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Vorspiel

21. April 1996, Chanhassen, Minnesota

Die Probleme im Leben von Prince hatten sich zu einem derartigen Berg aufgetürmt, dass auch sein legendäres Talent, seine Energie und seine Leidenschaft davor kapitulierten. Die Kontrolle – das zentrale Thema in seinem Leben, von dem er geradezu besessen war – drohte ihm an den verschiedensten Fronten zu entgleiten.

Seine Finanzen waren in einem chaotischen Zustand. Nur zwei Tage zuvor hatte er sich gezwungen gesehen, den größten Teil seines Mitarbeiterstabs der Paisley Park Studios, seines Aufnahmekomplexes in Chanhassen, zu entlassen. Dabei war er ausschließlich selbstverschuldet in die roten Zahlen geraten; Prince produzierte ständig teure Musik und Videoprojekte, veröffentlichte sie dann aber anschließend nicht. Zahlreiche lokale und überregionale Unternehmer – Studiobesitzer, Modedesigner, Videoregisseure und andere – mussten feststellen, dass es Prince kaum noch möglich war, ihre Rechnungen zu bezahlen. Prince hatte nicht einmal mehr eine Band. Im März hatte er den Musikern seiner Begleitband, der Power Generation, unvermittelt eröffnet, sie stünden nicht mehr auf der Gehaltsliste.

Zudem stand Prince, der lange ein überzeugter Junggeselle gewesen war, kurz davor, Vater zu werden. Seine junge Frau Mayte Garcia, die er einige Monate zuvor am Valentinstag geheiratet hatte, war schwanger und sollte im November ihr Kind bekommen. Nachdem er sich öffentlich zu Werten wie Monogamie und Familie bekannt hatte, stand Prince nun unter dem enormen Druck, sich an einen Lebenswandel zu gewöhnen, der sich völlig von dem unterschied, dem er sich sein ganzes Erwachsenenleben lang hingegeben hatte.

Seine wichtigste Geschäftsbeziehung, die seit achtzehn Jahren bestehende Bindung an Warner Bros. Records, stand vor dem Ende. In den Jahren zuvor hatte sein fanatisches Bestreben, seine Karriere und seine Musik ausschließlich selbst zu kontrollieren, zu einem bitteren, von den Medien weltweit mit großem Interesse beobachteten Rechtsstreit mit dem Label geführt. Er verglich die Geschäftsführer mit Sklavenbesitzern und hatte sich bei öffentlichen Auftritten das Wort „slave“ – Sklave – auf die Wange gemalt. Während er nun in Chanhassen saß und wartete, waren seine Anwälte in Los Angeles damit beschäftigt, in angespannten Gesprächen mit den Warner-Vertretern darüber zu diskutieren, wie man die Verbindung, die für beide Seiten unproduktiv und peinlich geworden war, am besten beenden könnte. Der Vertrag, der Prince für jedes Album, das er ablieferte, eine Million Dollar garantiert hatte, würde damit null und nichtig werden.

In den letzten Monaten hatte Prince öfter unangenehmes Herzklopfen und gelegentlich heftige Brustschmerzen gespürt, und er begann sich ob seiner Herzprobleme zu sorgen. Da er gelesen hatte, Aspirin sei gut fürs Herz, nahm er nun mindestens vier am Tag. In jeder anderen Hinsicht behielt er sein anstrengendes Leben bei. Er arbeitete weiterhin ohne Unterlass, nahm zu jeder Tageszeit Musik auf und gab Konzerte, die erst um fünf oder sechs Uhr morgens zu Ende gingen.

Am Morgen des 21. April wurde das Herzklopfen schlimmer, und Prince trank Wein, um den Schmerz zu betäuben. Er trank eine ganze Flasche, und bei seinem leichten Körperbau und seinem schnellen Stoffwechsel setzte der Rausch recht schnell ein. Er nahm außerdem einige Aspirin ein. Ob er auch etwas aß, weiß man nicht, aber abgesehen davon, dass er schon immer nur sehr wenig zu sich genommen hatte, war er nun auch noch Veganer geworden und hatte alle tierischen Produkte aus seiner Ernährung gestrichen. Die Kombination aus Alkohol, Aspirin, Stress und Schlafmangel wirkte sich auf seinen schmalen, nur eins achtundfünfzig großen und siebenundfünfzig Kilo schweren Körper verheerend aus. Ihn überwältigten Wellen von Übelkeit, und er musste sich übergeben.

Prince wurde in die Notaufnahme des Fairview-Southdale-Krankenhauses im nahe gelegenen Vorort Edina gebracht, wo ihn die Ärzte mit Fragen bombardierten: Hatte er Depressionen gehabt? Hatte er Drogen genommen? Waren schon einmal Herzprobleme festgestellt werden? Trotz seiner schlechten Verfassung war Prince klar genug bei Bewusstsein, um all das zu verneinen, aber für die Ärzte klangen seine Antworten einstudiert, ausweichend und unvollständig.

Zwar war Prince zwei Jahrzehnte lang ein Workaholic gewesen, aber ansons­ten hatte er weit gehend solide gelebt, und daher hätte man annehmen können, dass er von den Stars seiner Generation wohl einer der unwahrscheinlichsten Kandidaten war, wenn es darum ging, den Pfad zur Selbstzerstörung zu beschreiten. Sicher, er war bekannt für seine oft bizarren Aktionen – was die Tatsache, dass er seinen Namen in ein unaussprechliches Symbol geändert hatte, unzweifelhaft bewies –, aber er zählte zu den diszipliniertesten Persönlichkeiten in der Geschichte der Popmusik.

Und dennoch saß er nun hier, in der Notaufnahme eines Krankenhauses, war berauscht und musste sich übergeben. Irgendwie hatte Prince die Kontrolle verloren.

Besessen - Das turbulente Leben von Prince

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