaltet hat.«

»Herr Procurator,« erwiderte Jean, »was Sie mir da sagen, ist unmöglich, physisch unmöglich, und ich konnte mich nicht enthalten, zu lachen, weil ich nicht allein meinen Oheim und Toinette nicht ermordet habe, sondern weil ich weiß, daß sie sich in diesem Augenblicke so wohl befinden, wie Sie und ich.«

»Sie leugnen also diese That?«

»Zuerst leugne ich, daß ich der Thäter bin, und dann, ich wiederhole es Ihnen, leugne ich auch, daß sie begangen worden ist. Erlauben Sie mir, Ihnen eine Frage vorzulegen.«

»Sprechen Sie.«

»Wann soll mein Oheim und seine Haushälterin ermordet worden sein?«

»Diese Nacht.«

»Sie.sehen« Herr Procurator, daß dies ein Irrthum ist, da ich bei meinem Oheim übernachtet habe.«

»Eben deshalb wird Ihnen das Verbrechen zur Last gelegt.«

»Aber mein Herr, ich schwöre Ihnen, daß ich unschuldig bin und daß mein Oheim lebt und gesund ist. Ich habe gerade unter ihm geschlafen; wäre er ermordet worden, so hätte ich Geschrei oder sonst ein Geräusch vernommen, denn man kann nicht zwei Personen ermorden, ohne daß wenigstens Lärm im Hause entsteht.«

»Was soll ich Ihnen darauf sagen? Sie sind als der wahrscheinliche Thäter des Verbrechens denuncirt. Antworten Sie mir jetzt: wollen Sie mir die Papiere zeigen, die Sie bei sich haben?«

Jean zog seine Brieftasche hervor und übergab sie dem königlichen Procurator. Dieser untersuchte den Inhalt.

»Hier sind zwei Billets zu fünfhundert Franken und zehn Louisd’ors in ein Papier gewickelt,« sagte er.

»Nun?«

»Habe ich Ihnen nicht gesagt, daß Sie beschuldigt sind, Ihrem Oheim zwölfhundert Franken entwendet zu haben?«.

»Aber diese zwölfhundert Franken hier habe ich in Lyon gewonnen.«

»Wo denn?«

»In einem Spielhause,« antwortete Jean erröthend.

»Also Sie sind ein Spieler. In der That spricht Ihr Oheim in einem Briefe an Ihren Vater, den er ehe er zu Bette ging, geschrieben hat und der sich in unseren Händen befindet, von diesem Fehler. Er sagt Folgendes,« fuhr der Procurator, indem er ein Papier aus den vor ihm liegenden Acten nahm: »Jean spielte rathe ihm davon ab und lies ihm die Moral. Das Spiel ist eine Leidenschaft, welche zu allen Verbrechen führen kann.« – Ihr Oheim hat sich leider nicht geirrt!«

»Sie glauben also, daß ich der Urheber dieses schändlichen Verbrechens bin?«

»Es ist mir nicht erlaubt, eine Meinung darüber zu haben, aber ich sage, daß leider die schwersten Verdachtsgründe gegen Sie vorhanden sind. Die zweiundzwanzigjährige Feindschaft zwischen den beiden Brüdern, Ihr unerwarteter Besuch, der Mord, der nur durch einen Menschen begangen sein kann, der im Hause gewesen ist, da nirgends ein Einbruch von außen zu bemerken ist, die entwendete Summe von zwölfhundert Franken und eine gleiche Summe, die Sie bei sich haben, Ihre beabsichtigte Abreise von Nimes mit der ersten abgehenden Diligence, welche die größte Aehnlichkeit mit einer Flucht hat; dies Alles ist höchst verdächtigt.«

»Aber es ist entsetzlich, Heer Procurator,« rief Jean, indem er vernichtet aus einen Stuhl sank, »daß so viele Verdachtsgründe sich gegen einen Unschuldigen vereinigen können, denn ich schwöre es Ihnen bei Allem, was heilig ist, daß ich dies bin!«

Indem der junge Mann dies sagte, bedeckte er sein Gesicht mit beiden Händen, denn er lachte nicht mehr und konnte seine Thränen nicht zurückhalten.

»Aber das ist noch sonderbarer,« sagte der Procurator, indem er sich vorbeugte und einen Arm des Angeklagten mit ganz besonderer Aufmerksamkeit betrachtete, »kommen Sie doch näher.«

Jean näherte sich ihm, ohne zu begreifen, was er von ihm wollte.

»Geben Sie mir Ihren rechten Arm.«

Jean that es.

»Es ist Blut aus Ihrem rechten Aermel,« sagte der Beamte.

»Blut?«

»Hier sehen Sie.«

In der That sah man große Blutstropfen auf dem Aermel von Jean’s Oberrocke, die, obgleich jetzt getrocknet doch offenbar neu waren.

»Können Sie dagegen etwas einwenden?« fuhr der Procurator fort, durch diesen letzten Beweis vollkommen ueberzeugt, daß er den wirklichen Mörder des Pfarrers vor sich habe, der sich durch den zuverlässigen Ton der vollkommensten Unschuld, mit dem er leugnete, als ein um so größerer Bösewicht zeigte.

»Blut?« wiederholte Jean; »wissen Sie auch gewiß, daß es Blut ist, was Sie hier sehen? Ich sehe nichts mehr, Herr Procurator; die Sinne vergehen mir, es ist mir, als wollte es mir den Kopf zersprengen!. . . Blut!. . . mein Gott! wie ist das Blut hierher gekommen?. . . das ist ja entsetzlich!«

»Es ist gut,« erwiderte der Procurator, indem er sich wieder niedersetzte und in einem Tone, der nicht die geringste Theilnahme mehr verrieth; »ich will mein Protocoll machen, dann werden wir zur Confrontation schreiten.

»Zur Confrontation?« wiederholte Jean mechanisch.

»Ja, Sie müssen mit den beiden Leichnamen confrontirt werden.«

»Mein Oheim und Toinette sind also wirklich todt?«

»Nun, das wissen Sie doch?«

»Ich träume also nicht? fuhr der junge Mann fort, indem er um sich blickte; »ich bin wirklich angeklagt, zwei Menschen ermordet zu haben, ich, ich, Jean Raynal, der eben noch im Begriffe war, fröhlich und heiter abzureisen, der vor zwei Stunden noch ruhig schlief! und ich habe Blut an meinem Rocke!. . . und dies Alles ist wirklich wahr!. . . Darüber könnte man wahnsinnig werden, Herr Procurator« oder auf der Stelle des Todes sein!«

»Schon gut, schon gut,« erwiderte der Beamte, der immer fester von der Schuld des jungen Mannes überzeugt wurde; »das ist jetzt Sache der Justiz.«

»Und wozu soll diese Confrontation mit den Leichnamen nützen?«

»Die Justiz hofft, daß der Anblick der Schlachtopfer einen solchen Eindruck auf den Verbrecher machen wird, daß er eingesteht.«

»Aber es wird mir wohl erlaubt sein, den Leichnam noch einmal zu umarmen?«

»Sie wollen ihn umarmen?«

»Nun ja, meinen guten Oheim, der mich schon so lieb hatte, der so gut gegen mich war, der mich bei sich behalten wollte, und den ein Bösewicht nebst der guten alten Frau schändlicher Weise ermordet hat, um ihm eine elende Summe von zwölfhundert Franken zu rauben?. . . Warum hat man mich nicht ermordet?. . . Was wird mein Vater, was wird meine Mutter sagen, wenn sie den Tod des Bruders erfahren, wenn sie erfahren, daß ihr Sohn verhaftet und dieses entsetzlichen Verbrechens angeklagt ist!«

Heiße Thränen entströmten den Auen des jungen Mannes; Er war so fest überzeugt, daß Jedermann von seiner Unschuld überzeugt sein und daß er bei Jedem Theilnahme finden müsse, daß er, das Bedürfniß fühlend, seinen Schmerz in den Busen irgend eines Menschen auszugießen, den Kopf auf die Schulter des königlichen Procurators legte, der von seinem Sitze aufgestanden war.

Dieser stieß ihn sanft zurück. So sehr er auch an Scenen dieser Art gewöhnt war, so konnte er sich doch einer gewissen Rührung nicht erwehren.

»Dieser Mensch ist kein Mörder,« sagte der eine der beiden Gensd’armen« welche mit dem Gefangenen in das Kabinet des königlichen Procurators gekommen und an der Thür stehen geblieben waren, leise zu seinem Kameraden. »Wenn ich der königliche Procurator wäre, so würde ich es ohne Weiteres auf meine Gefahr nehmen und ihn entlassen.«

»O, o! erwiderte der Andere, was bedeutete: »Das wäre doch viel gewagt.«

»Besorgen Sie einen Wagen, Gensd’armen,« sagte der Procurator, und entfernen Sie die Menschen, die sich unten versammelt haben werden.«

»Ich danke Ihnen dafür,« sagte Jean.

Bald darauf stieg der angebliche Mörder und der königliche Procurator, sowie der Instructionsrichter und der Polizeicommissair, die man eingeladen hatte, in den herbeigeholten Wagen, welcher die Straße nach Lafou einschlug.

Bei der Ankunft in dem Dorfe sprach Jedermann nur von dem in der Nacht begangenen entsetzlichen Verbrechen.

Man hatte den Weg fast schweigend zurückgelegt. Was geschah, war für Jean so unerhört, so überraschend, so betäubend, daß er endlich vergaß, wohin er sich begab, daß sich die Vergangenheit mit der Gegenwart, das was er bis zum heutigen Morgen gethan, mit dem, was er hatte thun wollen, in seinem Kopfe unter einander wirrte, so daß er auf der Straße nach Beaucaire zu fahren glaubte, daß er nicht mehr daran dachte, welches gräßlichen Verbrechens er beschuldigt wurde und daß er in Begleitung von zwei Gensd’armen und drei Gerichtspersonen reiste.

Er mußte sich auch wirklich einen Augenblick besinnen, ehe er sich die Bewegung erklären konnte, welche in dem Dorfe herrschte, das bei seiner Abreise an diesem Morgen so ruhig und friedlich gewesen war.

»Da kommt er! Der ist’s!« sagte eine Stimme aus dem vor der Thür des Pfarrhauses, welche von dem Feldhüter und zwei Gensd’armen besetzt war, versammelten Volke.

Jean blickte auf und erkannte den Bauer, den er gestern Abend nach der Wohnung seines Oheims gefragt hatte.

Dieser Mann suchte jetzt eine besondere Ehre darin, in der Untersuchung als Zeuge aufgerufen zu werden. Es giebt Menschen, welche ihrer Person eine Wichtigkeit zu geben glauben, wenn sie in einem Drama, wie das von dem wir sprechen, eine Rolle spielen können, sei sie auch noch so unbedeutend. Sie wollen öffentlich sprechen, sie wollen einen Augenblick die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, sie wollen einige Tage ein Gegenstand der Neugierde für die alten Weiber ihres Stadtviertels und für die Portiers ihrer Straße sein. Was sie sagen werden, wissen sie in der Regel noch nicht, was sie gesagt haben, wissen sie nicht mehr, aber ihr Zweck ist erreicht und besonders denken sie nicht daran, wie schwer ihre Aussage« so unbedeutend sie auch sein möge, in der Wage der Gerechtigkeit wiegt und wie sehr ihre kleinliche Eitelkeit oft die Lage eines Verbrechers verschlimmern, oder, >was noch viel trauriger ist, zu der Verurtheilung eines Unschuldigen beitragen kann.

Der königliche Procurator, der Instructionsrichter, der Polizeicommissair und Jean Raynal traten in das Pfarrhaus.

Wie viele von den draußen Stehenden wünschten mit ihnen gehen zu können!

»Erkennen Sie die Oertlichkeit?« fragte der Instructionsrichter den Angeklagten.

»Ja,« antwortete Jean mit Ruhe« denn je mehr er nachdachte, desto unmöglich, schien es ihm, daß seine Unschuld nicht selbst den Verblendetsten und den Böswilligsten, diesen freiwillig Verblendeten, in die Augen springen mußte.

»Schreiben Sie Alles nieder, was Sie hören werden,« sagte der Instructionsrichter zu dem Polizeicommissair; dann wandte er sich wieder mit den Worten an Jean:

« »Er zählen Sie uns Alles, was gestern seit dem Augenblicke Ihrer Ankunft in diesem Hause, bis Sie es wieder verlassen haben, geschehen ist.«

Jean erzählte offen und wahrheitsgetreu Alles, was wir schon wissen und der Polizeicommissair brachte seine ganze Erzählung zu Protokoll, ohne etwas daran zu ändern.

»Jetzt wollen wir hinauf gehen,« sagte der Instructionsrichter, indem er das Gesicht des Angeklagten genau beobachtete, um zu sehen, welchen Eindruck es auf ihn machte, daß er seinen Schlachtopfern gegenüber gestellt werden sollte. Aber die Züge des jungen Mannes zeigten keinen Ausdruck von Furcht, wie der Beamte erwartet hatte, sondern einen Ausdruck von Mitleid und Rührung.«

»Mein armer Oheim!« sagte er, sich die Thränen trocknend, und folgte dann dem königlichen Procurator, der vorausgegangen war.

Die drei Gerichtspersonen und Jean traten nebst einem Arzte, den man herbeigerufen hatte, in das Schlafzimmer des Pfarrers, wo ein gräßliches Schauspiel sie erwartete.

Der Pfarrer lag im Hemd auf dem Fußboden, mitten in einer großen Blutlache; sein Kopf und seine Brust waren von Messerstichen ganz zerhackt. Ob er nach der Ermordung aus dem Bett gezogen worden, ob er während des Kampfes mit dem Mörder herausgefallen war, dies konnte Niemand sagen, als der Mörder, und der Mörder war gewiß nicht da.

»Der Tod scheint augenblicklich erfolgt zu sein,« bemerkte der Arzt, nachdem er den Leichnam betrachtet hatte; »diese Wunde,« sagte er, auf einen Stich in der Gegend des Herzens zeigend, »ist ihm ohne Zweifel zuerst beigebracht worden und hat ihn getödtet; die übrigen wären nicht nöthig gewesen und der Mörder hat sie nur noch zu größerer Sicherheit oder aus einem Uebermaße von Barbarei hinzugefügt.«

Jean vergaß heiße Thränen, während er diesen blutenden Körper betrachtete, der ihn gestern so liebevoll in seine Arme geschlossen hatte.

»Und ich werde einer solchen empörenden That angeklagt!« sagte er, indem er neben den Leichnam kniete und ihm einen Kuß auf die Stirn drückte.

»Erkennen Sie den Pfarrer Raynal?« fragte ihn der Instructionsrichter.«

»Ja, ich erkenne ihn.«

»Gestehen Sie, ihn ermordet zu haben?«

»Schreiben Sie, nein Herr,« sagte Jean zu dem Polizeicommissair, »daß ich die Hand auf den Leichnam meines ermordeten Oheim’s gelegt und bei Gott geschworen habe, daß ich unschuldig bin!«

Als der Commissair dies niedergeschrieben hatte, sagte der Instructionsrichter:

»Jetzt wollen wir zu der Haushälterin gehen.«

Alle begaben sich in das Schlafzimmer der Alten, die noch in ihrem Bett lag und an der keine Spur einer Verwundung zu sehen war.

»Diese Person ist erwürgt worden,« sagte der Arzt, nachdem er den Körper aufmerksam betrachtet hatte, »und der Thäter muß eine bedeutende Kraft besessen haben, denn er hat es nur mit Einer Hand ausgeführt.«

»Glauben Sie, daß dieser junge Mann stark genug ist, um den Mord auf diese Weise begangen zu haben?« fragte der königliche Procurator den Arzt.

»Zeigen Sie mir Ihre Hand,« sagte dieser zu Jean, nachdem er ihn begleitet hatte.

Jean that es.

»Umspannen Sie den Hals dieser Frau mit Ihrer rechten Hand.«

Mit abgewandtem Gesicht umspannte Jean die Hälfte von Toinetten’s Halse mit seiner Hand.

»Es ist ohngefähr die nämliche Hand,« sagte der Arzt, »und da in einem solchen Augenblicke die Kräfte eines Menschen sich verdoppeln, so ist es möglich, daß der Angeklagte diese Frau erwürgt hat. Allein ich erlaube mir die Bemerkung, daß wenn ich dies auch als Arzt glauben kann, ich es als Physiognomiker und als Mensch doch bezweifle.«

»Ich danke Ihnen für diese Worte,»rief sagte Jean zu ihm. »Möchte ich in dieser ganzen traurigen Sache immer die nämliche Unparteilichkeit finden, die ich bisher gefunden habe!»

Diese letzten Worte richtete er besonders an die drei Gerichtspersonen.

»Fuhren Sie uns in das Zimmer, in dem Sie diese Nacht geschlafen haben,« sagte der Instructionsrichter zu ihm und trug dann den Gensd’armen auf, die Zeugen herbei zu rufen, welche Jean Raynal als den wahrscheinlichen Mörder bezeichnet hatten.

»Wer sind diese Zeugen?« fragte Jean.

»Die drei Freunde Ihres Oheims, welche den gestrigen Abend bei ihm zugebracht haben und denen er sowohl die Veranlassung zu der zwischen ihm und seinen Bruder bisher geherrschten Uneinigkeit, als auch den Zweck Ihres Besuche erzählt hat; dann auch ein junger Mann, welcher diesen Morgen Ihren Oheim hat besuchen wollen und da er die Thier verschlossen fand und im ganzen Hause Todtenstille herrschte, die erstere erbrochen und das was er im Innern gesehen, angezeigt hat.«

»Und was wird nach Abhörung dieser Zeugen mit mir geschehen?»fragte Jean.

»Sie werden wieder nach Nimes und vorläufig in’s Gefängniß gebracht.«

»Und wie lange werde ich im Gefängnisse bleiben, ehe ich vor Gericht gestellt werde?«

»Einen bis höchstens zwei Monate.«

»Zwei Monate im Gefängniß! ach, so lange lebe ich nicht!»rief Jean schluchzend. »Ist es mir nicht wenigstens erlaubt, an meine Eltern zu schreiben und ihnen diese entsetzliche Nachricht mitzuteilen? denn wenn sie sie durch die Zeitungen erführen, würde der Schlag zu hart für sie sein.»

»Sie können ihnen sogleich schreiben, während wir noch das Haus durchsuchen, ob wir noch irgend etwas finden, was uns Licht über den Thäter geben kann.»

Man gab dem jungen Manne Schreibzeug, und zwischen zwei Gensd’armen sitzend, welche Befehl erhalten hatten, ihn nicht aus den Augen zu lassen, schrieb er an seine geliebten Eltern, welches entsetzliche Unglück ihn betroffen hatte.

Drei starke Geister

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